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Auf dem Weg zum Smart-Grid-gesteuerten Betrieb

Wärmepumpe wird zum Peak Shaver

Kompakt informieren

  • Die Wärmepumpenbranche geht davon aus, dass bereits mit den im Bestand befindlichen Wärmepumpen durch Preissignale erhebliche Strommengen ohne größere Investitionen zeitlich verschoben werden können.
  • Um den Wärmepumpenbetrieb ganzheitlich und aus der Ferne zu optimieren und den Nutzern ­hilfreiche Informationen zur Verfügung zu stellen, setzen mehrere Hersteller auf Web-basierte Lösungen und die Aufschaltung auf eigene Server.
  • Durch Smart-Grid-Funktionen werden die Anforderungen an die Planung von Wärmepumpenanlagen nochmals steigen, schon heute ist bekannt, dass die Regeneration größerer Sondenfelder „von oben“ unterstützt werden muss.

Wärmepumpen können einen wichtigen Beitrag zur Energiewende beisteuern, indem sie die Netze durch Smart-Grid-Funktionen entlasten Abb. 1. Jens Rammensee von Glen Dimplex Deutschland, Kulmbach, zitierte in seinem Vortrag „Heat Pumps in Smart Grids“ in erster Linie aus dem gemeinsamen Positionspapier „Smart Grid und Smart Market“ der Verbände BDH, BWP, EHPA, VdZ und ZVSHK. Mithilfe intelligent durch Preissignale in Betrieb gesetzte Wärmepumpen könnten in Deutschland ohne große zusätzliche Investitionen in den Gebäuden heute bereits rund 3 TWh/a Speicherkapazität geschaffen werden. Weitere 6 TWh/a könnten geschaltete Heißwasserspeicher übernehmen. Im Vergleich dazu sei die in Deutschland zur Verfügung stehende Speicherkapazität von Speicherkraftwerken mit 4 TWh vergleichsweise gering.

Rammensee rechnete vor: In einen 700-l-Pufferspeicher lassen sich mit 25 K Temperaturerhöhung rund 25 kWh einspeichern, ebenso in eine Fußbodenheizung (Nasssystem) mit 150 m2, wenn die Temperatur des Fußbodens um 2 K erhöht wird. Ein 400-l-Trinkwasserspeicher könne bei einer Temperaturerhöhung von 45 K ebenfalls 20 kWh bevorraten.

„Smart Grid Ready“ ohne Smart Grid

Der Bundesverband Wärmepumpe (BWP) drängt deshalb darauf, das zertifizierende Logo „Smart Grid Ready“ Abb. 2 möglichst zeitnah einzuführen. Geplant ist die Definition von vier Betriebsmodi zur Nutzung von überschüssigem Strom und zur Verschiebung von Betriebszeiten (Rundsteuersignal, Zeitfunktion, Smart-Meter-Funktion, Web-basierende Informationen über bestehende Regelungen bzw. Steuerungen). Kritiker behaupten, ein solches Logo sei zum jetzigen Zeitpunkt in erster Linie ein Geschäftsmodell für den Verleiher des Logos, da derzeit weder die dazu notwendigen intelligenten Stromzähler, lastvariable Stromtarife noch bezahlbare smarte Kommunikationsschnittstellen für die Massenaufschaltung von Wärmepumpen zur Verfügung stehen. Dennoch hat der BWP den Ehrgeiz, bis zur ISH im März 2013 eine Smart-Grid-Schnittstelle mit unidirektionaler Kommunikation zu einem Preis von unter 100 Euro auf den Markt zu bringen.

Aus Sicht von Johannes Gahleitner, Ochsner Wärmepumpen, Haag, Österreich, reicht es jedoch nicht aus, eine Wärmepumpe über einfache Smart-Grid-Funktionen ein- und auszuschalten. Ochsner habe deshalb das SCADA-kompatible „web2com-Interface“ entwickelt, um anhand zusätzlicher Daten aus dem Wärmepumpenprozess den Anlagenbetrieb besser auf die Besonderheiten von Smart-Grid-Funk­tionen abstimmen zu können. Dabei geht es auch um die Optimierung von Speichervolumina und -ladestrategien. Auch die Synchronisation der Wärmepumpenleistung mit dem Stromangebot einer Photovoltaik-Anlage sei dadurch möglich. Eine Web-basierende Funktion habe den Vorteil, dass vor Ort keine Software eingeladen werden müsse und die Anlage vom Ochsner-Data-Server aus überwacht werden könne, so Gahleitner. „Die Abstimmung von Wärmepumpe und Speicher wird Teil unseres Systems“, resümiert Gahleitner. Nur so lasse sich der Komfort während der Smart-Grid-bedingten Abschaltzeiten aufrechterhalten.

Shaspa: Schnittstelle für 120 Euro

Ausschlaggebend für die Akzeptanz von Smart-Grid-Funktionen durch den Nutzer ist in erster Linie der wirtschaftliche Anreiz in Kombination mit zusätzlichem Komfort, geringerem CO2-Fußabdruck und Transparenz des Energieverbrauchs, so Oliver Goh von Shaspa, Böblingen. Außerdem empfiehlt er eine Internet-basierende Gateway-Lösung, da damit die Schnittstellenkosten für die Smart-Home-Smart-GridAnbindung unter 120 Euro gehalten werden können.

Dabei sei es wichtig, den Datenverkehr auf die unbedingt notwendigen Informationen zu begrenzen. Shaspa biete eine Lösung der Kategorie „swiss-army-knife“, also eine multifunktionale Schnittstelle, die alle in smarten Gebäuden üblichen Protokolle, wie Enocean, ZigBee, Z-Wave, KNX, Modbus, LON und andere, bediene. Wichtig sei eine übersichtliche Darstellung von aktuellen und historischen Daten, wie Energieverbrauch, CO2-Bilanz sowie Minimum- und Maximum-Werten nach Energiepass-Kriterien. Ein Benchmarking über soziale Netzwerke wie Xing, Facebook und Twitter könnte zusätzliche Anreize für energiesparendes Verhalten beim Endkunden induzieren, so Goh.

Carel: Alle Informationen im Web

Auch Carel favorisiert eine Web-basierende Lösung zur künftigen Fernoptimierung von Kälte-, Klima- und Wärmepumpenanlagen sowie den Smart-Grid-geführten Betrieb. Cloud Computing, Smartphones und Tablet-PC würden künftig diesen Markt bestimmen. Wichtig sei, beim Endkunden Interesse zu wecken, sich mit seiner Gebäudetechnik auseinanderzusetzen. Björn Donners, Verkaufsleiter Carel Deutschland, Gelnhausen, warnt jedoch davor, die Endkunden mit zu vielen Daten zu konfrontieren. „Die Prozessüberwachung muss für den Kunden im Hintergrund ablaufen, sonst ist er schnell überfordert und verliert das Interesse.“

Der Endkunde müsse Lust dazu haben, sich über Smartphone und Tablet Computer mit seinen Anwendungen auseinanderzusetzen. Durch Cloud Computing sei es möglich, Informationen über den aktuellen Betriebszustand der Anlagen weltweit abzurufen. Eine global operierende Plattform mache es außerdem möglich, aus den Daten anderer Anlagen zu lernen und damit das eigene System zu optimieren. In vielen Fällen reiche es aus, die von Carel zur Verfügung gestellte Tera-Box Abb. 3 zur Optimierung der Prozesse nur für die Zeit der Inbetriebnahme zu installieren und dann auf eine preisgünstigere Variante auszuweichen. Gerade bei Wärmepumpen sei es wichtig, die Betriebsdaten der ersten Monate genau zu analysieren, da diese ausschlaggebend für einen langfristigen energieeffizienten und sicheren Betrieb der Anlagen sind.

Peak Shaving mit Wärmepumpen

Die bislang übliche Wärmeerzeugung per Wärmepumpe nach der Außentemperatur wird künftig von einer bedarfsgeführten, am Lastverlauf des Stromnetzes ausgerichteten Erzeugung abgelöst, so die Ansicht von Peter P.M. Wagner von Business Development Holland, Harder­wijk, Niederlande. Neben der Einbindung einzelner Wärmepumpen in das intelligente Stromnetz sei es wichtig, Erfahrungen über die Auswirkungen von Smart-Grid-geführten Wärmepumpen in Wohnsiedlungen und grün ausgerichteten Städten zu sammeln.

Dies gelte insbesondere für das Erdgas-lastige Holland, das zunehmend Probleme mit überschüssigem Strom aus Windkraftanlagen habe. Durch die volatile Einspeisung von Windstrom steige bei den Netzbetreibern und Energieversorgern der Bedarf an schaltbaren Lasten. In dieser Hinsicht könnte die Aufschaltung von Wärmepumpen nach Smart-Grid-Kriterien für die Netzbetreiber entlastend wirken. Aktuell wird dazu ein neuer Anhang für das IEA Heat Pump Programm (IEA HPP) entworfen.

Definitionslücken bei NZEB

Nach Auffassung von Prof. Carsten Wemhöner, Hochschule für Technik, Rapperswil, Schweiz, werden Wärmepumpen in den Nearly (Net) Zero Energy Buildings (NZEB) eine wichtige Rolle bei der Umsetzung der europäischen Programme spielen. Bis der in der EU-Gebäuderichtlinie1) definierte Standard umgesetzt werden kann – vorgegeben ist die Erfüllung für alle Neubauten ab 2021 – müsse der Begriff „Nahe-Netto-Null-Energie-Haus“ noch genauer definiert werden, so Wemhöfer. Unklar sei, welche Maßeinheit (Nutzenergie, Primärenergie, CO2-Emission) der Bilanzierung zugrunde gelegt und wo die Systemgrenzen für die Energiebilanzierung gezogen werden sollen. Zur Diskussion stehen: nur Heizsystem; Heizsystem und Haushalt; Heizsystem, Haushalt und E-Mobility.

Vor dem Hintergrund starker saisonaler Lastschwankungen im Stromnetz sowie der Zunahme fluktuierender Einspeiser in Stromnetze (Wind- und Solarstrom, BHKW, Mikro-KWK-Anlagen) stelle sich außerdem die Frage, zu welchem Zeitpunkten bilanziert wird (monatlich, vierteljährlich, jährlich). Darüber hinaus gehe es darum, inwieweit eine Wärmepumpe in einem Gebäude nach NZEB-Standard nach den Erfordernissen des Stromnetzes betrieben werden kann und welche Speichermöglichkeiten (aktive, passive, E-Mobility) möglich und sinnvoll sind Abb. 4.

Thermisch angetriebene Wärmepumpen

„Spätestens in fünf Jahren kommt die Gaswärmepumpe!“ Solche Ankündigungen der einschlägigen Industrie und der Gasversorger gibt es bereits seit den 1990er-Jahren. Nach Auffassung von Dr.-Ing. Peter Schossig, Fraunhofer-Institut für solare Energiesysteme ISE, Freiburg, ist der Markt für Brennstoff-angetriebene Wärmepumpen jetzt bereit. Explizit nannte Schossig die Adsorptionswärmepumpen von Vaillant und Viessmann (bis 10 kW) und die Absorp­tionswärmepumpen von Robur, Buderus und Remeha/Oertli. Insbesondere für den Bereich bis 50 kW Heizleistung seien Gas-Wärmepumpen eine Alternative zu Elektro-Wärmepumpen und Gasheizkesseln, speziell wenn es um die energetische Sanierung von Gebäuden gehe.

Da die Energieeffizienz von Gas-Wärmepumpen aufgrund fehlender Spezifikationen und Normen mit Elektro-Wärmepumpen verglichen werde, schneiden gasbetriebene Wärmepumpen energetisch eher schlechter ab. Auch bestehe noch Nachholbedarf, die vorhandenen Geräte energetisch zu verbessern, sie nach einheitlichen Standards zu testen und Vorschläge für verschiedene Anlageneinbindungen zu erarbeiten. Gleichzeitig sei es notwendig, die Feldtests auszuweiten. Von Vorteil sei, dass thermisch angetriebene Wärmepumpen von der aktuellen Diskussion um Smart Grid und Demand Side Management ausgeklammert sind. Allerdings seien Brennstoff-angetriebene Wärmepumpen bei potenziellen Anwendern nahezu unbekannt.

Energiespeicherung in Gebäuden

Je mehr Strom aus erneuerbaren Energien volatil ins Stromnetz eingespeist wird, desto mehr Speicherkapazität muss in den Gebäuden geschaffen werden Abb. 5. Deshalb sei es wichtig, Wärmepumpen durch möglichst günstige Strom­tarife zur Lastverschiebung einzusetzen. Dr. Andreas Hauer vom Bayerischen Zentrum für Angewandte Energieforschung, ZAE Bayern, Garching, sieht hierbei die erdgekoppelte Wärmepumpe für Heizen und Kühlen im Vorteil, da bei diesem Konzept das Erdreich als Energiespeicher zur Verfügung steht. Dort könnte mit nur geringen Temperaturunterschieden große Energiemengen über längere Zeiträume gespeichert werden. Durch die Entwicklung neuer Phasenwechselmaterialien sei künftig auch mit einem größeren Angebot an Latentwärmespeichern zu rechnen, ebenso mit offenen Sorptionssystemen mit den Funktionen Heizen, Kühlen und Energiespeichern.

Smart-Grid-gerecht planen und bauen

„Wärmepumpen sind eine Schlüsselkomponente für zukünftige Smart Citys, da sie sowohl Abfallwärme nutzen als auch erneuerbare Ener­gien als Antrieb verwenden.“ Dr. Michael Monsberger, Austrian Institute of Technology (AIT), erklärte anhand konkreter Projekte, was er unter Smart-Grid-gerechtem Bauen versteht.

Beispiel Power Tower, Linz Abb. 6: Bei diesem Bürohochhaus sind rund 638 m2 PV-Module in die Fassade (U-Wert = 0,6 W/(m2 K) integriert. Innere Wärmelasten wurden durch die Wahl von Hocheffizienz-Komponenten sowie Tageslichtsystemen minimiert. Klimageräte mit Hocheffizienz-Wärmerückgewinnung sowie adiabatischer Kühlung minimieren sowohl den Heiz- als auch den Kühlbedarf. Zwei unabhängig voneinander arbeitende Wärmepumpen (Geothermie, Wärmerückgewinnung/Kühlung Datacenter) versorgen das Gebäude gleichzeitig mit Wärme und Kälte. Vorrang hat die Freie Kühlung. Die Entkopplung von Energiebedarf und Energieangebot erfolgt durch Kaltwasserspeicher, Warmwasserspeicher, zwei Felder mit 23 Erdwärmesonden, zwei Felder mit thermisch aktivierten Erdpfählen sowie zwei Grundwasserbrunnen und ein Schluckbrunnen. Durch die aktiven und passiven Energiespeicher (Gebäude mit Heiz-/Kühldecken, Kalt-/Warmwasserspeicher, Erdkopplung) können die Wärmepumpen Abb. 1 des Power Towers weitgehend nach Smart-Grid-Kriterien betrieben werden.

Beim Smart-Grid-Projekt für die Modellregion Salzburg gingen die Projektpartner noch einen Schritt weiter und stellten die Optimierung nach Smart-Grid-Kriterien (Lastverschiebung, Lastvermeidung, Teillastbetrieb, Lastabwurf) den Komfortbedürfnissen des Gebäudenutzers gegenüber. Durch den Abgleich von Lastprognosen des Gebäudes, Statusabfragen der Energiespeicher sowie dem voraussichtlichen Lastverlauf im Stromnetz sollen Modelle zur Vergleichmäßigung des Lastverlaufs (Peak Shaving) entwickelt und anhand von zehn realen Gebäuden erprobt werden. In drei Projekten sollen zusätzlich KWK-Geräte kleinerer Leistung zum Einsatz kommen, in fünf Projekten auch die elektrische Nachtspeicher- und Stromdirektheizung. Weitere Projekte sollen Aufschluss geben, wie sich Niedertemperatur-Fernwärmesysteme in Verbindung mit Wärmepumpen verhalten. Auch die Nutzung von Niedertemperatur-Abwärme aus industriellen Prozessen und aus Abwasser werde im Zuge des Smart-Citys-Programms untersucht. Das funktioniere am ehesten, wenn Smart Citys von Anfang an auf Basis von Wärmepumpen geplant werden, betont Monsberger.

Seine Prognose: Photovoltaik, Wärmepumpen zum Heizen und Kühlen, KWK-Anlagen, Wärmerückgewinnungssysteme, Energiespeicher und das intelligente Stromnetz wachsen zusammen.

Erdwärme: Sorgfältig(er) bilanzieren

Der Einsatz von geothermischen Wärmepumpen zum Heizen und Kühlen ist für viele Planer bereits Standard. Untersuchungen des European Geothermal Energy Council (EGEC), Brüssel, an ausgeführten Anlagen ab dem Jahr 1999 deuten allerdings darauf hin, dass künftig mehr Augenmerk auf die Bilanzierung der Wärmeströme im Erdreich gelegt werden muss. Dies gilt insbesondere für große Sondenfelder und Gebäude, deren Energiebilanz zwischen Heizen und Kühlen nicht ausgeglichen ist.

„Mit zunehmender Erdsondendichte, insbesondere in Ballungsgebieten, wird die Bilanzierung der Energieströme im Erdreich wichtiger“, sagt Dr. Burkhard Sanner vom EGEC. Insbesondere gelte es, Spitzenbelastungen des Erdreichs sowohl durch eingelagerte Wärme (Kühlmodus) bzw. Wärmeentnahme (Heizmodus) zu vermeiden, da sonst das Sondenfeld nicht nachhaltig nutzbar sei. Auch müsse vermehrt auf Grundwasserströme, künftige Wohngebiete mit geothermischen Wärmepumpen sowie deren Einfluss auf die Erdreichtemperatur geachtet werden. Notwendig sei, Siedlungen, Gebäude, Wärmepumpen- und Erdsondenanlagen als Ganzes zu betrachten und die Heiz- bzw. Kühlarbeit der Wärmepumpen zu bilanzieren.

Die Simulation der Erdreichtemperatur sei deshalb bei der Planung von Großwärmepumpenanlagen für gewerbliche Gebäude wichtig. Dabei dürfe der Planer nicht allein von der aktuellen Nutzung des Gebäudes ausgehen, er müsse auch Umnutzungen mit veränderten Heiz- und Kühllasten ins Kalkül ziehen. Vorstellbar sei, dass Großwärmepumpenanlagen für Heizen und Kühlen künftig „hybridisiert“ werden, das heißt, dass in der Planung bereits Vorkehrungen getroffen werden, das Erdreich durch den Eintrag von Umgebungswärme (Nutzung von Tag-/Nachtpotenzialen) oder Solarwärme aus einfachen Kollektoren zu regenerieren.

Dieses „Balancing“ sei umso bedeutender, je mehr die jährliche Heiz- und Kühlarbeit auseinanderdrifte. Die vom EGEC initiierte Dokumentation zahlreicher europäischer geothermischer Großwärmepumpenanlagen im Rahmen eines umfangreichen Monitoring-Programms soll Bauherren und Planern Aufschluss darüber geben, wo die Grenzen der geothermischen Wärmepumpe liegen und welche Balancing-Maßnahmen notwendig sind, um den Energiespeicher „Erdreich“ nachhaltig nutzen zu können.

Fazit

(Insbesondere erdgekoppelte) Wärmepumpen können einen wichtigen Beitrag zur Vergleichmäßigung der Stromlastkurve und zur Nutzung von erneuerbaren Energien durch Smart-Grid-Funktionen leisten. Allerdings müssen die Wärmeeinträge bzw. die Wärmeentnahmen aus dem Erdreich in Zukunft exakter bilanziert werden, auch im Hinblick auf Veränderungen in der Nutzung der Gebäude und Gebäudeumgebung. Offen ist, wie Wärmepumpen nach Smart-Grid-Bedürfnissen geschaltet bzw. geregelt werden sollten. Hier gilt es, neben dem Interesse des Netzbetreibers auch die Besonderheiten der Wärmepumpenfunktionen im Zusammenhang mit gebäudeinternen Speicherstrategien zu berücksichtigen. •

1) Anmerkung: Die EU-Gebäuderichtlinie (Webcode 296893) spricht in der englischen Fassung von „nearly zero-energy buildings“ und in der deutschen Übersetzung von „Niedrigstenergiegebäuden“. Ihr fast bei Null liegender oder sehr geringer Energiebedarf sollte zu einem ganz wesentlichen Teil durch Energie aus erneuerbaren Quellen – ­einschließlich Energie aus erneuerbaren Quellen, die am Standort oder in der Nähe erzeugt wird – gedeckt werden. In den Erwägungsgründen wird der sonst nicht definierte Begriff Energiebedarf im Sinne des Nutzenergiebedarfs und kontrovers zum Primärenergiebedarf gebraucht. „Netto“ bzw. „net“ wird in der EU-Gebäuderichtlinie nicht auf den Energie­standard bezogen verwendet. Der „Netto-Null-Energiegebäude“-Standard wurde Anfang 2009 vom EU-Parlament beschlossen und Ende 2009 vom EU-Ministerrat zum heutigen „Nahe-Null-Energiegebäude“ verändert (Webcode 267052).

Weitere Fachberichte zum Thema enthalten die TGAdossiers Wärmepumpe und Smart Grid: Webcode 718 bzw. 977 ­

Wichtig für TGA-Planer, Anlagenbauer und Bauherren

TGA-Planer: Für die Auslegung von Wärmepumpenanlagen wird es künftig neben der Heiz- und Kälteleistung zahlreiche andere zu berücksichtigende Parameter und Simulationskriterien geben. Das wirtschaftliche Optimum wird von den Erfordernissen der Stromversorgung und der Verfügbarkeit bzw. Bewirtschaftung von passiven und aktiven Speichermöglichkeiten geprägt sein.

Anlagenbauer: Der Trend zu multivalenten Heizsystemen besteht bereits. Sie werden künftig noch attraktiver, wenn dynamische Preissignale für Wärmepumpenstrom existieren und nicht mehr vorrangig nach energetischen, sondern nach kostenoptimierenden Kriterien umgeschaltet wird.

Bauherren: Wärmepumpen gehören zu den wichtigsten Heizsystemen in den kommenden Jahrzehnten. Ihre künftige Rolle können sie besonders einfach und kostengünstig in Gebäuden mit minimalem spezifischem Energiebedarf (Heizlast/Kühllast) erfüllen.

Ausblick

Smart-Grid-Wärmepumpenanlagen benötigen Anreize.

2011 wurden rund 0,41 TWh (2010: ca. 0,15 TWh) Strom, in erster Linie aus Windkraft-Anlagen, von den Netzbetreibern abgewiesen, weil die Netzsituation eine Verwendung nicht zuließ (2011 produzierten die Windkraft-Anlagen in Deutschland rund 44,3 TWh Strom). Aufgeteilt auf den Bestand von knapp 450000 vornehmlich kleinen Heizungswärmepumpen entsprach die nicht genutzte Strommenge einem Kontingent von 900 kWh pro Wärmepumpe und einem Anteil von gut 12 % der Wärmepumpen-Stromverwendung von rund 3,3 TWh im Jahr 2011 (Webcode 383511).

In welchem Umfang Wärmepumpen den abgewiesenen Strom hätten nutzen können, ist nicht bekannt. Als gesichert gilt jedoch, dass der Umfang des nicht nutzbaren Stroms mit dem Zubau der Erzeugungskapazitäten steigt. Strom, der aufgrund fehlender Netzkapazitäten von der Küste nicht abtransportiert werden kann, steht jedoch für Wärmepumpen nicht zur Verfügung.

Wer eine Wärmepumpe ohne Alternativversorgung auf Anforderung vom Netz nimmt, benötigt dafür einen attraktiven Anreiz, um die Wärmeversorgung in den Abschaltzeiten sicherzustellen. Bei Wärmepumpen ist dies über entsprechende Stromtarife und Anschlussbedingungen geübte Praxis. Wer eine Wärmepumpe auf Anforderung (oder Eigeninitiative aufgrund eines Preissignals) zur Wärmebevorratung in Betrieb nimmt, benötigt jedoch ein aufwendigeres Anlagenkonzept und muss berücksichtigen, dass die Bevorratung und die Vorhaltung einer Bevorratungslösung einen höheren Energieaufwand bedingt (Webcode 385982).

Kaufmännisch betrachtet, muss der Anreiz also die zusätzlichen Investitionskosten und den zusätzlichen Strombezug übertreffen. Bisher gibt es solche Voraussetzungen nur regional. Auch volkswirtschaftlich muss sich die Verwendung von Stromüberschüssen rechnen. Für den Gesetzgeber ist es deutlich einfacher für Neuanlagen eine unvergütete Abregelung zu verordnen als sich um die viel aufwendigere Überschussnutzung zu kümmern. Trotzdem tun Planer gut daran, bei heutigen Projekten schon Smart-Grid-Funktionen vorzudenken.

Jochen Vorländer, Chefredakteur TGA Fachplaner

Wolfgang Schmid

ist freier Fachjournalist für Technische Gebäudeausrüstung, München, wsm@tele2.de

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