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Heizungsindustrie

Wettbewerbsvorsprung rettet Wachstum

Als die deutsche Heizungsindustrie über den BDH1) Mitte 2007 auf einen massiven Einbruch bei der inländischen Nachfrage nach Wärmeerzeugern hinwies, wollten einige in der Branche wetten, dass zum Schluss trotzdem mindestens eine schwarze Null gemeldet wird. Sie hätten Recht behalten: „Trotz rückläufigem Inlandsgeschäft hat die deutsche Heizungsindustrie ihren Wachstumskurs in 2007 fortgesetzt“, vermeldete BDH-Präsident Klaus Jesse Anfang April. Der Umsatz der Branche stieg um 2 % auf 11,2 Mrd. Euro, obwohl in Deutschland 2007 rund 28 % weniger zentrale Wärmeerzeuger (550000) verkauft worden sind.

Dass jetzt dennoch ein Plus gemeldet wurde, hängt im Wesentlichen mit steigenden Absatzzahlen beim Auslandsgeschäft zusammen. Es trugen aber auch höhere Stückerlöse aufgrund der Marktanteilsverschiebung zu teureren Systemen mit besseren Nutzungsgraden zur Kompensation bei.

In Frankreich stieg der Absatz verbrauchsarmer Heizsysteme überproportional, während das Marktvolumen insgesamt um 10 % auf 705000 sank. Brennwertheizkessel legten um 15 % auf 150000 Stück zu, bei Wärmepumpen wuchs der Markt um 30 % auf 70000 Einheiten. Frankreich war damit erstmals der größte Absatzmarkt für Heizungswärmepumpen in Europa. Für solarthermische Anlagen stieg dort der Verkauf um 2 % auf 235000 m2 (ca. 23500 Anlagen). Besonderer Nutznießer dieser durch Förderung und besonders ineffi­ziente Technik im Bestand initiierten Entwicklung war die deutsche Heizungsindustrie. Sie beeindruckte 2007 in diesen Marktsegmenten mit einem Marktanteil von 85 %.

In England baute die deutsche Heizungsindustrie ihre Spitzenposition weiter aus: Bei einem Marktvolumen von insgesamt 1,7 Mio. Wärmeerzeugern (+10 %), davon 1,6 Mio. Brennwertheizkessel (+40 %), stieg der Anteil der deutschen Heizungsindustrie auf 53 %. Der Absatz von Solarkollektoren stieg geringfügig um 1 % auf 40000 m2. In Italien schrumpfte der Wärmeerzeugermarkt um etwa 20% auf 1,1 Mio. Stück, der Verkauf von Brennwertheizkesseln stieg indes um 85 % auf 250000 Stück. Auch Solarthermie boomte mit einem Plus von 80 % und jetzt 300000 m2 Kollektorfläche. Wärmepumpen stagnierten auf vernachlässigbarem Niveau (1500 Stück). Der Marktanteil der deutschen Heizungsindustrie stieg auf 18 %.

Tendenz zu mehr Effizienz

Die deutlich ausgeprägte Tendenz in England, Frankreich und Italien zu Wärmeerzeugern mit besserer Energieausnutzung spiegelt sich in Deutschland wegen der bereits hohen Durchdringung deutlich schwächer wieder: Der Wärmepumpenverkauf stagnierte bei 49000 Stück; der Brennwertanteil stieg zwar bei Heizöl und Gas auf insgesamt 62,7 (2006: 58,6) %, gleichzeitig brachen die Verkaufszahlen aber um fast 21% ein. Der hohe Brennwertanteil in England ergibt sich aus einer gesetzlichen Pflicht.

Bei lediglich 550000 verkauften Wärmeerzeugern in Deutschland und den oben genannten Marktvolumina und Marktanteilen der deutschen Heizungsindustrie in England, Italien und Frankreich wird die Bedeutung des Auslandsgeschäfts deutlich: Allein in England verkaufen deutsche Hersteller erheblich mehr Heizkessel, als im Heimatmarkt. Innerhalb der EU-27 kommt die deutsche Heizungsindustrie auf einen Marktanteil von 60 %. „Made in Germany“ im engeren Sinne bzw. exportiert sind aber bei weitem nicht alle Wärmeerzeuger der „deutschen Heizungsindustrie“: Durch Übernahmen und Produktionsstätten im Ausland entfallen von weltweit 57000 Mitarbeitern auf das Inland nur 27400 (–0,4 %). International arbeiten für die deutsche Heizungsindustrie 29600 (+5,6 %) Menschen.

Erholung in Deutschland erwartet

Nach „den positiv verlaufenen ersten beiden Monaten“ erwartet der BDH nach dem schwachen Vorjahr eine Erholung. Jesse: „Nach den Marktrückgängen in 2007 sind wir verhalten opti­mistisch. Entscheidend wird nun sein, dass die Politik Kurs hält und die Bürger nicht mit neuen Diskussio­nen und Gesetzesvorhaben ver­unsichert.“ Gänzlich werden sich die Diskussionen wohl nicht vermeiden lassen, schließlich sollen in den nächsten Monaten die in Meseberg ­beschlossenen Gesetze durch die politischen ­Instanzen geboxt werden.

Allerdings meldet der BDH selbst erheblichen Diskussionsbedarf bei der Ausgestaltung der Gesetzesvorhaben, besonders bei der EnEV und dem EEWärmeG an. Allgemein beklagt der Verband „einen verhängnisvollen Trend zum Mikromanagement der Politik“. Dies würde Innovationsspielräume einschränken.

Jesse: „Wir fordern, dass im Rahmen aktueller Gesetzesnovellen marktwirtschaftliche Instrumente vor ordnungsrechtlichen Pflichten greifen müssen. Dem Bauherren muss überlassen sein, wie er die energetischen Anforderungen erfüllen will und welchen Energieträger er wählt. Wir wünschen uns von der Politik rigorose Grenzwerte. Die helfen unserer Industrie, ihren Wettbewerbsvorteil international auszubauen. Aber die Kräfte des Marktes sollen regeln, wie die Grenzwerte erreicht werden.“

Als Beleg für die Überlegenheit dieser Vorgehensweise führt sich die Branche selbst an. Die dominierende und technologieführende Position in Europa und weltweit erkläre sich aus den strengen Auflagen, die in Deutschland schon vor Jahren für Wärmeerzeuger festgeschrieben wurden. Diesen Wettbewerbsvorsprung könne man durch scharfe Grenzwerte ausbauen, so Jesse. 2007 ist der Aufwand für Forschung und Entwicklung bereits um 10 % auf über 400 Mio. Euro gestiegen und betrug 3,3 % vom Branchenumsatz.

Für das laufende Jahr prognostiziert der BDH steigende Verkaufszahlen bei Solarthermie, bei den Marktanteilen eine weitere Substitution von Heizwert- durch Brennwerttechnik und ein deutliches Wachstum bei Wärmepumpen. Erste Antragszahlen aus dem Marktanreizprogramm, das seit Anfang 2008 auch effiziente Wärmepumpen fördert, deuten dies bereits an: Danach wurden im Januar und Februar 2008 bereits 3286 Anträge zur Förderung einer Wärmepumpe und 3401 Anträge für Anlagen zur Verfeuerung fester Biomasse bis 100 kW (Pellet-, Scheitholz- und Hackschnitzelheizkessel) gestellt. Jochen Vorländer

1) Bundesindustrieverband Deutschland Haus-, Energie- und Umwelttechnik

Klaus Jesse

„In der Politik verzeichnen wir einen verhängnisvollen Trend zum Mikromanagement. Wir begrüßen rigorose Grenzwerte, fordern zur Erfüllung aber marktwirtschaftliche Instrumente statt ordnungsrechtlichen Pflichten.“

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