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GIS-basiertes Wärmekataster

Planungssicherheit für geothermische Nahwärme

Geothermie-Nahwärme-Projekte bieten Gemeinden und Bürgern viele Vorteile: Unabhängigkeit von Gas und Öl; Stärkung der lokalen Wirtschaft; Verbesserung der CO2-Bilanz; Raumgewinn im Haus und Einsparung von Schornsteinfeger-, Wartungs- und Versicherungskosten durch den Wegfall der eigenen Heizung mit Kessel und Tank; die für Neubauten nach dem Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) vorgeschriebene anteilige Beheizung mit erneuerbaren Energien.

GEOenergie Bayern plant in ihrem Aufsuchungsgebiet am Ammersee die Errichtung eines Geothermiekraftwerks. Für die Gemeinden im Gebiet – Utting und Schondorf – hat die Team für Technik GmbH auf Basis räumlich hochaufgelöster Wärmekataster die Machbarkeit einer Geothermie-Nahwärmeversorgung aus dem Kraftwerk untersucht. Die Team für Technik GmbH ist eine Inge­nieurgesellschaft mit langjähriger Erfahrung in den Bereichen erneuerbare Energien, Fernwärme und Energiekonzepte.

Aufbau des Wärmekatasters

Aus verfügbarem Kartenmaterial wurde dazu ein GIS-Modell (GIS: Geoinformationssystem) aufgebaut. Mit ortskundigen Beteiligten wurden die Gebiete vorläufig eingeteilt. Dabei wurden Gebäude mit hohem Wärmebedarf und/oder Signalwirkung für die Gemeinden identifiziert. Der Wärmebedarf dieser etwa 100 Objekte wurde durch Befragungen ermittelt (Bild 1).

Zur Abschätzung des verbleibenden Wärmebedarfs wurde das Gebiet vor Ort erfasst. Hierbei wurde das Gebiet nach Siedlungstypen eingeteilt, diese Bereiche wiederum in Gebiete mit repräsentativen Gebäudetypen. Stichprobenartig wurde die Einstufung im Gespräch mit Nutzern überprüft und der reale Brennstoffverbrauch für die spätere Plausibilisierung der Kataster erfasst.

Diese Sachdaten wurden im GIS mit den Geodaten verknüpft. Mit dem Wärmekataster liegt dann ein Instrument zur Untersuchung von Erschließungsszenarios bezüglich Leistung, Wärme, Investitionskosten und Wärmeverlusten vor.

Erschließungsszenarios

Im nächsten Schritt wurden mehrere Erschließungsszenarios definiert und im GIS implementiert. Netztopologien ergaben sich dabei durch Anbindung der Großverbraucher und sukzessive verdichtete Erschließung der Fläche. Hierbei wurde jedes Netz im GIS als gerichteter Graph umgesetzt, um in jedem Abschnitt Übertragungsleistung und in der Folge Leitungsdimension und Wärmeverluste kalkulieren zu können (Bild 2).

Jedes Netzmodell beinhaltet die Kosten­schätzung nach Leitungsdimension und Abschnittslängen. Diese Investitionskosten, die ­Nutzungsdauer und die Zinskonditionen ergeben die Kapitalkosten.

Den zweiten großen Kostenblock bilden die Verbrauchskosten – bei Geothermie-KWK-Projekten im Wesentlichen Strommindererlöse gegenüber einer ungekoppelten Stromerzeugung. Die ermittelten Gesamtkosten gehen gemeinsam mit der erwarteten Anschlussentwicklung und dem erzielbaren Wärmepreis in eine dynamische, zeitreihenbasierte Wirtschaftlichkeitsrechnung ein, deren Ergebnis gängige Kennzahlen zur Bewertung der Projektwirtschaftlichkeit sind (Bild 3).

Empfehlungen und Synergien

Erst detaillierte Wärmebedarfsanalysen und realistische Variantenbewertungen ermöglichen fundierte Empfehlungen für die anstehenden Entscheidungen. So wird deutlich, welche Varianten gegenüber der heutigen Versorgung bestehen können. Es zeigt sich, ob die Renditeaussichten eine privatwirtschaftliche Erschließung ermöglichen oder ob stattdessen die öffentliche Hand die­se wegweisende Infrastrukturmaßnahme übernehmen sollte. Für die untersuchten Gemeinden wurde festgestellt, dass eine Nahwärmeversorgung wirtschaftlich zu realisieren ist.

Die GIS-Dateien sind in gängige CAD-Formate exportierbar und so Grundlage für Entwurfspläne. Zudem existiert im GIS-Modell je Gebäude und Netzabschnitt ein Datensatz, sodass die Datenhaltung im Nahwärmebetrieb auf den GIS-Datenbanken aufbauen kann. Dies sind handfeste Synergien zwischen Projektentwicklung und Planung bzw. Betrieb. Schließlich ist das Wärmekataster über das Projekt hinaus für die Gemeinde ein zentraler Baustein eines umfassenden Energienutzungs- und Energieentwicklungsplans.

Fazit

Wärmenetze ermöglichen die Zusammenfassung vieler Verbraucher, und so durch Mengeneffekte die Nutzung wirtschaftlicher, ökologischer und sicherer aber technisch aufwendiger Wärmequellen – wie Geothermie oder auch Biomasse. Wirtschaftlichkeit oder Akzeptanz von Kraftwerks­projekten sind häufig von Wärmenutzung über Wärmenetze abhängig – diese sind allerdings kapitalintensiv.

Wärmeabsatz und Investitionskosten bestimmen maßgeblich den Projekterfolg – sinnvoller Netzaufbau (räumlich) und -ausbau (zeitlich) sind entscheidend. Die Studie zeigt, dass Geothermie-Wärmenetze in ländlichen Gemeinden wirtschaftlich sein können.

Eine sorgfältige Projektentwicklung schützt vor Bauchlandungen. Deshalb sollten Investitionsentscheidungen in (Geothermie)-Wärmenetze nicht aufgrund von „Faustwerten“ und „Bierdeckelrechnungen“, sondern auf der Basis von Machbarkeitsstudien mit einem GIS-basierten Wärmekataster getroffen werden.

Christian Eberl

ist Geschäftsführer der Team für Technik GmbH, Ingenieurbüro für Energie- und Versorgungstechnik, 81247 München, Telefon (0 89) 89 14 61 20, eberl@tftgmbh.de, https://www.tftgmbh.de/

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