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Pressefahrt des Bundesverbands Wärmepumpe

Vom Standard- bis zum Plus-Energie-Haus

Kompakt informieren

  • An Ideen, Konzepten und Projekten für das Heizen und gegebenenfalls das Kühlen mit Wärmepumpen mangelt es nicht. Das Bewusstsein für die Notwendigkeit einer Betriebsüberwachung ist trotz vieler Warnungen aber häufig nur gering ausgeprägt.
  • Zur Nachahmung: Bei einem Wohngebäude haben eine zentrale Wärmepumpenanlage und die Wärme­verteilung auf der Außenwand Nachtspeicheröfen ersetzt.
  • Eine besonders komfortable Klimatisierung von Hotelzimmern ermöglicht die Kombination von VRV-System und zentraler Lüftungsanlage; in ­Bürogebäuden gehören Heiz-/Kühldecken zu den favorisierten Systemen.
  • Wärmepumpen in Kombination mit Photovoltaik werden im Plus-Energie-Haus eine große Rolle spielen. Zurzeit wird an thermischen und elektrischen Speicherkonzepten für eine größtmögliche Unabhängigkeit gearbeitet.

Der Bundesverband Wärmepumpe (BWP) hat ehrgeizige Ziele: 2012 sollen bundesweit 80000 neue Wärmepumpen-Heizungsanlagen installiert werden1). Zur Einordnung: 2011 wurden in Deutschland 57000 Heizungswärmpumpen verkauft, nur 2008 waren es mit 62500 mehr (Webcode 346712). Von 2011 zu 2012 wäre also eine Zuwachs von 40 % erforderlich; im ersten Quartal 2012 wurden laut Bundesindustrieverband Deutschland Haus-, Energie- und Umwelttechnik (BDH) 12500 Heizungswärmepumpen verkauft, das waren 21 % mehr als im Vorjahreszeitraum.

Doch der Bau einer Wärmepumpen-Heizungsanlage ist weit mehr als nur den konventionellen Gas-/Öl-Heizkessel gedanklich oder tatsächlich durch eine Wärmepumpe gleicher Leistung zu ersetzen. Deshalb ist es wichtig, Planern, Installateuren und Bauherren Projekte mit „so-haben-wir-das-gemacht-Charakter“ vorzustellen. Auf der 220 km langen Pressefahrt des BWP Anfang Mai 2012 durch die bayerisch-schwäbische Provinz wurden innerhalb von gut sechs Stunden gleich sechs ganz unterschiedliche Anlagen im Schweinsgalopp der Fachpresse präsentiert. Apropos Schweinsgalopp: Diese Redensart versinnbildlicht einen schnellen Vorgang, der nicht besonders sorgfältig ausgeführt wird. Dennoch vermittelte die Pressefahrt einen guten Überblick der vielfältigen Einsatzmöglichkeiten der Wärmepumpe.

Uni Augsburg Fakultät für Informatik: Grundwasser und 4-Leiter-System

Sagen neue Wärmepumpenanlagen etwas aus über deren energetische Qualität? Die Anlage in den „WI-Labs“ der Projektgruppe Wirtschaftsinformatik an der Uni Augsburg Abb. 1 machte zumindest optisch einen aufgeräumten Eindruck Abb. 2, fast möchte man sagen ein Meisterstück der ­Kategorie Brot-und-Butter-Anlage. Die Eckdaten:

  • 1310 m<sup>2</sup> zu beheizende und zu kühlende Bürofläche
  • 91,4 kWh/(m<sup>2</sup> a) Primärenergiebedarf
  • Stromkosten (Uni-Stromvertrag) 13,0 ct/kWh; keine Sperrzeiten
  • Sole/Wasser-Wärmepumpe, Weishaupt WWP S37 1 (35,4 kW Nennheizleistung, COP = 4,3 bei B0/W35)
  • 2-stufige Betriebsweise (2 Kompressoren)
  • Kühlung über Grundwasser
  • 500-l-Pufferspeicher
  • 4-Leiter-System mit Heiz-/Kühl-Deckenelementen, Kühlfunktion mit Taupunktfühlern
  • Be- und Entlüftungsanlage
  • Planung: Dickert Ingenieurbüro, Sinzing
  • Installation: Lausser, Rattiszell.

Der Entscheidung für die Grundwasser/Wasser-Wärmepumpe ging eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung voraus. Bei der Gegenüberstellung der Wärmeerzeuger Fernwärme, Holzpellet-Heizkessel, Wärmepumpe mit Erdsonden und Wärmepumpe mit Grundwassernutzung schnitt die letzte Variante am besten ab. Da die Anlage bis dato erst knapp ein halbes Jahr in Betrieb war, konnten weder Planer noch Betreiber Aussagen über die tatsächliche Jahresarbeitszahl machen. Doch die Rahmenbedingungen sind günstig: Bei einer ganzjährigen Brunnenwassertemperatur von etwa 12 °C kann im praktischen Betrieb ein COP von nahe 6,0 erreicht werden.

Auf die Leistungsregulierung (2-stufig) der Wärmepumpe angesprochen, räumte Karl Laußer, Geschäftsführer der gleichnamigen Firma ein, dass er aufgrund seiner Erfahrungen mit Wärmepumpen einen größeren Speicher gewählt hätte. Das, Zitat, „aller-allerwichtigste an so einer Anlage ist ein qualifizierter Hydraulischer Abgleich – mein Steckenpferd – denn nur so ist der geordnete Betrieb einer Wärmepumpe möglich“. Probleme bereiteten anfänglich die Störanfälligkeit der Grundwasser-Pumpe; die Anlage verfügt über einen Zwischenkreislauf (mit Platten-Wärmeübertrager). Auch die Einzelraumregelung funktionierte nicht auf Anhieb: Durch Verdrahtungsfehler regulierte der Raumthermostat auf der Westseite die Heiz-/Kühldecke der Ostseite – und umgekehrt; nichts Dramatisches.

Und wie wird die Anlage künftig betrieben? Für eine Fernaufschaltung habe leider das Budget nicht gereicht. Und wie sieht es mit einer zweiten Inbetriebnahme aus? An so einer Anlage gebe es nichts nachzuregeln. Wichtig seien die jährliche Wartung der Wärmepumpe sowie die Überprüfung der Grundwasserpumpe und des Platten-Wärmeübertragers. Damit ist auch die Eingangsfrage beantwortet: Die regelmäßige Überprüfung der Jahresarbeitszahl spielt im praktischen Betrieb von Wärmepumpen offenbar noch keine Rolle.

Siedlungsgenossenschaft Firnhaberau: 80 % weniger CO2-Emissionen

Wie saniert man die Heizungsanlage in einem Mehrfamilienhaus mit 21 Wohneinheiten? Am besten von außen, dann werden die Mieter am wenigsten gestört. Wenn die Bezeichnung Leuchtturmprojekt für eine der Referenzen der BWP-Veranstaltung gerechtfertigt ist, dann für die energetische Sanierung der 21 Wohneinheiten – Baujahr 1970 – in der Augsburger Sankt-Lukas-Straße. Dezentrale Nachtspeicheröfen wurden dort durch ein Niedertemperatur-Heizsystem mit vier kaskadierten Grundwasser/Wasser-Wärmepumpen Abb. 3 ersetzt.

Die eigentliche Besonderheit ist jedoch nicht die Wärmeerzeugung, sondern das Wärmeverteilsystem, das von außen in die Außenwände geschlitzt wurde, also unter der nachträglich angebrachten Außendämmung liegt Abb. 4. Dadurch konnte die Störung in den Mietwohnungen auf die Demontage der Nachtspeicheröfen und die Installation der (Konvektor)Heizkörper und je zwei Bohrungen für die Anbindung von Vor- und Rücklauf begrenzt werden. Die energetische wie auch bauliche Verjüngungskur, also der Einbau der Heizung, die Dämmung von Außenwänden und Dach, der Rückbau der alten Balkone (Wärmebrücken) und die Errichtung thermisch getrennter Söller dauerte gerade einmal ein Jahr. Die Fenster mit einem U-Wert von 1,1 W/(m2 K) wurden bereits zu einem früheren Zeitpunkt erneuert.

Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Der Primärenergiebedarf ging von 374,4 auf 74,1 kWh/(m2 a) zurück, der Endenergiebedarf von 138,7 auf 27,4 kWh/(m2 a). Die Eckdaten der Heizungsanlage:

  • 4 Grundwasser-Wärmepumpen, Stiebel ­Eltron WPW 22 mit je 20 kW Heizleistung mit Kaskadenschaltung
  • 2 Brunnen mit je 20 m Tiefe im Abstand von 30 m
  • Brunnenwassertemperatur 12 °C, dadurch Leistungszahl 5,4
  • Grundwasser-Fördermenge zwischen 3000 und 12000 Liter
  • 2 Pufferspeicher mit jeweils 1000 l Inhalt und je 2 Elektroheizstäben à 6 kW (die noch nie gebraucht wurden, das Objekt wurde im Frühjahr 2009 fertiggestellt)
  • Trinkwassererwärmung dezentral (Bestand) durch vollelektronische Durchlauferhitzer DHE und Kleinspeicher SNU 5 von Stiebel Eltron.

Alois Schnelzer vom Ingenieurbüro Rebholz in Augsburg wies ausdrücklich auf den hohen Einspareffekt der dezentralen Trinkwasser-Erwärmer hin. Wegen der großen Leitungslängen sollte in Mehrfamilienhäusern, wo immer möglich, auf ein zentrales Warmwassersystem verzichtet werden, denn, Zitat, „Zirkulationsleitungen verbrauchen ungeheuer viel Energie“. Auch die Kostenabrechnung sei dadurch einfacher und billiger.

Nur bei der Wärmepumpe würde Schnelzer heute anders entscheiden: „Anstatt vier Wärmepumpen in Kaskade würde ich beim heutigen Stand der Technik nur eine Wärmepumpe mit elektronischer Regelung wählen.“ Eine solche Lösung verspreche eine noch höhere Energieeffizienz, weil sich bei Teillast die Wärmeübertragungs-Bedingungen verbessern. Fazit des Chronisten: Ein Leuchtturmprojekt erster Klasse, sehr gut dokumentiert und angesichts vieler Wohngebäude mit vergleichbaren Bedingungen zur Nachahmung empfohlen.

Etap-Hotel Augsburg City: VRV-System und zentrale Klimaanlage kombiniert

Ein Niedrigpreis-Hotel der 1-Stern-Klasse mit dem Raumluftkomfort eines 3- bis 4-Sterne-Hotels? In Augsburg hat sich der Bauherr und Franchisepartner der Etap Gruppe, Günter Freye, den Luxus erlaubt, etwas mehr als in der Low-Budget-Hotelklasse üblich in Raum(klima)komfort zu investieren. So sind alle 99 Zimmer im Etap-Hotel Augsburg City Abb. 5 mit Drei-Scheiben-Schallschutzfenstern, Be- und Entlüftung über die zentrale Klimaanlage für die Grundversorgung sowie einem VRV-System (Daikin) zum Heizen oder Kühlen für die Komfortstufe ausgestattet. Hinzu kommt ein Gasheizkessel, der einzelne Heizkörper im Hoteleingang und im Restaurant versorgt sowie die Trinkwasser-Erwärmung übernimmt. Diese Lösung hatte bei einem hohen Warmwasserverbrauch und hoher Speichertemperatur wirtschaftliche Vorteile gegenüber der Trinkwassererwärmung mittels Wärmepumpe.

Das Zentrallüftungsgerät (AL-KO) mit den thermodynamischen Funktionen Heizen und Kühlen ist zusätzlich mit einem Rotations­wärmeübertrager sowie einer geräteinte­grierten Kälteerzeugung ausgestattet. Über diese Anlage werden alle Räume mit dem ­hygienisch notwendigen Mindestluftwechsel versorgt, unabhängig davon, ob die Zimmer belegt sind oder nicht. Gleichzeitig wird die Raumtemperatur in Abhängigkeit der Außentemperatur auf einer definierten Stand-by-Temperatur gehalten. Die eigent­liche Komfortstufe kann der Hotelgast über das Raumbediengerät der VRV-Anlage akti­vieren.

Die sieben Außeneinheiten des VRV-Systems stehen in einem witterungsgeschützten Außenbereich neben der Dachklimazentrale Abb. 6. Dadurch wird vermieden, dass sich bei Außentemperaturen nahe dem Gefrierpunkt vorzeitig ein Reif- bzw. Eisansatz durch Regen, Nebel oder hohe Luftfeuchtigkeit bildet. Die Mehrkosten für die vergleichsweise aufwendige Raumklimatisierung scheinen sich zu lohnen. In den ersten Betriebsmonaten von März bis Dezember 2010 lag der Stromverbrauch bei 60,5 MWh; die Heiz-und Kühlkosten sollen pro Zimmer und Tag bei nur ca. 0,40 Euro liegen.

Die Besonderheit des 1-Stern-Hotels ist mit Sicherheit die extreme Ruhe in den Zimmern. Dazu trägt das Schallschutzfenster bei, aber auch die extra leisen Fan-Coils der VRV-Anlage mit einem Schalldruckpegel von nur 30 dB(A).

Kurioserweise steht das Hotel auf dem ehemaligen Gelände der Quieta Werke, ein früherer Hersteller von Kaffee-Ersatz aus Zichorie, auf gut schwäbisch Muggefug genannt. Dem Warenzeichen Quieta liegt das lateinische Wort quies – Ruhe – zugrunde. Quieta wird vom Kaffeetraditionsverein als Kaffeemarke beschrieben, die „mit körperlicher oder geistiger Ruhe, mit innerer und äußerer Behaglichkeit sinnfällig verbunden ist“.

Interessant ist, dass die hohe Behaglichkeit und Energieeffizienz im Etap Hotel Augsburg City durch zwei Klimasysteme zustande kommt, die am Markt in teilweise scharfer Konkurrenz zueinander stehen. Fazit: Zur Nachahmung empfohlen.

Klimmer Stanztechnik Burgau: Autarkes Heiz-/Kühlsystem

Wärmepumpenanlagen sind besonders wirtschaftlich, wenn sie zum Heizen und Kühlen eingesetzt werden können. Dies gilt insbesondere für Bürogebäude, denn Raumkühlung wird immer häufiger zur Standardforderung von Bauherren, Mietern und Beschäftigten.

Als es bei dem Stanztechnikunternehmen Ernst Klimmer in Burgau darum ging, wie die Büroerweiterung – ein komplettes Stockwerk mit 250 m2 Bürofläche – künftig beheizt und gekühlt werden soll, konnte der Bauherr recht schnell vom Einbau einer Wärmepumpe überzeugt werden. Hinzu kam, dass Architekt Andreas Sedlmeier aus Günzburg bereits gute Erfahrungen mit einer Wärmepumpenanlage in einem Sanierungsprojekt gemacht hat. Realisiert wurde folgende Lösung:

  • Luft/Wasser-Wärmepumpe von Mitsubishi Electric mit Zubadan-Technologie <b>Abb. 7</b>, Heizleistung 14 kW (bis – 15 °C), Kühlleistung 12,5 kW
  • 300-l-Pufferspeicher
  • 2-Leiter-Verteilsystem für wahlweises ­Heizen oder Kühlen
  • Heiz-/Kühldecken in allen Büroräumen, ­Klimatop Typ Klimasan
  • Heiztemperaturen 35/32 °C
  • Kühltemperaturen 18 bis 20 °C Vorlauf­temperatur
  • Raumbediengeräte und Taupunktfühler in allen sieben Raumzonen
  • keine zusätzliche Lüftung

Die Erfahrungen sind so positiv, dass Bauherr und Architekt das System aus Wärmepumpe und Heiz-/Kühldecke auch für das Erdgeschoss in Erwägung ziehen, um sich damit insgesamt von der Verwendung fossiler Brennstoffe im Objekt zu verabschieden. Auch die Installationsfirma Seidler aus Günzburg ist von dem System überzeugt, auch wenn die Installation der Heiz-/Kühldecke für sie Neuland war.

Fazit: Für Bürogebäude oder Büroerweiterungen mit Heiz- und Kühlbedarf ist eine ­reversibel arbeitende Wärmepumpe mit Heiz-/Kühldecken eine sehr komfortable Alternative zum VRF-System oder einer konven­tionellen Lösung mit Zentralgerät. Vom Bauherren und den Beschäftigten wird insbeson­dere die „sanfte Art der Kühlung über die Decke“ hervorgehoben.

Galaxy Energy in Berghülen: Pionierbau mit Baustellen

Für energieaffine Autofahrer, die auf der A9 ­zwischen Stuttgart und Ulm unterwegs sind, lohnt sich seit einiger Zeit ein kleiner Umweg auf die Schwäbische Alb zum idyllisch gelegenen Ort Berghülen, Firmensitz von Galaxy Energy. Dort wird schon mal die Zukunft des Plus-Energie-Gewerbebaus von einer Firma ­geprobt, die selbst in diesem Geschäftszweig tätig ist. Solche Pioniere sind wichtig, denn energieautarke Gebäude sollten zunächst von denen erprobt und verbessert werden, die sie anschließend auch vermarkten oder zumindest Teile davon.

Galaxy Energy konzentriert sich auf den Bau von Photovoltaik-Anlagen mit eigener Modulproduktion, beschäftigt sich aber auch mit Elektro-Rollern und LED-Beleuchtungen. Eine Neuheit und gleichzeitig Eyecatcher des neuen Firmengebäudes in Berghülen ist das von Galaxy Energy erfundene, patentierte und hergestellte Indach-PV-System, bei dem die PV-Module die Funktion einer dichten Dachhaut mit übernehmen Abb. 9. Die mehr als 1500 Module mit transparenten Rückfolien sorgen für ein natürliches Licht in den darunter liegenden Werkstätten, Lagern und Büroräumen und produzieren rund 250 kWp Solarstrom. Die leichte Wölbung der Dachfläche bewirkt, dass Schnee im Winter schneller abrutscht.

Die Dachhaut im jetzigen Ausbaustadium entspricht dem U-Wert einer Einfachverglasung, jedoch ist geplant, den Raum zwischen den tragenden Holzpfetten mit einer transparenten Dämmschicht so aufzufüttern, dass unter den PV-Modulen ein Wärmekanal entsteht. Das Unternehmen experimentiert allerdings noch mit verschiedenen Materialien, wie beispielsweise Doppelstegplatten. Zurzeit wird die Wärme am Gebäudefirst frei angesaugt und über einen Luft/Wasser-Wärmeübertrager der Sole/Wasser-Wärmepumpe (Leistung 185 kW) zugeführt. Reicht das Wärmeangebot aus den Wärmekanälen nicht aus, so schaltet das System auf einen unter der Grundplatte einbetonierten zylindrischen 500-m3-Wassertank um. Der nicht wärmegedämmte Betontank Abb. 10 ist mit einem Rohrsystem ausgerüstet, das ein kontrolliertes Einfrieren des unter Atmosphärendruck stehenden Wassers ermöglicht (Isocal). Durch die Kombination von Wasser-/Eisspeicher, Nutzung der Warmluft aus dem Dachbereich sowie durch die dem Betonspeicher zuströmende Erdwärme bzw. Erdkälte sind zwei Betriebsstrate­gien möglich:

Beginn der Heizsaison:

  • Der Wasserbehälter ist durch den sommer­lichen Wärmeeintrag aus den betonkerntemperierten Boden-/Deckenflächen und den Heiz-/Kühlsegeln thermisch vollständig regeneriert. Zusätzliche Wärme kann über den im Warmluftkanal platzierten Luft/Wasser-Wärmeübertrager in den Wasserspeicher geladen werden. Die Zieltemperatur beim Start in die Heizsaison liegt bei etwa 20 °C.
  • In der Übergangszeit wird so lange wie möglich das Wärmepotenzial des Wärmekanals genutzt. Reicht das Wärmeangebot aus dem Dachzwischenraum nicht mehr aus, schaltet die Wärmepumpe auf Speicher­betrieb um. Je nach Temperaturdifferenz zwischen dem Speicher und dem Wärmeangebot des Wärmekanals wird Nieder­temperaturwärme aus dem Wärmekanal in den Speicher zur Nachladung geleitet.
  • Bei mehreren Frosttagen friert das Wasser im Erdspeicher vom Mittelpunkt her zylinderförmig zu einem Eisblock. Sobald sich im Warmluftkanal ein Temperaturniveau einstellt, das über dem der Hallentemperatur liegt, kann der Eisspeicher mit Niedertemperaturwärme nachgeladen werden, d.h. das entstandene Eis wird ganz oder ­teilweise abgeschmolzen.
  • Bei längeren Frostperioden wird der überwiegende Teil des Speicherwassers ge­froren. Durch die Anordnung des Rohrschlangen-Wärmeübertragers im Speicher und das Speichermanagementsystem wird verhindert, dass das Wasser vollständig zu einem Eisblock gefriert (und den Speichermantel sprengt). Theoretisch kann mit einem Eisspeicher eine Speicherkapazität von 84,5 kWh/m<sup>3</sup> erreicht werden. Aufgrund der Verrohrung und des Restwassers im Eisspeicher rechnet man in der Praxis mit einer Speicherkapazität von 40 bis 60 kWh/m<sup>3</sup> (Quelle: Recknagel, Sprenger, Schramek, Taschenbuch Heizung+Klimatechnik).
  • Sobald aus dem Wärmekanal exergetisch nutzbare Wärme anliegt, wird diese in den Eisspeicher geleitet, um das Eis zu schmelzen. Gleichzeitig fließt dem Speicher Wärme aus dem umgebenden Erdreich zu, was den Schmelzvorgang unterstützt. Dieser Pendelvorgang – Eisaufbau durch Wärmepumpe und Abschmelzen durch Niedertemperaturwärme vom Warmluftkanal – wird bis zum Ende der Heizzeit Ende März/Anfang April beibehalten. Ab März sinkt normalerweise der Heizwärmebedarf des Gebäudes; damit reicht das Warmluftangebot vom Dach als Wärmequelle für die Wärmepumpe aus.

Beginn der Kühlsaison:

  • Im Hinblick auf die bevorstehende Kühl­saison bleibt das im Winterbetrieb entstandene Eis etwa ab März unangetastet. Sobald im Gebäude Kühlbedarf entsteht, wird der Heizkreislauf zur Versorgung der Beton­kerntemperierung und der Kühldecken auf Kühlung umgeschaltet.
  • Ist das Eis im Speicher vollständig geschmolzen, wird das Kühlpotenzial des Kaltwassers genutzt. Die Grenztemperatur für die Nutzung des Kaltwassers für die Raumkühlung liegt bei der Betonkerntemperierung bei etwa 18 bis 20 °C und bei den Kühldecken zwischen 16 bis 18 °C.
  • Während Schlechtwettertagen/-Perioden im Sommer regeneriert sich der Speicher ­allein durch die Umgebungstemperatur im Erdreich. Dieser Abkühleffekt kann durch preisgünstige Absorber oder den „Wärmekanal“ unterstützt werden, die im FreeCooling-Verfahren Nachtkühle aufnehmen und damit das Speicherwasser abkühlen. Das Verfahren lohnt sich, wenn die Temperaturdifferenz zwischen dem Free-Cooling-System und dem Speicherwasser mehr als 5 °C beträgt.
  • Bei längeren Wärmeperioden kann mit der reversibel arbeitenden Wärmepumpe der Speicher in Abhängigkeit der voraussicht­lichen Wetterentwicklung präventiv nachgeladen werden. Die Speichertemperatur sollte jedoch nicht unter die Erdreichtemperatur abgesenkt werden, da sonst Energieverluste entstehen. Die Wärmepumpe im Gebäude der Galaxy Energy wird, wann immer möglich, mit Solarstrom betrieben. Je nach Tarif­angebot kann eine nächtliche Beladung mit Netzstrom energieeffizienter sein, da dann aufgrund des geringeren Temperaturhubs der COP der Wärmepumpe höher ist.
  • Bis zum Beginn der Heizsaison sollte das Eis vollständig abgeschmolzen sein, damit die Zieltemperatur im Speicher von 20 °C eingehalten wird.

Interessant wird sein, welche Erfahrungen im Berghülener Plus-Energie-Gebäude mit dem Verbundsystem aus PV-Anlage, Warmluftkanal, reversibler Wärmepumpe, Eisspeicher, Betonkerntemperierung und Heiz-/Kühldecken gemacht werden. Beim Werksbesuch im Mai 2012 hatte es den Anschein, dass dort noch eine ­längere Agenda abgearbeitet werden muss, ­angefangen bei der Bedachung mit einem U-Wert von 5 W/(m2 K). Deswegen erscheint die Werbung mit dem DGNB-Zertifikat noch etwas verfrüht.

Rein theoretisch soll sich der Mehrpreis der Anlage gegenüber einer konventionellen Lösung mit fossilen Brennstoffen innerhalb von fünf Jahren amortisieren, vorausgesetzt, der anvisierte U-Wert der Dachkonstruktion von 0,8 W/(m2 K) wird erreicht. Beim Einzug im Dezember 2011, als die Wärmepumpe noch nicht in Betrieb war, verbrauchte die mobile Bauheizung immerhin 1000 l Heizöl – pro Woche (!).

Rein rechnerisch kommt das Gebäude mit 2400 m2 beheizter Fläche auf einen Jahresheiz­energiebedarf von 210000 kWh. Bei einer angenommenen Jahresarbeitszahl von 4 würde die Wärmepumpe ca. 50000 kWh elektrischen Strom benötigen, so die Theorie.

Fazit: Ein innovatives Gebäude mit beeindruckender Technik, aber mit vielen Unwägbarkeiten, Abhängigkeiten und komplexen Wenn-Dann-Funktionen. Diese setzen ein professionelles Betriebsmanagement sowie Hilfsmittel, wie Energiemonitoring und Controlling, möglichst mit akademischem Beistand, voraus. Interessant wäre es, nach drei bis fünf Jahren Betriebszeit ein Resümee zu ziehen.

Plus-Energie-Haus Krumbach: Batteriestrom für Luft/Wasser-Wärmepumpe

Wie bekommt ein Energieversorger das Überangebot an Photovoltaik-Strom um die Mittagszeit in den Griff? Werden wir unsere Wärmepumpen in Zukunft mit Strom vom Dach oder vom Akku betreiben? Welche baulichen und anlagentechnischen Voraussetzungen müssen erfüllt werden, damit ein Plus-Energie-Haus funktioniert?

Im bayrisch-schwäbischen Krumbach wird schon mal die Energiewende geprobt, nicht nur auf dem Papier, sondern im Privathaushalt der Hautärztin Dr. Ildiko Sugar Abb. 12. Unterstützung erhält die technikbegeisterte Medizinerin durch die Lechwerke, die sich aus dem nahezu energieautarken Neubau Abb. 11 wichtige Erfahrungen im Zusammenspiel von PV-Anlage, Stromspeicher, Wärmepumpe, Heizungspufferspeicher bei jeglicher Wetterlage und bei unterschiedlichen Tarifangeboten (Smart-Grid-Funktionen) erhoffen.

Das Haus (250 m2 Wohnfläche) entspricht dem KfW-30-Standard mit einem Heizenergiebedarf von etwa 15 kWh/(m2 a). Mit zum hohen Effizienzstandard trägt eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung bei, sodass die Fußbodenheizung und damit die Wärmepumpe (3,5 kWel, Fabrikat Vaillant) meist nur kurz in Betrieb gehen. Zur Verbesserung des hausinternen Lastverschiebepotenzials hat die Bauherrin anstatt eines 300-l-Warmwasserspeichers einen 2000-l-Heizungspufferspeicher eingebaut. Dadurch kann die Wärme dann erzeugt werden, wenn überschüssiger Solarstrom zur Verfügung steht, dieser im Netz des Stromversorgers wegen Höchstlasteinspeisung um die Mittagszeit aber eher unerwünscht ist.

Um die Anlage noch stärker auf die Bedürfnisse des Stromversorgers abzustimmen, wird die Stromeinspeisung der Photovoltaik-Anlage – 250 m2 Modulfläche, 23 kWp, 25000 kWh/a – über einen Lithium-Ionen-Akku mit einer Kapazität von 20,5 kWh strategisch gepuffert, bevor der Überschuss ins Netz eingespeist wird. Dabei geht es in erster Linie darum, die Einspeisung von PV-Strom so zu steuern, dass damit das Netz des Versorgers möglichst gleichmäßig belastet wird.

Die Herausforderung liegt darin, die Wärmepumpe mit dem Heizungspufferspeicher steuerungstechnisch so in die PV-Anlage und den Stromspeicher (Akku) einzubinden, dass die Wärmepumpe bei hoher Netzbelastung des Versorgers auf den Akku-Strom zurückgreift. Damit soll vermieden werden, dass die Wärmepumpe wie gewohnt am frühen Morgen in Betrieb geht – und dazu Strom aus dem Netz bezieht – und damit auch den Heizungspufferspeicher auflädt, in der Mittagszeit, wenn PV-Strom im Überfluss vorhanden ist, sich aber abschaltet.

Mit einem ausgeklügelten Energiemanagement und Smart-Grid-Funktionen soll künftig Solarstrom nur dann in das Netz der Lechwerke eingespeist werden, wenn im Stromnetz freie Kapazitäten vorhanden sind. Wichtig ist, dass der Hausenergieverbrauch und die Batteriebeladung mit der Höchstleistung der PV-Anlage in Einklang gebracht werden und der Heizungspufferspeicher möglichst um die Mittagszeit beladen wird und erst anschließend beziehungsweise parallel der Stromspeicher (Ladezeit ca. eine bis zwei Stunden).

Derzeit kosten Lithium-Ionen-Batteriesysteme mit einer Kapazität von 20 kWh noch deutlich über 20000 Euro und sind damit weit von einer Marktakzeptanz entfernt. Bei den Lechwerken favorisiert man deshalb zunächst die bewährten Blei-Gel-Batterien mit einer Speicherkapazität von 5 kWh für das Einfamilienhaus. Ein System, bestehend aus 50 m2 PV-Modulen, fertig montiert, mit Wechselrichtern, Blei-Gel-Batterien und Steuerung könnte jetzt schon zum Festpreis von 15000 Euro angeboten werden, so die Berechnungen der Lechwerke.

Fazit: Pilotprojekte dieser Art sind wichtig, aber die massenhafte Vernetzung von Plus-Energie-Häusern mit der urbanen Infrastruktur birgt auch hohe Ausfallsrisiken. In der Forschung macht bereits der Begriff „Verletzlichkeitsparadoxon“ die Runde. Tenor: Je besser etwas funktioniert, desto gravierender sind die Folgen, wenn etwas ausfällt. •

1) Der Gesamtmarkt für Wärmeerzeuger dürfte sich 2012 nach Einschätzung der TGA-Redaktion abhängig von (förder- und steuer)politischen Einflüssen und der Energiepreisentwicklung bis zum Herbst 2012 zwischen 660000 und 700000 bewegen. 2011 wurden laut BDH-Statistik 639000 Wärmeerzeuger verkauft, der höchste Wert seit dem historisch einmaligen Markteinbruch im Jahr 2007 auf 550000 Stück von zuvor 762000 (Webcode 348598).

Mehr Infos zum Thema im TGAdossier Wärmepumpe: Webcode 718

Statement

Die Branche sollte nicht auf die Politik warten.

Wärmepumpen haben ohne Zweifel ein enormes anwendungstechnisches Potenzial. Aber auch noch viel Spielraum für die energetische Optimierung, wie der simple Vergleich von Prüfstands-COP-Werten (Webcode 359328) zeigt. Um beides zu erschließen, muss die Branche den Markt mit eigener Kraft entwickeln und sollte nicht auf die Politik warten.

Denn zumindest die Bundesregierung hat bezüglich der weiteren Verbreitung von Wärmepumpen (noch) keine expliziten Ziele (Webcode 359885) und für die tiefere Integration in die gesamte Energie-Infrastruktur trotz selbst festgestellter Eignung von Wärmepumpen als Lastmanager (Webcode 339127) noch keine verwertbare Initiative ergriffen. Und der Ritterschlag, dass die Wärmepumpe die neue EnEV-Referenz wird (Webcode 295318), dürfte wohl aufgrund der anderen vielen Baustellen bei der inzwischen auf 2013 verschobenen Novelle ausbleiben.

Es ist nicht lange her, dass die Wärmepumpe in weiten Teilen der Branche verpönt war. Auch mir wurde beim TGA-Studium (1992er Matrikelnummer) eingetrichtert: „Strom ist zum Heizen zu wertvoll“. Die Wärmepumpentechnik, die Stromerzeugung und auch die Lehre haben sich seitdem erheblich gewandelt. Die beim Kunden Entscheidungen beeinflussenden Akteure haben jedoch noch einen sehr unterschiedlichen Wissensstand. Und manch einer verspricht bezüglich der Fähigkeiten einer Wärmepumpe auch zu viel, was jede Technik schnell in Misskredit bringen kann. Andere ziehen überholte Konzepte aus der Schublade.

Wenn man zehn Jahre unter Berücksichtigung übergeordneter Energie- und Baustandardziele nach vorne schaut, wird schnell klar, dass Wärmepumpen als Bestandteil von Hausenergiekon­zepten die künftigen Anforderungen mit akzeptablen Kosten umsetzen können. Weil die notwendige technische Weiterentwicklung stark von der Nachfrage abhängig ist, tut die Branche gut daran, die Wärmepumpe nicht als gesetzt zu sehen, sondern mit größter Anstrengung an der Qualifikation und Qualitätssicherung zu arbeiten.

Jochen Vorländer, Chefredakteur TGA Fachplaner

Wolfgang Schmid

ist freier Fachjournalist für Technische Gebäudeausrüstung, München, wsm@tele2.de

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