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IPS-Garantieurkunde

Schornstein gegen Wärmepumpe

Für die elektrisch angetriebene Wärmepumpe mit mechanischem Verdichter stehen alle ­Zeichen auf kräftige Marktanteilsgewinne in den nächsten Jahren. Wer ihren zweiten Anlauf auf dem Heiztechnikmarkt aus Wettbewerbsgründen und Blick auf das eigene Geschäft be­obachten muss, kann durchaus Sorgenfalten bekommen. Wer vom Verkauf von Schornsteinen lebt, ist über dieses Stadium eventuell schon hinaus, weil neben dem Strukturwandel im Wärme­erzeugermarkt zuletzt auch noch der Wohnungsneubau eingebrochen ist.

Doch kann man dem eigenen Geschäft auf die Beine helfen, indem man sich zum Qualitätskritiker bzw. -sicherer des ärgsten Wettbewerbers aufschwingt? Diesen Anschein wollte sich jedenfalls die Initiative Pro Schornstein e.V. (IPS) geben. Sie ist Betreiber der Internetseite http://www.waermepumpe-strom.de. „Welche Heizung? – Beachten Sie die vielen ­Faktoren beim Heizen mit einer Wärmepumpe. – Hier gibt es Hilfe“, bietet ein animiertes Plakat auf der Startseite an.

Doch auf http://www.waermepumpe-strom.de geht es nicht um Wärmepumpenmarketing, sondern gezielt darum, an einer Wärmepumpe Interessierte von einer Kaufentscheidung abzuhalten. Gleich darunter heißt es: „In der Realität weisen Wärmepumpensysteme häufig einen sehr geringen Wirkungs-grad auf. Jahresarbeitszahlen (JAZ) von 2,5 bis 3,5 sind die Regel. Aber erst bei einer JAZ von 5,0 beginnt ein Wärmepumpensystem ökonomisch und ökologisch interessant zu werden.“ Schreibt die Initiative Pro Schornstein. Läuft hier die „Schornsteinheizung“ gegen die „Wärmepumpenheizung“ auf?

Fragwürdige Garantieurkunde

„Die Initiative Pro Schornstein agiert mit unlauteren Mitteln gegen die zunehmende Bedeutung von Wärmepumpen“, wetterte nach rechtlicher Prüfung der Bundes­industrieverband Deutschland Haus-, Energie- und Umwelttechnik (BDH). Der Stein des Anstoßes: Die IPS verteilt auch Formblätter zur Ausstellung von „Garantieurkunden“. Installierende Fachbetriebe sollen hierauf garantieren, dass die im Rahmen des Marktanreizprogramms1) geforderten Jahresarbeitszahlen später im Regelbetrieb erreicht werden. Bei Nichterreichung der Jahres­arbeitszahlen müssten die Fördergelder zurück­gezahlt werden.

Der Unmut des BDH und des Bundesverbands Wärmepumpe (BWP) ist durchaus berechtigt, denn die in den Raum gestellte unbedingte Rückzahlung von Fördergeldern beim Nichterreichen einer berechneten Jahresarbeitszahl ist falsch. In einer Erläuterung des Bundesumweltministeriums vom 17. März 2008 zur Durchführung des Marktanreizprogramms heißt es zu der Frage „Muss ich die Förderung zurückzahlen, wenn im Betrieb andere Jahresarbeitszahlen ermittelt werden als vom Fachunternehmer im Rahmen der Antragstellung?“:

„[…] Abweichungen zwischen der vom Fachunternehmer zur Antragstellung ermittelten Jahresarbeitszahl mit der im Praxisbetrieb ermittelten Jahresarbeitszahl führen nicht automatisch zur Rückforderung der Förderung. Die Rück­forderung wäre allerdings bei unrichtigen Angaben, Verstößen gegen die Förderrichtlinien oder bei fehlerhaften und nicht nach den technischen Regeln erfolgten Berechnungen im Antragsverfahren der Fall.“

Gegenreaktion der IPS

Nach der harschen Kritik von BDH und BWP hat die Initiative Pro Schornstein zügig reagiert, da sie nach eigenen Angaben an einem Konfronta­tionskurs zu den Heizungsverbänden nicht interessiert ist. Die Reaktion fiel aber bemerkenswert knapp aus: Genau ein Wort wurde auf der umstrittenen Garantieurkunde ergänzt.

  • Alte Aussage: „Dem unterzeichnenden Fachbetrieb ist bekannt, dass bei Nichterreichung der o.g. Jahresarbeitszahl die Fördermittel seitens des Fördermittelgebers zurückgefordert werden.“
  • Neue Aussage: „Dem unterzeichnenden Fachbetrieb ist bekannt, dass bei Nichterreichung der o.g. Jahresarbeitszahl die Fördermittel seitens des Fördermittelgebers zurückgefordert werden können.“

In einer Pressemitteilung, die auf die Überarbeitung der Garantierurkunde hinweist, wird von der IPS außerdem klargestellt, dass man zur geforderten kompletten Aufgabe der Webseite http://www.waermepumpe-strom.de und zur vollständigen Herausnahme der Garantieurkunde aus dem Markt keine Veranlassung sieht.

Gegenüber der TGA-Redaktion begründete die IPS den Betrieb der Webseite mit der „Verharmlosung des Umstandes, dass in vielen einschlägigen Werbeaussagen dem Wärmepumpenkunden Effizienzen – also niedrige Kosten und hoher Umweltschutz – versprochen werden, die im Regelfall in der Realität dann bei weitem nicht erreicht werden.“ Für die Werbeaussage müsse in der Regel dann aber der Heizungsbauer einstehen.

Darum sei es besser, wenn Käufer und Verkäufer bei der Bestellung möglichst genau wissen, was sie voneinander erwarten dürfen, wozu die „Garantieurkunde hervorragend geeignet“ sei. Weiter fordert die IPS den BWP und den BDH dazu auf, sich beim Verkauf eines Heizsystems mit elektrisch betriebener Wärmepumpe ebenfalls für klare Vertragsverhältnisse einzusetzen und hierzu gegebenenfalls eigene Formblätter zu entwickeln.

Das meint die TGA-Redaktion:

Die Wärmepumpe ist eine zukunftsträchtige Technik und nach allen seriösen Einschätzungen und direkten und indirekten Tendenzen wird ihr ein größeres Stück des Heiztechnikmarktes in den nächsten Jahren gehören. Wie bei vielen Dingen, kommt es aber darauf an, was man damit macht. Schaut man sich heute die Werbeaussagen der Wärmepumpenbranche an, wundert die Auseinandersetzung nicht. Lediglich der Zeitpunkt. Denn eine Relativierung zurück auf den Boden der Tatsachen ist überfällig, auch weil BDH und BWP den Branchenakteuren bisher nicht genug auf die Finger geschaut bzw. geklopft haben.

Leider hat man den Fehler begangen, Absatzanteile für die Wärmepumpe wie in Skandinavien und der Schweiz für Deutschland und möglichst ganz Heiz-Europa zu fordern, ohne die regionalen Besonderheiten zu beachten und vor allem ohne sich mit den Misserfolgen auf der Lernkurve der Vorreiter auseinanderzusetzen. So besteht im Wärmepumpenmarkt seit langem in vielen Bereichen der Bedarf für eine Qualitätsoffensive.

Sich als „Qualitätssicherer für Wärmepumpenheizungen“ mit einer 1-Wort-Ergänzung aus der Affäre zu ziehen, kann die IPS allerdings nicht. Zu dieser Rolle passen zu viele Inhalte der Webseite ganz und gar nicht – sie sind darauf ausgerichtet, an einer Wärmepumpe Interessierte von einer entsprechenden Anschaffung abzuhalten. Beides geht nicht zusammen. BWP und BDH können die Konfrontation also (noch) nicht beenden – aber vieles daraus lernen. Jochen Vorländer

1) Richtlinien zur Förderung von Maßnahmen zur Nutzung erneuerbarer Energien im Wärmemarkt