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Solares Kühlen

Massenmarkt erst in 10 Jahren

Entwickelt sich solares Kühlen schon bald zum Massenmarkt? Diesen Eindruck vermitteln zumindest die zahlreichen Veranstaltungen und Veröffentlichungen rund um das Thema „Solar Air Conditioning“, kurz SAC genannt. Dabei wird meist verkannt, dass es sich bei den SAC-Veranstaltungen auf nationaler wie auch europäischer Ebene quasi um eine wissenschaftliche Wanderveranstaltung handelt, bei der ein und dieselben Projekte vorgestellt werden, vorhandenes Datenmaterial stetig neu aufbereitet sowie bereits Bekanntes mehrfach als absolute Neuheit herausgestellt wird.

Dennoch scheint jetzt Bewegung in die noch junge Branche zu kommen, so zumindest der Eindruck des Autors auf dem von der EU gesponserten international ausgerichteten Seminar „Solar Air-Conditioning“ des Ostbayerischen Technologie-Transfer-Instituts (Otti), das im Rahmen der Intersolar am 11. Juni 2008 in München stattfand. Die von SAC-Pionier Dr. Hans-Martin Henning souverän moderierte Veranstaltung vermittelte trotz der bereits auf anderen Tagungen präsentierten Fakten dennoch auch neue Erkenntnisse aus den Betriebserfahrungen von rund 300 Anlagen, die derzeit weltweit existieren.

Die wichtigsten Erkenntnisse für Planer und Bauherren, die sich mit der solaren Kühlung bzw. mit solarer Klimatisierung beschäftigen, dürften die folgenden Kernaussagen von Dr. Henning sein:

  • eine Anlage zur solaren Kühlung ist weder leicht zu planen und zu bauen noch einfach zu betreiben
  • nicht die Gewinnung der solaren Wärme über Kollektoren ist das Problem, die eigentliche Herausforderung der solaren Kühlung ist die Rückkühlung, insbesondere in Ländern mit wenig Wasser
  • eine energetisch überzeugende Lösung für kleine Kompakteinheiten in der Art eines Splitklimagerätes ist derzeit nicht in Sicht.

Die Messungen an ausgeführten Anlagen ­hätten gezeigt, dass Pumpen und Ventilatoren in solaren Kühlanlagen oft überdurchschnittlich viel Strom verbrauchen, insbesondere im Teil­lastbetrieb. In vielen Projekten sei der Primär­energieverbrauch durch die elektrischen Nebenantriebe – vor allem im Teillastbetrieb – sogar höher als die solare Kälteleistung. Eine reine COP-Betrachtung des solaren Kälteprozesses sei deshalb nicht ausreichend, so Henning. Wichtig sei die Verwendung leistungsgeregelter, hocheffizien­ter Pumpen und Ventilatoren sowie die nach­haltige Überprüfung der Regelstrategien, insbesondere wenn Backup-Systeme (Heizkessel für den thermischen Antrieb des Kälteerzeugers bzw. konventioneller Kaltwassersatz) in das System mit eingebunden sind.

Viel Fingerspitzengefühl sei auch bei der Dimensionierung und regelungstechnischen Einbindung von Wärme- bzw. Kältespeicher nötig, da die­se einen hohen Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit der Anlagen hätten. Allgemein sei in allen Leistungsbereichen und bei allen Systemen inklusive DEC-Anlagen (sorptionsgestützte Klimatisierung) noch ein erheblicher energetischer Optimierungsbedarf bei gleichzeitig hohem Kos­ten­sen­kungspotenzial vorhanden.

Absorptionsmaschinen bevorzugt

Klassischer Kälteerzeuger bei der solaren Kühlung ist mit einem Anteil von rund 60 % die Absorptionskältemaschine, gefolgt von DEC-Systemen (29 %) und Adsorptionskältemaschinen (11 %). Nach Erhebungen der französischen Tecsol SA, Perpignon, waren im Jahr 2006 in Europa insgesamt rund 12 MW solare Kälteleistung installiert, aktuell sollen es weltweit 20 MW sein, verteilt auf 250 bis 300 Projekte. Bei rund 200 dieser Anlagen soll es sich um Kleinanlagen mit weniger als 15 kW Kälteleistung handeln.

Bei den thermisch angetriebenen Kältemaschinen, die nach dem Adsorptionsprinzip arbeiten, ist das Angebot im großen Leistungsbereich bisher auf zwei japanische Hersteller begrenzt: Nishyodo (Vertrieb in Deutschland über GBU, Bensheim) bietet die Adsorptionskältemaschine NAK-C für Kälteleistungen von 50 bis 430 kW an. Die Silicagel/Wasser-Maschine ist für den Temperaturbereich von 55 bis 95 °C ausgelegt. Die Mayekawa/Mycom-Maschinen (Vertrieb Albring Industrievertretung GmbH, Alsbach) reichen von 50 bis 500 kW.

Ebenfalls mit dem Stoffpaar Silicagel/Wasser arbeitet die neue Klein-Adsorptionskältemaschine von Sortech AG, Halle/Saale. Für die 7,5-kW-Maschine wurde eigens ein energieeffizienter trockener Rückkühler entwickelt, der bei hohen Außentemperaturen zusätzlich Frischwasser versprüht. Damit sollen System-Jahresarbeitszahlen von 10 bis 14 erreichbar sein. Der solare Kleinkühler von Sortech zeigt deutlich, wo bei dieser Technik die Probleme liegen: Während die elektrische Leistungsaufnahme der Maschine nur 9 W betragen soll, liegt die Leistungsaufnahme des Rückkühlers bei maximal 650 W. Ähnliche Maschinen im Kälteleistungsbereich von 5 bis 50 kW bietet auch die Invensor GmbH, Berlin, an, die jedoch nur im Rahmen von Gesamtlösungen über Partnerunternehmen erhältlich sind.

Künftig sei auch mit Silicagel/Wasser-Adsorbersystemen aus chinesischer Produktion zu rechnen, so die Recherche von Tecsol. So werde an der Shanghai Jiao Tong University, Institut of Refrigeration and Cryogenics, ein solarthermisch angetriebener Adsorptionskühler entwickelt, dessen Kälteleistung zwischen 6 und 9 kW bei einem COP zwischen 0,4 und 0,5 liegen soll.

Bei den Absorptionskältemaschinen ist nach den Erhebungen von Tecsol die Wasser/Lithiumbromid-Maschine von Yazaki mit 35 kW Kälte­leistung der in solaren Kühlanlagen am meisten verbreitete Typ weltweit. Wissenschaftler führen den Marktvorsprung von Yazaki auf die langjährigen Erfahrungen des Herstellers mit Absorbern, die robuste Bauweise und die einfache regelungstechnische Integrationsmöglichkeit in solarthermische Anlagen zurück. Das Angebot von Yazaki umfasst die Leistungen 35, 70 und 105 kW. Neuerdings ist auch (wieder) eine 17,5-kW-Maschine im Programm, die u.a. vom Systemanbieter ­Solarnext im Rahmen eines Gesamtpaketes an­geboten wird.

Auch der indische Hersteller Thermax soll neuerdings einen speziell für Solaranlagen optimierten Absorptionskaltwassersatz im Leistungsbereich von 35 kW anbieten.

Besser im System

Obwohl sich das Klima in Deutschland – rational betrachtet – nur bedingt für solare Kühlung eignet, wächst das Angebot deutscher Firmen an Komponenten und Systemen für solare Kühlung kontinuierlich. Einer der Pioniere ist die EAW Energieanlagen GmbH, Wiesenfeld, die bereits im Jahr 2003 ein 15-kW-Gerät für die solare Kühlung vorstellte. Heute reicht das Spektrum inklusive der BHKW-optimierten Absorber bis zu einer Kälteleistung von 200 kW. EAW tritt allerdings nicht selbst als Systemanbieter auf, sondern – zumindest im Bereich solare Kühlung – nur als Komponentenlieferant. Paketlösungen mit EAW-Absorbern bietet beispielsweise die Schüco International KG, Bielefeld, an, die künftig die 15- und 30-kW-Maschinen von EAW unter der Bezeichnung LB15 und LB30 in ihrem Portfolio führen wird.

Auch die Phönix Sonnenwärme AG, Berlin, will künftig Komplettsysteme verkaufen und dabei den 10-kW-Absorber „Suninverse 10“ des Tochterunternehmens Sonnenklima einsetzen. Das Komplettpaket soll noch in diesem Jahr als kommer­zielles Produkt zur Verfügung stehen.

Das derzeit wohl umfangreichste Systemprogramm an solaren Kühlgeräten kleiner Leistung hat die Solarnext AG, Rimsting. Neben der Yazaki-Maschine WFC18 führt das Unternehmen den NH3/Wasser-Absorber mit 12 kW Kälteleistung von Pink, Langenwang/Österreich, einen ebenfalls mit NH3/Wasser arbeitenden 50-kW-Absorber von AGO AG, Kulmbach, sowie den Kleinabsorber (7,5 kW) von Sortech im Programm. In Österreich vertreibt das Systemhaus Solution, Sattledt, ein ähnliches Sortiment.

Ob die Zeit schon reif ist für Kompaktgeräte wie das 5-kW-Lithiumbromid/Wasser-Gerät des spanischen Herstellers Rotartica, ist bei dem offensichtlich noch hohen Eigenstromverbrauch der luftgekühlten Version recht zweifelhaft. Offiziell wird der (solare) COP vom Hersteller mit 0,7 angegeben, der Stromverbrauch mit „equivalent five 60 Watt bulbs“. In den Tagungsunterlagen des Otti-Seminars werden dagegen 1200 W (inklusive Ventilator) angegeben, ein wenig überzeugender Wert. Dennoch gilt Rotartica in Spanien als Marktführer bei kleinen Solarkühlern.

Das derzeit wohl überzeugendste Produkt auf dem spanischen Pioniermarkt dürfte das Kompaktgerät des schwedisch-spanischen Herstellers Climatewell sein. Das Heiz-Kühlgerät arbeitet nach dem Prinzip der thermochemischen Speicherung auf der Basis von Lithiumchlorid und Wasser. Dazu sind zwei Tanks erforderlich, die zyklisch thermochemisch be- bzw. entladen werden. Im kontinuierlichen Betrieb liefert die Maschine eine Kälteleistung von 7 bis 10 kW. Ein Novum: Der thermochemische Prozess mit den beiden Speichertanks erlaubt die gleichzeitige Speicherung von 60 kWh Kälte und 76 kWh Wärme und kann somit sowohl zum Heizen als auch zum Kühlen eingesetzt werden. Inzwischen sind rund 160 Climatewell-Absorber installiert; weitere 300 Anlagen sollen in Planung sein.

Trotz hoher spezifischer Kosten und eher ­geringer solarer Effizienz bei vergleichsweise ­hohem elektrischen Verbrauch der Nebenantriebe scheint die Entwicklung solarer Kühlgeräte kleiner Leistung dank üppiger Förderung durch IEA und EU ungebrochen zu sein. So entwickelt Aosol (Portugal) einen luftgekühlten NH3/Wasser-Absorber mit 6 kW Kühlleistung, die österreichische ­Solarfrost, Parkersdorf, einen solaren Raumkühler mit 2 bis 10 kW Leistung. Heliotherm/Helioplus haben zusammen mit der Technischen Universität Graz den Prototyp eines 5-kW-NH3/Wasser-Absorbers entwickelt, das ITW Stuttgart eine 10-kW-Maschine. Auch die Adsorber-Anhänger sind nicht untätig und entwickeln Prototypen für den Hausgebrauch, so die holländische ECN, die EEE ­Gässing/Österreich, RWTH Aachen sowie die Universität Warwick, UK.

Mehr Erfahrung notwendig

Bei aller Begeisterung für die vielfältigen Aktivitäten rund um die solare Kühlung muss man sich jedoch vergegenwärtigen, dass die meisten Entwicklungen noch um den Faktor 3 bis 5 von einer Wirtschaftlichkeit entfernt sind. So lagen die spezifischen Gesamtkosten von installierten solaren Kühlanlagen – bezogen auf Absorptions- und Adsorptionskältemaschinen – in der Vergangenheit bei 5000 bis 8000 Euro je kW Kälteleistung. Nach Aussagen von Prof. Dr. Ursula Eicker, Hochschule für Technik, Stuttgart, kostet heute eine Paketlösung ohne Installationskosten pro kW solare Kälteleistung 4000 bis 4500 Euro. Ziel für die nächsten zwei bis drei Jahre sei eine Kostensenkung auf 3000 bis 3500 Euro/kW. Durchschnittlich benötige man rund 3 m2 Kollektorfläche, um 1 kW Kälte zu erzeugen, so Prof. Eicker. Allerdings sei die Leistungsausbeute eines Kollektorfeldes stark von der Regelstrategie abhängig. Auch führe mehr Speichervolumen nicht automatisch zu einer höheren solaren Leistung.

Offen blieb auf dem Otti-Seminar die Frage, inwieweit ein Teillastbetrieb bei solaren Kühlanlagen wegen des hohen Stromverbrauchs für die Rückkühlung überhaupt Sinn macht. In der Diskussion entstand zeitweise der Eindruck, dass viele der von Wissenschaftlern betreuten Anlagen noch nicht ganzheitlich, also auch primärenergetisch, analysiert sind.

Aus Sicht von Alexandra Troi von EURAC Research, Bozen/Italien, sei es bei Neuanlagen notwendig, Heiz- bzw. Kühlsysteme von Gebäuden besser auf die Besonderheiten von solaren Heiz- und Kühlsystemen abzustimmen. Typisch bei der Analyse von Bestandsanlagen sei ein gewisser Hang zur Überdimensionierung sowohl auf der Heiz- wie auch auf der Kühlseite. Auch die Hydraulik sei oft sehr komplex, was wiederum zu Problemen beim Betrieb führe. Wichtig sei ein System-Monitoring, um kontraproduktive Betriebszustände aufzuspüren. Es dürfe nicht sein, dass beispielsweise ein Brennwertkessel die Absorptionskältemaschine mit Wärme versorgt, nur weil der Himmel kurzzeitig bewölkt ist.

Problematisch zu betreiben seien auch solare Kühlanlagen, denen noch andere Wärmeangebote zufließen, zum Beispiel von BHKWs oder aus industriellen Prozessen. Oft käme es in solchen Fällen zu einer Konkurrenzsituation, da die Wirtschaftlichkeit jedes einzelnen Systems von einer Wärmeabnahmegarantie abhinge. Wichtig sei, Systeme, Hydraulik und Regelung so einfach wie möglich zu gestalten und den primärenergetischen Aufwand zu reduzieren. Inzwischen stünden den Planern von solaren Großanlagen mit Kühlfunktion im Rahmen des IEA-Projektes Task 38 „Solar Air-Conditioning and Refrigeration“ eine ganze Reihe an Planungswerkzeugen und Planungsempfehlungen zur Verfügung.

Fazit

Die solare Kühlung ist noch weit von einem Massenmarkt entfernt. Das von europäischen Wissenschaftlern und Marktforschern akribisch aufbereitete Material über ausgeführte Anlagen dokumentiert eine weitgehend durch Fördergelder ausgelöste Pionierphase, mehr nicht. Leider findet man Aussagen über die Qualität der ausgeführten Anlagen und deren primärenergetische Effizienz eher selten. Hintergrundgespräche deuten jedoch darauf hin, dass es bei vielen Anlagen mit einer ganzheitlichen energetischen Analyse eher schlecht bestellt ist. Den potenziellen Planer von solaren Kühlanlagen interessiert natürlich in erster Linie, wo die Fallstricke bei der Planung liegen und weniger die häufig schöngerechneten COP-Werte bei Nennlast. Der kritische Seminarbesucher wünscht sich allerdings auch, dass die Veranstalter für Solare Klimatisierung künftig die Vorträge etwas genauer prüfen, damit nicht dieselben Projekte innerhalb einer Veranstaltung gleich von mehreren Referenten vor­gestellt werden.

Paradigma: Die Komplexität solarer Großanlagen wird oft unterschätzt

Weltweit gibt es knapp einhundert so genannte „large scale solar ­cooling plants“, das sind nach der Definition von IEA SHC Task 38 „Solar Air-Conditioning and Refrigeration“ solare Kühlanlagen mit einer Kälteleistung von mehr als 20 kW. Etwa 86 % bzw. 76 Anlagen befinden sich in Europa, davon die meisten in Spanien und Deutschland. Zusammen repräsentieren sie rund 8670 kW Kälteleistung mit etwa 22000 m2 Kollektor­fläche. Davon sind mehr als 10000 m2 mit Flachkollektoren, 8000 m2 mit evakuierten Glasröhrenkollektoren, 2750 m2 mit Parabol-Rinnenkollektoren und 600 m2 mit Luftkollektoren ausgeführt. Wie gut oder wie schlecht diese Anlagen funktionieren, erfährt man eher über Umwege, wenn man von den eher dezenten Hinweisen von Dr. Hans-Martin Henning einmal ­absieht.

Deutlichere Worte zur Qualität von solaren Großanlagen fielen dagegen außerhalb des Otti-Seminars auf der Pressekonferenz von Paradigma, die im Rahmen der Intersolar 2008, München stattfand. Dr. Rolf Meissner, Bereichsleiter solare Großanlagen bei Paradigma, brachte es auf den Punkt: „Sämtliche bisher realisierten solaren Großanlagen funktionieren schlecht oder gar nicht“, wobei er nicht nur die Anlagen mit solarer Kühlung meinte. Grund sei der Einbau von so genannten Sommerkollektoren, deren Solarertrag zu niedrig sei. Auch würden die Probleme durch die Alterung der Wärmeträgerflüssigkeit unterschätzt. Fast nur gute Erfahrungen gäbe es hingegen bei Großanlagen mit evakuierten Glasröhrenkollektoren vom Typ CPC, wie sie Ritter Solar anbietet.

Meissner schätzt den Bedarf an Prozesswärme in Deutschland pro Jahr auf rund 390000 GWh ein, wovon etwa 10 % durch Solarthermie ­gedeckt werden könnte. Paradigma will sich deshalb in Zukunft stärker auf dieses Marktsegment konzentrieren. Auf die Frage, ob das Unter­nehmen künftig auch komplette Großanlagen für solare Kühlung anbiete, gab es von Klaus Tafel, Geschäftsführer Technik, ein klares Nein. Die Amortisation solcher Anlagen läge derzeit bei 15 bis 30 Jahren, so dass von ­einer Wirtschaftlichkeit noch keine Rede sein könne. Auch hätten die Erfahrungen mit großen solaren Kühlanlagen gezeigt, dass die Komplexität der Anlagenperipherie mit zunehmender Größe überproportional zunehme. Deshalb wolle man sich auch künftig auf die Lieferung von großen solarthermischen Anlagen konzentrieren und die Kühlung Spezialisten über­lassen.

Neue Sau in Sicht

Der durch Förderprogramme ausgelöste Entwicklungsboom im Bereich solarthermisch angetriebener Kältemaschinen darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Weg zum Massenmarkt noch weit sein wird. Legt man die ­Erfahrungswerte aus der Entwicklungs­geschichte innovativer Heizungs- und Klimasysteme (Wohnungslüftungssysteme, Brennwertkessel, Fußbodenheizung, Wärmepumpe, Solaranlage, Quelllüftung, Kühldecke etc.) zugrunde, so ist mit einer Laufzeit von 20 Jahren von der Vorstellung eines Prototyps bis zum Massenprodukt zu rechnen. Überträgt man ­diese Erfahrungen auf solare Kühlsysteme und setzt das Jahr 2000 als Startpunkt für solare Kühlgeräte und Anlagen an, so dauert es nach den Trägheitsgesetzen der HLK-Industrie ­mindestens bis zum Jahr 2015, wenn nicht gar bis 2020, bis man von einem Massenmarkt sprechen kann.

Hinzu kommt, dass die klassischen Anbieter von Heizkesseln derzeit mit Brennstoffzellen- und Stirlingmotor-Heizgeräten, Mikro-BHKWs und der Weiterentwicklung der Elektro- und Gaswärmepumpe genügend Entwicklungsaufgaben haben, deren Kosten erst mal eingespielt werden müssen. Auch will man den Endverbraucher durch die zweifellos faszinierende Idee solargekühlter (und damit auch solarbeheizter) Häuser nicht zusätzlich verunsichern. Immerhin hat man aus der Erfahrung mit der vorschnellen Ankündigung der Brennstoffzellenheizung gelernt, dass der Verbraucher auf solche Neuheiten erst einmal mit „warten“ reagiert, das heißt, er lässt seine alte Heizung noch einmal gründlich warten und wartet dann auf die angekündigte Strom erzeugende Heizung.

Da viele Heizkesselhersteller nach langem ­Zögern jetzt gerade erst das klassische (elektrisch angetriebene) Klimagerät in ihr Portfolio aufgenommen haben, muss man Verständnis dafür zeigen, dass die Heizungsbranche das noch junge Pflänzchen „Klimagerät für Privathaushalte“ zum jetzigen Zeitpunkt vor zu viel „Sonne“ schützen will. Abgesehen davon ­müssen die jetzt offerierten solaren Kühlgeräte erst noch den Beweis erbringen, dass sie in unseren Breiten tatsächlich Primärenergie einsparen. Was für das sonnenreiche Südeuropa womöglich gut und richtig ist, muss nicht ­automatisch auch für unsere Breiten die ­richtige Lösung sein.

Eine neue Sau durchs Dorf zu jagen wäre zum jetzigen Zeitpunkt ein falsches Signal. Solare Kühlung sollte dem Verbraucher dann schmackhaft gemacht werden, wenn aus­gereifte und energieeffiziente Geräte zur ­Verfügung stehen.WS

Wolfgang Schmid

Freier Fachjournalist für Technische Gebäudeausrüstung, München; wsm@netsurf.de

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