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Klimatisierung nachgerüstet

Skulpturen behalten kühlen Kopf

Die Seestadthalle in Haltern am See, einem kleinen Städtchen am Südrand des Münsterlandes, ist für verschiedene Events geeignet. Vom Basketballspiel bis zur Ü30-Party reicht das Spektrum der Veranstaltungen. Dieses Jahr ist sie für fünf Monate einem besonderen Thema vorbehalten: der Präsentation römischer Geschichte durch das Römermuseum des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL).

Exakt 2000 Jahre ist es her, dass die Römer, damals bereits bis zur Elbe vorgerückt, das Gebiet östlich des Rheins aufgeben mussten: In der Varusschlacht wurden die römischen Legionen, geführt von Publius Quinctilius Varus, von den Germanen unter Leitung des Cherusker-Fürsten Arminius geschlagen. Kaiser Augustus regierte damals das Römische Reich, das sich unter ihm auf dem Höhepunkt seiner Macht befand – das tragende Thema der Halterner Ausstellung: „Imperium“ zeigt die politische Leistung des Augustus und beleuchtet das „Goldene Zeitalter“.

Vom Verlierer der Schlacht im Teutoburger Wald zeichnet die Ausstellung ein Bild, das mit dem Versager-Image des Publius Quinctilius Varus aufräumt. Mehr Geschichte erfahren Besucher im wenige Kilometer entfernten LWL-Römermuseum und in den Ausstellungen „Konflikt“ in Kalkriese und „Mythos“ in Detmold (weitere Infos unter: http://www.imperium-konflikt-mythos.de )

Exponate erfordern neue Klimatechnik

Um Hunderten von Besuchern, insbesondere aber den unschätzbar wertvollen Exponaten ein zuträgliches Klima zu bieten, wurde die Gebäudetechnik der Seestadthalle Haltern überarbeitet. Vorhanden war bereits ein rund 20 Jahre altes Lüftungsgerät, das bis zu 21000 m3/h Luft in die Halle fördert und für bis zu 1000 Besucher ausreichend dimensioniert ist. Die Zuluft wird über eine runde Luftleitung (NW 1000) in die Mehrzweckhalle eingebracht, die sich in drei Segmente aufteilen lässt. Neun Abzweige mit je zwei Auslässen verteilen die Luft. Die Stellklappen der Trox-Auslässe können geschlossen werden, wenn ungenutzte Hallenbereiche keine Luftzufuhr benötigen. Die Abluft wird über zwei kleinere Rohre an den Seitenwänden der Halle abgesaugt.

Für angenehme Temperaturen im Winter ist gesorgt: Das Heizregister genügt vollauf, um kalten Tagen zu trotzen. Für das Kühlen der Halle an heißen Tagen gab es hingegen keine Möglichkeit. Es galt daher, die Haustechnik anlässlich der Ausstellung zu ergänzen. Denn die wertvollen Exponate – vom Papyrus bis zur Statue der Livia, vom Silberbecher bis zur Bronzemünze – sollten möglichst geringen Schwankungen von Temperatur und Luftfeuchte ausgesetzt werden. Nur unter dieser Bedingung stellten berühmte Museen und Sammlungen ihre teilweise empfindlichen und unersetzlichen Schätze für „Imperium“ bereit.

Lüftungs- und Klimatechnik angepasst

Mit der Analyse und Planung der Gebäudetechnik beauftragte der LWL das Halterner Ingenieurbüro TGE. Planer Markus Ernst hatte drei Vorschläge erarbeitet, die auf die Wünsche der Leihgeber eingehen und sie dem LWL sowie der Stadt Haltern erläutert. Ausgewählt wurde eine Variante, die trotz begrenzter Mittel eine effektive Kühlung versprach und so zur Solltemperatur von etwa 20 bis 22 °C in der Halle führt: Die Erweiterung der Anlage um zwei GEA-Kaltwassersätze und die Optimierung des Lüftungsgeräts. Weil eine vorübergehende Installation unverhältnismäßig hohe Kosten aufgeworfen hätte, entschieden sich die Verantwortlichen für eine dauerhafte Ausführung.

Den ersten Ansatz zur Optimierung sah Ernst im Hydraulischen Abgleich der Luftverteilung. An jedem der neun Abgänge vom Hauptrohr wurden dazu Volumenstromregler mit Stellmotoren installiert, damit die Luftverteilung gleichmäßig erfolgen aber auch der Hallennutzung angepasst werden kann. Da ein Wechsel des Zentrallüftungsgeräts zu aufwendig gewesen wäre, erfuhr das Bestandsgerät Modifikationen: Frequenzumformer sorgen nun für ein bedarfsgerechtes Anpassen des Luftstroms und haben die Zwei-Stufen-Regelung abgelöst. Die neue Technik regelt jetzt automatisch die Ventilatordrehzahl abhängig vom Druck im Lüftungsnetz. Damit sich die Zuluft kühlen lässt, setzte das ausführende Unternehmen Manfred Ernst (Haltern) das Kühlregister an die Stelle des Heizregisters und installierte letzteres in eine dahinter liegende Gerätekammer.

Kaltwassererzeuger auf Hallendach

Die Kälteenergie bezieht die Zentrallüftung von einem der zwei auf dem Hallendach aufgestellten GEA-Kaltwassererzeuger der GEA Happel Klimatechnik. Beide Geräte sind luftgekühlt, schallgedämmt und arbeiten mit dem Kältemittel R410a. Jedes Gerät verfügt über zwei Scroll-Verdichter, die auf einen Kältekreis geschaltet sind und einen zweistufigen Betrieb ermöglichen. Der größere Kaltwassererzeuger GEA GLAC 0552 BD1.SL hat eine Nenn-Kälteleistung von etwa 118 kW, der kleinere GEA GLAC 0252 BD1.SL bietet bis zu 56 kW; die ESEER (European Seasonal Energy Efficiency Ratio), die insbesondere den häufig geforderten Teillastfall berücksichtigt, beträgt etwa 4.

Die Leistung des großen Chillers genügt, um auch bei sommerlichen Bedingungen und gut besuchter Halle den Aufenthaltsbereich auf etwa 22°C zu kühlen. Die Zulufttemperatur des Hauptlüftungsgeräts beträgt etwa 18°C, damit es an dem ungedämmten Kanalsystem nicht zur Kondensatbildung kommt. Um die kühle Luft gezielt einbringen und Bereiche mit hohen Lasten versorgen zu können, sind an den Abgängen vom Hauptrohr Nachkühler mit Tropfenabscheidern installiert, die mit 6 °C kaltem Wasser bedient werden. Die Nachkühler werden von dem kleineren Kaltwassererzeuger versorgt und lassen sich einzeln regeln.

Mit begrenztem Budget viel bewirkt

Die Ausstellung „Imperium“ profitiert von der individuellen Regelungsmöglichkeit: Stellen, an denen sich viele Besucher aufhalten, können so stärker klimatisiert werden. Dennoch zieht es nicht, denn die segmentierte Ausstellung wird überall von Gaze überspannt, sodass kühle konditionierte Luft sanft durch das Gewebe nach unten sinkt.

Planer Ernst hätte gerne weitere Maßnahmen vorgesehen, denn „zum Beispiel hat die Zentrallüftungsanlage keinerlei Wärmerückgewinnung“. Eine Chance zum Sparen bietet heute nur die Mischluftklappe, die ein Temperieren der Halle mit reduzierter Außenluftrate ermöglicht. „Aber das begrenzte Budget musste so eingesetzt werden, dass die Grundanforderungen – eine möglichst gleichmäßige Temperatur und Luftfeuchtigkeit – gedeckt sind“, sagt Ernst. Mit den Nachkühlern wird die Luftfeuchtigkeit begrenzt, um die Exponate vor feuchtigkeitsbedingten Schäden zu bewahren.

Doch auch wenn die Investitionen nicht alles zuließen, was technisch machbar wäre: Die Seestadthalle hat durch die neue Kühlfunktion erheblich gewonnen. Wenn bei Ü30-Parties die Gäste künftig ins Schwitzen kommen, wird das eher auf heiße Rhythmen und hitzige Tänze zurückzuführen sein, aber sicher nicht auf die Hallenlüftung. Ralf Dunker, München

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