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EnEV-Entwurf

Wirkungslose Verschärfung

Kompakt informieren

  • Der Entwurf zur EnEV-Novelle sieht u.a. für Neubauten eine zweistufige Absenkung des Höchstwertes für den Jahresprimärenergiebedarf um jeweils 12,5 % und den Transmissionswärmeverlust um durchschnittlich jeweils 10 % vor.
  • Durch die gleichzeitige deutliche Absenkung des Primärenergiefaktors für Strom wird die „Verschärfung“ aber teilweise kompensiert.
  • An der Beheizung von Neubauten mit Wärmepumpen wird deutlich, dass die EnEV ohne zusätzliche Anforderungen an den Endenergiebedarf kaum noch zukunftsfähig ist.
  • Für bestehende Gebäude ändert sich mit der EnEV-Novelle bezüglich der energetischen Anforderungen bei einer Sanierung (fast) nichts.

Es wurde bereits viel über den lange verzögerten Entwurf zur Energieeinsparverordnung (EnEV) spekuliert. Dann haben das Bundesbau- und das Bundeswirtschaftsministerium im Oktober die Katze aus dem Sack gelassen (Webcode 380608), und jeder möchte wissen, ob die hohen Erwartungen mit der überarbeiteten Verordnung auch erfüllt werden. Immerhin soll die neue EnEV dazu beitragen, dass die energiepolitischen Ziele der Bundesregierung, ins­besondere ein nahezu klimaneutraler Gebäudebestand bis zum Jahr 2050, erreicht werden. Der Weg dorthin scheint aber noch ein langer zu werden, wenn man die jetzt im Entwurf ­formulierten Änderungen genauer analysiert.

Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie

Viele der Neuerungen im EnEV-Entwurf re­sultieren aus der neugefassten EU-Gebäuderichtlinie (Webcode 296893) und wurden weitestgehend wortgleich umgesetzt. Dies ist ein Muss, wenn ein EU-Mitgliedsstaat nicht riskieren will, dass gegen ihn ein Vertragsver­letzungsverfahren eingeleitet wird. Zu den ­Änderungen im EnEV-Entwurf gehören unter anderem die Ausweitung der Aushangpflicht für Energieausweise (§ 16), die Angabe von Energiekennwerten in Immobilienanzeigen (§ 16a) und die stichprobenhafte Kontrolle von Energieausweisen und Inspektionsberichten (§ 26d).

Verschärfung des Anforderungsniveaus

Das generelle Anheben des Anforderungsniveaus war vor der Veröffentlichung nicht unbedingt zu erwarten, zuvor hieß es meist, dass lediglich im Wohnungsbau mit einer moderaten Verschärfung zu rechnen ist. Der veröffentlichte EnEV-Entwurf sieht jedoch vor, den Höchstwert des Jahres-Primärenergiebedarfs ab Inkrafttreten (voraussichtlich Anfang 2014) für alle zu errichtenden Gebäude um 12,5 Prozentpunkte und ab dem 1. Januar 2016 um weitere 12,5 Prozentpunkte gegenüber der aktuellen EnEV 2009 zu senken. Im Vergleich zum heutigen Anforderungsniveau entspricht dies einer „Verschärfung“ um 25 %.

Primärenergiefaktor für Strom

Allerdings hinkt dieser Vergleich, da noch an einer anderen Schraube gedreht wurde: Der Primärenergiefaktor für Strom soll deutlich nach unten korrigiert werden. Die 2011er-Fassung der DIN V 18599, auf die die neue EnEV hinsichtlich der zu verwendenden Primärenergiefaktoren verweist, gibt für den nicht erneuerbaren Anteil beim allgemeinen Strommix einen Wert von 2,4 an. Dies entspricht – bezogen auf den aktuellen Wert von 2,6 in der EnEV – bereits einer Ver­ringerung von 8 %.

Insbesondere bei Nichtwohngebäuden, die einen hohen Strombedarf aufweisen, würde damit die erste Stufe der vermeintlichen Verschärfung wieder weitgehend kompensiert. Der EnEV-Entwurf gibt allerdings einen stufenweise reduzierten Primärenergiefaktor für Strom von 2,0 (Inkrafttreten) beziehungsweise ab dem 1. Januar 2016 von 1,8 vor. Gegenüber dem heutigen Stand verringert sich der Primärenergiefaktor für Strom so um rund 23 beziehungs­weise 30 %.

Kein Weg zum Niedrigstenergiegebäude

Dieser Ansatz setzt eine Entwicklung fort, bei der vorrangig auf Anlagentechnik und Energieträger gesetzt wird und die Relevanz einer gut gedämmten Gebäudehülle immer weiter in den Hintergrund gerät. Dabei sollte doch an oberster Stelle stets das Vermeiden eines Energie­bedarfs stehen, sprich die Minimierung der ­Nutzenergiemengen. Mit dem jetzigen Ansatz ist es möglich, künftig gesetzeskonform Ge­bäude zu bauen, deren Wärmeschutz wesentlich schlechter ausfällt, als dies bei heutigen ­Gebäuden gefordert ist.

Diese Herangehensweise steht auch im ­Widerspruch zur Definition des Niedrigst­energiegebäudes nach EPBD. Um ein solches würde es sich handeln, wenn der fast bei Null liegende oder sehr geringe Energiebedarf zu einem ganz wesentlichen Teil durch Energie aus erneuerbaren Quellen gedeckt wird. Ergo: Man soll doch bitte erst den Bedarf senken, und dann den verbleibenden Rest durch Erneuerbare decken. Es zeigt sich immer deutlicher, dass der primärenergetische Ansatz alleine nicht automatisch die Energie­effizienz eines Gebäudes verbessert. Es bedarf zusätzlich auch Anforderungen an den Endenergiebedarf, welcher die erneuerbaren und auch die nicht erneuerbaren Anteile berücksichtigt.

Im aktuellen Entwurf werden zwar die ­Anforderungen an den baulichen Wärmeschutz erhöht Abb. 2. Dies erweckt den Eindruck, dass sich damit grundsätzlich die Gesamtenergie­effizienz eines Gebäudes verbessern ließe. ­Allerdings kann dieser Effekt durch den ab­gesenkten Primärenergiefaktor für Strom in ­bestimmten Fällen problemlos ausgehebelt werden.

Exkurs: Zwei Rechenbeispiele

Wie sich die geplanten Änderungen insgesamt auf das Anforderungsniveau auswirken, verdeutlicht eine Vergleichsrechnung, jeweils für ein Ein- und ein Mehrfamilienhaus. Konkret werden dabei für jeden Gebäudetyp zwei Varianten gerechnet: Die Variante REF-BW basiert auf der Ausführung des Referenzgebäudes und repräsentiert den Neubaustandard nach EnEV 2009. In der zweiten Variante REF-WP wird anstelle des Öl-Brennwertheizkessels eine Luft/Wasser-Wärmepumpe mit elektrischer Zusatzheizung (Bivalenztemperatur 0 °C) und Pufferspeicher installiert. Alle anderen Parameter bleiben der Vergleichbarkeit wegen unverändert, auch wenn deren Kombination technisch eigentlich nicht sinnvoll ist.

Eine rein primärenergetische Bewertung zeigt, dass die Variante REF-BW, die den heutigen Mindestanforderungen genügt, die kommenden Anforderungen erheblich überschreiten würde Abb. 3. Hingegen würde die Variante REF-WP den ab dem Jahr 2016 zulässigen Höchstwert noch deutlicher unterschreiten (–21 %) als dies unter heutigen Voraussetzungen schon gefordert wird (–16%). Die primärenergetische Betrachtung allein reicht allerdings nicht aus, da als sogenannte Nebenanforderung auch der Transmissionswärmeverlust begrenzt wird Abb. 4.

Bei dem Rechenbeispiel könnte man nun die erste Stufe der Verschärfung bereits durch einen UW-Wert von 1,1 W/(m2 K) anstelle von 1,3 W/(m2 K) kompensieren. Alternativ wäre auch ein reduzierter Wärmebrückenzuschlag von 0,03 W/(m2 K) anstelle von 0,05 W/(m2 K) möglich. Das höhere Anforderungsniveau ab 2016 ließe sich erreichen, wenn zusätzlich der U-Wert der Außenwände von 0,28 W/(m2 K) auf 0,24 W/(m2 K) verbessert würde. Zur qualitativen Einordnung: Dieser U-Wert ­entspräche dem heutigen und zukünftigen ­An­forderungswert bei der Sanierung von Außenwänden.

Primärenergetisch betrachtet zeigt sich für das Mehrfamilienhaus die gleiche Tendenz wie beim Einfamilienhaus Abb. 5. Wobei hier der bauliche Wärmeschutz für die Variante REF-WP nach dem 1.1.2016 sogar schlechter ausfallen könnte als beim Referenzgebäude nach EnEV 2009 Abb. 6: Es würde ausreichen, wenn die Außenwände einen U-Wert von 0,33 W/(m2 K) aufweisen würden (das entspricht etwa einer Dämmstoffdicke von 10 cm) und das Flachdach einen U-Wert von 0,28 W/(m2 K) erreicht (entspricht etwa einer Dämmstoffdicke von 12 cm). Bei der Variante Brennwertheizkessel müssten die Außenbauteile statt­dessen wie bei einem Passivhaus gedämmt werden.

Berechnungsverfahren

Die zulässigen Berechnungsverfahren haben sich kaum verändert. Die Wohngebäude dürfen weiterhin nach DIN V 4108-6 in Verbindung mit DIN V 4701-10 berechnet werden. Davon ausgenommen werden künftig aber gekühlte Wohngebäude. Das Hauptverfahren bleibt weiterhin die energetische Bewertung nach DIN V 18599 für alle Gebäudearten, allerdings in der Neuausgabe der Vornorm vom Dezember 2011. Das vereinfachte Berechnungsverfahren (Einzonen-Modell) für Nichtwohngebäude bleibt – mit einigen Veränderungen – ebenfalls erhalten.

Für Wohngebäude enthält der EnEV-Entwurf ein sogenanntes Modellgebäudeverfahren – besser bekannt als EnEV Easy. Dabei werden fünf Wärmeschutzvarianten mit unterschiedlichen anlagentechnischen Komponenten kombiniert, zum Beispiel Brennwertheizkessel mit Solaranlage. Für jede Kombination kann dann der End- und Primärenergiebedarf sowie der H‘T-Wert abgelesen werden. Dies soll die Nachweisführung für Wohngebäude vereinfachen.

Energieausweise

Im Zusammenhang mit den Energieausweisen sind im EnEV-Entwurf einige Veränderungen vorgesehen. So muss der Ausweis unverzüglich nach der Fertigstellung des Gebäudes ausgestellt und an den Eigentümer übergeben werden. Gleiches gilt für den Verkauf eines Gebäudes oder einer Nutzungseinheit: Der Verkäufer muss dem Kaufinteressenten spätestens bei der Besichtigung einen Energieausweis vorlegen und diesen (oder eine Kopie davon) unmittelbar nach Abschluss des Kaufvertrags übergeben. Ebenso ist künftig auch bei Vermietungen zu verfahren.

Die Aushangpflicht für Energieausweise für behördlich genutzte Gebäude betrifft künftig bereits Gebäude mit einer Nutzfläche von mehr als 500 m2 (EnEV 2009: 1000 m2). Ab dem 8. Juli 2015 soll diese Verpflichtung dann bereits ab einer Nutzfläche von 250 m2 greifen. Zudem soll die Aushangpflicht auch für anderweitig genutzte Gebäude mit mehr als 500 m2 Nutzfläche gelten. Dies betrifft dann ab Inkrafttreten der neuen EnEV viele Nichtwohngebäude, die aufgrund ihrer Nutzung einen erheblichen Publikumsverkehr aufweisen, beispielsweise Kinos und Einkaufscenter. Die Aushangpflicht gilt aber nur, wenn für diese Gebäude bereits ein Energieausweis vorliegt.

Die Modernisierungshinweise sind nun keine Anlage mehr zum Energieausweis, sondern sie werden als fester Bestandteil integriert. Bislang war deren Adressat der Eigentümer, künftig ist es der potenzielle Käufer oder Mieter. Darin sind weiterhin konkrete Hinweise aufzuführen, wie sich die Energieeffizienz eines Gebäudes verbessern lässt. Im Detail ist künftig anstatt von kostengünstigen (EnEV 2009) von kosteneffizienten (EnEV 2013) Empfehlungen die Rede – damit folgt der EnEV-Entwurf dem geänderten Wortlaut der EU-Richtlinie. Eine inhaltliche Änderung ist damit nicht verbunden. Im Duden steht unter kosteneffizient: „Geringe Kosten verursachend und daher wirtschaftlich.“ Dies würde die auszusprechenden Empfehlungen allerdings nur auf „nicht bis gering investive Maßnahmen“ beschränken.

Die Bedeutung des Energieausweises soll gestärkt werden, indem bei Immobilienanzeigen in kommerziellen Medien zusätzlich Angaben aus dem Energieausweis verpflichtend werden. Dies gilt sowohl für den ­Verkauf als auch für die Vermietung von Bestandsgebäuden. Diese Pflichtangaben be­ziehen sich auf

  • die Ausweisart (Energiebedarfs- oder Energieverbrauchsausweis),
  • den Endenergiekennwert für Wärme (Wohn- und Nichtwohngebäude) sowie Strom (nur Nichtwohngebäude) und
  • den wesentlichen Energieträger.

Die Endenergiekennwerte sind bei Nichtwohngebäuden auf die Nettogrundfläche und bei Wohngebäuden auf die Wohnfläche zu beziehen. Dass hier eine zum Energieausweis abweichende Bezugsgröße gewählt wird, dürfte deshalb für weitere Irritationen sorgen. Die Angaben müssen in den Immobilienanzeigen aber nur gemacht werden, wenn zu dem Zeitpunkt, wo inseriert wird, für das Objekt bereits ein Energieausweis vorliegt.

Stichprobenkontrollen

Das Einführen der stichprobenhaften Kontrollen von Energieausweisen macht es erforderlich, alle Ausweise zu registrieren, um einerseits die erforderliche Stichprobenmenge festzulegen und andererseits die ausgewählten Aussteller anschreiben zu können. Hierfür ist vor Ausstellung eines Ausweises eine Registriernummer bei der Registrierstelle zu beantragen. Diese Funktion wird das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) übernehmen, bis die erforderlichen landesrechtlichen Regelungen in Kraft sind – längstens jedoch drei Jahre. Die EnEV schreibt nicht vor, wie die Registriernummer im Detail zu beantragen ist – ob durch eine formlose E-Mail, ein Formular im Internet oder/und auf dem Postweg. Das Verfahren wird durch das DIBt noch zu veröffentlichen sein. Die Registriernummer ist dann auf dem Energieausweis einzutragen. Auch für die Berichte zur energetischen Inspektion von Klimaanlagen sind entsprechende Registriernummern zu beantragen, da auch diese Berichte stichprobenhaft kontrolliert werden sollen.

Die Stichprobenkontrollen der Energieausweise und der Inspektionsberichte liegen in der Verantwortung der jeweiligen Bundesländer. Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass Art und Umfang der Kontrollen je nach Bundesland unterschiedlich gehandhabt werden. Grundsätzlich spricht nichts gegen eine Kontrolle der Ausweise und Berichte, da deren Qualität bekanntermaßen durchaus verbesserungswürdig ist. Allerdings stellt sich die Frage, ob allein die stichprobenhafte Kontrolle einzelner Aussteller die Qualität tatsächlich verbessert oder ob die Probleme nicht schon aus dem System heraus resultieren, beispielsweise wegen unterschiedlicher Energiebezugsflächen bei Wohngebäuden. Der EnEV-Entwurf setzt zunächst auf die Kontrolle der Aussteller, daher kann es auch zu einem Ordnungswidrigkeitsverfahren führen, wenn sich herausstellt, dass ein Ausweis beispielsweise falsch ausgestellt wurde.

Weitere Änderungen in Kürze

  • Die Anforderungen an den Bestand – ­sowohl im Rahmen von Modernisierungen als auch Nachrüstverpflichtungen ­betreffend – bleiben nahezu unverändert.
  • Die Anrechenbarkeit von Strom aus erneuerbaren Energien (§ 5) wird entsprechend den bekannten Auslegungen im Verordnungstext konkretisiert. Allerdings wird offen­gelassen, wie bei einer Berechnung nach DIN V 4108-6 die monatsweise Anrechnung des produzierten Stroms erfolgen kann, da der Endenergiebedarf nach DIN V 4701-10 nur als Jahreswert ermittelt wird. Offen bleibt auch, ob – wie bislang in den Auslegungsfragen beschrieben – ein bestimmtes Messkonzept erforderlich ist, um die vorrangige Nutzung im eigenen Gebäude zu belegen.
  • Die Bagatellgrenze für Erweiterungen bis 15 m<sup>2</sup> Nutzfläche (§ 9) entfällt. Für Erweiterungen ab 50 m<sup>2</sup> zusammenhängender Nutzfläche wird das anzuwendende Verfahren entsprechend den bekannten Auslegungsfragen konkretisiert. Ein Nachweisverfahren, das sich lediglich auf den H‘<sub>T</sub>-Wert beziehungsweise auf die mittleren U-Werte bezieht, würde die Handhabung jedoch ­erheblich vereinfachen.
  • Das neue Berechnungsverfahren für den Nachweis des sommerlichen Wärmeschutzes (Anlage 1 Nr. 3) wird in der aktualisierten Fassung der DIN 4108-2 stehen, die voraussichtlich Anfang 2013 veröffentlicht wird. Das vereinfachte Verfahren mit Sonneneintragskennwerten bleibt bestehen. Es wurde aber auf die neuen Testreferenzjahre angepasst und differenziert nun zwischen Wohn- und Nichtwohngebäuden. Allerdings bleibt die Frage offen, wie sich die Ziele der Verordnung damit vereinbaren lassen, dass bei gekühlten Wohngebäuden keine weitergehenden baulichen Maßnahmen zum sommerlichen Wärmeschutz gefordert sind, wenn sich die Investitionen hierfür nicht ­innerhalb der üblichen Nutzungsdauer durch eingesparte Kühlenergie erwirt­schaften lassen.
  • Der Wärmeverbrauch für Trinkwarmwasser ist im Verbrauchausweis für Wohngebäude mit dezentraler Erwärmung künftig mit einem Pauschalwert von 20 kWh/(m<sup>2</sup> a) zu berücksichtigen.
  • Der Energieverbrauchsausweis wird künftig auch den Primärenergieverbrauch ausweisen.

Fazit

Ein erstes Resümee: Bestandsgebäude bleiben im Sanierungsfall von einer Erhöhung der Anforderungswerte verschont. Die erhöhten Anforderungen für Neubauten bewirken nicht unbedingt das, was sie auf den ersten Blick vermuten lassen. Denn die Effizienzsteigerung findet nicht in den Gebäuden statt, sondern durch den Ausbau der erneuerbaren Energien im Stromsektor. Der erheblich reduzierte Primärenergiefaktor für Strom senkt beim Einbau von Wärmepumpen den Primärenergiebedarf unter das angehobene Anforderungsniveau. Der Energieausweis soll eine größere Relevanz für alle Marktbeteiligten erhalten, verbraucherfreundlicher ist er in dem Entwurf allerdings nicht ­geworden.

Abschließend sei ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass die hier zusammengefassten Änderungen lediglich die Inhalte des EnEV-Entwurfes wiedergeben und derzeit noch keinerlei rechtliche Bedeutung haben. Bis eine novellierte Energieeinsparverordnung vorliegt, muss der Entwurf noch zahlreiche Instanzen passieren. •

Statement

Die EnEV muss den Endenergiebedarf konkret begrenzen.

Der im Entwurf zur EnEV 2013/14 vorgesehene Primärenergiefaktor für Strom wirbelt einiges durcheinander. Von heute 2,6 (EnEV 2009) soll er mit dem Inkrafttreten der EnEV (voraussichtlich Anfang 2014) auf 2,0 und ab 2016 auf 1,8 gesenkt werden. Das Bundesbauministerium geht sogar von einer Absenkung auf 1,4 ab 2020 aus.

Dagegen regt sich Widerstand. Denn der „Mitnahmeeffekt weitgehend ohne Gegenleistung am Gebäude und der Anlagentechnik“, passt nicht zu den Ankündigungen, die Energieeffizienz von Gebäuden über die EnEV 2013/14 zu erhöhen. Auch die bisherigen Verhältnisse bei der Anlagentechnik würden deutlich verschoben. Der Bundesindustrieverband Deutschland ­Haus-, Energie- und Umwelttechnik (BDH) fordert in seiner Stellungnahme zum EnEV-Entwurf: „So werden etwa stromgetriebene Heizungen und Warmwasserbereitungssysteme […] zukünftig bessergestellt. Die Einführung der politisch gewollten dezentralen KWK wird behindert. […] Die Veränderung der Primärenergiefaktoren bedarf einer fachlich fundierten und methodisch einheitlichen Überprüfung. Hierbei müssen auch saisonale Effekte berücksichtigt werden.“ Der BDH empfiehlt, zunächst eine Überprüfung aller Primärenergiefaktoren.

Berücksichtigt man künftig saisonale Gegebenheiten, wären anlagenkonzeptbezogene Primärenergiefaktoren erforderlich. Zudem müssten auch tageszeitliche Effekte und Smart-Grid-Anwendungen abgebildet werden. Auch müsste für die Gebäudeklimatisierung der Primärenergiefaktor gesenkt werden, aber am Tag stärker als in der Nacht. Dann ist es nicht mehr weit bis zu landesspezifischen Faktoren.

Dabei entsprechen die im Entwurf vorgeschlagenen Primärenergiefaktoren noch gar nicht der Realität, dazu müssten sie als Mittelwert über die Nutzungsdauer berücksichtigt werden. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass eine Überprüfung der Primärenergiefaktoren zu einer praktikablen EnEV führt. Vielmehr ist es an der Zeit, die Kritik vieler Experten aufzugreifen und in die EnEV-Anforderungen an den Endenergiebedarf aufzunehmen. Das würde auch andere Probleme der Verordnung lösen.

Jochen Vorländer, Chefredakteur TGA Fachplaner

Dipl.-Ing. (FH) Lutz Dorsch

ist Geschäftsführer der Dorsch und Hoffmann GmbH, Institut für Energieeffizienz mit Sitz in Erkrath. Das Unternehmen beschäftigt sich u.a. mit der Erstellung von Energiekonzepten für Neubauten und Bestandssanierungen sowie mit dem Wissens­transfer zu energiesparrechtlichen Vorschriften und ­Bilanzierungsverfahren. https://www.i-f-ee.de/

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