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Flächenheizung in Nassbauweise

Aufheizen ist nicht gleich Aufheizen

Kompakt informieren

  • Zum Funktionsheizen und zum Belegreifheizen wird während des Bauablaufs eine zuverlässige und regelbare Zufuhr von Heizwärme benötigt.
  • Über das im Gebäude installierte Heizsystem ist die Wärmebereitstellung aufgrund des Baufortschritts oft nicht möglich und aufgrund gewährleistungsrechtlicher Abhängigkeiten nicht erwünscht.
  • Mit mobilen Elektroheizgeräten und Heizzentralen lässt sich die benötigte Heizwärme unabhängig von Bauablauf, Energieversorgung und Wärmeerzeugung bereitstellen. Mit einer speziellen Regeleinheit können das Funktionsheizen und das Beleg­reifheizen normgerecht durchgeführt werden.

Die Flächenheizung ist heute vom Ein­familienhaus bis zu großen Gewerbeobjekten eines der bevorzugten Wärmeabgabesysteme. Wesentliche Gründe für diese Entwicklung sind niedrige Systemtemperaturen und bei entsprechender Peripherie die Möglichkeit, die Fußbodenheizung auch als Flächenkühlsystem zu nutzen. Im Neubau und bei der Sanierung größerer Objekte werden überwiegend Flächenheizsysteme mit Estrich in Nassbauweise Abb. 1 eingesetzt. Die Trocknung dieser Estrichkonstruktionen verlangt ein normgerechtes Aufheizen gemäß DIN EN 1264-4 [1]. Der Auf- und Abheizvorgang erfolgt dabei in mehreren Stufen mit jeweils unterschiedlichen Vorlauftemperaturen. Die Zufuhr der Heizwärme muss konstante Vorlauftemperaturen ermöglichen.

Die „Schnittstellenkoordination“ [2] vom Bundesverband Flächenheizungen und Flächenkühlungen (BVF) definiert Flächenheizsysteme als raumflächenintegrierte Heizsysteme mit Wasserdurchströmung gemäß DIN EN 1264, die in den Konstruktionsaufbau der Raumumschließungsflächen des zu beheizenden Raumes eingefügt sind und mit diesem eine bauliche Einheit bilden. Eine Einheit in organisatorischer Hinsicht müssen auch die in Planung und Ausführung beteiligten Gewerke bilden, um über den Bauablauf hinweg die Herstellungsqualität des Heizestrichs sicherzustellen. Die Ausführung von Fußbodenheizsystemen verläuft in folgenden Schritten:

  • Montage der Heizkreisverteiler,
  • Verlegung des Randdämmstreifens und der Dämmschicht (der Randdämmstreifen dient zur Körperschallentkopplung und zur Aufnahme der Flächenausdehnung des Estrichs),
  • Verlegung der Heizrohre (mit Verwendung von Schutzrohren, wenn Heizrohre Estrichfugen kreuzen),
  • Dichtheitsprüfung der Heizrohre nach DIN EN 1264-4 [1],
  • Anordnung von Messstellen zur Messung der Estrichfeuchte,
  • Sicherung der Heizrohre gegen Lage­veränderung und Schutz vor Beschädigung vor der Estricheinbringung,
  • hydraulischer Abgleich des Fußbodenheizsystems,
  • Einbringung des Estrichs (Raumtemperatur nach DIN 18560-1 bei mindestens +5 °C),
  • Estrichaufheizung.

Heizwärme für die Estrichtrocknung

Beim Aufheizen ist in Funktionsheizen und Belegreifheizen zu unterscheiden. Vom gesamten Bauablauf her betrachtet ist in dieser Phase entscheidend, dass das Bauwerk rundum geschlossen ist und die benötigte Heizwärme zur Verfügung steht. Häufig gehen die Projektbeteiligten davon aus, dass die Heizwärme durch den „normalen“ Wärmeerzeuger des Heizsystems im Gebäude bereitgestellt werden soll. Die Baupraxis zeigt jedoch, dass die vorzeitige Inbetriebnahme des Wärmeerzeugers unerwünscht ist und nicht im üblichen Verantwortungsbereich des Gewerks Heizung liegende Voraussetzungen erfüllt sein müssen:

Brennstoffversorgung: Wird das Gebäude zum Beispiel mit Erdgas beheizt, fehlt in dieser Bauphase häufig noch der Hausanschluss. Oft kann dieser auch noch nicht hergestellt werden, wenn beispielsweise aufgrund von Bodenfrost keine Erdarbeiten möglich sind oder weil Gerüste, Kran und Baucontainer genau dort stehen, wo die Hausanschlussleitung verlegt werden muss. Ähnliche Herausforderungen gibt es bei der Fernwärmeversorgung.

Regelbarkeit des Heizsystems: Für die normgerechte Estrichtrocknung sind genaue und konstante Vorlauftemperaturen nötig. So ist beim Belegreifheizen die Vorlauftemperatur auf 25 °C einzustellen und täglich um 10 K bis zum Erreichen der maximalen Heizleistung (jedoch maximal 55 °C Vorlauftemperatur) zu erhöhen. Die Auf- und Abheizphasen müssen nach einem vorgegebenen Zeitplan erfolgen. Dies setzt zum einen voraus, dass das Heizsystem die nötige Regelbarkeit aufweist. Bei einem betriebsbereiten Wärmeerzeuger kann diese Anforderung im Grunde durch die Kessel- oder Systemregelung erfüllt werden. Große Kesselanlagen müssen dabei aber in einem sehr niedrigen Teillastbereich betrieben werden, wenn für das Funktions- oder Belegreifheizen nur ein Bruchteil der verfügbaren Leistung benötigt wird.

Gewährleistungsrisiko: Wird der normale ­Wärmeerzeuger vom Fachunternehmer vorzeitig in Betrieb gesetzt, kann sich daraus für den Auftragnehmer ein Gewährleistungs­risiko ergeben, wenn die offizielle Abnahme nach VOB noch nicht erfolgt ist. Führt der vorzeitige Betrieb der Heizung beispielsweise zu einem Schaden am Wärmeerzeuger, kann dies später zu Lasten des Auftragnehmers als Mangel ausgelegt werden. Mit einer Teilabnahme gehen Risiken und Betreiberpflichten auf den Aufraggeber über. Das Interesse einer vorzeitigen Inbetriebnahme des Wärmeerzeugers ist also auf beiden Seiten gering.

Überlastung von Wärmeerzeugern/Wärmequellen: Insbesondere bei Wärmepumpenanlagen ist zu beachten, dass die erforderliche Heizleistung während der Trocknungsphase durch den hohen Feuchtigkeitsgehalt des Bauwerks die berechnete Norm-Heizleistung erheblich überschreiten kann. Bei geothermischen Wärmepumpenanlagen Abb. 2 besteht hierbei die Gefahr, dass die Erdsonde durch den hohen Wärmeentzug vereist und sich nicht mehr regenerieren kann und im schlimmsten Fall unbrauchbar wird.

Aufheizen mit mobilen Heizlösungen

Eine praxisgerechte und risikolose Lösung für das Aufheizen und Trocknen von Estrichkonstruktionen ist der Einsatz von mobilen Elektroheizgeräten und mobilen Heizzentralen. Das von Hotmobil entwickelte Elektroheizgerät Hotboy Abb. 3 ermöglicht es beispielsweise, mit fünf verschiedenen Heizleistungen von 9 bis 36 kW die zur Estrichfläche passende Leistungsgröße einzusetzen. Das fahrbare Heizgerät lässt sich von einer Person an den Einsatzort bringen. Dort wird es mit flexiblen Anschlussleitungen direkt am Heizkreisverteiler angeschlossen. Zur Inbetriebnahme ist lediglich eine permanente Hauptstromversorgung (400 V/32 A, Anschluss mit CEE-Stecker) erforderlich.

Zur Automatisierung des Aufheizprozesses gibt es die Regeleinheit Hotcontrol MRE 1.3 Abb. 3. Sie ermöglicht die Estrichaufheizung nach DIN EN 1264 mit verschiedenen Soll-Temperaturen über einen definierten Zeitraum. Während des Heizbetriebs wird der Ist-Zustand überwacht; bei einer Abweichung von der Kenn­linie gibt das Gerät eine Fehlermeldung aus. Zur Dokumentation speichert die Regeleinheit ein Messprotokoll, das über eine USB-Schnittstelle ausgelesen werden kann. Hotmobil stellt hierfür eine kostenlose Software zur Verfügung. Der Anwender kann auf fest hinterlegte Heizprogramme zugreifen oder wahl­weise selbst einen Temperaturverlauf anlegen. Bei kurzzeitiger Unterbrechung der Stromversorgung (max. 5 min) speichert das Gerät den bisherigen Heizverlauf und startet nach der Stromaufnahme am abgebrochenen Zeitpunkt erneut. Diese Funktion erspart ein lästiges Neuerfassen der Daten.

Die auch mit älteren Hotboy-Geräten und mobilen Heizzentralen verwendbare Regel­einheit Hotcontrol MRE 1.3 ermöglicht es, den Prozess des Funktionsheizens sowie des Be­legreifheizens automatisiert, normgerecht und belegbar durchzuführen. Zwischen Funktionsheizen und Belegreifheizen bestehen wesent­liche Unterschiede:

Funktionsheizen

Estrichkonstruktionen aus Zementestrich und Calciumsulfatestrich sind vor dem Aufbringen des Oberbodenbelages aufzuheizen. Obwohl durch das Funktionsheizen Abb. 4 ein Teil des überschüssigen Wassers aus dem Estrich entfernt wird, ist mit dem Funktionsheizen nicht der Aufheizvorgang gemeint, der zum Erreichen der Belegreife zur nachfolgenden Verlegung des Oberbodenbelages dient. Nach DIN EN 1264-4 dient das Funktionsheizen allein dazu, dass der ausführende Heizungsfachbetrieb dadurch die Erstellung eines mangelfreien Werks nachweisen kann. Das Funktionsheizen erfolgt nach der spezifischen Liegezeit des Estrichs. Diese Zeitspanne beträgt bei Zementestrichen 21 Tage und bei Calciumsulfatestrichen sieben Tage. Mit dem Funktionsheizen ist jedoch noch nicht gewährleistet, dass damit die notwendige Ausgleichsfeuchte zur Verlegung des Oberbodenbelags erreicht wird.

Belegreifheizen

Das Erreichen der Belegreife ist Voraussetzung für den Beginn der Bodenbelagsarbeiten (z.B. Fliesen- oder Parkettverlegung). Das Belegreifheizen Abb. 5 setzt einen anderen Aufheizvorgang als das Funktionsheizen voraus. Im Interesse ­eines reibungslosen Baufortschritts wird empfohlen, dass sich das Belegreifheizen möglichst direkt an das Funktionsheizen anschließt. Bei Zementestrichen beginnt das Belegreifheizen nach mindestens 28 Tagen, bei Calciumsulfatestrichen nach 14 Tagen. Bei Estrichdicken bis 70 mm wird für das Belegreifheizen allgemein eine Zeitspanne von mindestens 14 Tagen angesetzt.

Zu beachten ist für den Planer und den Auftragnehmer des Gewerks Heizung, dass das Belegreifheizen nach VOB/C (DIN 18380) als besondere Leistung gilt. Damit muss diese Leistung in der Ausschreibung berücksichtigt, bzw. durch den Auftraggeber gesondert beauftragt und vergütet werden. Für das ausführende Fachunternehmen ist deshalb der Zeitpunkt zu bestimmen und im Prüfprotokoll (Protokoll P7 in der Schnittstellenkoordination [3]) zu dokumentieren, ab dem der Heizbetrieb vom Funktionsheizen in das Belegreifheizen übergeht. Während des Belegreifheizens soll die Heizung nicht abgeschaltet und auch die Vorlauftemperatur nicht abgesenkt werden. Die Beleg­reife ist erreicht, wenn die maximale Feuchte des Estrichs bei Zementestrich 1,8 % (für keramische Fliesen und Natur-/Betonwerksteine 2,0 %) und für Calciumsulfatestrich 0,3 % beträgt. Nach Feststellung der Belegreife muss die Temperatur des Estrichs zunächst wieder durch den Abheizvorgang langsam reduziert werden. Der Abheizvorgang verläuft über drei Tage, ­wobei die Soll-Vorlauftemperaturen abgestuft zu regeln sind.

Thermische Bauteilaktivierung

Beim Neubau von Industrie- und Gewerbeobjekten werden häufig Systeme zur thermischen Bauteilaktivierung eingesetzt Abb. 6. Während der Bauphase können mobile Heizzentralen die Wärmezufuhr zur Beheizung der Deckenkonstruktionen übernehmen, um die Bauzeit zu verkürzen Abb. 7. Zusammen mit der mobilen Regeleinheit Hotcontrol MRE 1.2 lässt sich auch bei diesem Anwendungsbereich der Heizvorgang automatisieren. Für das verantwortliche Fachunternehmen reduziert sich dadurch der Aufwand für die laufende Kontrolle des Heizprozesses. •

Literatur

[1] DIN EN 1264-4 Raumflächenintegrierte Heiz- und Kühlsysteme mit Wasserdurchströmung – Teil 4: Installation; Deutsche Fassung EN 1264-4:2009. Berlin: Beuth Verlag, November 2009

[2] Informationsdienst Flächenheizung + Flächenkühlung, ­Schnittstellenkoordination bei Flächenheizungs- und ­Flächenkühlungssystemen in Neubauten. Hagen: Bundesverband Flächenheizungen und Flächenkühlungen, Mai 2011, Download auf: https://www.flaechenheizung.de/

[3] Protokoll P7 zum Belegreifheizen des Estrichs; Informationsdienst Flächenheizung + Flächenkühlung, Schnittstellenkoordination bei Flächenheizungs- und Flächenkühlungssystemen in Neubauten. Hagen: Bundesverband Flächenheizungen und Flächenkühlungen, Mai 2011

Wichtig für TGA -Planer, Anlagenbauer und Bauherren

Wichtig für TGA-Planer, Anlagenbauer und Bauherren

TGA-Planer: Während das Funktionsheizen ausschließlich als Nachweis eines mangelfrei erstellten Werks durch den Heizungsfachbetrieb dient, ist das Belegreifheizen nach VOB/C eine besondere Leistung und damit entsprechend auszuschreiben bzw. gesondert zu beauftragen.

Anlagenbauer: Die Verwendung des „normalen“ Wärmeerzeugers zum Funktions- und zum Belegreifheizen ist gewährleistungsrechtlich problematisch und häufig aufgrund des Baufortschritts oder der Technik (geothermische Wärmepumpe) nicht möglich. Abhilfe schaffen speziell für diese Anforderungen konzipierte und automatisierte Mietlösungen.

Bauherren: Insbesondere geothermische Wärmepumpen sind nicht zum Auf- und Abheizen größerer Estrichflächen geeignet, sofern dies nicht bei der Auslegung der Wärmequelle explizit berücksichtigt wurde. Wirtschaftlicher ist das Funktions- und Belegreifheizen über eine temporäre Heizungslösung.

Hätten Sie das gewusst?

Im Jahr 2012 wurden laut der Absatz-Statistik des BDH (Bundesindustrieverband Deutschland Haus-, Energie- und Umwelttechnik) insgesamt 137,2 Mio. m2 an Systemen zur Flächentemperierung verkauft (+5 % gegenüber 2011). Im gleichen Zeitraum wurden 5,1 Mio. Heizkörper verkauft (–3 %). https://www.bdh-industrie.de/

Reto Brütsch

ist Geschäftsführer für den Bereich Technik bei Hotmobil Deutschland, 78244 Gottmadingen, Telefon (0 77 31) 9 46 02 00, bruetsch@hotmobil.de, https://hotmobil.de/

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