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Energieeffiziente Bürogebäudesanierung

Heizung nutzt Kühllast und Server-Abwärme

Kompakt informieren

  • Bei der energetischen Sanierung der HSE-Technik-Zentrale wurden die Energieströme über die Gebäudehülle deutlich gesenkt und im Gebäude Wärmerückgewinnungspotenziale über einen VRV-Wärmepumpenverbund konsequent erschlossen.
  • Durch die Kombination von VRV-System und Belüftung mit Wärmerückgewinnung über die Fassade konnten die Bautätigkeit und der Platzbedarf für die Anlagentechnik im Gebäude minimiert werden.
  • Im Ergebnis wurden die Anforderungen der EnEV 2009 für einen Neubau um 12 % und die Anforderungen für eine Altbaumodernisierung um 37 % unterschritten.

Für die energetische Sanierung eines 1976 erbauten Bürogebäudes wurde HSE Technik mit dem Daikin Planerpreis 2012 für Energieeffizienz ausgezeichnet. Daikin lobt den Planerpreis seit acht Jahren für nachhaltige, planerische Projekte sowie Heiz- und Klimakonzepte aus, die in hohem Maße Primärenergie einsparen.

Dieser Aspekt stand auch für HSE Technik bei der Sanierung der eigenen Unternehmenszentrale Abb. 2 mit im Vordergrund. Nach über 30-jähriger Nutzung waren die Fenster defekt, wodurch Zugerscheinungen auftraten, die Beschattungsanlage war ebenfalls defekt oder fehlte zum Teil, im Sommer stieg die Innentemperatur auf bis zu 35 °C. Die Heizungsanlage, eine Elektro-Widerstandsheizung, arbeitete mit einem sehr schlechten primärenergetischen Wirkungsgrad und verursachte hohe Betriebskosten. Das Dach und die Fassade waren ungedämmt und undicht.

Eine Herausforderung für das Sanierungskonzept war, dass es im laufenden Betrieb umgesetzt werden musste. Dabei sollten keine größeren Installationen im Innenbereich (zum Beispiel Lüftungskanäle) die Nutzungsfläche des Gebäudes verringern. Für die Planung und Auslegung der Haustechnik waren die Dämmung des Gebäudes inklusive einer neuen Fassade, die Dämmung des Dachs und der sommerliche Wärmeschutz zu berücksichtigen.

Interne Wärmeverschiebung

Im Mittelpunkt der anlagentechnischen Sanierung stand ein den Energieverbrauch optimierendes Heizsystem, das eine Wärmeverschiebung von der Süd- zur Nordseite ermöglicht und die Abwärmenutzung aus den Serverräumen zur Beheizung des Gebäudes nutzt. Hierzu wurde ein VRV-Wärmepumpenverbund mit 18 Anlagen von Daikin installiert, das insgesamt 6981 m2 beheizte/gekühlte Fläche versorgt. Durch die systembedingt kleinen Rohrquerschnitte war der Installationsaufwand gering und innerhalb des Gebäudes musste wenig verändert werden.

Mit der internen Wärmeverschiebung kann zur Raumkühlung entzogene Wärmeenergie in anderen Räumen als Heizenergie genutzt werden. Die quadratische Gebäudestruktur mit ­Innenhof ist zur Wärmeverschiebung von Süd nach Nord prädestiniert Abb. 3. In der Übergangszeit strahlt die Sonne verstärkt in die nach ­Süden ausgerichteten Räume. Die Kühllast dieser Räume wird mit geringem Energieeinsatz über das VRV-System in die zu beheizenden Räume transportiert und dort als Heizenergie abgegeben.

Die Abwärme der Server heizt Büros

Die im Untergeschoss befindlichen Serverräume geben ganzjährig eine Wärmelast von ca. 100 kW ab. Diese Wärme wird mit der VRV-Wärmerückgewinnungstechnik den Büroräumen als Heizenergie zur Verfügung gestellt. Zuvor wurde die Abwärme auch bei Heizbedarf im Gebäude nach außen abgeführt und zeitgleich im Gebäude mit der Elektro-Widerstandsheizung geheizt. Durch die interne Wärmerückgewinnung und -verschiebung wurde für die Beheizung der Räume ein Energieeinsparpotenzial von über 70 % erschlossen.

Mithilfe von Umschaltboxen in der Kältemittelverrohrung können unterschiedliche Räume gleichzeitig gekühlt und beheizt werden. Die Nutzer können individuell die Raumtemperatur einstellen. Das System entscheidet automatisch zwischen Heiz- und Kühlbetrieb. Das Gebäude wurde in fünf Kältestränge aufgeteilt. Um den Wartungsaufwand gering zu halten, wurden anstelle einzelner Umschaltboxen große Boxen mit vier bzw. sechs Abgängen installiert. Insgesamt wurden 245 Innengeräte verbaut. Aus Behaglichkeitsgründen wurden überwiegend Roundflow-Kassetten eingesetzt.

Gründach mit Photovoltaik-Anlage

Das Dach wurde bei der Sanierung zu einem Gründach umgebaut. Dadurch werden der Wärmeverlust im Winter und der Sonnenenergieeintrag im Sommer vermindert. Auf dem Gründach ist eine Photovoltaik-Anlage Abb. 1 mit einer Leistung von 50 kWp und einem Stromertrag von 51 MWh/a installiert. Die Kombination von Dachbegrünung und Solarnutzung wird häufig als konkurrierend eingeschätzt, hat aber Synergieeffekte: Begrünte Dächer bewirken eine niedrigere Umgebungstemperatur, was sich positiv auf den Wirkungsgrad von Solarzellen auswirkt. Gleichzeitig puffert das Gründach die Wärmeeinstrahlung ab und das verdunstende Regenwasser hat einen kühlenden Effekt.

Bei der Fassadensanierung wurde durch eine Fassadenausbildung als Pfosten-Riegel-Konstruktion Abb. 2 ermöglicht, dass die Büros während des Umbaus in Betrieb bleiben konnten. Durch einen niedrigen U-Wert von 0,9 W/(m2 K) wurden der Heiz- und Kühlbedarf deutlich gesenkt. Durch die selbsttragende, vorgehängte Konstruktion wurden Wärmebrücken vermieden. In die Fassade wurden dezentrale Lüftungselemente sowie ein Lamellensonnenschutzsystem integriert. Mit Igel-Wärmeübertragern erfolgt durch den permanent wechselnden Zu- und Abluftbetrieb in den dezentralen Lüftungselementen eine Energierückgewinnung.

Heizenergiebedarf auf 13 % gesenkt

Im Vergleich zum vorherigen Zustand des Gebäudes konnte der Heizenergiebedarf durch die Sanierung auf 13 % gesenkt werden. Bei Berücksichtigung der Photovoltaik-Anlage reduziert sich der Endenergiebedarf noch einmal um 3 Prozentpunkte. Mit der Sanierung wurden die Anforderungen der EnEV 2009 für einen Neubau um 12 % und die Anforderungen für einen modernisierten Altbau um 37 % unterschritten.

Gleichzeitig wurden die Anforderungen des EEWärmeG erfüllt, da 100 % des Wärmenergiebedarfs durch eine Wärmepumpe gedeckt werden konnte. Die Sanierungsmaßnahme des Bürogebäudes ermöglicht einen neuen Lebenszyklus des Gebäudes von weiteren 30 Jahren. Unter Berücksichtigung der sowieso durchzuführenden, notwendigen Instandhaltungsmaßnahmen ergibt sich eine Amortisationszeit von 14 Jahren. Das zeigt, dass eine Sanierung von älteren Büro- und Geschäftsgebäuden nicht nur energetisch, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll ist. •

HSE Technik

Die HSE Technik GmbH & Co. KG, Darmstadt, ist eine Tochtergesellschaft der HSE AG, einem südhessischen Energieversorger. Die HSE Technik plant, baut und betreibt Versorgungsnetze für Strom, Gas, Wasser, Wärme und Kälte sowie Anlagen für eine umweltfreundliche Energieerzeugung und für Klima- und Kältetechnik. Die HSE Technik, selbst ein Ökoprofit-zertifiziertes Unternehmen, hat sich dabei insbesondere auf ökologische und effizienzgetriebene Kundenwünsche ausgerichtet. http://www.hsetechnik.de

Steffen Gemeinhardt

ist Planungsberater bei Daikin ­Airconditioning Germany, http://www.daikin.de