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Deutschlands größter Strohballenbau

Die mittelalterliche Burg Ludwigstein verdankt ihre Erhaltung der Jugendbewegung. „Wandervogel“ Enno Narten und weitere Anhänger der Jugendbewegung erwarben 1920 die Ruine und gründeten den Vorläufer der heutigen „Vereinigung Jugendburg Ludwigstein“. Nach wechselvollem Schicksal in den Kriegs- und Nachkriegsjahren wurde die Burg wieder Mittelpunkt von Jugendbünden. Heute ist die Jugendherberge mit 185 Betten der größte Beherbergungsbetrieb im Werra-Meißner-Kreis. Mit dem Enno-Narten-Bau Abb. 1 wurden jetzt weitere Räume für die Jugendarbeit und die Jugendbildungsstätte auf der Burg geschaffen: Werkstätten, Seminarräume und Büros, dazu Küchen und Sanitäranlagen für die Nutzer des benachbarten Zeltplatzes. Das Strohballenhaus mit einer Grundfläche von etwa 330 m2 wurde von April 2010 bis September 2012 errichtet.

Das langgestreckte zweigeschossige Gebäude auf dem äußeren Befestigungsring der Burganlage ist zur Nutzung der Sonnenwärme nach Süden ausgerichtet. Hier sind bodentiefe, dreifachverglaste Fenster eingebaut. Nach Norden gibt es nur wenige Oberlichter und Fenster. Die Eichenholztüren sind wie vieles andere selbstgezimmert. Hauptsächlich wurden Sandstein, Stroh, Holz und Lehm verwendet – alles regional verfügbare Naturbaustoffe. Das Kellergeschoss wurde in Massivbauweise errichtet. Erd- und Obergeschoss entstanden in Holzbauweise. Die Holzständerwände wurden mit Strohballen ausgestopft und anschließend mit Lehm verputzt. Das strohgedämmte Ziegeldach wird von kreuzweise angeordneten Holzbalken rund um den Gebäudekern getragen. Diese Statik hat auch eine optische Komponente: Die gekreuzten Holzbalken wirken wie ein Zitat des Fachwerks der Burggebäude.

Für die Energieversorgung werden ausschließlich regenerative Brennstoffe verwendet. Eine Pelletheizung sowie eine thermische Solaranlage und eine Photovoltaik-Anlage dienen der Trinkwassererwärmung und der Raumheizung, daneben steht Wärme aus dem BHKW der Kernburg zur Verfügung. Der Transmissionswärmeverlust (HT’) des Gebäudes liegt mit 0,35 W/(m2 K) deutlich unter dem EnEV-2009-Maximalwert von 0,49 W/(m2 K). Die Heizlast beträgt 29 W/m2. Die Wärmeübergabe im gesamten Gebäude erfolgt mit Heizkörpern von Purmo: horizontale Kompaktheizkörper für die Seminarräume unter dem Dach, vertikale Narbonne-Heizkörper Abb. 2 mit senkrechten Flachrohren für die Werkstätten und Waschräume sowie Plan-Compact-Heizkörper für die Büroräume. Flächenheizsysteme würden bei der Baukonstruktion und Nutzung auf die Last­gänge zu träge reagieren.

http://www.purmo.de http://www.burgludwigstein.de

UNESCO-Modellprojekt

Die Erbauer von Deutschlands größtem Strohballenbau mussten sich vielfältigen Herausforderungen stellen: Der Enno-Narten-Bau sollte bei der Errichtung und im Betrieb den ökologischen Grundsätzen der Jugendburg entsprechen. Seine Architektur sollte zur Burg und in die Landschaft passen. Und der Bau musste finanzierbar sein. Alle Hürden wurden überwunden: Das architektonische und energetische Konzept wurde von der UNESCO als Modellprojekt der UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ ausgezeichnet. Bund, Land und die Stiftung Deutsche Jugendmarke förderten den Bau und rund 15000 ehrenamtliche Helfer, meist Jugendliche aus verschiedenen Jugendbünden, arbeiteten an dem Gebäude in über 41000 Ehrenamtsstunden mit. Unternehmen und Experten aus der Region unterstützten den Bau, beispielsweise Planerin Meike Pilsl und Bauingenieur Gunthard H.A. Stübiger, die das Projekt ehrenamtlich leiteten. Sie orderten auch die Heizkörper bei Rettig Germany im nahen Vienenburg. Denn zum Konzept gehört die Förderung der heimischen Wirtschaft.