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Kabinettsentwurf für EEWärmeG

Fordern und (gleichzeitig) fördern

Der erste Entwurf für ein „Gesetz zur Förderung Erneuerbarer Energien im Wärmebereich (Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz – EEWärmeG)“ von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel vom 18. Oktober 2007 war mit heftiger Kritik überschüttet worden1). Nachdem Bundesbauminister Wolfgang Tiefensee und Michael Glos dem federführenden Gabriel wichtige Elemente zu wirkungslosen Unverbindlichkeiten zusammengestrichen hatten, war der an Verbände und Länder zur Stellungnahme versendete (Vor-)Entwurf für viele Adressaten eine Kampfansage. Wesentliche Kritikpunkten hat das Bundesumweltministerium (BMU) nun entschärft und trotzdem einen ansehnlichen Spagat geschafft, obwohl für den Gebäudebestand keine Nutzungspflicht mehr existiert. Kombiniert man das tatsächlich Geschriebene mit möglichem Verbraucherverhalten, kann man jetzt durchaus zu einer positiven Gesamtbewertung kommen.

Die Hebel des EEWärmeG

Der Entwurf des EEWärmeG ist eine Kombination aus ordnungsrechtlichen Vorgaben und grundlegenden Bedingungen einer Technik- bzw. Marktanreizförderung zur Nutzung erneuerbarer Energien (EE) im Wärmemarkt. Die nähere Ausgestaltung der Förderung wird wie bisher über das Marktanreizprogramm (MAP) erfolgen. Vorgesehen ist im Gesetz für die Jahre 2009 bis 2012 ein Fördervolumen aus dem Bundeshaushalt von „bis zu“ 500 Mio. Euro2). Ein Rechtsanspruch für den Einzelnen besteht somit weiterhin nicht. Die wesentlichen Elemente des ordnungsrechtlichen Teils sind:

  • Eine anteilige Nutzungspflicht für EE besteht mit wenigen Ausnahmen nur für Eigentümer, deren Gebäude nach dem 31. Dezember 2008 fertiggestellt werden. Eine Nutzungspflicht für Bestandsgebäude besteht nicht, aber die Länder können dies festlegen.
  • Die Nutzungspflicht gilt als erfüllt, wenn Sonnenkollektoren mit einer Fläche von mindestens 0,04 m<sup>2</sup> Kollektorfläche je m<sup>2</sup> Nutzfläche installiert werden („4-%-Solaranlage“). Auch hier können die Länder höhere Mindestflächen festlegen.
  • Alternativ wird die Pflicht erfüllt, wenn der Wärmeenergiebedarf überwiegend über feste Biomasse, Geothermie, Umweltwärme (Abwärmenutzung und Wärmepumpen), flüssige Biomasse in Heizkesseln mit der besten verfügbaren Technik (Brennwert) oder bei gasförmiger Biomasse über KWK-Anlagen gedeckt wird.
  • Als Ersatzmaßnahmen sind die unmittelbare und überwiegende Deckung des Wärmeenergiebedarfs aus im Gesetz definierten KWK-Anlagen oder definierter Nah- und Fernwärmeversorgung sowie Maßnahmen zur Ener­gieeinsparung (EnEV-Unterschreitung um 15 % bei Primärenergiebedarf und beim Transmissionswärmeverlust) vorgesehen. (Bis zum Inkrafttreten soll das aktuelle EnEV-Niveau beim Primärenergiebedarf um 30 % und beim Transmissionswärmeverlust um 15 % abgesenkt werden.)
  • Erneuerbare Energien und Ersatzmaßnahmen können zur Erfüllung der Pflicht untereinander und miteinander kombiniert werden. Dies gilt allerdings nicht bei Deckung des Wärmeenergiebedarfs aus einem Nah- oder Fernwärmenetz. Wird kumuliert, darf auch die Abwärmenutzung aus einer Lüftungsanlage angerechnet werden, da sie als Umweltwärme definiert ist.
  • Es gibt diverse Nachweisregelungen. Diese sind durch die zuständigen Länderbehörden „durch geeignete Stichprobenverfahren“ zu kontrollieren. Teilweise müssen die Verpflichteten dafür Sachkundige einschalten.
  • Gefördert werden können solarthermische Anlagen, Anlagen zur Nutzung von Biomasse, zur Nutzung von Geothermie und Umweltwärme sowie Nahwärmenetze, Speicher und Übergabestationen für Wärmenutzer aus den vorgenannten Anlagen. Allerdings: Maßnahmen zur Erreichung der Nutzungspflicht oder aufgrund anderer gesetzlicher Verpflichtungen werden nicht gefördert, es sei denn, es handelt sich um Maßnahmen mit „innovativen Technologien“ oder um Maßnahmen zur Nutzung der Tiefengeothermie.
  • Gemeinden und Gemeindeverbände können von einer Bestimmung nach Landesrecht, die sie zur Begründung eines Anschluss- und Benutzungszwanges an ein Netz der öffentlichen Nah- und Fernwärmeversorgung ermächtigt, auch zum Zwecke des Klima- und Ressourcenschutzes Gebrauch machen.
  • Solarkollektoren, mit denen die Nutzungspflicht erfüllt wird, müssen mit dem europäischen Prüfzeichen „Solar Keymark“ zertifiziert sein.
  • Für Biomasse gelten diverse „Herstellbedingungen“ sowie Nachhaltigkeitsgrundsätze für die Herstellung. Palm- und Sojaöle sind beispielsweise vor dem Inkrafttreten einer Nachhaltigkeitsverordnung gar nicht anrechenbar. Auch die Erzeugung und Aufbereitung von gasförmiger Biomasse auf Erdgasqualität muss bestimmte Kriterien erfüllen. Feste Biomasse kann die Nutzungspflicht nur erfüllen, wenn bestimmte Nutzungsgrade eingehalten werden.
  • Wärmepumpen müssen zur Erfüllung der Nutzungspflicht die „nutzbare Wärmemenge“ mit bestimmten Jahresarbeitszahlen bereitstellen und mit Wärmemengen- und Stromzählern ausgestattet sein. Elektrisch angetriebene Sole/Wasser- und Wasser/Wasser-Wärmepumpen müssen eine Jahresarbeitszahl von 4,0, elektrisch angetriebene Luft/Wasser-Wärmepumpen eine Jahresarbeitszahl von 3,3 und mit fossilen Brennstoffen betriebene Wärmepumpen eine Jahresarbeitszahl von 1,2 erreichen.

Wirkung des EEWärmeG

Wer sich ab 2009 als Gebäudeeigentümer mit seinem Neubau der Nutzungspflicht stellen muss, kann sie relativ kostengünstig erfüllen. Gutachten, die das BMU für den Nachweis der Wirtschaftlichkeit und der Zumutbarkeit herangezogen haben, weisen für ein Einfamilienhaus Investitionskosten für Anlagen zur Trinkwassererwärmung von 2600 Euro aus. Etwas realistischer sind die Angaben der Deutschen Energie-Agentur (dena) von 4000 Euro.

Wird die 4-%-Solaranlage zur Erfüllung der Nutzungspflicht herangezogen, ist sie über das MAP nicht förderfähig. Im Einfamilienhaus beträgt für solche Anlagen die Förderung aber auch nur 400 Euro. Allerdings kann sich der Eigentümer wegen der Nutzungspflichterfüllung dann über das MAP eine vergrößerte Solaranlage mit Heizungsunterstützung, einen Biomasseheizkessel oder eine Wärmepumpe voll fördern lassen. Nach dem MAP2008 würde die Basisförderung bei einer Wohnfläche von 150 m2 beispielsweise für einen Pellet-Heizkessel 2000 Euro oder für eine Wärmepumpe 1500 Euro (Sole/Wasser und Wasser/Wasser) bzw. 750 Euro (Luft/Wasser) betragen. In beiden Fällen kann die Förderung über die Bonus-, Effizienz- und Innovationsförderung sogar noch deutlich erhöht werden.

Es ist also zu erwarten, dass sich bei Neubauten im Mittel eine sehr hohe Nutzungsquote für EE einpendelt. Wird als Ersatzmaßnahme eine Unterschreitung der EnEV vorgenommen, ist die Umweltwirkung durchaus vergleichbar. Zudem bietet das dann erreichte Energieniveau beste Möglichkeiten, den Wärmebedarf ganz oder teilweise erneuerbar zu decken, wobei ebenfalls eine Förderung über das MAP möglich ist. Auf Basis des EEWärmeG-Entwurfs ist es bisher auch nicht ausgeschlossen, dass die EnEV-Ersatzmaßnahme öffentlich gefördert wird. Allerdings sind ausschließende oder einschränkende Anpassungen in den entsprechenden KfW-Förderrichtlinien nicht auszuschließen.

Im Gebäudebestand entfaltet der EEWärmeG-Entwurf seine Wirkung nur über das MAP. Eine Nutzungspflicht im Bestand besteht auf Bundesebene nicht. Zu groß war die Angst, dass die Eigentümer durch eine Nutzungsverpflichtung eine Modernisierung der Heizungsanlage noch weiter aufschieben und damit in der Gesamtbilanz weniger Energie eingespart und substituiert wird, als dies über Freiwilligkeit plus Förderung erreichbar ist. Dazu der dena-Geschäftsführer Stephan Kohler im Interview mit der Welt (Ausgabe 7. Dezember) zu dem Sinneswandel in letzter Minute: „Hier hat die politische Vernunft über die Ministerialbürokratie gesiegt. Es war völlig unrealistisch, bei allen Altbauten eine umfassende Nutzung erneuerbarer Energien zu fordern.“

Spielraum für die Länder

Die Landesregierung von Baden-Württemberg sortiert „politische Vernunft“ und „Ministerialbürokratie“ offensichtlich etwas differenzierter. Hier wurde am 7. November ein Wärmegesetz beschlossen, das ab 2008 im Wohnungsneubau einen 20%igen Anteil EE an der Wärmeversorgung zur Pflicht macht und ab 2010 auch im Wohngebäudebestand eine Nutzungspflicht von 10 % EE vorschreibt, wenn die Heizungsanlage ausgewechselt wird. Die Lex-Ländle3) sieht wie das Bundes-EEWärmeG vor, dass die Nutzungspflicht stets mit einer „4-%-Solaranlage“ erfüllt werden kann.

Der Baden-Württemberger Wohngebäudebestand wird damit zwar nicht von der MAP-Förderung abgeschnitten, aber – wie oben bei Neubauten beschrieben – muss der Eigentümer die Erfüllung einer Nutzungspflicht aus der eigenen Tasche zahlen. Im Ländle könnte das eine interessante Sonderkonjunktur bewirken: Da die Nutzungspflicht im Bestand erst ab 2010 greift, werden Eigentümer wohl vermehrt in den Jahren 2008 und 2009 ihre Heizungsanlage modernisieren.

Der vom Bund für die Länder vorgesehene Spielraum eröffnet also durchaus interessante Optionen. Ob andere Länder nachziehen, wird sicher von den Erfahrungen in Baden-Württemberg abhängen. Viele unterschiedliche Länderregelungen würden aber gravierende Nachteile haben: Bundeseinheitliche Verbraucherinformationen ließen sich kaum noch durchhalten bzw. übersichtlich gestalten, Schulungen müssten sich mit regional unterschiedlichen rechtlichen und fachlichen Besonderheiten auseinandersetzen, Fördermittelanträge müssten differenziert bearbeitete werden, im Extremfall müssten die Hersteller sogar unterschiedliche Systempakete konfigurieren.

Fazit

Auf die Regelungen zu Bioöl und -gas werden die betroffenen Verbände im parlamentarischen Verfahren sicher noch einwirken wollen. Dieser Diskussion wollen wir hier nicht vorgreifen. Das Entgegenkommen des BMU gegenüber seinem ersten Entwurf war aber bereits erheblich.

Welche Wirkung das EEWärmeG bis 2020 entfalten wird, lässt sich nur tendenziell vorhersagen, da sie stark von der Gestaltung der Förderinstrumente und der Energiepreisentwicklung abhängen wird. Verteuern sich fossile Energieträger zukünftig so stark wie in den letzten Jahren, ist schon in wenigen Jahren jede Nutzungspflicht obsolet. Trotzdem gibt es noch Erfolg versprechende Verbesserungsoptionen, wie die von der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen veröffentlichten Eckpunkte für ein Wärmegesetz4) zeigen.

Wie auch immer es kommt, Hauseigentümer benötigen künftig mehr denn je versierte Berater, die sich mit den ganzen Feinheiten von EnEV, Wärmegesetz(en) und öffentlicher Förderung gut auskennen, um kostenminimal zu bauen oder umzubauen. Sich rechtzeitig mit den Gesetzen, Verordnungen und Richtlinien auseinanderzusetzen, ist deswegen auch für das eigene Geschäft von hoher Bedeutung. Jochen Vorländer

1) EEWärmeG – Quadratur der Sonne, TGA 12-2007, Seite 28

2) Das Fördervolumen von 500 Mio. Euro aus dem Bundeshaushalt ist eine deutliche Steigerung gegenüber den letzten Jahren und auch gegenüber 2008 (350 Mio. Euro). Es bleibt aber weit hinter der historischen Grundlage des Marktanreizprogramms (MAP) zurück. Eigentlich müsste es 2008 mehr als 1 Mrd. Euro umfassen. Nach einer Vereinbarung aus dem Jahre 1999 zwischen dem ­damals für erneuerbare Energien zuständigen Bundeswirtschaftsministerium und dem Finanzministerium sollte der Anteil der Ökosteuer auf Strom aus erneuerbaren Energien vollständig in ein Marktanreizprogramm für erneuerbare Energien und damit an die Verbraucher zurückfließen.

3) Heiko Schwarzburger, Chefredakteur „neue wärme“ auf dem 3. Forum Bioenergie am 6./7. Dezember 2007 in Berlin

4) Siehe http://www.tga-fachplaner.de, Meldung vom 29. November 2007 „Grüne legen Eckpunkte für Wärmegesetz vor“.

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