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Kommunikationsfähige Systemtechnik

Energiemanagement im “inHaus1“

Nicht allein die vielseitigen Möglichkeiten zur systematischen Vernetzung der Kompo­nenten von Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik ­interessieren die Forscher im „inHaus1“, ­vielmehr geht es hier auch um die ­Einbindung ­sämtlicher technischer Systeme in die Managementebene der Gebäudeleittechnik. Voraussetzung hierfür ist eine kommunikations­fähige Systemtechnik, die ihre aktuellen Mess- und Betriebsdaten an eine kompatible Software sendet.

Denn die Möglichkeit, das energetische und wirtschaftliche Potenzial der Gebäudetechnik tatsächlich ausschöpfen zu können, hängt im ­Wesentlichen von der Bereitschaft der Hersteller ab, eine bestimmte Systemtechnik oder zumindest geeignete Schnittstellen auf der Management­ebene zur Verfügung stellen. Soweit zur Theorie. In der Praxis arbeiten die Steuer- und Regel­systeme unterschiedlicher Hersteller nach der ­Erfahrung von Dr. Viktor Grinewitschus, Leiter des Innovationszentrums „inHaus1“, aber immer noch zu selten mit kompatiblen „Datenübertragungssystemen“. Und nicht jeder Aktor oder ­Sensor lässt sich in jedes beliebige Bussystem ­integrieren.

Anders ausgedrückt: „Innovationen finden heute nicht mehr auf der Produkt-, sondern auf der Systemebene statt“, so Grinewitschus. Womit ein deutliches Signal an Hersteller und Industrie ge­geben ist, in welche Richtung sich in Zukunft die Produktentwicklung bewegen sollte. „Auf der Seite der Energieproduktion sind bei den Einzel­geräten wie Brennwert-, Solar- oder Wärmepumpentechnologie die physikalischen Grenzen des technisch Machbaren nahezu ausgeschöpft“, so Grinewitschus. „Auf der Verbrauchsseite ist hin­gegen noch erhebliches Einsparpotenzial vor­handen.“

Zahlreiche Einflussfaktoren

Und um dieses möglichst weitgehend auszuschöpfen, geht die Entwicklung dahin, in der Gebäudetechnik eine Vielzahl von Daten zu sammeln, um auf deren Grundlage die realen Einflussfaktoren des Gebäudeklimas zu berücksichtigen. Das führt beispielsweise grundsätzlich weg von der Energieregelung durch witterungsgeführte Außenfühler, da diese Technik nicht mehr den aktuellen Stand abbildet, wie die „inHaus“-Energieexperten mittlerweile wissen.

Der Hintergrund: Die klimatischen Bedingungen außerhalb eines Gebäudes nehmen angesichts nahezu luftdichter Fenster und sehr guter Wärmedämmung in Neubauten und mit steigendem Kostendruck zunehmend auch in Bestandsimmobilien kaum noch Einfluss auf die Innentemperatur. Technische Geräte und der Aufenthalt von Menschen haben dagegen erheblich mehr Auswirkung auf das Innenraumklima. Vor diesem Hintergrund zeichnet sich bereits ab, dass die unabhängig agierende thermostatische Einzelraumregelung von vernetzter Systemtechnik Konkurrenz bekommt, um die Wärmeerzeugung zu optimieren und auch um die „vorbeugende“ Einspeicherung von sonst nicht nutzbaren Energie­erträgen in die Räume zu managen.

Das ermöglicht dann auch Strategien, bei denen sich die Energie­bereitstellung beispielsweise an der aktuellen Belegung des Gebäudes sowie einer Vielzahl weiterer ­Faktoren orientiert. Unter anderem auch an der Lichtintensität oder der Bewegungsfrequenz der Anwesenden. Verantwortlich können hierfür auch Systeme wie die Steuerung der Außen­jalousien sein oder eine kontrollierte Wohnraumlüftung und müssen deswegen ebenfalls in die Kommunikations- und Interaktionsstrategie ein­bezogen werden. Durch Bewegungsmelder kann die Technik dann auf die Ab- oder Anwesenheit ­einer oder mehrerer Personen reagieren und beispielsweise die Lüftungs- und Lichtanlage darauf abstimmen.

Gleichzeitig steuert ein zentraler Regler ­automatisch die Verschattungseinrichtungen in Abhängigkeit der Sonnenintensität. Woraufhin dann wieder Temperatursensoren den Wärme­bedarf an eine übergeordnete Stelle melden. Auf dieser werden alle eingehenden Daten ver­glichen und an die entsprechenden Teilsysteme gesendet. Dieser Prozessablauf findet rund um die Uhr statt und gleicht in der Folge sämt-liche Gebäudekomponenten auf das Nutzerver­halten so miteinander ab, dass die Raumtem­peratur noch exakter und vorausschauend an den tatsächlichen Bedarf angepasst werden kann, wodurch nicht nur Energie gespart, sondern auch ein deutliches Mehr an Wohn­komfort erreicht wird.

Ergebnisse fordern mehr Vernetzung

Dabei ist es unerheblich und im Wesentlichen vom Willen der Nutzer abhängig, ob sich die Geräte je nach Bedarf gegenseitig steuern oder auf programmierte Szenarien reagieren. Wichtig ist vielmehr, dass die Daten und aktuellen Werte in einer dem Nutzer verständlichen Art und Weise graphisch abgebildet werden. Für Wärme­erzeugung und -verteilung im „inHaus1“ übernimmt das Internet-Kommunikationssystem vrnetdialog (Vaillant) die Aufgabe der Datenübertragung und Koordination sämtlicher Energie­erzeuger. Es ermöglicht zudem das Auslesen des Energieverbrauchs und der eingestellten ­Parameter am PC und steuert die für das Ge­bäudemanagement notwendigen Informationen bei, womit die Vision von intelligenter Anlagentechnik sowie einfacher Bedienbarkeit schon jetzt in großen Teilen mit verfügbaren Standard­produkten umgesetzt wird.

Darüber hinaus stehen mit der Vaillant-Systemtechnik weitere Optionen für eine reibungslose Betriebsweise zur Verfügung. Beispielsweise ist das Internet-Kommunikationssystem in der Lage, über die Funktion „Störungsmanagement“ Fehlermeldungen z.B. per SMS an einen externen Reparaturdienst weiterzuleiten. Dieser kann dann u.a. auch per Fernkontrolle jederzeit eine Parameteroptimierung veranlassen.

Ein wesentlicher Vorteil für die Forschungsarbeiten im „inHaus1“ bestand darin, dass ein Partner gefunden werden konnte, der neben reiner Anlagentechnik auch für vernetzte Betriebsweisen Produktlösungen1) aus einer Hand entwickelt hat, so Grinewitschus. Mit den Geräten war es nämlich möglich, zahlreiche Systemkomponenten ohne einschränkende Schnittstellenprobleme in das Ener­giekonzept zu integrieren. Die sich daraus ergebenden Synergieeffekte tragen im „inHaus1“ in Zukunft dazu bei, den Energieverbrauch drastisch zu senken. „Im Idealfall werden sich die Mehrinvestitionen für die neue Anlagentechnik und die Vernetzung der einzelnen Systemkomponenten schon nach wenigen Jahren amortisiert haben“, hofft Grinewitschus.

Innovationen auf der Systemebene

Bei der Auswahl der Produkte überzeugte die Wissenschaftler vor allem der Systemgedanke. „Das bezieht sich primär weniger auf die Möglichkeiten der digitalen Verknüpfung, als auf die ­praktische Einsatzfähigkeit des Systems“, erklärt Grinewitschus. Denn es ist vorgesehen, mit der eingesetzten Wärmepumpe sowohl das Gebäude im monovalenten Betrieb zu beheizen als auch einzelne Gebäudeabschnitte damit zu kühlen: In dem weit über die Landesgrenzen bekannten Forschungsobjekt der Fraunhofer Gesellschaft spielt dieser Aspekt nämlich eine zentrale Rolle: Da in der zweiten Doppelhaushälfte neben dem eigentlichen Wohnbereich das Labor zu finden ist, entsteht hier durch die umfangreiche EDV-Ausstattung überschüssige Wärme, die abgeleitet werden muss.

Den Testreihen zufolge liegt das energetische Einsparpotenzial je nach Nutzerverhalten im „inHaus1“ bei bis zu 50 %. Das macht die Vernetzung der Haustechnik für Einfamilienhausbesitzer ebenso attraktiv wie für Wohnungsgesellschaften oder Gewerbeimmobilien. Eine Amortisation wäre demnach bereits nach sechs Jahren erzielbar und zwar unabhängig davon, ob in einem Neubau ­Datenleitungen von vornherein eingeplant wurden oder ob ein Bestandsbau nachgerüstet werden soll. Denn die Datenübertragung kann ebenso gut über Stromkabel oder per Funk möglich.

Insbesondere für TGA-Planer und SHK-Installateure verspricht die Weiterentwicklung der Kommunikationstechnik auf der Automationsebene entscheidende Vorteile zur Erweiterung der Kompetenz beim energiesparenden Bauen und Betreiben. Für den Installateur ergäben sich darüber hinaus auch Gewerke übergreifende Kooperationen, die nicht mehr an unterschiedlichen Schnittstellen enden. Für Architekten und Planer, aber auch für in das Gebäudekonzept miteinbezogene Energieberater stellt sich die Herausforderung, Gebäudetechnik und ihre Vernetzung nicht mehr nur „zu berücksichtigen“, sondern zu einem festen Bestandteil der Planung zu machen.

http://www.inhaus-zentrum.de

https://www.vaillant.de/heizung/

1) Im „inHaus1“ ist von Vaillant folgende Systemtechnik vernetzt worden: geoTHERM plus (Wärmepumpe), ecoTEC exclusiv (Gas-Brennwertgerät), vrnetDialog (Internet-Kommunikations­system), recoVAIR (Wohnraumlüftung), climaVAIR Mono-Split ­(Klimagerät), allSTOR (Warmwasser Multispeicher) und in Planung auroTHERM plus (Solar-Kollektoren).

inHaus1

Seit 1995 laufen Forschungs- und Entwicklungsarbeiten auf dem ­Gebiet der Haus- und Gebäudeautomation. Im April 2001 wurde schließlich das „inHaus1“ in Betrieb genommen. Das Doppelhaus umfasst ein für Anwendungs- und Markt­forschungstests eingerichtetes Wohn­labor ­sowie ein Werkstatthaus. Im Wohnlabor entstehen Innovationen sowohl für das private Wohnhaus als auch für die Wohnungswirtschaft. Im November 2008 fand die Eröffnung des „inHaus“-Innovationszentrums für den ­Bereich Nutzimmobilien ­statt. Das „inHaus2“ ist das weltweit größte Innovationszentrum für intelligente Raum- und Gebäudesysteme.

Martin Schellhorn

Dipl.-Kfm., Freier Fachjournalist und Inhaber der Fachpresseagentur Kommunikations-Management Schellhorn in Haltern am See und Herne. Telefon (0 23 64) 10 81 99, E-Mail: info@die-agentur.sh

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