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Energiepreise

Billige Energie ist keine Antwort

Die schnell gestiegenen Energiepreise haben vielerorts hektisches Treiben ausgelöst. So vergeht kaum ein Tag, an dem nicht ein neuer Vorschlag gemacht wird, wie gegen die „Energiepreisexplosion“ vorgegangen werden sollte: Senkung von Energiesteuern, reduzierter Mehrwertsteuersatz, Wiedergeburt der Pendlerpauschale, Sozialtarife, Ausstieg aus dem Atomausstieg, Aufkündigung der Ölpreisbindung bei Erdgas, Antispekulationsgesetze. Kurzzeitgedächtnisgetriebener Populismus pur. Allerdings durchaus geeignet, sich in der Wählergunst ein wenig nach oben zu schwimmen. Der Fall ist aber schon vorprogrammiert. Denn lösen lassen sich die drängenden Probleme nicht mit verbilligter Energie.

Höhere Energiepreise führen nicht zu höheren Steuereinnahmen. Politiker, die sich für eine Energieabgabenentlastung stark machen, blenden ihre Wähler. Nur die Senkung des Verbrauchs kann die Preisspirale bekämpfen.

Viel zu verteilen von staatlicher Seite gibt es ohnehin nicht. Die preisgetriebene Zurückhaltung beim Energiekonsum hat die Mehrwertsteuererhöhung überkompensiert, weil der wesentliche Anteil der Energiebesteuerung mengenbezogen erfolgt. Und selbst das höhere Mehrwertsteueraufkommen ist eine Luftbuchung: Jeder Verbraucher kann jeden verdienten Euro nur einmal ausgeben und nur in diesem Fall wird die Mehrwertsteuer fällig. Das Mehrwertsteueraufkommen verlagert sich lediglich, vom Einzel- zum Energiehandel. Gleichzeitig werden die verunsicherten Verbraucher sparsamer, das Mehrwertsteueraufkommen sinkt damit sogar. Eigentlich müssten die Energiesteuern sogar angehoben werden, wie Der Spiegel vorrechnet, weil die fixen Einnahmen durch die Inflation ständig an Wert verlieren. Das wagt zurzeit freilich niemand auch nur zur Diskussion zu stellen.

Dabei ist die hohe Besteuerung von Energie der Grund, warum Verbraucher in Deutschland bisher im europäischen und weltweiten Vergleich ruhig bleiben: Die Rohöl-Preisentwicklung schlägt so nur deutlich gedämpft an der Zapfsäule durch. Dass mit dem Steueraufkommen Arbeit vergünstigt worden ist, scheinen allerdings nur noch wenige zu wissen, auch in der Politik. Bei den deutlich geringer besteuerten Heizenergieträgern Öl und (bald auch) Erdgas sieht die Relation etwas anders aus. Allerdings wurden bisher die meisten Verbraucher nur über die Medien informiert, was ihnen demnächst als Energierechnung ins Haus flattert. Der Zielkorridor wurde den Energieversorgern ja bereits vom Bundesumweltministerium mit „bis zu 40 % bis zum Herbst“ bereitet. Was für eine ­Politik. Sollen die Verbraucher froh sein, wenn es zum Schluss nur 35 % werden?

Mittendrin in der ganzen Hektik hat die Bundesregierung die freie Marktwirtschaft wiederentdeckt und das EnEV-2009-Reförmchen in der am 17. Juni vorgestellten Kabinettsvorlage nach eigenen Angaben nochmals „entschärft“. Offensichtlich geht die Bundesregierung davon aus, dass die Energiepreise in der Zukunft nicht mehr sinken werden. „Wegen der jüngsten Steigerung der Energiepreise können wir im Klimaschutz auf übertriebene Zwangsmaßnahmen verzichten“, zitiert Die Welt einen Sprecher aus dem Bundeswirtschaftsministerium. Randnotiz: Das in Meseberg von der Bundesregierung verabschiedete Integrierte Energie- und Klimaprogramm geht von einem Rohölpreis von 65 US-$/Barrel im Jahr 2020 aus. Zwei Tage bevor das Bundeskabinett das zweite Meseberg-Paket auf den Weg ­gebracht hat, kostete Rohöl kurzzeitig über 140 US-$/Barrel.

Tatsächlich bräuchte man bei einer sich fortsetzenden Energiepreisentwicklung keine und schon gar nicht im Detail dirigierenden Verordnungen. Ihre Berechtigung hatten sie bisher nur, weil Energie zu billig war und weil keine transparente Entscheidungsgrundlage existiert. EnEV und Energieausweis können sie als statische Instrumente nicht bieten und verklären bis heute mehr als aufzuklären. Eigentlich müsste die EnEV neben bestimmten Mindeststandards nur vorgeben, mit welchen Parametern dem Bauherren, Käufer oder Mieter der Gesamtkostenverlauf in Abhängigkeit von einem Energiekennwert aufzuzeigen ist. Kurven mit unterschiedlicher Energiepreisentwicklung dürften ihre Wirkung dann kaum verfehlen. Als Planer sollten Sie allerdings schon heute Ihre Kunden auf einer entsprechenden Basis beraten.

Ihr

Jochen Vorländer, Chefredakteur TGA Fachplaner
vorlaender@tga-fachplaner.de