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Energetische Optimierung von HLKK-Anlagen

Energieeffizienz lässt sich deutlich steigern

Kompakt informieren

  • Bei Nichtwohngebäuden wird durch den Austausch einzelner Komponenten oder die Modernisierung von Teilsystemen das Energieeinsparpotenzial nur teilweise genutzt.
  • Bereits durch eine Leistungsanpassung der TGAAnlagen und eine Optimierung von Prozessen ­lassen sich beachtliche Einsparungen erzielen.
  • Die konsequente regelungstechnische Vernetzung der HLKK-Anlagen, eine am Bedarf ausgerichtete Regelungsstrategie sowie Energiecontrolling zur Qualitätssicherung sind entscheidend für den ­wirtschaftlichen Gebäudebetrieb.
  • Bei Zweckgebäuden haben sich zur energetischen Optimierung ein stufenweises Vorgehen mit Grob- und Feinanalyse des bauphysikalischen Zustands und der gebäudetechnischen Anlagen sowie eine Überprüfung des Nutzungsprofils bewährt.

Wer Geld in die Hand nimmt, um Gebäude und Heizungs-, Lüftungs-, Klima- und Kälteanlagen (HLKK-Anlagen) energetisch auf den aktuellen Stand der Technik zu bringen, erwartet eine Amortisation seiner Investitionen innerhalb von geplanten Fristen. Dabei zeigt die Praxis, dass die realen Einsparungen von Energie beziehungsweise Energiekosten sowie die vorausberechnete CO2-Entlastung der Umwelt häufig von den Prognosen abweichen.

Die Unterschiede sind umso größer, je mehr die energetische Gebäudesanierung in budget­orientierte Einzelmaßnahmen und auf mehrere Firmen aufgeteilt wird. Dies gilt insbesondere für Gebäude und HLKK-Anlagen der öffentlichen Hand, die aus Budgetgründen oft über Jahre hinweg in kleinen Schritten saniert werden. Typisch für viele gut gemeinte gebäudetechnische Sanierungen sind Einzelmaßnahmen, bei denen veraltete Geräte und Komponenten wie Pumpen, Ventilatoren, Heizkessel, raumlufttechnische Geräte (RLT), Kälteerzeuger oder Rückkühleinrichtungen durch neue, hocheffiziente Bauteile weitgehend gleicher Leistung ersetzt werden.

Während bei Wohngebäuden das bewährte Muster – Hydraulischer Abgleich, Heizkurvenkorrektur, Vorlauftemperaturanpassung, Heizzeitenoptimierung und Anpassung der Pumpenleistung als geringinvestive Maßnahme – in der Regel hohe Einsparungen mit kurzen Amortisationszeiten garantiert, hat sich im ­Bereich des Nichtwohnbaus eine stufenweise Vorgehensweise mit Grob- und Feinanalyse des bauphysikalischen Zustands und der gebäudetechnischen Anlagen sowie eine Überprüfung des Nutzungsprofils des Gebäudes ­bewährt.

Dabei gilt es, durch Maßnahmen mit kürzeren und längeren Amortisationszeiten eine hohe Wirtschaftlichkeit für die Gesamtanlage zu erzielen. „Rosinen picken“, also die Konzentration auf Maßnahmen mit sehr kurzen Amortisationszeiten, unterminiert dagegen die Nachhaltigkeit einer Gesamtlösung. Typische energe­tische Schwachstellen von HLKK-Anlagen in ­Bestandsgebäuden sind:

  • Überdimensionierung von Wärme- und ­Kälteerzeugung sowie RLT-Anlagen und in Folge
  • zu groß dimensionierte Heizungs- bzw. Kältenetze und Umwälzpumpen
  • zu groß dimensionierte Ventilatoren und Kanalnetze
  • nicht mehr zeitgemäße Redundanzen in allen Bereichen der HLKK-Anlagen
  • einfach aufgebaute Regelungsstrategien für Komponenten oder Einzelsysteme ohne Vernetzung mit den peripheren Systemen
  • teilweise gegenläufige Regelungsprozesse insbesondere bei RLT-Anlagen
  • Wärme- und Kälteerzeugung auf Vorrat, das heißt, Regelungsstrategien nach dem Angebotsprinzip anstatt nach dem Bedarf
  • starre Ein- und Ausschaltzeiten für HLKKAnlagen, die sich meist an maximal mög­lichen Arbeits- und Nutzungszeiten orien­tieren. Im Extremfall laufen die Anlagen rund um die Uhr, damit im Notfall der entsprechende Raumkomfort zur Verfügung steht, beispielsweise in Gerichtsgebäuden, Zeitungsredaktionen, OP-Räumen oder Regierungsgebäuden.

Die folgenden drei Beispiele zeigen, wie man durch eine Neubewertung der Nutzung sowie Neudimensionierung und Redesign der Wärme-, Kälte- und Raumluftversorgung wirtschaftlich attraktive Gebäudesanierungen umsetzt.

1: Kulturforum Potsdamer Platz

Das Kulturforum Potsdamer Platz Abb. 1, Berlin, umfasst sechs Museen sowie ein Verwaltungsgebäude mit Restaurationswerkstatt. Durch die Modernisierung und Optimierung der ­Liegenschaft im Rahmen von Energiespar-Contracting (ESC) spart die Stiftung Preußischer Kulturbesitz als Eigentümer jährlich im Mittel 1,9 Mio. Euro an Energiekosten ein, das sind rund 48 % weniger als vor der Sanierung. Zum Standort Kulturforum Potsdamer Platz gehören mehrere Gebäude, von denen folgende in das Energiespar-Contracting-Projekt einbezogen sind:

  • Neue Nationalgalerie (NNG)
  • Eingangshalle Kulturforum mit Wechselausstellung
  • Gemäldegalerie
  • Generalverwaltung/Direktion mit Restauration
  • Kunstgewerbemuseum
  • Kupferstichkabinett/Kunstbibliothek
  • Staatliches Institut für Musikforschung, ­Musikinstrumentenmuseum.

TGA-Anlagen im Fokus

Die Aufzählung zeigt, dass aufgrund der kulturhistorischen Bedeutung der Bauten sowie ihrer Funktion als Museen und Sammlungen wenig Spielraum für bauliche Veränderungen war. Für das beauftragte Konsortium Siemens, JahnConsult und Megawatt bedeutete dies, die Energieeinsparpotenziale primär durch die Nachrüstung und Erneuerung der Hauptenergieverbraucher – RLT-Anlagen – zu generieren, das heißt, die Prozessführung bei der Luftaufbereitung genau zu analysieren und zu optimieren. JahnConsult entwickelte daraus folgendes Konzept:

  • Umstellung der RLT-Anlagen mit konstantem Volumenstrom auf Regelung mit variablem Volumenstrom für die Hauptversorgungen
  • Nachrüstung zentraler Außenluft­aufbereitung mit Erwärmung, Kühlung und Entfeuchtung
  • Einsatz effizienter Ventilatorsysteme für ­variablen oder konstanten Volumenstrom mit zeitgemäßen Ventilatoren, Antrieben, Motoren und Frequenzumformern
  • Einbau neuer RLT-Zentralgeräte mit effizienter Luftaufbereitung und Luftförderung
  • Umstellung der Luftbefeuchtung (Wäscher) auf direkte Feuchteregelung
  • Umrüstung der Kaltwasseranschlüsse an Luftkühlern zur Vermeidung ungewollter Entfeuchtung bzw. zur gezielten Entfeuchtung
  • Optimierung der Mischluftregelung über Messung des Zuluft-, Abluft- und Außenluftvolumenstroms
  • Messung der CO<sub>2</sub>-Konzentration in der ­Abluft zur optimalen Anpassung der Außenluftmenge (zeitabhängige Grenzwerte)
  • Nachrüstung von variablen Volumenstromreglern in ausgewählten Regelungszonen.

Keine Wärmerückgewinnung möglich

Typisch für alle vorhandenen RLT-Anlagen war, dass bis auf einige zu vernachlässigende Ausnahmen keine Wärmerückgewinnungs­anlagen eingebaut waren und aus baulichen und monetären Gründen nicht nachgerüstet werden können.

Unter diesem Aspekt entwickelte JahnConsult eine Lösung, die sich auf die Optimierung der Prozessführung bei der Luftaufbereitung auf der Basis der von den Kuratoren vorgegebenen Sollwerte für die Temperatur, die Feuchte und die Qualität der Raumluft konzentrierte. Der Ansatz wurde für fast alle bestehenden ­Klimaanlagen Abb. 2 am Standort Kulturforum Potsdamer Platz übernommen:

  • Ausstattung der vorhandenen Klimazentralgeräte mit hocheffizienten Systemen zur Luftförderung, direkter Feuchteregelung und hochwertigen Luftfiltern zur Verbesserung der Luftqualität
  • Optimierung des Außenluftanteils in Abhängigkeit des CO<sub>2</sub>-Gehaltes der Abluft, der Möglichkeit zur freien Kühlung, der freien Entfeuchtung und der Befeuchtung
  • variable Zuluftmengen in den Regelungs­zonen in Abhängigkeit der Wärmebelastung oder des Wärmebedarfs der Räume
  • Vermeidung einer an die notwendige­ Kühlung der Mischluft gekoppelten ­ungewollten Entfeuchtung der Mischluft bei der Luftaufbereitung
  • Verbesserung der Regelqualität bei höherer Energieeffizienz durch Austausch oder ­Anpassung von Pumpen und Ventilen sowie der Hydraulik.

Mithilfe dieser Strategie kann der Außenluftanteil bei geringer Besucheranzahl, Nacht, geschlossenem Museum und wenn energetisch sinnvoll, auf ein Minimum zurückgefahren werden. Schon durch eine Halbierung der Luftmenge sinkt der Stromverbrauch der Ventilatoren um 60 bis 80 %, ein häufig unterschätzter Zusammenhang. Um die von den Restauratoren vorgegebenen thermischen und feuchtespezi­fischen Anforderungen einzuhalten, wird die Außenluftmenge separat von der Zuluftmenge geregelt.

Auch die RLT-Funktionen Kühlen, Befeuchten und Entfeuchten bieten ein hohes Potenzial an Energieeinsparung durch Prozessoptimierung, zum Beispiel:

  • Option auf variable Kaltwassertemperaturen an Luftkühlern in Abhängigkeit der Anforderungen „nur kühlen“, „nur entfeuchten“, „kühlen und entfeuchten“
  • Nutzung des Freikühlpotenzials der Außenluft
  • Nutzung des freien Entfeuchtungspotenzials der Außenluft

Auf der Befeuchterseite wurden folgende Maßnahmen realisiert:

  • Messung der Pumpenenergie der ­bestehenden Umlaufsprühbefeuchter
  • Analyse der Pumpenenergieanteile „Befeuchtung“ und „Bewegung des Wasserkreislaufes“ mit dem Ergebnis, dass rund 85 % der Pumpenenergie das Umlaufwasser „spazieren fährt“ und nur 15 % der eigentlichen Befeuchtung dient.

Deshalb wurden alle Umlaufsprühbefeuchter durch Hochdrucksprüh- und Rieselbefeuchter, ersetzt, in Einzelfällen auch durch Dampfbefeuchter.

Besonders bei größeren Liegenschaften lohnt es sich, die sogenannten „gewachsenen Strukturen“ von Wärme- oder Kälteverbundsystemen zwischen einzelnen Gebäuden unter die Lupe zu nehmen. Meist sind dort hohe Leistungsreserven verborgen, die nach heutigem Verständnis von Energieeffizienz und Versorgungssicherheit durch den Einsatz moderner Gebäudeautomationssysteme in dem Maße nicht mehr benötigt werden.

Im Kulturforum Potsdamer Platz waren rund 5,5 MW Nennkälteleistung in drei räumlich verteilten Kältezentralen installiert; tatsächlich lag der Bedarf aber nur bei 2,5 MW. Aufgrund einer bereits vorhandenen Verbundleitung zwischen den Kältezentralen bot es sich an, zwei Zentralen stillzulegen Abb. 3. Gleichzeitig wurden die Hydraulik des Kaltwassersatzes und die Prozesse der Rückkühlung optimiert, und zwar so, dass Kaltwasser für die Klimaanlage nur noch entsprechend des tatsächlichen Bedarfs erzeugt wird.

Durchgängige Gebäudeautomation

Eine der wichtigsten Maßnahmen zur Sicherstellung der von den Kuratoren vorgegebenen Sollwerte, der komplexen prozessorientierten Regelstrategien sowie eines rationellen, energieeffizienten Gebäudebetriebs war die nahezu komplette Erneuerung der Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik auf der Basis von Siemens Desigo PX. Das neue Gebäudeautomationssystem hat ein Mix aus vier Fabrikaten ersetzt. Außerdem wurde von JahnConsult ein detailliertes Mess- und Zählkonzept erarbeitet, das sowohl die Daten und Verbräuche von großen Elektro-, Wärme- und Wasserverbrauchern erfasst als auch die einzelnen Anlagen und Gebäude.

Zielvorgabe war es, eine beherrschbare Datenmenge zu sammeln und diese so zu strukturieren, dass daraus aussagefähige Energieberichte erstellt werden können. Die über das Gebäudeautomationssystem aufbereiteten Daten werden über die gesamte Vertragslaufzeit an das Energiemonitoring- und Energiecontrolling-System (EMC) übergeben und in einem externen Rechenzentrum von Siemens in Karlsruhe durch EMC-Spezialisten analysiert.

Dadurch können nicht nur die vertraglich festgelegten Energieeinsparungen abgesichert, sondern auch weitere Energieeinsparpotenziale aufgedeckt werden. So konnten durch die fachkundige Zusammenarbeit des Konsortiums mit dem technischen Personal des Kulturforums sowie der EMC-Spezialisten in Karlsruhe die ursprünglichen Einsparprognosen im realen Betrieb erheblich übertroffen werden. Aktuell liegt die Energiesparquote bei fast 50 %. Energiemonitoring und -controlling gilt als wichtigstes Werkzeug, um die Wirtschaftlichkeit einer Maßnahme über den Lebenszyklus einer Anlage langfristig abzusichern. Sie sind zudem wichtige Bestandteile des Energiemanagementsystems.

2: Aller-Weser-Klinik

Aus Etatgründen führen viele Krankenhäuser nur punktuelle Energiesparmaßnahmen durch. Typisch ist der Austausch von alt gegen neu, sei es bei Heizkesseln, RLT-Geräten, Pumpen, Ventilatoren oder Trinkwassererwärmern. Einige Krankenhausbetreiber versuchen ihr Energie- und Sanierungsproblem mit vordergründig günstigen Wärme-Contracting-Verträgen zu lösen, oft mit dem Ergebnis gleichbleibend hoher Energiekosten.

Meist wird dabei nicht berücksichtigt, dass sich gerade in Krankenhäusern die Nutzungsstrukturen gravierend verändert haben, sei es durch Outsourcing (Wäscherei, Küche, Sterilisation), neue Küchentechnik, Veränderungen bei der Trinkwassererwärmung oder bei den RLT-Anlagen (überdimensioniert, nicht mehr erforderliche Redundanzen). In vielen Fällen bleibt die aus den 1970/1980er-Jahren stammende anlagentypische Überdimensionierung bei der punktuellen Modernisierung unberücksichtigt.

Auch bei der Analyse der Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen in der Aller-Weser-Klinik in Achim bei Bremen im Rahmen des Energiespar-Contractings stießen die Energieexperten von Siemens auf nicht mehr zeitgemäße Anlagendimensionierungen, überflüssige Redundanzen sowie auf eher einfache Regelungskonzepte. Um das Energiesparpotenzial des in den 1970er-Jahren errichteten Krankenhauses bestmöglich auszuschöpfen, entschieden sich Bauherr und Contractor für eine systemübergreifende Modernisierung bei gleichzeitiger Optimierung der Prozesse. Folgende Anpassungs- und Optimierungsmaßnahmen wurden durchgeführt:

  • Neuaufbau des Wärmehauptverteilers mit Austausch und Neudimensionierung aller Pumpen gegen regelbare Hocheffizienzpumpen <b>Abb. 4</b>. (Anmerkung: Installiert sind Hauptvorlauf- und Hauptrücklaufleitung mit 250 mm Durchmesser. Nachrechnungen ergaben, dass nach dem aktuellen Heizwärmebedarf Rohrleitungen zwischen 60 und 80 mm ausreichen würden.)
  • Rückbau der Überströmeinrichtung ­zwischen Vor- und Rücklauf (ein Relikt ­überdimensionierter einstufiger Pumpen)
  • Einbau exakt dimensionierter Regelungsventile
  • Komplettumbau der Wärmeerzeugung, jetzt bestehend aus Gas-Blockheizkraftwerk (BHKW mit Brennwertnutzung) als Grundlast-Wärmeerzeuger <b>Abb. 5</b>, einem neuen modulierenden Gas-Brennwertheizkessel zur Abdeckung der Mittellast sowie einem gas- und ölgefeuerten Niedertemperaturheizkessel für die Spitzenlast. Zur Verlängerung der BHKW-Betriebszeit wurden zwei bestehende Speicher in seinen Hydraulikkreis eingebunden
  • Rückbau der Speicher-Trinkwassererwärmung zugunsten eines bedarfsgeführten Frischwassersystems (auch im Hinblick auf die Wasserhygiene die bessere Lösung)
  • Einbau von zwei Hocheffizienz-Kreislauf­verbund-Wärmerückgewinnungssystemen in die RLT-Anlagen, davon eines mit adia­bater Kühlung zur Raumtemperierung des zuvor nur belüfteten Bettenhauses. ­Entlastung: 550 kW bei der Wärmeversorgung und 100 kW bei der Kälteanlage
  • Neuordnung der Kälteversorgung, des Rückkühlers und des Kaltwassernetzes nach dem aktuellen Bedarf, das heißt, Ersatz der 230-kW-Kältemaschine durch Duplex-Kältemaschine (Direktexpansion) mit je 100 kW Nennkälteleistung; Leistungsanpassung im Teillastbetrieb durch einen 2-m<sup>3</sup>-Pufferspeicher
  • Regelung der Kaltwasserumlaufwassermenge durch zwei drehzahlgeregelte Pumpen in Abhängigkeit der Kaltwasser-Rücklauftemperatur
  • permanente Überwachung der Leistungszahl der Kältemaschine durch Messung des Strombezugs sowie Kälteverbrauchsmessung (zugeführte Wärme im Rücklauf) im Kaltwassernetz. Alle Temperatur- und Verbrauchswerte (Wärme, Strom) werden über ein Energiemonitoring- und Controlling-System erfasst und im Gebäudeautomationssystem im Rahmen der Gebäudeperformance-Optimierung verarbeitet.

Auch die gesamte RLT-Anlage (bestehend aus ursprünglich sechs Geräten) wurde neu dimensioniert und durch eine Zuluftanlage mit zonenweiser Luftaufbereitung sowie einem zentralen Abluftgerät mit Wärmerückgewinnung (WRG) und adiabater Kühlung ersetzt. Wo immer möglich und sinnvoll, kommen Volumenstromregler, Raumtemperaturfühler sowie Luftqualitätsfühler zum Einsatz. Alle OP-Klimaanlagen (Außen-/Fortluftgerät mit WRG-Kreislaufverbundsystem; OP-spezifische Zuluftanlage mit Kühler und Erhitzer) arbeiten jetzt autonom und bedarfsabhängig.

Gebäudeautomation mit Budgetwerten

Wichtig für die Erfolgskontrolle von Energieeffizienzmaßnahmen in der Aller-Weser-Klinik ist ein durchgängiges Mess- und Zählkonzept Abb. 6 inklusive der Budgetierung von Verbrauchswerten und Laufzeiten. Dazu ist es notwendig, den Energiebedarf großer Verbraucher wie Wärme- oder Kälteerzeuger separat zu erfassen und mit hinterlegten Energiesignaturen zu vergleichen. Damit kann auch die Leistungszahl (COP) des Kaltwassersatzes, beziehungsweise dessen Jahresarbeitszahl mitgeschrieben und auf Grenzwertverletzungen überprüft werden.

Bei der Aller-Weser-Klinik wird außerdem das für die BAFA-Förderung notwendige Berichtsmanagement für den Energieeffizienznachweis des BHKW über das Energiemonitoring- und Energiecontrolling-System (EMC) erstellt; eine enorme Entlastung für die Klinikverwaltung. Das Reporting initiiert sowohl die Vergütung nach dem KWK-Gesetz als auch die Rückvergütung der Mineralölsteuer durch den Zoll.

Grundlage für das umfassende Energiemonitoring und -controlling sowie einen effizienten Gebäudebetrieb ist das durchgängige Konzept von der Raumebene bis zu den Wärme- und Kälteerzeugern beziehungsweise zur Luftaufbereitung auf der Basis von Siemens Desigo PX auf der Automationsebene und Desigo Insight auf der Leitebene. Wo immer möglich und sinnvoll, werden die Anlagen nach dem tatsächlichen Bedarf geregelt, auch die vorgeschalteten ­Wärme- und Kälteerzeuger und das BHKW mit Pufferspeicher.

Durch den Teilersatz von Wärmeerzeugerleistung auf der Basis eines Grundlast-orientierten BHKWs konnte der Strombezug aus dem öffentlichen Netz um 75 % reduziert werden. Die Anlage greift damit die Ziele der Bundesregierung vorweg, Strom und Wärme möglichst verbrauchernah durch Kraft-Wärme-Kopplung zu erzeugen. Zusätzliche Motivation für den Nutzer, also Klinikpersonal, Patienten und Besucher, ist ein Green Building Monitor im Eingangsbereich der Klinik, der über den aktuellen Stand der Energieeinsparungen sowie die damit korrespondierende CO2-Reduktion informiert.

3: Kostenoptimierte Regelstrategie

Eine besonders wirtschaftliche Möglichkeit, Energiekosten durch eine Optimierung der ­Regelungsprozesse einzusparen, bietet die neue Reglersoftware Variable Control Strategy (VCS). Der Vorteil: Die Software kann im Rahmen des neuen Servicepacks für die Automationsstation Simatic S7 bzw. die Gebäudeautomation Siclimat X ohne nennenswerten Aufwand in die Anlagentechnik implementiert werden.

Durch dieses „Software-Tuning“ spart der Betreiber von Mischluft-RLT-Anlagen gegenüber einer konventionellen Regelungsstrategie rund 10 % Energiekosten ein. Sofern bereits zeit- und lastvariable Stromtarife für „Smart-Grid-Funktionen“ angeboten werden, lassen sich auch höhere Kosteneinsparungen erreichen. Das neue VCS-Regelungsverfahren basiert auf den heute bei Mischluft-/Wärmerückgewinnungssystemen üblichen fünf Regelungsstrategien:

  • Enthalpie
  • absolute Feuchte
  • Raumtemperatur
  • minimale Außenluft und
  • maximale Außenluft.

Der Unterschied zu konventionellen Regelungsverfahren, beispielsweise zur Temperaturregelung, besteht darin, dass im VCS-Regelbaustein die Entscheidung für ein bestimmtes Verfahren von den hinterlegten Kosten der jeweiligen Regelstrategie abhängig ist. Konkret wählt der VCS-Regler die jeweils kostengünstigste Strategie in Abhängigkeit der temperatur- und feuchtebedingten Lastveränderungen im Raum, der Wetterentwicklung sowie von unterschiedlichen tages- oder lastabhängigen Tarifen für Wärme und Strom. Je nach Tageszeit, Wetterveränderungen (Gewitter), innerer Last oder veränderten Sollwertvorgaben aus der Produktion kann sich die Strategie am Tag mehrmals ändern.

Um kostenbezogene Vergleichsmöglichkeiten für die unterschiedlichen Regelstrategien zu erhalten, muss der Betreiber seine Kosten für Heizen, Kühlen, Befeuchten und Entfeuchten inklusive der Nebenkosten, wie Zählergebühren, Filterkosten, Frischwasser- und Abwasserkosten, Wartung nach VDI 6022, energetische Inspektion nach Energiesparverordnung § 12, etc. im VCS-Programm auf der Bedienoberfläche von Siclimat X hinterlegen. Typische Vorgehensweisen bei der VCS-Strategie:

Prüfen der Außenluftfeuchte, ob mit einem höheren Außenluftanteil die Zuluft ent­sprechend den Sollwert-Vorgaben be- oder entfeuchtet werden sollte (anstatt Befeuchten oder Kühlen)

Prüfen und Minimieren der Kosten bei ­Entfeuchtungsbedarf der Zuluft durch ­Einstellen auf minimale bzw. maximale ­Außenluft (je nach Feuchtegehalt)

Prüfen, ob bei sehr kalter, trockener Außenluft der Außenluftanteil minimiert werden kann (unter Beachtung der Mindestaußenluftmenge von beispielsweise 10 %), um ­damit Feuchte aus der Abluft zurück­zugewinnen. In diesem Fall besteht auch die Möglichkeit, die VCS-Regelstrategie ­mittels Luftqualitätsfühler zu übersteuern.

Prüfen, mit welcher Luftmenge kostenoptimal konditioniert werden kann, beispielsweise durch eine hohe Luftmenge mit geringer Spreizung oder eine niedrige Luftmenge mit hoher Spreizung.

Für die Regelungsspezialisten war es außerdem wichtig, dass die Sollwerte flexibel an die wechselnden Anforderungen einer industriellen Produktion angepasst werden können.

Um temperatur- und feuchtesensible Fertigungsprozesse zu unterstützen oder abzu­sichern, kann der Betreiber – bei Bedarf auch mit Unterstützung der Siemens-Experten – das zulässige Sollwertfeld frei festlegen, zum Beispiel minimale oder maximale Temperatur-, Feuchte- oder Luftqualitätswerte beziehungsweise Mindestumluft oder Außenluftmengen. Je größer dieses Toleranzfeld gewählt wird, desto höher sind die Energiekosteneinsparungen. In den meisten Fällen amortisieren sich die Kosten für die Aufrüstung innerhalb von ­weniger als zwei Jahren.

Fazit

Bei der energetischen Modernisierung von ­Heizungs-, Lüftungs-, Klima- und Kälteanlagen reicht es nicht aus, Komponenten auszu­tauschen, hocheffiziente Wärmeerzeuger einzubauen, alte Kaltwassersätze durch Hoch­effizienz-Chiller zu ersetzen oder Wärmerückgewinner einzubauen. Da sich die ursprüngliche Nutzung von Gebäuden in den meisten Fällen gravierend geändert hat und in früheren Jahren mit hohen Zuschlägen und Redundanzen gearbeitet wurde, lohnt es sich, die ­neuen Anlagen nach dem aktuellen Bedarf ­auszulegen.

Der Spielraum für Einsparungen kann oftmals durch die Optimierung der Prozesse, beispielsweise bei der Regelung von RLT-Anlagen, nochmals erweitert werden. Entscheidend für die hohe Wirtschaftlichkeit eines Gebäudes sind die konsequente regelungstechnische Vernetzung der HLKK-Anlagen, eine am aktuellen Bedarf ausgerichtete Regelungsstrategie sowie Energiecontrolling zur Qualitätssicherung. •

Mehr Infos zum Thema im TGAdossier Gebäudeautomation: Webcode 740

Wichtig für TGA-Planer, Anlagenbauer und Bauherren

TGA-Planer: Bei Nichtwohngebäuden muss eine hohe Wirtschaftlichkeit für die Gesamtanlage durch Maßnahmen mit kürzeren und längeren Amortisationszeiten erzielt werden. Die Konzentration auf Maßnahmen mit sehr kurzen Amortisationszeiten unterminiert die Nachhaltigkeit einer Gesamtlösung.

Anlagenbauer: Klima- und Lüftungsanlagen im Bestand werden häufig mit veralteten Regelstrategien betrieben. Durch eine nach Energiekosten optimierte Modifizierung und eine Regelung nach dem tatsächlichen Bedarf lassen sich mit vergleichsweise geringem Aufwand bedeutende Einsparpotenziale erschließen.

Bauherren: Für die Erfolgskontrolle und Nachoptimierung von Energieeffizienzmaßnahmen ist ein Mess- und Zählkonzept wichtig. Die Erfahrung in der Praxis zeigt: Ohne Energiecontrolling lässt sich der Energieverbrauch nicht dauerhaft senken.

Dipl.-Ing. Ullrich Brickmann

ist Leiter Marketing ­Energieeffizienz, Siemens AG, ­Building Technologies Division, https://new.siemens.com/de/de/produkte/gebaeudetechnik.html

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