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Heizungstechnik

Mehr Lösungen, weniger Absatz

Folgt man der Bildsprache einer Anzeigenschaltung von „Chemie macht Zukunft“ in auflagenstarken Meinungstiteln (z.B. Der Spiegel, 36-2008, Seite 139), sind Brennstoffzellen-Heizgeräte schon Realität. Wer darauf setzt, hat „einen Klimaschützer im Keller stehen“, so die primäre Textaussage. Und wer es nicht tut, fördert den Klimawandel? Die Botschaft ist unverhohlen: Über schlechtes Gewissen und ein Zugpferd die Akzeptanz für neue Technologien durch das Volk einfordern, „damit die Chemie in Zukunft weiter erfolgreich in Deutschland forschen kann“.

Die Kunden von Heiztechnik bewegen sich zwischen der neuerdings hohen Angebotsvielfalt immer schneller hin und her. Das Problem: Die größere Auswahl führt nicht zu höherem Absatz.

Forschung ermöglichen, neue Technologien mit besserer Umweltbilanz einführen – Haken dran. Warten auf eine Technik, die optimistisch propagiert in sieben Jahren1) und technologisch betrachtet vielleicht niemals eine echte Alternative für die Breitenanwendung sein kann, ist jedoch kein Klimaschutz. Wer etwas für das Klima tun will – das bessere Argument ist allerdings der Geldbeutel – zieht heute eine veraltete Heizungsanlage aus dem Verkehr, refinanziert sie in den nächsten Jahren durch die eingesparten Energiekosten und wechselt sie dann rechtzeitig, bevor sie wieder zum alten Eisen gehört, gegen die dann beste Technik aus. Vielleicht dann auch gegen ein Brennstoffzellen-Heizgerät, wichtig ist nur die Reihenfolge.

Warten auf künftige Technologien ist der Heizungsindustrie verständlicherweise ein Graus. Viel besser sieht es aber nicht aus, wenn der Verbraucher „unkontrolliert“ handelt. Denn das tut er mittlerweile mit einer Dynamik, dass die Hersteller bei diesen massiven Beschleunigungsvorgängen schlecht mithalten können. 2006 erreichten beispielsweise Holzheizungen und Wärmepumpen bei insgesamt guten Absatzzahlen zusammen einen Marktanteil von 13,5 %. Die Nachfrage war jedoch höher, die Industrie aber nicht in vollem Umfang lieferfähig, der Außendienst nicht vorbereitet die Heizungsfachbetriebe nicht ausgebildet, die Lobby schlecht organisiert und als Sonderfaktor befand sich die Lieferkette von Holz-Pellets in weiten Teilen im Tiefschlaf; ebenso die Förderpolitik des Bundes.

2008 wiederholt es sich: Die Nachfrage nach Solaranlagen kann nicht komplett gedeckt werden, Wärmepumpen gehen direkt vom Montageband in die Heizungskeller und auch Pellet-Heizkessel sind kaum noch ohne Lieferzeiten zu beschaffen. Die Fertigungsspezialisten rotieren, werden aber vielfach von den eigenen Aufräumaktionen gebremst. Kompetenzzentren haben die Produktion zwar deutlich effektiver und günstiger gemacht, aber eben nur für die Kernkompetenz. Das Ausweichen auf Produkte einer anderen Gerätetechnik ist kaum möglich. So drehen sich die Bänder in dem einen Werk mit maximaler Geschwindigkeit, während in anderen Produktionsstätten der Ausstoß gedrosselt werden muss.

Und 2009? Die nächsten Marktbewegungen kündigen sich schon an. Befeuert von einem sehr attraktiven Förderprogramm wird die Strom erzeugende Heizung immer mehr Eigenheimer faszinieren. Wann genau sich welche Hersteller auf den Markt trauen, ist noch nicht auszumachen, die bisher verfügbaren Aggregate sind aber auch schon heute keine Ladenhüter. Dazu kommen kleine Biomasse-BHKWs, Hybridheizungen, Speziallösungen als Ersatz für Nachtstromspeicherheizungen, thermisch angetriebene Wärmepumpen…

Vor wenigen Jahren war die Welt noch einfach: Heizöl oder Erdgas. Heute muss man sich nicht nur für einen oder mehrere von mindestens fünf Energieträgern, sondern auch noch für etliche technische Lösungen entscheiden. Dazu kommen marktanreizende, aber auch gegen diese Anreize anarbeitende Förderprogramme. Fakt ist aber: Die Verkaufszahlen für Wärmeerzeuger sinken. Seit Jahren. Die größere Lösungsvielfalt konnte also den Modernisierungsstau nicht einmal bremsen. Wann gibt es eigentlich eine Anzeigenkampagne „Heizungsindustrie macht Zukunft“, die Endanwender neutral aufklärt und zum Handeln mobilisiert? Beste Möglichkeiten würden sich dazu auch durch den Heizungs-Check ergeben.

Ihr

Jochen Vorländer, Chefredakteur TGA Fachplaner

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1)Bundesbauminister Wolfgang Tiefensee Ende September beim Start des Praxistests für Brennstoffzellen-Heizgeräte fürs Eigenheim „Callux“: „Ziel ist es, bis 2015 Brennstoffzellen-Heizgeräte an den Markt zu bringen, um eine wirkliche Alternative zu herkömmlichen Geräten zu schaffen.“