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Marktanreizprogramm

Mutloser Neustart

Am 7. Juli 2010 hat der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags die qualifizierte Haushaltssperre in Höhe von 115 Mio. Euro für die Richtlinien zur Förderung von Maßnahmen zur Nutzung erneuerbarer Energien im Wärmemarkt (Marktanreizprogramm) aufgehoben. Die Haushälter haben damit vorerst einen Schlussstrich unter ein monatelanges, völlig unnötiges, finanzpolitisches Machtpoker innerhalb der Bundesregierung gezogen. Mit den neuen Förderrichtlinien vom 9. Juli 2010 ( http://www.bafa.de ) gibt es durch den weitgehenden Wegfall der Fördertatbestände im Neubau zwar eine Neuausrichtung, am bisherigen, impulsarmen Konzept wurde jedoch festgehalten.

Die bis Mai gewährte Förderung für Anlagen im Neubau war wegen der gleichzeitigen Nutzungspflicht über das EEWärmeG keinesfalls selbstverständlich, sondern für Bauherren eher ein Glücksfall. Vermutlich müssen Industrie, TGA-Planer und SHK-Handwerk wegen der gesetzlichen Verpflichtung noch nicht einmal fürchten, dass die Entwöhnung vom Fördertopf sich spürbar auf den Absatz im Neubau auswirkt. Ob die Anlagen jetzt allerdings mit der gleichen Effizienz wie zuvor errichtet werden, bleibt abzuwarten. Denn das Marktanreizprogramm (MAP) übte durch seine Antragsbürokratie hierfür eine größere Regulierung und Kontrolle aus, als sie das Gesetz zur Förderung Erneuerbarer Energien im Wärmebereich (EEWärmeG) wohl jemals entfalten kann.

Das Marktanreizprogramm wurde zwar neu gestartet, doch neuen Schwung kann es so nicht bringen. Wenn die Politik ihre eigenen Ziele für erneuerbare Energien im Wärmemarkt nicht revidieren will, muss sie das Förderprogramm intelligent weiterentwickeln und haushaltsunabhängig finanzieren.

Für den Gebäudebestand wurden einige Fördertatbestände ganz gestrichen (beispielsweise Solarthermie zur ausschließlichen Trinkwassererwärmung, luftgeführte Pelletöfen und Scheitholzvergaserkessel) sowie die Fördervoraussetzungen an einigen Stellen verschärft (insbesondere bei Wärmepumpen). Das federführende Bundesumweltministerium (BMU) begründet dies damit, dass bereits etablierte Systeme und solche mit guter Wirtschaftlichkeit oder geringer Effizienz keiner Förderung (mehr) bedürfen. Da ist prinzipiell etwas dran – entspricht es doch der Idee des Marktanreizprogramms. Es drängt sich allerdings die Frage auf, warum im BMU diese Erkenntnis erst mit der akuten Not eines fast leeren Fördertopfs reifte? Schließlich hatte das Ministerium Ende Februar 2010 mit neuen Förderrichtlinien die jetzt weggefallenen Fördertatbestände bestätigt. Hätte man schon damals einen Kassensturz gemacht und die Förderung mit angemessener Übergangsfrist neu ausgerichtet, wäre der Branche, der Politik und den Bauherren viel Ärger erspart geblieben.

Umso frustrierender ist, dass die neuen Förderrichtlinien nun bis Ende 2011 Bestand haben sollen. Planungssicherheit für Investitionen der herstellenden Industrie und bei den Marktpartnern bieten sie nicht. Das in den Förderrichtlinien erklärte Ziel „durch Investitionsanreize den Absatz von Technologien der erneuerbaren Energien im Wärmemarkt zu stärken und so zur Senkung deren Kosten und zur Verbesserung von deren Wirtschaftlichkeit beizutragen“ wird nicht ausreichend unterstützt. Dazu hatten der Bundesindustrieverband Deutschland Haus-, Energie- und Umwelttechnik (BDH) und der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) der Bundesregierung in einer Resolution schon im Januar 2010 bessere Maßnahmen vorgeschlagen, u.a. eine Dynamisierung der Fördersätze nach dem Vorbild des EEG (vgl.: TGA-Kommentar 3-2010 „Zauberwaffe Förderdegression“).

Auch zur Finanzierung hat der BEE einen vom Bundeshaushalt unabhängigen Vorschlag gemacht, nämlich eine Erneuerbare-Wärme-Prämie, die auf Öl- und Gasimporte erhoben und dann für den Ausbau der erneuerbaren Energien im Wärmemarkt verwendet wird. Bereits ein Aufschlag von 0,001 Euro/kWh bzw. von 0,01 Euro pro Liter Heizöl bzw. Kubikmeter Erdgas für den zu Heizzwecken von Wohngebäuden verwendeten Teil der Energieträger würde etwa der aktuellen Mittelausstattung des Marktanreizprogramms entsprechen. Dass dies so von der Politik mit Begeisterung aufgegriffen wird, ist nicht zu erwarten. Doch ohne mindestens mittelfristig verbindlich gesicherte Finanzierung sind die Ausbauziele – den Anteil erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch für Wärme bis zum Jahr 2020 auf 14 % zu erhöhen – nach der Einschätzung vieler Expertisen nicht zu erreichen. Und mit der aktuellen Ausgestaltung und Ausstattung des Marktanreizprogramms bleiben sie eine Utopie. Es bleibt also zu hoffen, dass dem mutlosen Neustart möglichst schnell eine mutige Umgestaltung folgt.

Jochen Vorländer, Chefredakteur TGA Fachplaner

vorlaender@tga-fachplaner.de

https://www.tga-fachplaner.de/