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HOAI-Novellierung

Reform der Reform

Lange hat die Branche darauf warten müssen: Am 29. April hat das Bundeskabinett die 6. Novelle der Verordnung über die Honorare für ­Architekten und Ingenieurleistungen (HOAI) verabschiedet. Gefeiert wurde das jedoch nicht, weil die künftig nur noch für Planungen im Inland ansässiger Büros anzuwendende HOAI Umweltverträglichkeitsstudien, Thermische Bauphysik, Schallschutz und Raumakustik, Leistungen für ­Bodenmechanik, Erd- und Grundbau sowie Vermessungstechnische Leistungen in einen unverbindlichen Anhang aussortiert hat. Zudem wird durch die Kabinettsvorlage der wichtigste Reformbedarf, eine angemessene Anhebung der Honorare, allenfalls teilweise erfüllt

Honoraranhebung nicht gesichert

„Wir haben die HOAI vereinfacht, transparenter und flexibler gestaltet. Außerdem haben wir für die Architekten und Ingenieure eine pauschale Anhebung der Honorare um 10 % herausgeholt“, verkündete Bundesbauminister Wolfgang Tiefensee, nach der Verabschiedung im Bundeskabinett. Hört sich toll an, bezeugt allerdings nur, dass Tiefensee bzw. der Schreiber seiner Pressemitteilung sich mit der Honorarermittlung nach bisheriger und neuer HOAI wenig auskennt. Pauschal angehoben werden mit dem Kabinettsentwurf die Tafelwerte zur Honorarermittlung.

Sie sind zwar der zentrale Baustein der Honorarberechnung, aber nicht der einzige. Und zugleich wurden die Honorare von den tatsächlichen Baukosten abgekoppelt. Würdigt man alle Änderungen, werden die Honorare in vielen Leistungsbildern künftig stärker von den durchsetzbaren Marktpreisen bestimmt als bisher, auch weil die Chance auf eine gerichtliche Durchsetzung von Honoraransprüchen mit dem Entwurf nach der Einschätzung von Experten deutlich sinkt. 10 % höhere Honorare bei nachlassender Bauplanungsnachfrage sind deswegen unrealistisch. Steigende Honorare wären nur bei einem unwahrscheinlichen Bauboom zu erwarten.

Einziger Lichtblick zwischen dem Referentenentwurf und der Kabinettsvorlage ist, dass nun wieder die Forderung von „Abschlagszahlungen in angemessenen zeitlichen Abständen für nachgewiesene Leistungen“ vorgesehen ist. Im BMWi-Entwurf war dazu explizit eine vertragliche Vereinbarung vorgesehen gewesen. Ohne diese wäre das Honorar frühestens nach vollständiger Leistungserbringung fällig gewesen – also oft erst Jahre nach dem Leistungsbeginn.

Modernisierungsgutachten

Dass mit der 6. HOAI-Novelle nur ein Teil des Reformbedarfs abgedeckt werden kann, war nach den schleppenden Abstimmungsprozessen zwischen den Ressorts und wegen (aus Sicht der Bundesregierung) fehlender Grundlagen schon länger abzusehen. Die Grundlagen soll ein Gutachten schaffen, um die einzelnen Leistungsbilder zu modernisieren und gleichzeitig die Honorare an den daraus resultierenden Bedarf anzupassen. Damit diese Verabredung zwischen den Berufsständen und Bundesregierung auch belastbar wird, haben die Mitglieder des AHO Ausschuss der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung vom Bundesrat gefordert: „Der Bundesrat möge eine Entschließung verabschieden, dass die neu gewählte Bundesregierung die aufgelisteten wesentlichen Punkte in einer zweiten Novellierungsstufe kurzfristig wieder in das Bundeskabinett einbringt.“

Bei den „aufgelisteten wesentlichen Punkten“ handelt es sich um die Forderungen der Architekten und Ingenieure, die in dem Kabinettsbeschluss vom 29. April 2009 keine Berücksichtigung gefunden haben. Diese sollen nun in einer gemeinsamen Auflistung von AHO, Bundesarchitektenkammer und Bundesingenieurkammer an die jeweiligen Mitgliedsorganisationen übermittelt werden, damit diese ihre politischen Kontakte auf Landesebene für die Bundesratsbeteiligung zur 6. HOAI-Novelle nutzen.

Welche „Dynamik“ sich daraus in der Praxis entwickeln kann, weiß die Branche nur zu gut: 1996 hatte der Bundesrat bei der 5. HOAI-Novelle die Bundesregierung aufgefordert, die HOAI zu vereinfachen, transparenter zu gestalten, Anreize für Kosten sparendes Bauen aufzunehmen und durch die Eröffnung von Verhandlungsspielräumen flexible Reaktionen auf die jeweiligen Marktbedingungen zu ermöglichen. Erst 13 Jahre danach hat das Bundeskabinett der Länderkammer seinen Entwurf vorgelegt. Jochen Vorländer

https://www.aho.de/