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Schwingungsprobleme

Fundamentierungsfehler vermeiden

Um bei der Aufstellung gebäudetechnischer Geräte eine Schwingungs- und Körperschall­übertragung auf den Baukörper zu vermeiden, muss auf eine schwingungsisolierte Aufstellung der Geräte geachtet werden. Dies kann durch eine punkt-, streifenförmige oder vollflächige elastische Lagerung erfolgen. Von den Geräteherstellern werden hierzu meist geeignete Isolierungs­elemente mit angeboten. Eine wesentliche Voraussetzung zur Schwingungsisolierung, die häufig unterschätzt wird, ist jedoch eine in dynamischer Hinsicht ausreichende Fundamentierung. Denn die Dämmwerte von Schwingungsisolierungen reduzieren sich drastisch, wenn der Aufstellungsort keinen genügend hohen dynamischen Widerstand leistet. Die so genannte „dynamische Masse mdyn“ des Aufstellungsortes an der Lagerungsstelle kennzeichnet diesen dynamischen ­Widerstand [1]:


Ze: mechanische Eingangsimpedanz

ω: Kreisfrequenz (ω = 2πf)

F: Wechselkraft

a: Schwingbeschleunigung

Bei der Aufstellung der Geräte wird häufig nicht bedacht, dass bei der klassischen Schwingungsisolierung z.B. nach VDI 2062 [2] unterstellt wird, dass der Aufstellungsort eine unendlich große mechanische Eingangsimpedanz aufweist. Diese Annahme kann in guter Näherung für entsprechend ausgebildete Maschinenfundamente verwendet werden, d.h. die so ausgelegten Federelemente erreichen die errechneten Schwingungsisolierungen. Diese Annahme ist bei anderen Fundamentierungen jedoch nur bedingt zutreffend, da je nach Aufstellungsort bzw. Fundamentbeschaffenheit die mechanische Eingangsimpedanz des Fundaments sehr kleine Werte annehmen kann. Dies soll anhand von Anwendungsbeispielen erläutert werden.

Dynamische Masse einer Rohdecke

In Bild 1 ist die mit den in Bild 2 dargestellten Messgeräten gemessene dynamische Masse der Rohdecke eines Büroraumes im 1. OG einschließlich der theoretisch zu erwartenden dynamischen Masse dargestellt. Impedanzeinbrüche im gemessenen Frequenzverlauf entsprechen den Eigenfrequenzen des Deckenfeldes. Es ist deutlich zu erkennen, dass die dynamische Masse des Deckenfeldes mit zunehmender Frequenz ständig abnimmt und sich bei den Eigenfrequenzen je nach Dämpfung deutlich verringert. Bei der tiefsten Erregerfrequenz eines Gerätes sollte die dynamische Masse des Aufstellungsortes ca. 10-fach höher sein als die zu isolierende Gerätemasse. Ist diese Bedingung erfüllt, kann man die Grundlagen der klassischen Schwingungsisolierung für die Auslegung der Isolierelemente in guter Näherung anwenden. Stellt der Aufstellungsort eine geringere dynamische Masse zur Verfügung, sind für die Auslegung der Schwingungsisolierung weitergehende Untersuchungen notwendig. Insbesondere muss darauf geachtet werden, dass die Erregerfrequenzen der Geräte nicht mit den Eigenfrequenzen des Aufstellungsortes übereinstimmen (Resonanzfall!).

Fundamentierungsfehler

Am Beispiel einer Kältemaschinenaufstellung werden nachfolgend ein solcher Fundamentierungsfehler und dessen Auswirkungen beschrieben. Wie in der Praxis häufig anzutreffen, wurde die Kältezentrale eines Produktionsgebäudes in Leichtbauweise auf dem Gebäudedach errichtet. Die Kältezentrale wurde als Stahlbau auf das Stahlbeton-Tragwerk des Gebäudes „aufgesattelt“. Um die Lasten der Kältezentrale in die Stützen des Beton-Tragwerks abtragen zu können, musste der Fußboden der Kältezentrale auf Abfangträgern errichtet werden. In der Kältezentrale sind u.a. vier Kältemaschinen aufgestellt. Seit Inbetriebnahme der Kältezentrale treten bei zwei typ­gleichen Kältemaschinen ein erhöhter Lagerverschleiß bei den Antriebsmotoren sowie ein erhöhter Gleitring-Dichtungsverschleiß an der Antriebswelle des Schraubenverdichters auf. Kältemaschine 3 zeigt diesbezüglich eine höhere Anfälligkeit als Kältemaschine 4. Bei beiden Kältemaschinen mussten bereits die Antriebsmotoren verschleißbedingt ausgetauscht werden. Darüber hinaus kam es zu schwingungsbedingten Schäden an der Regelelektronik (Schaltschränke, Rechnerstationen).

Der Grundrahmen von jedem Kaltwassersatz ist elastisch vom Fußboden der Kältezentrale entkoppelt. Jeder Kaltwassersatz ist elastisch auf sechs Maschinenfüße aufgestellt. In erster Näherung kann davon ausgegangen werden, dass jedes Isolierelement mit 1/6 des Eigengewichtes des Kaltwassersatzes (ca. 2170 kg) belastet wird. Der Federkennlinie des vom Hersteller der Kältemaschine empfohlenen Isolierelements (EFFBE Typenreihe LM 5-55) kann entnommen werden, dass sich bei dieser Belastung eine Abstimmfrequenz f0 der elastischen Lagerung von ca. 11 Hz ergibt. Da die Schwingungsisolierung erst ab einem Frequenzverhältnis f/f0 = η = √2 wirksam wird, würde eine Isolierwirkung oberhalb von ca. 15 Hz erwartet. Bezogen auf die Drehfrequenz als Haupterregerkomponente der Kältemaschine (n = 2985 min-1, f = 50 Hz) lässt die Herstellerempfehlung daher eine Isolierwirkung erwarten.

In Bild 3 sind die an Kältemaschine 3 bei der Haupterregerfrequenz von 50 Hz über und unter elastischer Lagerung gemessenen effektiven Schwinggeschwindigkeiten an den sechs Maschinenlagern dargestellt. Die messtechnische Überprüfung der Isolierwirkung hat gezeigt, dass bei der Haupterregerfrequenz keine Isolierwirkung feststellbar ist. An den der Verdichterseite gegen­überliegenden Maschinenlagern (MP 4 bis MP 6) wird sogar eine Verstärkung der Schwingungs­einwirkung beobachtet. In Bild 5 ist der im Rahmen einer Betriebsschwingungsanalyse ermittelte Effektivwert der Schwinggeschwindigkeit des ­Fußbodens der Kältezentrale oberhalb der Stahlträger im Bereich der beiden Kältemaschinen 3 und 4 bei der Drehfrequenz (f = 50 Hz) dargestellt. In Bild 6 sind die zugehörigen Betriebsschwingungsformen der Träger A, B und C dargestellt. Die höchsten Schwingungsamplituden werden im Bereich von Träger C festgestellt, dessen Betriebsschwingungsform auf eine Eigenform dieses ­Trägers hindeutet (Resonanz). Eine rechnerische Abschätzung der 1. Eigenfrequenz des Stahlprofils von Träger C ergibt bei dieser Einspannbedingung für dessen Grundmode eine Eigenfrequenz von f0≈44 Hz.

Mit Hilfe eines Impulshammers wurde die dynamische Masse des Fußbodens der Kältezentrale zwischen den Trägern B und C bei einem Maschinenstillstand ermittelt. Wie dem Verlauf der dynamischen Masse in Bild 7 zu entnehmen ist, bestätigt der Einbruch bei f = 47 Hz, dass der Fußboden der Kältezentrale in der Nähe der Haupterregerfrequenz der Kältemaschinen f = 50 Hz eine Eigenfrequenz hat und daher in Resonanz erregt wird.

Vergleicht man in Bild 8 die anteilige Erregermasse, die eines der sechs Isolierelemente abfedern soll, mit der dynamischen Masse an einem Koppelpunkt des Maschinengrundrahmens zum Fundament, zeigt sich bezogen auf die Haupterregerfrequenz von 50 Hz, dass einer anteiligen Erregermasse von ca. 2100 kg aufgrund mangelnder Impedanz nur ca. 200 kg dynamische Fundamentmasse entgegengesetzt werden. Die Empfehlung nach einer im Vergleich zu der Erregermasse ca. 10-fach höheren dynamischen Fundamentmasse ist hier eindeutig nicht erfüllt. Ursache mangelnder Isolierwirkung ist daher nicht ein falscher Schwingungsdämpfer, sondern eine zu geringe Impedanz des Maschinenfundaments.

In Bild 9 sind die dynamischen Massen verschiedener Aufstellungsorte einander gegenübergestellt. Man erkennt, dass die erforderliche dynamische Fundamentmasse bei 50 Hz (ca. 20 t) bei einer Aufstellung der Kältemaschine auf z.B. einer entsprechend ausgesteiften Stahlbeton-Rohdecke, auf die ein Stahlbetonsockel als Maschinenfundament gegossen ist, erreicht würde. Wie aus den Kurvenverläufen der dynamischen Masse in sämtlichen Diagrammen ersichtlich, nimmt die dynamische Masse plattenartiger Strukturen, z.B. Deckenfelder, mit zunehmender Frequenz stark ab. Eine 18 cm dicke Stahlbeton-Rohdecke hat z.B. bei einer Frequenz von 50 Hz eine dynamische Masse von ca. 1,8 t. Bei 500 Hz beträgt die dynamische Masse hier nur noch ca. 40 kg (siehe Bild 9). Trotz einer guten Schwingungsisolierung können Geräte der Technischen Gebäudeausrüstung dadurch bedingt den Baukörper zu Körperschallschwingungen bei höheren Frequenzen anregen und somit eine erhöhte Geräuschentwicklung verursachen.

Fazit

Die Dämmwerte von Schwingungsisolierungen reduzieren sich drastisch, wenn der Aufstellungsort keinen genügend hohen dynamischen Widerstand leistet. Um Fundamentierungsfehler zu vermeiden, sollte bei der tiefsten Erregerfrequenz eines Gerätes die dynamische Masse des Aufstellungsortes ca. 10-fach höher sein als die zu isolierende Gerätemasse. Viele gebäudetechnische Geräte verursachen tieffrequente Erregerfrequenzen ≤ 50 Hz. Werden diese Geräte auf Leichtbaudecken oder Stahlbaukonstruktionen gestellt, reicht die dynamische Masse an den Einleitstellen oft nicht aus, um trotz elastischer Entkopplung eine ausreichende Isolierwirkung zu erreichen. Folge davon können z.B. schwingungsbedingte Schäden an den Geräten und erhöhte Geräuschimmissionen im Aufstellungsraum und in benachbarten Räumen sein.

Literatur

[1] Henn, H.; Sinambari, Gh. R.; Fallen, M.: Ingenieurakustik. Braunschweig: Vieweg, 3. Auflage 2001

[2] VDI 2062, Blatt. 1: Schwingungsisolierung, Begriffe und ­Methoden, 1976

Gholam Reza Sinambari

Prof. Dr.-Ing., Geschäftsführer IBS Ingenieurbüro für Schall- und Schwingungstechnik GmbH, Frankenthal, http://www.ibs-akustik.de

Udo Thorn

Dipl.-Ing., Technischer Leiter IBS Ingenieurbüro für Schall- und Schwingungstechnik GmbH, Frankenthal, http://www.ibs-akustik.de

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