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Strom erzeugende Heizung

Noch Optimierungsbedarf

Die Gaswirtschaft sieht gute Chancen, dem Boom bei Elektro-Heizwärmepumpen bald eine Alternative entgegenzusetzen. „Unser Ziel ist, Strom und Wärme im Haus umweltschonend zu erzeugen“, sagte Klaus-Peter Dietmayer von der Erdgas Schwaben GmbH, Augsburg, zum Auftakt der Fachtagung der Arbeitsgemeinschaft für sparsamen und umweltfreundlichen Energieverbrauch (ASUE). In umfangreichen Feldtests hätten die Mikro-KWK, also Kleinst-Blockheizkraftwerke mit unter 15 kW elektrischer Leistung, ihre Tauglichkeit bereits unter Beweis gestellt. Strom für den Haushalt könne so quasi CO2-neutral und ohne Netzverluste dort erzeugt werden, wo er gebraucht wird, so Dietmayer. Durch die von Erdgas Schwaben geplante Biogas-Einspeisung in das Erdgasnetz könne die CO2-Bilanz einer solchen Erdgas-Anwendung sogar noch verbessert werden.

Mindestens 5000 Volllaststunden

Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Forschungsprojekt „Vergleichende Untersuchungen von Mini-BHKW“ habe gezeigt, dass durch die gleichzeitige Erzeugung von Wärme und Strom im Haus gegenüber der klassischen Arbeitsteilung – Strom vom Kraftwerk, Wärme vom Heizkessel – mit derzeit erreichbaren Wirkungsgraden eine Primärenergieeinsparung von über 20 % möglich sei, berichtete Projektleiter Prof. Dr. Bernd Thomas von der Fakultät Technik/Maschinenbau der Hochschule Reutlingen. Selbst bei ungünstigen Rahmenbedingungen, also reine Wärme- bzw. reine Stromnutzung, sei das Mini-BHKW primärenergetisch immer noch im grünen Bereich.

Wirtschaftlich gesehen sollte ein Mini- bzw. Mikro-KWK jährlich auf mindestens 5000 Volllaststunden kommen, was in Ein- und Zweifamilienhäusern jedoch kaum möglich sei. Deshalb seien Kleinst-BHKW eher zur Abdeckung der Grundlast in Mehrfamilienhäusern in Verbindung mit einem Spitzenlastkessel zu empfehlen. Ein Taktbetrieb würde zu einer starken Abnutzung führen, mit verminderter Lebensdauer und hohen Wartungskosten, so Thomas.

Bei Ein- und Zweifamilienhäusern gäbe es die Möglichkeit eines vom Wärmebedarf geführten intermittierenden Betriebes mit Pufferspeicher. Während der Betriebszeit des Mikro-KWK sollte der Wärmebedarf möglichst hoch sein, damit die Wärme direkt genutzt und die Größe des Pufferspeichers begrenzt werden kann. Wegen der geringen Einspeisevergütung von nur 9 ct/kWhel sollte selbsterzeugter Strom möglichst auch selbst genutzt werden. Beispielrechnungen hatten gezeigt, dass Mini-/ Mikro-KWK mit kleinerer Leistung unter Umständen eine höhere Ersparnis und damit eine höhere Wirtschaftlichkeit erzielen als größere Aggregate. Die Leistungsabstimmung bei kleinen BHKW sollte auf der Basis der Richtlinie VDI 4655, „Referenzlastprofile von Ein- und Mehrfamilienhäusern für den Einsatz von KWK-Anlagen“, erfolgen. Bei Ein- und Zweifamilienhäusern habe sich eine elektrische Leistung von 1 bis 2 kWel als vorteilhaft erwiesen.

Hydraulische Weiche: BHKW-Tod

„Beim Einbau von Mikro-KWK gelten ähnliche Regeln wie bei Brennwertheizkesseln.“ Mit diesem eher pauschalen Hinweis stimmte Erich Scholz, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger der Handwerkskammer für Schwaben, das Forum auf die praktische Seite der Kleinst-BHKW ein. Aus seiner Sicht sind mindestens 4000 Betriebsstunden pro Jahr notwendig, um eine Wirtschaftlichkeit zu erreichen.

Sinnvoll seien Mikro-KWK in Gebäuden mit Schwimmbad und Lüftungsanlagen, deren unterer Strombedarf möglichst ganzjährig bei über 5 kW liegt. Noch sorgfältiger als bei konventionellen Heizungsanlagen müsse der Hydraulische Abgleich – „das Gebetbuch des Heizungsbauers“ – erfolgen. Die in Heizungskreisen so beliebte „hydraulische Weiche“ sei allerdings der Tod des BHKW, ebenso Vier-Wege-Mischer, Rücklaufanhebung und Überströmventil. Pufferspeicher sollten so klein wie möglich ausgelegt werden, da diese immer zu Verlusten führten. Schon wegen der Einbringmöglichkeit in Bestandsgebäuden sollten mehrere kleinere Speicher anstatt einem großen gewählt werden.

Kleiner ist wirtschaftlicher

„Nehmen Sie das kleinere Aggregat und Sie haben Erfolg.“ Dieser Tipp von Helmut Kaumeier, Erdgas Schwaben, wurde während der gesamten Veranstaltung mehrfach wiederholt. Er kenne kein BHKW, das zu klein ausgelegt worden wäre, fast alle seien für den jeweiligen Bedarf zu groß dimensioniert. Zu große BHKW würden aber zu unzufriedenen Kunden führen und der Sache schaden, so Kaumeier.

Schon heute sei die Wärmeerzeugung mittels Kraft-Wärme-Kopplung ohne zusätzliche CO2-Emission möglich. Derzeit sei Erdgas Schwaben dabei, in ihrem Versorgungsgebiet Biogas von Bauern aufzukaufen und für die Einspeisung ins Erdgasnetz aufzubereiten. Das sei sinnvoller als die Verstromung von Biogas in ländlichen Gebieten mit nur geringem Wärmebedarf vor Ort. Damit verbessere sich auch die primärenergetische Bilanz der Strom erzeugenden Heizung. Der Nutzer könne beispielsweise Bioerdgas beziehen, müsse dafür aber 3 bis 4 ct/kWh mehr als für normales Erdgas bezahlen, so Kaumeier.

Absatz auch ohne Wirtschaftlichkeit

Maßgebliche Entwicklungen in der TGA-Branche brauchen rund 20 Jahre, bis sie wirklich erfolgreich sind. Das gilt für die Solartechnik, die Wohnungslüftung, den Brennwertheizkessel, die Wärmepumpe und jetzt wohl auch für das Mikro-KWK-Gerät. Rückblick: Marktführer Senertec hatte 1987 unter dem Namen Sachs Energietechnik mit dem ersten Feldtest seiner „Heizkraftaggregate“ begonnen, nachdem der Ölpreisverfall der ursprünglich geplanten Motorwärmepumpe den Garaus machte. Aktuell hat die jetzt zur Baxi-Gruppe gehörende Senertec rund 17000 Mikro-KWK, bekannt unter dem Namen „Dachs“, in Betrieb, davon 10500 Einheiten für Erdgas/Flüssiggas, 6500 für Heizöl/Biodiesel und 80 für Rapsöl. Rund 80 % der „Dachse“ werden mit einem zusätzlichen Kondensator zur Brennwertnutzung ausgeliefert.

Besondere Anziehungskraft hat die „Heizung mit Stromerzeugung“ offensichtlich auf etliche Einfamilienhausbesitzer, die trotz „nicht darstellbarer Wirtschaftlichkeit“ ein solches Kellerheizkraftwerk unbedingt haben wollen. Rund 60 % der Aggregate werden deshalb mit Pufferspeicher ausgeliefert, so Dietmar Weisenberger von Senertec. Weitaus wirtschaftlicher sei aber der Einbau mehrerer Module in Mehrfamilienhäusern mit jährlichen Betriebszeiten von 6000 bis 8000 Stunden. Ideale Einsatzbedingungen fände man in Hotels, Pensionen, Altenheimen und Kliniken mit über 8000 Vollbetriebsstunden pro Jahr.

Einen wichtigen Marktimpuls sieht Weisenberger in der Sanierung des Gebäudebestands. Mit dem Einbau eines richtig dimensionierten Mikro-KWK ließen sich die Zielvorgaben der EnEV bzw. des Energieausweises auf einfache, aber effiziente Weise erfüllen. Im Kostenranking der CO2-Vermeidung schneide die Strom erzeugende Heizung sogar am besten ab. Was allerdings oft unterschätzt wird: Mikro-KWK à la Dachs müssen häufig gewartet werden; die Gasvariante schlägt alle 3500 Stunden mit rund 350 Euro Wartungskosten zu Buche.

Durch Modulation mehr Eigenstrom

Auch Hartmut Meißner von Powerplus Technologies, Gera, besser bekannt unter dem Markennamen Ecopower, sieht die EnEV bei der energetischen Modernisierung von Wohngebäuden als wichtiges Zugpferd für Klein-BHKW. Beispielsweise seien die EnEV-Vorgaben hinsichtlich Anlagenaufwandszahl schon erfüllt, wenn 70 % des Wärmebedarfs durch ein BHKW abgedeckt wird. In Mehrfamilienhäusern sei es deshalb sinnvoll, abgängige Heizkessel durch entsprechend dimensionierte BHKW-Module, ggf. in Kombination mit einem Spitzenlastkessel zu ersetzen. In vielen Fällen könne dies sogar eine Alternative zur Sanierung der Gebäudehülle sein.

Der Vorteil des Ecopower Mini-BHKW sei die patentierte Leistungsmodulation zwischen 1,3 bis 4,7 kWel und 4,0 bis 12,5 kWth. Durch den Teillastbetrieb werden die Laufzeiten signifikant erhöht, was sich in einer bis zu 60 % höheren Stromproduktion für den Eigenbedarf und einem erheblich verkürzten Kapitalrückfluss zeige. Deshalb sei das Ecopower-BHKW auch für kleinere Gebäude geeignet. Im Übrigen sei es zulässig, eigen erzeugten Strom im Mehrfamilienhaus an Mieter zu verkaufen, auch wenn die meisten EVU versuchen würden, diese Option zu blockieren.

Wärmegeführt und stromoptimiert

Eher für größere Gebäude sind die Klein-BHKW von EC Power A/S, Aarhus/Dänemark, ein Unternehmen der Statoil-Gruppe. Das zwischen 4 bis 13 kWel und 17 bis 29 kWth modulierende Erdgas-BHKW mit Toyota-Motor (wahlweise 4 bis 17 kWel / 11 bis 26 kWth mit Heizöl-Motor von Same Deutz) hebt sich durch eine intelligente Betriebsweise ab, die Wärmeverbrauch und größtmögliche Stromerzeugung anhand von Hoch- und Niedertarifzeiten des Netzes nach wirtschaftlichen Gegebenheiten optimiert. Beispielsweise sollte Strom bevorzugt während der Hochtarifzeiten produziert und die Wärmeüberschüsse dann eingespeichert werden. Durch einen 3-phasigen Asynchrongenerator mit direkter Netzankoppelung könne auf einen Inverter zur Drehzahlregelung verzichtet werden. Auch komme das Aggregat ohne Startermotor und Batterie aus.

„Heiz dir deinen Strom“

Nach den eher vollmundigen Ankündigungen der Stirlingmotor-Fraktion über die voraussichtliche Marktdurchdringung von Mikrokraftwerken mit Stirlingmotorantrieb – zum Beispiel sollen 30 % aller Haushalte in Großbritannien bis zum Jahr 2020 damit ausgestattet sein – ist es um das waschmaschinengroße Heizkraftwerk etwas ruhiger geworden.

Whispergen-Tester Dr. Stefan Holler von MVV Energie, Mannheim, sieht jedoch trotz Betriebsproblemen bei den Mikro-KWK einen Paradigmenwechsel in der Wärme- und Stromerzeugung. Nach der Prämisse „Heiz dir deinen Strom“ könne künftig jeder Einfamilienhausbesitzer auch Kleinkraftwerkbetreiber werden. MVV Energie hat zwei Jahre lang 20 Whispergen-Geräte – elektrische Leistung 1 kW, thermische Leistung 7,5 kW plus 4,5 kW durch einen Zusatzbrenner – bei Pionierkunden getestet und auch sozialwissenschaftlich begleitet. Die Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • • Energiekostenreduzierung bis 200 Euro/Jahr möglich
  • • der Strombedarf eines Einfamilienhauses kann zu 25 bis 50 % durch dezentrale Erzeugung gedeckt werden
  • • geeignet für einen maximalen Jahresenergiebedarf von 30000 kWh
  • • hohe Taktzahl, dadurch Anfahr- und Abschaltverluste
  • • höhere Wärmespeicherkapazität erforderlich, als ursprünglich geplant
  • • komplexe Anforderungen an Planung, Installation und Regelung
  • • der Nutzer muss sich ein persönliches Lastmanagement zurechtlegen, d.h. stromverbrauchende Hausgeräte sollten möglichst hintereinander und nicht miteinander in Betrieb sein.

Aus Sicht der Tester besteht noch Entwicklungsbedarf bei der Regelung und bei der Einbindung in ein Energiemanagementsystem. Erste Seriengeräte sollen in Deutschland im Jahr 2008 verfügbar sein.

Träger Löwe braucht Dompteur

Auch die Feldtest-Ergebnisse von DBI Gas- und Umwelttechnik, Berlin, mit dem dampfbetriebenen Mini-BHKW vom Typ Lion-Powerblock des Herstellers Otag sind noch nicht so überzeugend, als dass man von einem schnellen Marktstart ausgehen kann. Die Zwei-Zylinder-Freikolbenmaschine mit integriertem Lineargenerator – 0,3 bis 2,0 kWel / 2,5 bis 16 kWth – zeigte ähnliche Kinderkrankheiten wie das Stirlinggerät: Eine zu hohe Taktfrequenz und damit einen höheren Speicherbedarf als veranschlagt. Hinzu komme ein relativ hohes Betriebsgeräusch von 50 bis 54 dB(A). Zu laut, so der Gutachter, für eine wohnraumnahe Aufstellung.

Allgemein reagiere der Lion eher träge auf Laständerungen. Ähnlich wie eine Dampfmaschine müsse er vorgeheizt werden, um genügend ­elektrische Leistung für die zu erwartende elektrische Last abgeben zu können. Dies erfordere beim ­Nutzer ein gewisses Maß an vorausschauendem Einsatz von Elektrohaushaltsgeräten. Ein selbst lernendes System soll hier künftig Ver­besserungen bringen. Allgemein entstand der ­Eindruck, dass sich das Lion-Konzept eher zur Grundlastversorgung als für einen dynamischen Betrieb eignet.

Fazit

Die Mikro-KWK auf der Basis von Otto- bzw. Dieselmotoren haben derzeit die Nase vorn. Sie profitieren insbesondere von der Lust vieler Hausbesitzer, Strom selbst herzustellen, ausgelöst durch das überschwängliche Marketing rund um die Brennstoffzellen-Heizgeräte. Die Anbieter von Mikro-KWK mit den Antrieben Stirlingmotor und Freikolbendampfmaschine müssen wohl noch Kinderkrankheiten auskurieren. Derzeit erscheinen viele Mikro-KWK wie zu groß geratene technische Spielzeuge für technisch interessierte Klimaretter. Die bisherigen Erfahrungen dürften nach den auf der ASUE-Fachtagung präsentierten Ergebnissen kaum dazu geeignet sein, eine anhaltende Marktnachfrage zu generieren. Der aktuelle Entwicklungsstand erinnert an die Situation der Wärmepumpe in den 1990er Jahren, als schweizerische Heizungsfachleute ihre Kunden warnten: „Wenn du Ärger mit der Heizung haben willst, dann kauf dir eine Wärmepumpe.“

Wolfgang Schmid

ist Freier Fachjournalist für Technische Gebäudeausrüstung, München, E-Mail: wsm@netsurf.de

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