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Modulbauweise

Klimatechnik für Antarktis

Die besondere Herausforderung für die Lüftungs- und Klimatechnik der Antarktis-Forschungsstation Neumayer III des Alfred-Wegener-Instituts resultieren aus der Nutzung vorhandener thermischer Abwärme bereits erwärmter Raumeinheiten und vor allem aus der kompakten Bauweise. Bei bis zu –48 °C Außentemperatur sollen konstant 22 °C im Inneren der Station gehalten werden. Die gesamte Station ist mit einem Schutzzelt versehen. In der Hüllschicht halten Temperaturen von mindestens 5 °C das Gebäude frostfrei.

In Bremerhaven wurden sämtliche Komponenten für den „schlüsselfertigen Bau“ des Stahlgebäudes zusammengetragen: Arbeits- und Wohnräume, Labore und technische Einrichtungen. Auch die Werkzeuge und Geräte für Anschluss- und Installationsarbeiten wurden in Containern verpackt. Insgesamt gingen 120 Container auf Reise, die auf der letzten Etappe mit Pistenraupen über das ewige Eis bis zum Standort von Neumayer III geschleppt wurden. Diese Baukastenphilosophie setzt in sich geschlossene Containerkonzepte voraus – mit steckerfertiger Lieferung. Aus den einzelnen Modulen, jeweils ca. 6 m lang und 2 m breit, entsteht dann ein Stahlgebäude mit einer Gesamtlänge von 60 m und einer Breite von 20 m.

Lüftungstechnik im Container

Insgesamt versorgen das Gebäude sechs Zentrallüftungs- bzw. Klimageräte, wobei einige Sonderarbeiten nötig waren: Der Auftrag an AL-KO Lufttechnik beinhaltete, die gesamte Zentralklimatechnik in Container „einzuhausen“ und liefer- und steckerfertig ab Werk bereitzustellen. Dafür wurden am Produktionsstandort Jettingen-Scheppach zunächst die Grundcontainer für ein „Hüllen“-Klimagerät, zwei Umluftgeräte (Zu- und Abluft getrennt), zwei Geräte zur Klimatisierung der Wohnräume und der Labore (Zu- und Abluft übereinander liegend) sowie ein Klimagerät in flacher Ausführung für die Werkstatträume angeliefert. Mit der Vorgabe „steckerfertig“ wurde die Lufttechnik genau in die Container eingepasst, inklusive MSR-Einheiten, bereits mit Sole befülltem Kreislaufverbundsystem und Abschottung der MSR-Technik in Brandschutzschränken. Die interne Kabelführung erfolgte über die Kabelkanäle an den Grundrahmen.

Energie ist auf Neumayer III rasend teuer und somit ein besonders sparsamer Umgang Pflicht. Das BHKW zur Energieversorgung besteht aus zwölf Containern, in denen sich vier Dieselgeneratoren mit jeweils 150 kW Leistung befinden, ein Generator steht als Notstromaggregat zur Verfügung. Das Energiekonzept sieht vor, die Energie der Abluft aus beheizten Gebäudeeinheiten zu nutzen, um mit möglichst geringem Primärenergieeinsatz andere Gebäudeteile auf Solltemperatur zu halten. So trägt beispielsweise die im „Dieselraum“ von dem Aggregat unvermeidbar abgegebene Wärme zum Beheizen der Aufenthaltsräume und der Schutzhülle bei.

Abwärme heizt Station

Minimaler Energieeinsatz und maximale Wärmerückgewinnung auf kleinstem Raum waren die Leitlinien für die Lufttechnik. Sämtliche Ventilatoren weisen einen hohen Systemwirkungsgrad von ca. 90 % aus. Für die Klimatisierung der Wohnräume und Labore konnten dazu die Zu- und Abluftgeräte (AT4) im Container übereinander angeordnet werden, was die Verwendung eines Sorptions-Rotors ermöglichte. Neben der Wärmerückgewinnung erfolgt so auch eine Feuchterückgewinnung, die den Energieaufwand der Kontaktbefeuchter-Einheit in die Zuluft-Anlage reduziert.

Die beiden Umluftgeräte konnten jedoch nicht übereinander platziert werden, so dass hier ein Hochleistungs-Kreislaufverbundsystem eingesetzt wurde, um einen Teil der Abwärme des Dieselraums zu nutzen. Der restliche Teil steht zur Erwärmung der Außenhülle zur Verfügung und erreicht eine Lufteintrittstemperatur in das Hüllenzelt von 15 °C über dem Temperaturniveau der Wohn- und Arbeitsräume. Unter Berücksichtigung von Leckagen des Hüllenzeltes wird dadurch ein Mindest-Temperaturniveau von 5 °C jeder Zeit sichergestellt.

Neumayer III“ soll etwa 30 Jahre genutzt werden. Die Form des Gebäudes ist so konzipiert, dass Schneeablagerungen in der Nähe des Gebäudes auf ein Minimum reduziert werden. Die Nutzungszeit der Station hängt so hauptsächlich von der Fließbewegung des Eises ab und ist damit trotz der ausgeklügelten Konzeption und Hydraulik kaum verlängerbar. Im März 2009 soll die neue Forschungsstation offiziell eingeweiht werden. Nach der Nutzung werden „die Stecker wieder gezogen“: Die Containermodule sollen dann demontiert und restlos aus der Antarktis entfernt werden.

Infos zu Neumayer III auch auf: https://www.awi.de/

Thomas Ertle

Dipl.-Ing., ist Leiter Vertrieb / Projektabwicklung bei AL-KO Lufttechnik, E-Mail: thomas.ertle@al-ko.de, https://al-ko.com/events/demopark-2023/