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Guido Gummert, Baxi Innotech:

“Den Tag X wird es nicht geben“

Die european fuel cell GmbH (efc), Entwicklungsunternehmen für Brennstoffzellen-Heizgeräte aus Hamburg, firmiert seit März 2007 unter dem Namen Baxi Innotech GmbH. Die britische Baxi Gruppe aus Derby beabsichtigt ­damit, das Innovationspotenzial von efc der gesamten Unternehmensgruppe zugänglich zu ­machen. Derzeit sind 15 Beta-Feldtest Brennstoffzellen-Heizgeräte mit einer elektrischen Leistung von 1,5 kW, einer thermischen Leistung von 3 kW mit integriertem Backup-Brennwertheizkessel von 15 kW im Einsatz.

Die european fuel cell gmbh ging aus der ehemaligen HeinGas Hamburger Gaswerke GmbH, heute E.ON-Gruppe, hervor. Im August 2002 erwarb die britische Baxi Group Ltd. das Unternehmen. Zur Baxi Gruppe gehören Baxi Großbritannien, Italien, Türkei, Russland sowie eine Reihe osteuropäischer Märkte. Hinzu kommen die Marken Potterton in Großbritannien, Chappée und Ideal Standard in Frankreich, Roca in Spanien sowie Brötje und Senertec in Deutschland. Die Gruppe beschäftigt europaweit mehr als 5400 Mitarbeiter und setzt jährlich mehr als 1,3 Mrd. Euro um.

Anlässlich der Umfirmierung von efc in Baxi Innotech sprach Wolfgang Schmid, Fachjournalist für Technische Gebäudeausrüstung, mit Guido Gummert, Geschäftsführer der neuen Baxi Innotech GmbH.

TGA: Die Entwicklung von Brennstoffzellen-Heizgeräten dauert bedeutend länger als ursprünglich angenommen. Woran liegt es?

Gummert: Im Grunde genommen sind die deutschen Hersteller – im internationalen Vergleich – viel zu spät in diese Entwicklung eingestiegen. Wir bei Baxi Innotech haben uns deshalb am Anfang amerikanische Partner gesucht, die sich seit Mitte der 70er Jahre mit dieser Technologie beschäftigen. Nur so konnten wir den Einstieg so schnell schaffen. Die Verzögerungen in der Entwicklung von Brennstoffzellen-Heizgeräten kommen aber auch daher, dass es für die ganz spezifischen Anforderungen eines solchen Gerätes bisher keine vorgefertigten, modifizierbaren Lösungen gibt. Ein Beispiel ist die Lebensdauer eines Zellstapels, die bei den heutigen Lösungen noch zu kurz ist. Wenn man allerdings bereit ist, den Zellstapel zunächst als Servicekomponente anzusehen, bekommt man schon heute schneller die Akzeptanz für die Technologie.

TGA: Sie gehen davon aus, dass die Zellen nach einer gewissen Betriebszeit gewechselt werden?

Gummert: Richtig, wir haben bei unserem Konzept die Möglichkeit, einzelne Zellen im Zellstapel zu tauschen und müssen nicht den kompletten Zellstapel ausbauen. Durch den Austausch einzelner Zellen wird die Leistung eines Zellstapels wieder hergestellt. Unsere Feldtests haben gezeigt, dass Alterungsprozesse direkt mit der Zellmembrane zusammenhängen und eng mit den Betriebsbedingungen verknüpft sind.. Als Systemintegrator müssen wir das Gerät ganzheitlich optimieren und dabei spielt der Zellstapel eine wichtige Rolle.

TGA: Sie hatten im Vorgespräch angedeutet, dass Sie von der ursprünglichen Regelung des Gerätes auf eine Steuerung umgeschwenkt sind. Was sind die Gründe dafür?

Gummert: Die Gründe sind ganz einfach: Wir müssen die Alltagstauglichkeit unseres Brennstoffzellen-Heizgerätes (BZH) erhöhen und runter mit den Kosten. Dazu benötigen wir ähnlich aufgebaute Komponenten, die in großen Stückzahlen zu Zielkosten produzierbar sind, wie in der Heizungstechnik. Nehmen wir als Beispiel die Flammenüberwachung eines Heizkessels. Diese ist für alle Heizgeräte standardisiert. Genau solche Lösungen brauchen wir auch bei den Brennstoffzellen-Heizgeräten. Wir müssen aber zunächst einmal die Spezifikationen festlegen, um dann – mit den Erfahrungen aus den Feldtests – Standards festzulegen. Auf dieser Basis können wir dann die Anforderungen an ein Steuerungsgerät stellen. Nur so lassen sich die Kosten reduzieren.

TGA: Die Aufgabe heißt also, Vereinfachung bisher komplexer und damit teurer Regelungs- und Steuerungsstrategien?

Gummert: Wir müssen die Lücken zwischen Entwicklung und den Erfahrungen der Feldtests schließen. Das Ganze muss natürlich auch wirtschaftlich sein, denn im Moment fließt sehr viel Geld – auch von Seiten unserer Zulieferer – in die Entwicklung dieser Komponenten. ­Irgendwann sollte sich dieser Aufwand dann auch wirtschaftlich lohnen.

TGA: Wo sehen Sie – abgesehen von der Lebensdauer des Zellstapels – noch Herausforderungen bis zur Serienreife?

Gummert: Der Wechselrichter ist neben Zellstapel und Reformer sicher mit die teuerste Komponente eines Brennstoffzellen-Heizgeräts. Bisher sind die Wirkungsgrade dieser Komponente nicht befriedigend. Auch ist die gewünschte Robustheit der Wechselrichter noch nicht erreicht. Was oft verkannt wird: Wir haben es bei Wechselrichtern für Brennstoffzellen mit ganz anderen Parametern zu tun als bei den Wechselrichtern für PV-Anlagen. Beispielsweise gibt eine Brennstoffzelle eine niedrigere Spannung ab, aber eine höhere Stromstärke. Bei der Solarzelle ist es gerade umgekehrt. Hier müssen wir also komplett neue Geräte entwickeln, da passt wirklich keine marktgängige Komponente. Hinzu kommt die Forderung nach kompakter Bauweise; große Transformatoren können wir uns hier nicht erlauben. Auch die Wasseraufbereitung zur Kühlung des Zellstapels ist noch ein Knackpunkt, den wir lösen müssen. Hinzu kommen viele kleine Baustellen, die man beobachten muss, denn viele Probleme zeigen sich erst bei den Feldtests.

TGA: Nun stellten Sie auf der ISH in Frankfurt ja auch den Prototyp eines Heizgeräts mit ­integriertem Microgen-Stirling-Aggregat zur gleichzeitigen Auskoppelung von Strom und Wärme vor. Wie sehen Sie die Wettbewerbs­situation zwischen diesem Mikro-KWK- und dem Brennstoffzellen-Heizgerät? Welche Bauart hat bessere Ausgangschancen zu einem Massenmarkt?

Gummert: Diese Frage ist schwierig zu beantworten. Sie sehen, dass wir hier in beide Entwicklungen investieren. Soviel ist aber klar: Die Kraft-Wärme-Kopplung wird künftig bei den Heizgeräteherstellern eine größere Rolle spielen. Deswegen müssen wir uns als europäischer Hersteller und Lieferant so aufstellen, dass wir verschiedene Technologien für die Kraft-Wärme-Kopplung anbieten können. Zum Konzern gehört ja auch die Firma Senertec mit ihrem Dachs-Mini-BHKW. Mit mittlerweile über 16000 installierten Aggregaten sind sie nicht nur Markführer, sondern auch sehr erfolgreich in Europa. Da gibt es natürlich auch Synergien zu unseren anderen Entwicklungen bis hin zum Servicebereich. Das Microgen-Stirling-Konzept ist für Großbritannien und die Niederlande sicher wichtig, denn dort finden wir eine hohe Akzeptanz, auch wegen der Relation von Wärme- und Stromangebot der Geräte. Das ist wichtig für die Laufzeit des Aggregats. Generell gilt: Die Wirtschaftlichkeit eines solchen Aggregates ist umso besser, je weniger Wärme produziert wird.

TGA: Es gibt jetzt mittlerweile sehr viele ­Entwicklungsaktivitäten sowohl bei Brennstoffzellen-Heizgeräten als auch generell bei der Mikro-KWK und Klein-BHKWs. Ist das für die Marktentwicklung eher förderlich oder stehen sich da die Wettbewerber eher im Wege?

Gummert: Ich sehe die Vielfalt durchaus positiv. Wir arbeiten hier mit den Wettbewerbern, der Energieversorgungswirtschaft und dem Fachhandwerk gemeinsam an der Vorbereitung eines wichtigen Zukunftsmarktes. In der Initiative Brennstoffzelle haben sich z.B. Hersteller und Energieversorger zusammengeschlossen, um zu informieren und das Marketing schon frühzeitig abzustimmen. Gemeinsam lernen wir und wollen damit auch vermeiden, dass womöglich Dinge entwickelt werden, die dann von den Energieversorgern nicht akzeptiert werden. In diesem Punkt brauchen wir das Feedback der Versorger und auch des Fachhandwerks.

TGA: Wie muss man sich die Marktein­führungsphase für die Strom erzeugenden Heizgeräte vorstellen? Kommen Sie gleich mit großen Stückzahlen?

Gummert: Wir und auch unsere Zulieferer müssen die Fertigungskapazitäten erst einmal aufbauen. Dazu zählen u.a. die genannten Wechselrichter, speziell entwickelte Systemkomponenten, aber auch die eigentliche Brennstoffzelle. Unser Ziel ist ein langsamer Aufbau der Produktion, sonst schaffen wir uns womöglich zu viele Probleme auf einmal. Wir sprechen hier nicht von Monaten, sondern von Jahren.

TGA: Bei der Wärmepumpe hat es aufgrund von Rückschlägen, fehlerhaften Produkten und einer falschen Markteinschätzung rund 20 Jahre bis zum heutigen Massenmarkt ­gedauert. Muss sich die Heizungsbranche bei den Brennstoffzellen-Heizgeräten und der Mikro-KWK auf ähnlich lange und schmerzhafte Lernkurven einstellen?

Gummert: Ich wünsche mir natürlich, dass die Markteinführung bei den Brennstoffzellen-Heizgeräten besser läuft als beim ersten Anlauf der Wärmepumpe. Wichtig ist eine langsame, aber kontinuierliche Steigerung der Produktion, damit wir alle Marktbeteiligten mitnehmen können. Dazu zählen auch der Großhandel und die Fachhandwerker. Den Tag X, an dem die Massenfertigung startet, wird es aber nicht geben. Ich sehe die Entwicklung zum Massenmarkt als einen kontinuierlichen Prozess, der mit zehn Feldtestanlagen bereits begonnen hat und sich dann auf 100 und mehr Geräte pro Jahr nach und nach steigert. Wichtig ist eine staatliche Förderung, anfangs projektbezogen und dann ähnlich wie bei der KWK-Förderung. Hierzu wurde vom Bundeswirtschaftsministerium eigens ein Instrumentengutachten1) erstellt, in dem die möglichen Fördermechanismen beschrieben wurden.

TGA: Welchen Zeitraum halten Sie für realistisch bis die großen Anbieter jeweils so an die 10000 Stück pro Jahr verkaufen?

Gummert: Wir müssen zuerst mit dem Preis so weit runter, dass überhaupt ein Massenmarkt in dieser Größenordnung entstehen kann. Realistisch halte ich das Ziel, eine Marktfähigkeit unserer Brennstoffzellen-Heizgeräte zum Jahr 2015 zu erreichen. Auf eine Stückzahl möchte ich mich aber nicht festlegen.

TGA: Vielen Dank für dieses Gespräch.

1) Download des Instrumentengutachtens inkl. einer Zusammenfassung auf https://www.tga-fachplaner.de/ unter <Infothek – Downloads>

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