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Bewertungshilfe für Lüfter

Lebensdauer ist nicht gleich Lebensdauer

Kompakt informieren

  • Die Lebensdauer besonders langlebiger Produkte kann aus zeitlichen Gründen nicht allein durch Lauftests unter realen Betriebsbedingungen er­mittelt werden.
  • Aus den Ergebnissen von Testmethoden mit kurzen Laufzeiten lässt sich nur in Verbindung mit Erfahrungswerten eine realistische Angabe zur Lebensdauer berechnen.
  • Die Lebensdauerangaben zu Lüftern basieren von Hersteller zu Hersteller auf unterschiedlichen Grundlagen und lassen sich kaum miteinander ­vergleichen.
  • Bei besonders kritischen Bauteilen kann durch das Einlaufen („Burn-in“) die Versagenswahrscheinlichkeit bis zum Verschleißausfall drastisch reduziert werden.

Bei langlebigen Produkten wie Lüftern, wie sie auch in großer Zahl in der Technischen Gebäudeausrüstung verwendet werden, ist eine realitätsnahe Bewertung der Lebensdauer für den Anwender ein wichtiges Entscheidungskriterium. Hersteller können aber nicht jahrzehntelang testen bevor der Kunde das Produkt bekommt. Der Lüfterspezialist ebm-papst aus St. Georgen im Schwarzwald setzt darum auf einen Mix aus theoretischem Ansatz, in dem Erfahrungswerte einen großen Einfluss haben, und im eigenen Dauerlauflabor gemessenen Praxiswerten. Andere Hersteller verwenden andere Rechenverfahren. Da die Ergebnisse dann nicht unmittelbar vergleichbar sind, muss man solche Angaben richtig bewerten und wissen, welche Aussagen sich tatsächlich hinter den Zahlenwerten verbergen.

Lebensdauer oder Zuverlässigkeit

Zwei gerne verwendete und ebenso leicht verwechselbare Begriffe sind die Lebensdauer und die Zuverlässigkeit. Die Lebensdauer, oft mit L10 abgekürzt, gibt den Zeitraum in Stunden an, in dem bis zu 10 % der Geräte ausgefallen sind. Ein L10 von beispielsweise 100000 h bedeutet, dass 90 % der getesteten Geräte diese Laufzeit erreicht haben.

Die Zuverlässigkeit hingegen wird mit dem Wert Mean Time Between Failure (MTBF; mittlere Betriebsdauer zwischen Ausfällen) angegeben. Da Lüfter in der Regel nicht repariert werden können, wäre eigentlich die Bezeichnung MTTF (Mean Time To Failure; mittlere Betriebsdauer bis zum Ausfall) richtiger. Trotzdem hat sich im normalen Gebrauch der Ausdruck MTBF durchgesetzt. Aussagen über MTBF-Werte sind nur während der geplanten Geltungsdauer (z.B. Brauchbarkeitsdauer) gültig. Danach kann die Ausfallrate aufgrund von Abnutzungserscheinungen deutlich ansteigen. Ein MTBF-Wert von 1000000 h (mehr als 110 Jahre) bedeutet, dass wenn 1000 Geräte gleichzeitig laufen, alle tausend Stunden – also gut alle 42 Tage – eines davon ausfällt (1000 h × 1000 = 1000000 h).

Beide Werte sind in der Regel nicht ineinander umzurechnen. Der Grund liegt dabei in der Gewichtung des klassischen Ausfallverhaltens von Bauteilen. Dieses Verhalten bedeutet, dass zu Anfang durch fehlerhafte Teile oder Montagefehler vergleichsweise viele Teile ausfallen können. Diesen Teil der Versagenswahrscheinlichkeit kann man durch Test und „Burn-in“, also das Einlaufen des neuen Teils vor der Auslieferung, drastisch reduzieren. In der Folgezeit überstehen die als gut befundenen Geräte eine lange Betriebszeit mit nur geringen, statistischen Ausfällen.

Gegen Ende der Lebensdauer macht sich dann der Verschleiß bemerkbar und die Ausfallrate steigt wieder an. Diese Ausfallrate lässt sich mit der sogenannten Weibull-Auswertung und der Badewannenkurve Abb. 2 recht gut graphisch darstellen. Dem steilen Abfall der Frühausfallrate folgt die lange, stabile Phase statistischer Ausfälle, die gegen Ende dann langsam in die immer steiler ansteigende Phase der Verschleißausfälle übergeht. Zusätzliche Einflüsse, wie erhöhte Temperatur, Vibration oder Schock und chemische Reaktionen (Putz- und Des­infektionsmittel, Staub, Salz, Dampf etc.), be­einflussen die Ausfallrate und Form der Kurve zusätzlich.

Beschleunigte Lebensdauertests

Um die Testzeit zu begrenzen, wird oft eine größere Anzahl Geräte eine kurze Zeit lang betrieben (typischerweise sechs Monate bis ein Jahr). Aus diesem Ergebnis wird dann mit unterschiedlichen Methoden auf die Lebensdauer hochgerechnet. Dieses liefert für Lüfter aber falsche Ergebnisse, da die Lebensdauer nur bestimmt werden kann, wenn der Test auch den Verschleißfall bereits mit einschließt. Ansonsten werden die Werte in der Regel zu hoch ausfallen, und die erhaltenen Lebensdauerangaben sind zu optimistisch Abb. 2.

Da externe Einflüsse die Lebensdauer stark beeinflussen, kann man diese nutzen, um eine „vorzeitige Alterung“, beispielsweise durch den Testlauf unter erhöhten Temperaturen, zu erzielen. So verkürzt sich die eigentliche Testzeit drastisch. Die Nachteile gegenüber einem wirklichen Langzeitdauertest sind die dabei oft nicht realitätsnah erfassbaren Aus­wirkungen des Temperatureinflusses und dessen „Rückrechnung“ auf normale Einsatztemperaturen.

So wird bei manchen Rechenmodellen für eine Temperaturabsenkung von 10 bis 15 K von einer Verdoppelung der Lebensdauer ausgegangen. Wird diese „Hochrechnung“ gleich mehrfach angewendet (z.B. bei Test mit 70 °C und höher und Angabe der Lebensdauer bei unter 40 °C) ergeben sich schnell unrealistische bis absurd hohe Werte für die Lebensdauer.

Deutlich unterschiedliche Ergebnisse

Trotz ähnlicher Ergebnisse im beschleunigten Lebensdauertest können sich damit die Lebensdauerangaben verschiedener Hersteller um ein Mehrfaches unterscheiden. Eine konservative Abschätzung aller Einflussfaktoren ist darum essentiell für realitätsnahe Angaben. Für solche praxisgerechten Bewertungen sind aber langjährige Erfahrung und stetig optimierte Rechenoperationen zwingend erforderlich Abb. 3. Kurz gesagt, die statistische Lebensdauer des einzelnen Lüfters muss immer auf die Art der Auswertung bezogen werden. Unterschied­liche Auswertungswege lassen sich nur schwer bis gar nicht vergleichen, zumal der Rechenweg zum Endergebnis meist nicht mit angegeben wird.

ebm-papst trägt diesen Variationen bei der Auswertung mit drei unterschiedlichen Angaben zur Lebensdauer im Katalog Rechnung. Die beiden ersten Werte beziehen sich auf den hausinternen Messstandard, der durch intensive, langjährige Lebensdauerversuche im eigenen Prüflabor ständig verbessert wird. Hierzu werden die Testlüfter bei unterschiedlichen Temperaturen bis zu deren Ausfall betrieben. So ergeben sich belegbare Lebensdauer-Werte für L10 (40 °C) und L10 (Tmax, meistens 70 °C), die das Ausfallverhalten in der Praxis sehr genau abbilden. Um dem Anwender einen einfacheren Vergleich zu bieten, ist ein dritter Wert, die Lebensdauererwartung eingeführt worden. Dieser als L10Δ bezeichnete Wert basiert auf die im allgemeinen Lüftermarkt häufiger verwendeten Berechnungsmethoden.

Testpraxis im Labor

Eine Theorie ist nur dann gut, wenn ihre Vorhersagen durch die Praxis bestätigt werden. Aus diesem Grund ist ein Prüflabor eine wichtige Stütze des gesamten Rechenkonzeptes. Im ebm-papst-Prüflabor Abb. 4 werden für die unterschiedlichen Anwendungen die jeweiligen Prüfabläufe und Zyklen gefahren wie Laufzeit, Korrosions-, Vibrations-, Schocktest oder auch Staub- und Wasserstrahleinflüsse.

Die Langzeitdauertests erstrecken sich über viele Jahre. Die sogenannten „Marathonlüfter“ sind Prüflinge, die teilweise schon seit den frühen 1980er-Jahren, nur unterbrochen durch einen Umzug, im Temperaturschrank laufen. Die so über mehr als 30 Jahre Dauerlauf gewonnenen Daten werden dann für die heutigen Lebensdauerberechnungen um Daten aus anderen Prüfungen ergänzt.

Das unabhängige österreichische Kompetenzzentrum für Tribologie (AC2T) untersuchte ebenfalls einige der noch funktionierenden Dauerläufer. Ein Lüfter vom Typ 7650 mit 201900 h Laufzeit (23 Jahre) sowie ein Lüfter 4850 N Abb. 5 mit 170500 h (19,5 Jahre), jeweils bei 40 °C gelaufen, wurden untersucht. Ebenso ein 8412 GL-Exemplar mit 125600 h (14,3 Jahre) bei 70 °C. Die Analysebefunde bestätigten die hausinterne Lebensdauerauswertung. Zusammen mit Einflüssen aus neuen Fertigungsverfahren, neuen Werk- und Schmierstoffen sowie anderen Komponenten ergibt sich so ein Gesamtkonzept, das die tatsächlichen Verhältnisse während des Lüfterlebens recht exakt nachbildet.

Fazit

Die Lebensdauerangaben zu Lüftern basieren von Hersteller zu Hersteller auf unterschiedlichen Grundlagen. Kann man als Anwender die Bezeichnungen Lebensdauer und Zuverlässigkeit (MTBF) noch relativ einfach unterscheiden, so ist dies bei den verschiedenen Zahlenangaben zur Lebensdauer kaum möglich, da diese auf unterschiedlichen Berechnungsgrundlagen beruhen können. Die hinter der statistischen Auswertung stehende Datengrund­lage muss durch Langzeitversuche ständig überprüft werden. Hersteller mit nachvollziehbarem, über Jahre die Produktion begleitenden eigenem Prüfbetrieb können hier mit realistischen Werten punkten. In diesem Fall sind oft auch für hohe Anforderungen Einzelfallprüfungen unter den angenommenen Bedingungen kein Problem. •

Dr. Lutz Ramonat

Forschung und Entwicklung, Lagertechnik und Zuverlässigkeit, ebm-papst St. Georgen, http://www.ebmpapst.com

Dipl. Chem. Andreas Zeiff Redaktionsbüro Stutensee, http://www.rbsonline.de

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