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Schulhaus der Superlative

Geräuschloses Kühlsystem

Die Ausstattung von Berufsschulen unterliegt im Wesentlichen wirtschaftlichen und funktionalen Aspekten, womit es innovative Techniken oft sehr schwer haben. Mit Rücksicht auf die Haushaltslage der Kommunen entstehen meist technisch eher sparsam ausgestattete Zweckbauten ohne besondere Ansprüche an die gebäudetechnische Ausrüstung. Ganz anders das neue Berufsschulzentrum „BSZ Riesstraße“ der Stadt München im Stadtteil Moosach. Das vom Münchner Architekturbüro Bauer, Kurz und Stockburger geplante Schulprojekt erinnert eher an neue Verwaltungsgebäude international tätiger Softwareunternehmen und weniger an die sonst übliche zweckorientierte Schulhausarchitektur.

Das bedeutendste Münchner Schulprojekt der letzten fünf Jahre, so die Baureferentin Rosemarie Hingerl anlässlich der Schuleröffnung im Dezember 2007, vereinigt fünf bislang getrennte Ausbildungsstätten miteinander: Die Berufsschulen für Steuern, für Informationstechnik, für Bürokommunikation und Industriekaufleute für den Einzelhandel sowie für Medienberufe.

Die fünf kammartig angeordneten viergeschossigen Schultrakte repräsentieren – so die Architekten – den heutigen Stand des Büroneubaus, sowohl in Architektur als auch in der medien- und gebäudetechnischen Infrastruktur. Dies zeigt sich unter anderem darin, dass die Wärmelasten, die in den Klassenräumen durch Medien- und Kommunikationseinrichtungen entstehen, durch das installierte thermoaktive Deckensystem (TAD) in den Temperaturspitzen reduziert und abgeführt werden. Die dafür notwendige „Kälte“ wird durch drei 15 m tiefe Grundwasserbrunnen bereitgestellt. Bei einer maximalen Fördermenge von 124 m3/h und 14,5 °C Vorlauftemperatur bzw. 19,5 °C Rücklauftemperatur steht eine Kälteleistung von rund 720 kW zur Verfügung. Im praktischen Betrieb hat sich gezeigt, dass die Grundwassertemperatur eher niedriger ist und dadurch noch Kältereserven vorhanden sind.

Profistudios für die Ausbildung

Der hohe technische Standard des Berufsschulzentrums setzt sich fort in umfangreichen professionell ausgestatteten Ton- und Videostudios mit einer Fläche von rund 250 m2. Hier können die angehenden Medienfachleute und Veranstaltungstechniker unter realen Bedingungen Audio- und Videoclips produzieren und schneiden.

In der Planung war ursprünglich vorgesehen, die Studios durch eine Kombination von Kühldecken, Lüftung und Unterflur-Heizkonvektoren zu klimatisieren. Als jedoch die Ausstattung mit Medientechnik und Studioscheinwerfern endgültig feststand, zeigte es sich, dass die Kühldecken bei weitem nicht ausreichen, die Wärmelasten abzuführen. Das mit der Objektüberwachung beauftragte Ingenieurbüro Allwärme GmbH, München, rückte in Abstimmung mit der Fachprojektleitung von den ursprünglich geplanten Kühldecken ab und setzte stattdessen auf eine Kombination aus Decken- und Schacht-montierten Kühlkonvektoren der TTC Timmler Technology GmbH, Recklinghausen. Dieses Fabrikat war bereits in der Ausschreibung als Kühlunit für eines der Studios vorgesehen, so dass es nahe lag, diese Systemlösung auch für die Kühlung der anderen Audio-/Videostudios einzusetzen.

Die Nachrechnung der Wärmelast von Medientechnik, Beleuchtung und Personen durch das Ingenieurbüro Allwärme ergab folgende Kühlleistungen:

  • Videostudio:19 kW (75,5 m<sup>2</sup> / 422,8 m<sup>3</sup>)
  • Videoschnitt/ Regie:10 kW (63,9 m<sup>2</sup> / 172,5 m<sup>3</sup>)
  • Audiostudio:6,5 kW (45,1 m<sup>2</sup> / 117,3 m<sup>3</sup>)
  • Audioschnitt:4,7 kW (49,7 m<sup>2</sup> / 134,1 m<sup>3</sup>)

Vorgabe des Studioausstatters war unter anderem, dass in den Räumen in Anlehnung an die Vorgaben des Instituts für Rundfunktechnik GmbH, München, folgende höchstzulässige Schalldruckpegel bzw. Grenzkurven (GK) einzuhalten sind:

  • Videostudio:25 GK
  • Videoschnitt/Regie:30 GK
  • Audiostudio:20 GK
  • Audioschnitt:20 GK

Da die Kühlkonvektoren lautlos mit Schwerkraft arbeiten, beziehen sich diese Vorgaben ausschließlich auf die Lüftungsanlage. Ausgelegt ist die Lüftung auf einen Mindestluftwechsel von n = 3 h-1 bzw. auf einen personenbezogenen Mindestaußenluftvolumenstrom von 30 m3/(h Pers). Durch den Einbau entsprechender Luftschalldämpfer – Größenordnung 2 × 20 dB(A) bis 2 × 30 dB(A) – konnten die Vorgaben des Studioplaners erfüllt werden.

In den Videostudios, Regie- und Schnitträumen sind folgende Heiz-/Kühlelemente installiert:

  • 120 lfdm TTC Hochleistungs-Kühlkonvektoren Typ AECEU, abgehängt an der Decke montiert
  • 9 lfdm TTC Modultherm, Typ AASS als Stille Kühler (Schwerkraftkühler) in der vorgesetzten Wand montiert; wirksame Fallhöhe 5,7 m; Luftaustritt über Bodenkanalkonvektor
  • 31 lfdm TTC Bodenkanalkonvektoren als Grundheizung, gleichzeitig Luftaustrittsfunktion für die Schwerkraftkühlung.

Um eine zusätzliche Schalldämpfung im Raum zu erreichen, wurden für die Luftein-/Luftauslässe aller Konvektoren einheitliche strömungsgünstige Aluminium-Linear-Kammroste mit großem Einsichtschutz und auch großem freien Querschnitt verwendet. Dieser Rosttyp eignet sich besonders für hohe Belastungen und gewährleistet die Befahrbarkeit durch Kamerawagen. Zugleich wurde dadurch ein homogenes Erscheinungsbild erreicht.

In den Räumen Videoschnitt/Regie, Audiostudio und Audioschnitt/Regie sind die Kühlkonvektoren ausschließlich an der Decke installiert. Eine Besonderheit dieser Räume ist die Zuluftführung über die Bodenkanalheizkonvektoren. Ein positiver Nebeneffekt: Durch die Luftausströmung über die Konvektoren wird deren Heizleistung gesteigert.

Hoher Selbstregeleffekt

Die Raumtemperatur in den Audio-/Videostudios wird jeweils separat auf etwa 21 °C geregelt. Die hohen Wärmelasten durch die Beleuchtung – im Video-Studio sind immerhin 17,5 kW installiert – werden mit der Schwerkraftkühlung über den raumhohen Wandschacht wie auch über die an der Decke installierten Kühlkonvektoren abgeführt. Von Vorteil ist, dass durch den hohen Selbstregeleffekt der Schwerkraftkühlung eine schnelle regelungstechnische Anpassung der Kühlleistung bei sich verändernden Raumparametern erfolgt und damit die Raumtemperatur konstant gehalten werden kann. Zur Vermeidung von Kondenswasser ist das System taupunktüberwacht.

Fazit

Die Kombination Decken-Kühlkonvektor, Schwerkraftkühlung hinter vorgesetzter Wand sowie Bodenkanal-Heizkonvektor hat sich als geräuschloses Heiz-Kühlsystem in Audio-/Video­studios bestens bewährt. Durch die hohe Leistungsdichte des Deckenkühlkonvektors von rund 380 W/lfdm Konvektorlänge bzw. 520 W/lfdm bei der Stillen Kühlung können auch sehr hohe Wärmelasten komfortabel und geräuschlos abgeführt werden. Die Befestigung der Deckenkühlkonvektoren über Längsschienen ermöglicht eine hohe Flexibilität bei der endgültigen Anordnung. Kollisionen mit Befestigungen für Scheinwerfer werden damit ausgeschlossen. Da für alle Konvektortypen gleiche Rostsysteme aus strömungsgünstigen, schallabsorbierenden Aluminiumgittern eingesetzt werden, entsteht ein homogenes ansprechendes Design.

Bautafel

Berufliches Schulzentrum an der Riesstraße, München

Hauptnutzfläche: 22200 m2

Bruttogeschossfläche: 42400 m2

Bruttorauminhalt: 175100 m3

Gesamtbaukosten genehmigt: ca. 120 Mio. Euro

Voraussichtliche Abrechnungssumme: 101 Mio. Euro

Bauherr: Landeshauptstadt München

Projektleitung: Landeshauptstadt München, Baureferat (Hochbau 4)

Fachprojektleitung: Landeshauptstadt München, Baureferat (Hochbau 7)

Architekt/Objektplanung: Bauer, Kurz, Stockburger, München

Objektüberwachung HLS: Allwärme GmbH, Beratende Ingenieure, München

Studiotechnik: GCA Ingenieure AG, Unterhaching

Lieferant Stille Kühlung, Heizung und Luftauslässe: TTC Timmler Technology GmbH, Recklinghausen

Wolfgang Schmid

ist Freier Fachjournalist für Technische Gebäudeausrüstung, München, E-Mail: wsm@netsurf.de