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HOAI

Mindest- und Höchstsätze der HOAI angezählt

© Wildpixel / iStock / Getty Images Plus
Im Klageverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) hat Generalanwalt Szpunar in seinen am 28. Februar 2019 veröffentlichten Schlussanträgen zum Ausdruck gebracht, dass er die Verbindlichkeit der Mindest- und Höchstsätze der HOAI für unvereinbar mit dem EU-Recht hält.

Der Verband Beratender Ingenieure VBI, als die führende Berufsorganisation unabhängig beratender und planender Ingenieure in Deutschland, teilt diese Rechtsauffassung nicht. Die von deutscher Seite vorgebrachten Argumente für eine Beibehaltung der entsprechenden Regelungen in der HOAI seien schlüssig.

Die Vorschriften der HOAI, insbesondere die Leistungsbilder, haben sich als wertvolles Gerüst und Richtschnur für das Planen und Bauen in Deutschland über Jahrzehnte hinweg etabliert, argumentiert der VBI. Sie seien für Auftraggeber und Auftragnehmer ein verlässlicher Rahmen und eine Anleitung für das Planen und Bauen in Deutschland.

In diesem Zusammenhang erklärt VBI-Hauptgeschäftsführer Roland Engels: „Abzuwarten bleibt nun das endgültige Urteil des EuGH. Sollte das Gericht den Schlussanträgen des Generalanwalts folgen [Anm. der Redaktion: Das Gericht ist an das Votum des Generalanwaltes nicht gebunden, gleichwohl lässt sich eine gewisse Tendenz aus den Schlussanträgen ableiten.], benötigen die Planer in Deutschland zügig eine praxistaugliche, wirtschaftlich tragbare und vor allem nachhaltige Lösung. Der VBI sieht gute Chancen, im Gespräch mit der Bundesregierung, die sich ihrerseits bereits inhaltlich für die Beibehaltung verbindlicher Mindest- und Höchstsätze ausgesprochen hat, eine Vereinbarung zu finden. Diese Vereinbarung muss den Interessen unserer Mitglieder gerecht werden.“

Mit einer Entscheidung des EuGH ist in drei bis sechs Monaten zu rechnen.

Anmerkung der TGA-Redaktion
Viele der in dem Prozess vorgetragenen Argumente pro HOAI sind aus Sicht der Planer und Auftraggeber unbestritten logisch. Das bedeutet aber nicht, dass die Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen im Punkt Mindest- und Höchstsätze mit den Buchstaben des EU-Rechts vereinbar ist. Die EU-Dienstleistungsrichtlinie (2006/123/EG) lässt nur einen sehr geringen Spielraum für festgesetzte Mindest- und/oder Höchstpreise durch Dienstleistungserbringer.

Diesen Spielraum hat Deutschland in seinen Vorbringungen nach der Bewertung des Generalanwalts nicht genutzt, allein fünf Absätze aus den Schlussanträgen blamieren die Vertretung der Bundesrepublik Deutschland vor den europäischen Gerichten:

„92. Die Geeignetheit von Mindestpreisen zur Förderung der Qualität der betreffenden Dienstleistungen muss daher, wie die Kommission zu Recht geltend macht, für jeden Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände belegt werden.

93. Diesem Anspruch wird die Bundesrepublik Deutschland jedoch nicht gerecht. Statt darzutun, dass die geltenden Bestimmungen der HOAI geeignet sind, eine hohe Qualität von Architektur- und Ingenieurdienstleistungen zu erreichen, beschränkt sie sich auf allgemeine Erwägungen und Vermutungen.

94. Statt nachzuweisen, dass die Abschaffung von Mindestpreisen zu einer Absenkung des Qualitätsniveaus führen würde, setzt sie dies voraus und stützt ihr Vorbringen darauf.“

[…]

100. Es ist unbestreitbar, dass zwischen Dienstleistungserbringer und Dienstleistungsempfänger eine Informationsasymmetrie besteht. Die Bundesrepublik Deutschland leitet aus dieser abstrakten und unbestrittenen Erkenntnis ab, dass Mindestpreise eine solche Asymmetrie in konkreten Fällen beseitigen.

101. Sie hat dem Gerichtshof technische Expertisen zur Festsetzung der Honorare in der HOAI vorgelegt. Diese belegen jedoch nicht ihre Argumentation. Nirgendwo wird nachgewiesen, dass ein System ohne Mindestpreise zu einem Marktversagen führen würde, bei dem Dienstleistungen guter Qualität den Markt verlassen und durch solche niedrigerer Qualität ersetzt würden. Nirgendwo wird nachgewiesen, dass gute Qualität nicht durch das übliche System von Angebot und Nachfrage gewährleistet werden kann.“

Außerdem führt Szpunar an: „In den Sektoren, in denen die Dienstleistungserbringer besonders gut qualifiziert sind und strengen Bedingungen hinsichtlich ihrer Qualifikation unterliegen, wird Preiswettbewerb häufig als Bedrohung angesehen. Wie Preiswettbewerb diese besonders gut qualifizierten Menschen vom ‚Paulus zum Saulus‘ wandeln soll, bleibt ein Rätsel.“

Am Ende empfiehlt der Generalanwalt, „der Gerichtshof sollte erklären, dass die Bundesrepublik Deutschland gegen Art. 15 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. g und Abs. 3 der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt verstoßen hat, indem sie Planungsleistungen von Architekten und Ingenieuren durch die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure zwingenden Mindest- und Höchstsätzen unterworfen hat und der Bundesrepublik Deutschland die Kosten auferlegen.“

Sollte der EuGH in seiner Entscheidung dem Generalanwalt folgen, bleibt zu hoffen, dass Berlin zügig reagiert, um den Fortbestand der HOAI zu sichern. Im Koalitionsvertrag haben CDU, CSU und SPD dazu ein klares Bekenntnis abgelegt: „Die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) ist ein unverzichtbares Instrument zur Sicherung von Bauqualität und Baukultur und Voraussetzung eines fairen Leistungswettbewerbs.“ ■

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