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Heizungsmarkt

Absehbares Tief

Mit einem dicken Besucherplus von 12 % feierte Anfang März die ISH einen Besucherrekord. „In der Branche herrscht eine exzellente Stimmung“, heißt es im offiziellen Abschlussbericht. Für die Messe selbst war das auch nicht übertrieben. Allerdings war in der Heizungshalle bereits zu vernehmen, dass man mit dem Start ins neue Jahr gar nicht zufrieden sei. Schon lange bevor die Controller dem ganzen Gewissheit gaben, meldeten die Außendienstler, dass der Absatz in Deutschland schwächelt, in einigen Segmenten wie Holzpellet-Heizkessel praktisch zusammengebrochen ist. Im Vergleich zum Vorjahr ist das Umsatzvolumen für Heizungstechnik im ersten Quartal etwa um 17 %, bis zur Jahresmitte vermutlich um fast ein Viertel gesunken.

Deutschlands Aufschwung macht um Heizungsbauer und Heizungsindustrie einen Bogen. Solange die Branche nur Neubau und Austausch aufgrund eines Defekts zu ihrer Geschäftsgrundlage macht, kann sich das nicht ändern.

Vorzieheffekte durch die Mehrwertsteuererhöhung, beendete Eigenheimzulage und dadurch eingebrochenes Neubauvolumen, ein ungewöhnlich warmer Winter, sinkende Energiepreise bei Heizöl und Erdgas, steigende Energiepreise bei Holzpellets und Strom, Auseinandersetzungen zwischen Politik und Energieversorgern, kurzzeitig ausgesetzte Förderung im Marktanreizprogramm, nicht geahndete Verstöße gegen Stilllegungspflichten… Die Ursachenforschung, warum die Hausbesitzer mit dem Austausch ihrer alten Heizungen warten, hat viele Ansatzmöglichkeiten. Vielleicht hängt es aber auch nur mit dem ungewöhnlich kurzen letzten Winter zusammen. Immerhin wird deutlich mehr als die Hälfte aller ­Wärmeerzeuger aufgrund von Defekten alter Heizungsanlagen verkauft. Mit einer Heizperiodenverkürzung von rund zwei Monaten, sind viele Ausfälle aufgeschoben worden. Der verlorene Absatz lässt sich mit diesem Gedankenspiel aber höchstens noch mit einem ab September andauernden Wintereinbruch im aktuellen Kalenderjahr wettmachen.

Nüchtern betrachtet, hat sich die Heizungs­industrie die Suppe selbst eingebrockt. Die vorwiegend deutsche Wertarbeit kommt ihrem guten Ruf so gründlich nach, dass ein Wärmeerzeuger, der vor einem Vierteljahrhundert eingebaut wurde, heute noch seinen Dienst verrichtet. Das ist Problem und Chance zugleich: Den „Dienst“ verrichtet er häufig mit einer nach heutigen Maßstäben lausigen Energieausnutzung. Doch der gewaltige Unterschied bei der Energieausnutzung ist nur schwer glaubhaft zumachen, insbesondere an der Kommunikation bis zum Endverbraucher mangelt es. So muss die Heizungsindustrie weiter beklagen, dass von 37 Mio. Wärmeerzeugern 24 Mio. zuviel Energie verbrauchen und gerade einmal 10 % auf dem aktuellen technischen Stand sind. Nur die Zahlen auf den Tisch zu legen, wird wenig bewegen, nimmt man als traurigen Beleg dafür die mehr oder wenig gescheiterte Einstufungsmessungen der Schornsteinfeger.

Einen Endverbraucher vom vorzeitigen Austausch seiner Heizungsanlage zu überzeugen, ist nicht einfach. Selbst wenn man die Hürde überwunden hat, mit einem potenziellen Kandidaten ins Gespräch zu kommen, man muss sich schon mit guten Argumenten wappnen. Betrachtet man einmal die gerade im Rampenlicht stehenden DB-Lokführer: Nach Angaben der Deutschen Bahn verdiente ein verheirateter Lokführer 2006 mit Steuerklasse III inklusive aller Zulagen, Urlaubs- und Weihnachtsgeld 2100 Euro netto pro Monat. Mit Klimaschutz, regionalen Wertschöpfungsketten und Unabhängigkeit wird man hier wohl kaum einen Auftrag über mehrere tausend Euro schreiben, solange die alte Heizung noch läuft. Es sei denn, man macht plausibel, dass man nur sparen kann, wenn man die durchaus erreichbare 30%ige Energieverbrauchseinsparung nutzt, bevor ein Defekt die Investition unumgänglich macht.

Ob der nun endlich beschlossene Energieausweis auf diesem Gebiet mehr Transparenz schaffen wird, bleibt abzuwarten. Der größte Teil der veralteten Wärmeerzeuger steht in Gebäuden, die von dem verordnungsrechtlichen Zwang gar nicht betroffen sind. Hier muss die Branche also zunächst seriöse Wege und Mittel finden, mit einem zwischen Energieberatung und Energieausweis angesiedelten Produkt die dringend notwendige Aufklärung zu betreiben und dem Eigentümer mögliche Handlungsoptionen, Modernisierungskonzepte und Fördermöglichkeiten aufzeigen. Selbst bei letzterem hapert es gewaltig: Nach einer Umfrage der Landesbausparkassen kannte selbst von denjenigen, die für die nächste Zeit konkrete Modernisierungen planen, nur ein knappes Drittel die Förderprogramme von Bund und Ländern.

Ihr


Jochen Vorländer, Chefredakteur TGA Fachplaner vorlaender@tga-fachplaner.de