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BHKW und Absorptionskältemaschine

Bessere Luft für Veranstaltungshalle

Städte und Gemeinden treten immer häufiger in Wettbewerb zueinander, wenn es um Veranstaltungen, die Ansiedlung von Unternehmen, den Ausbau des Tourismus und die Verbesserung des Angebots an Gastronomie und Hotellerie geht. Zunehmend hängt der Zuspruch für eine Stadt auch vom kulturellen Angebot und dieses wiederum von der Qualität der Räumlichkeiten ab. Im Zuge immer anspruchsvollerer Produktionen mit aufwendiger Bühnentechnik sind die Anforderungen an das Raumklima der Hallen und hier insbesondere an die Raumkühlung in den letzten Jahren gestiegen.

Auch die bis zu 1000 Stehplätze fassende Fichtelgebirgshalle in der 10000 Einwohner-Stadt Wunsiedel musste bislang auf manch attraktive Veranstaltung verzichten, weil die Lüftungsanlagen in der 1984 eröffneten Stadthalle aktuellen Ansprüchen nicht mehr nachkam. Im Zuge einer ohnehin notwendigen Erneuerung der Lüftungszentrale sollte deshalb auch eine Kühlfunktion nachgerüstet werden. Das mit der Projektierung beauftragte Ingenieurbüro für Versorgungstechnik mbH, IHP, Bayreuth, arbeitete dazu folgende Vorschläge aus:

1. Einbau einer Kompressionskälteanlage, optional mit freier Kühlung

2. Einbau einer Großwärmepumpe zum Heizen und Kühlen mit Platzierung des Wärmepumpen-Verflüssigers im gemeinsamen Abluftkanal der Lüftungsanlagen.

Im Hinblick auf die aktuelle Diskussion über Nachhaltigkeit und kommunalen Klimaschutz sowie das Engagement der Stadtwerke Wunsiedel im Bereich nachwachsender Rohstoffe bzw. Biogaserzeugung entschieden sich die Kommunalpolitiker für einen dritten Vorschlag: Den weiteren Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung bei gleichzeitiger Nutzung der BHKW-Abwärme zur Erzeugung von Kälte über eine Absorptionskältemaschine.

Zum Einbau kam eine Lithium-Bromid-Absorptionskältemaschine, Fabrikat Yazaki, Typ WFC-SC30, mit 105 kW Kälte-Nennleistung bei 88 °C zu 83 °C Heizwassertemperatur, die in Deutschland von der GasKlima GmbH, Erlensee, vertrieben wird. Für die BHKW-Absorber-Lösung sprachen:

  • Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz der Fichtelgebirgshalle ohne bauphysikalische Maßnahmen
  • hohe CO<sub>2</sub>-Einsparung gegenüber einer konventionellen Lösung (elektrisches Kompres­sionskälteaggregat)
  • Ausbau der vorhandenen BHKW-Kapazität auf der Basis von Erdgas mit der Option, zu einem späteren Zeitpunkt auch Bioerdgas nutzen zu können (Anmerkung: Die Stadtwerke Wunsiedel werden sich an einer Biogasanlage beteiligen. Bei Nutzung von Bioerdgas im BHKW wird zusätzlich zum KWK-Bonus (5,11 Ct/kWh) auch ein Nawaro-Bonus in Höhe von 6 Ct/kWh gutgeschrieben.)
  • bessere Auslastung der BHKWs außerhalb der Heizzeit, damit höhere Wirtschaftlichkeit.

Für den Yazaki-Absorber sprachen bei dem Projekt folgende Argumente:

  • quasi kostenfreie Kälteerzeugung (abgesehen von den Investitionskosten)
  • keine Kältemittelproblematik (F-Gase)
  • robuste, über Jahrzehnte bewährte Technik mit einfacher regelungstechnischer Einbindung in das Gesamtkonzept
  • zuverlässige Technik auch bei hohen Außentemperaturen (Nasskühlturm)
  • hohe Wirtschaftlichkeit in Kombination mit BHKW-Erweiterung
  • Kälteerzeugung erfüllt die Prinzipien der Nachhaltigkeit, da Abfallwärme genutzt wird
  • günstige CO<sub>2</sub>-Bilanz des Gesamtsystems
  • Option auf BHKW mit Bioerdgas (verbessert die CO<sub>2</sub>-Bilanz nochmals).

Hydraulische Einbindung

Während die Absorptionskältemaschine – als singuläre Einheit betrachtet – „einfach“ funktioniert, war die Integration in das bestehende hydraulische Konzept bei gleichzeitiger Erweiterung der vorhandenen BHKW-Kapazität eine anspruchsvolle Engineering-Aufgabe. Die Herausforderung lag in erster Linie darin, die spezifischen hydraulischen und thermischen Anforderungen der Einzelkomponenten, also klassische Wärmeerzeuger (2 × 450 kW mit Rücklauftemperaturanhebung), zwei bestehende Sachs-BHKW-Module (2 × 8 kWel/15 kWth), das neue BHKW (Fabrikat Kuntschar + Schlüter, 50 kWel/80 kWth) und die Wärmeversorgung für die Absorptionskältemaschine in Einklang zu bringen.

Die Vorgaben über Mindestdurchflussvolumina, maximal zulässige Rücklufttemperaturen bei BHKWs und Absorber sowie die Einbindung von Pufferspeichern auf der Heizungsseite (2 × 2000 l) wie auch auf der Kälteseite (2 × 3000 l) erforderten eine genaue Analyse der Pumpendrücke bzw. der Volumenströme und damit einen neuen Hydraulischen Abgleich zwischen Bestands- und Neuanlagen. Erschwerend kam hinzu, dass die bestehenden rund 20 Jahre alten Klein-BHKWs zunächst ausgemustert werden sollten, dann aber nochmals überholt wurden und damit eine Überkapazität an Wärme zur Verfügung steht. Durch ein ausgeklügeltes Regelungskonzept (Sauter), den Einbau drehzahlregelbarer Pumpen sowie einem speziellen Speicheranschluss-System auf der Kalt- und Heizwasser-Seite (jeweils Doppelspeicher mit je drei Anschlüssen, nach Tichelmann verrohrt) läuft die Anlage nun problemlos.

Energiekonzept der Zukunft

Trotz der anspruchsvollen Inbetriebnahme der Kraft-Wärme-Kälte-Verbundanlage sind sowohl Planer wie auch die ausführende Firma Rütec, Bayreuth, vom innovativen Energieverbund überzeugt. TGA-Planer Klaus Hohlweg von IHP sieht in der realisierten Lösung ein zukunftsweisendes Konzept, das auch den künftigen Anforderungen der EnEV gerecht wird und ein probates Mittel zur energetischen Sanierung bestehender kommunaler Gebäude darstellt.

Auch für Horst Hermannsdörfer vom Anlagenbauer Rütec GmbH, Bayreuth, ist die Modernisierung der Klimaanlagen mit BHKW-Koppelung einer Absorptionskältemaschine eine wichtige Referenz und ein herausragendes Beispiel für künftige Energiekonzepte. „Das Projekt war für uns eine große Herausforderung, aber interessant, da keine Allerweltsanlage. Besonders überzeugt hat mich der Yazaki-Absorber. Wenn man erst mal die Hydraulik des Gesamtsystems im Griff hat, läuft eine AKM störungsfrei. Wichtig ist für mich die Erfahrung, wie man so eine Anlage dimensioniert. Den Knackpunkt von Kraft-Wärme-Kälte-Koppelungsanlagen sehe ich darin, den niedrigsten Heizfall bzw. Kühlfall für ein Gebäude wie die Fichtelgebirgshalle festzulegen und danach das BHKW-Modul zu dimensionieren.“

Fazit

Die Wärme-Kraft-Kälte-Koppelung entspricht den steigenden Anforderungen an die Gebäude­energieeffizienz und die Nachhaltigkeit von Investitionen. Besonders interessant für Städte und Kommunen sind die hohe CO2-Einsparung und der Verzicht auf Kälteerzeugungsverfahren, die mit klimaschädigenden Kältemitteln arbeiten. Für Städte mit eigenen Stadtwerken eröffnet sich zudem die Option, solche KWKK-Systeme künftig mit regenerativ erzeugtem Bioerdgas zu betreiben.

http://www.yazaki-europe.com

http://www.gasklima.de

https://www.ihp-bayreuth.de/

http://www.ruetec.de

Daten und Fakten

Yazaki Lithium-Bromid-Absorber: Typ WFC-SC 30

Kälte-Nennleistung: 105 kW (max. 140 kW) bei Heizwasser: 88 zu 83 °C (Eintritt min. 70 °C / max. 95 °C; Volumenstrom variabel zwischen 20 und 100 %)

Kaltwasser: 12,5 zu 7 °C (Austritt min. 5,5 °C)

Kühlwasser: 31 zu 35 °C (Eintritt min. 24 °C / max. 34,5 °C)

COP: 0,7 bis 0,78

Yazaki-AKM mit Leistungsreserve

Der in der Fichtelgebirgshalle eingebaute Lithium-Bromid-Absorber bringt bei nur 80 bis 85 °C Heiztemperatur und großer Spreizung (ca. 15 K) noch rund 80 kW Kälteleistung. Die Kälte-Nennleistung liegt bei 105 kW, bezogen auf 88 °C Heizwasser-Vorlauftemperatur und 83 °C Rücklauf. Zur kälteseitigen Leistungs-Regelung des Absorbers lässt sich der Volumenstrom des Heizungsvorlaufs zwischen 20 und 100 % variieren.

Ein entscheidendes Plus des Yazaki-Absorbers ist die vergleichsweise hohe Leistungsreserve, die man durch Anheben der Heiztemperatur erschließt. So leistet der WFC-SC 30 bei 95 °C Heiztemperatur maximal 140 kW Kälte. Eine solche Vorlauftemperatur kann z.B. durch die Einbindung eines Heizkessels in ein BHKW-Kältekonzept erreicht werden. Zunehmend werden hierfür auch Biomassekessel auf der Basis von Pellets oder Holz-Hackschnitzel eingesetzt.

Kaltwasserseitig arbeitet die Absorptionskältemaschine (AKM) bei 12,5 °C zu 7 °C; minimal ist eine Kaltwassertemperatur von 5,5 °C möglich. Bei Kühlwassertemperaturen von 31 zu 35 °C (Eintritt minimal 24 °C maximal 34,5 °C) stellt sich unter Nennbedingungen ein COP von 0,7 bis 0,78 ein. Der Eigen-Stromverbrauch der 105-kW-Maschine liegt bei nur 0,31 kW, für den Betrieb der externen Pumpen und des Kühlturms müssen rund 5,5 kW kalkuliert werden. Der Yazaki-Absorber ist mit einer autark arbeitenden Regelung ausgestattet, die alle internen Funktionen abdeckt. Die Anbindung an ein Regelungskonzept bzw. eine Gebäudeleittechnik erfolgt über potenzialfreie Kontakte. Der Kälteprozess in der Yazaki-AKM setzt bereits bei Heiztemperaturen von 70 °C ein. Dadurch lassen sich auch industrielle Abwärme, Fernwärme oder solare Wärme zur Kälteerzeugung nutzen.

Wolfgang Schmid

ist Freier Fachjournalist für Technische Gebäudeausrüstung, München; wsm@tele2.de