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Andreas Ballhausen über Brennstoffzellen-Heizgeräte

“Ab 2020 wird sich die Brennstoffzelle ohne Förderung behaupten“

Schmid: In den vergangenen Jahren hieß es mit steter Regelmäßigkeit: Das Brennstoffzellen-Heizgerät kommt in zwei oder drei, vielleicht auch erst in fünf Jahren. Als Fachjournalist und möglicher künftiger Käufer eines solchen Gerätes fühlt man sich durch diese Ankündigungspolitik eher verschaukelt. Gibt es jetzt konkretere Angaben über die Einführung von Seriengeräten?

Ballhausen: Es wird keinen definierten Startschuss für das Brennstoffzellen-Heizgerät geben. Dennoch sehe ich sehr positive Signale für diese Technologie. Die Anzahl der aktiven Entwickler und Mitglieder in der IBZ hat gegenüber den letzten Jahren zugenommen hat. Vor allem mit Bosch, Viessmann und Elcore konnten wir wichtige Zugpferde gewinnen.

Und die ersten Hersteller haben bereits mit der Markteinführung begonnen, beispielsweise Ceramic Fuel Cells (CFC) mit dem BlueGen-Gerät, das man mittlerweile online kaufen kann. Viessmann hat auf der ISH 2013 angekündigt, sein in Kooperation mit Panasonic entwickeltes Brennstoffzellen-Heizgerät im Jahr 2014 in den Markt einzuführen. Auch Baxi und Elcore wollen ihre Geräte 2014 auf den Markt bringen. Zusätzlich stehen Vaillant und Bosch, ebenso Viessmann mit dem Hexis-Gerät in den Startlöchern. Nochmals: Es wird mit Sicherheit kein Schalter umgelegt mit der Ankündigung, jetzt beginnt die Markteinführung. Eher ist von einem stufenweisen Marktstart auszugehen.

Schmid: Welche Voraussetzungen müssen für das Kriterium „Marktreife“ erfüllt sein?

Ballhausen: Es gibt zweierlei Kriterien für die Markteinführung: Die technischen und die kommerziellen. Bei den technischen Kriterien ist es so, dass die Hersteller bisher unterschiedliche Reifegrade ihrer Produkte erreicht haben. Innerhalb des Callux-Projekts sind aktuell rund 310 Anlagen installiert. Hinzu kommen Feldtests der Hersteller außerhalb des Callux-Projekts, sodass wir in Deutschland auf etwa 500 bis 600 installierte Brennstoffzellen-Heizgeräte kommen. Das wichtigste Kriterium für die Markteinführung sehe ich in der Verfügbarkeit funktionstüchtiger Geräte für potenzielle Kunden.

Das zweite Kriterium ist die Qualifikation von Handwerksunternehmen zur Installation und Wartung dieser Geräte. Hierbei bauen wir auf die Installationserfahrungen mit 600 Anlagen. Aus den Erfahrungen des Callux-Projektes mit zusammen rund 3 Mio. Betriebsstunden kennen wir natürlich auch die typischen Probleme der Brenn­stoffzellen-Heizgeräte. Der Hersteller eramic Fuel Cells kommt mit seinen BlueGen-Geräten auf weitere 2,5 Mio. Betriebsstunden, sodass wir in Deutschland zusammen rund 5 Mio. Betriebsstunden vorweisen können. Wir wissen also genau, was gut funktioniert und wo wir besser werden müssen. Natürlich gibt es noch technischen Entwicklungsbedarf, allerdings auf dem Niveau eines sehr hohen Reifegrades.

Schmid: Wo liegen die typischen Schwachpunkte?

Ballhausen: Die Schwerpunkte der weiteren Forschung liegen in der Verbesserung der Robustheit, vor allen Dingen des Brennstoffzellenstapels, einer längeren Lebensdauer und niedrigeren Kosten. Diese drei Kernziele verfolgen alle Hersteller von Brennstoffzellen-Heizgeräten.

Schmid: Ist das Heizungsbauerhandwerk in Zeiten der Hochkonjunktur und des Fachkräftemangels überhaupt motiviert, eine anspruchsvolle Technik wie das Brennstoffzellen-Heizgerät in den Markt einzuführen? Innovationen sind erfahrungsgemäß gegenüber dem Endverbraucher sehr erklärungsbedürftig und damit in der Regel für den Installateur sehr zeitintensiv. Auch müssen Mitarbeiter zunächst geschult werden, denn ohne Schulung werden sie kaum ein Gerät installieren können.

Ballhausen: Für den fachlich versierten Heizungshandwerker ist das Brennstoffzellen-Heizgerät ein lukratives Geschäft, denn durch den höheren Preis verdient er auch mehr als mit einem Brennwertgerät oder einer Wärmepumpe. Wir sehen natürlich die Markteinführung als Herkulesaufgabe, da sicherlich nicht alle Betriebe die notwendige Qualifikation aufweisen können. Aus der Erfahrung bei CFC wissen wir, dass Heizungsfachunternehmen mit starkem Engagement in der Photovoltaik am besten für die Markteinführung von Brennstoffzellen-Heizgeräten aufgestellt sind. Das passt gut zu deren Produktportfolio.

Schmid: Welche Unterstützung können Fachbetriebe bei der Markteinführung erwarten?

Ballhausen: Alle Hersteller bieten eine intensive Schulung an und begleiten die Installateure bei den ersten Installationen und Inbetriebnahmen. Das alles erfolgt schrittweise. Auch im Rahmen des Callux-Projekts gibt es ein Programm zur Unterstützung des Handwerks bei der Markteinführung des Brennstoffzellen-Heizgerätes. Zusätzlich werden von der IBZ Bildungsträger ausgewählt, Kooperationen in die Wege geleitet und Fachreferenten für berufsbildende Einrichtungen angeboten.

Schmid: Spätestens wenn das Potenzial der Early Adopters – also der „Brennstoffzellenfreaks“ – ausgeschöpft ist, beginnt die Frage nach dem Preis. Gibt es schon eine Preisbildung bei Brennstoffzellen-Heizgeräten?

Ballhausen: Hier muss man klar sagen: Brennstoffzellen-Heizgeräte sind in den nächsten Jahren auf Förderung angewiesen. Alle Technologiesprünge, ob bei Brennwertheizgerät, Wärmepumpe, Solarthermie- oder Photovoltaikanlage, sind beziehungsweise waren nur über eine Förderung am Markt zu etablieren. Im Moment gibt es für Brennstoffzellen-Heizgeräte eine Förderung im Rahmen des Bafa-KWK-Programms, das sind etwa 1500 Euro/kWel.

Als Initiative Brennstoffzelle treten wir für ein erweitertes Programm ein mit dem Fokus auf CO2-Einsparung. Sie liegt bei etwa 50 % gegenüber der konventionellen Stromerzeugung. Dieses Technologie-Einführungsprogramm sollte natürlich möglichst kurzfristig starten. Wir rechnen damit, dass sich die Brennstoffzelle ab dem Jahr 2020 ohne zusätzliche Förderung am Markt behaupten kann. Die Förderung sollte am Anfang relativ hoch sein und dann in Abhängigkeit der Degression der Stückkosten zurückgenommen werden. Mit den entsprechenden Ministerien sind wir bereits im Gespräch.

Schmid: Können Sie dennoch einen Faustwert für 1 kW elektrische Leistung nennen?

Ballhausen: Die Gerätekonzeptionen sind zu unterschiedlich, um dafür einen verbindlichen Preis zu nennen. CFC bietet sein 1,5-kWel-Gerät mit 60 % elektrischem Wirkungsgrad für 25000 Euro an – installiert. Sonst kenne ich noch keine verbindlichen Preise. Die Zielkosten eines Brennstoffzellen-Heizgerätes liegen – je nach Gerätetypus – zwischen 5000 und 15000 Euro/kWel.

Der Preis hängt davon ab, ob ein Backup-Heizgerät und/oder ein Speicher mit im Preis enthalten sind. Auch geht die Höhe des elektrischen Wirkungsgrads in den kW-Preis mit ein. Sicher wird bei der Preisbildung der Brennstoffzellen-Heizgeräte auch die Preisentwicklung bei Strom und Gas, aber auch die Preise bei anderen innovativen Wärmesystemen, wie den verschiedenen Arten von Wärmepumpen, eine Rolle spielen. Sagen wir es so: Kunde und Hersteller müssen Spaß mit dieser Technologie haben.

Schmid: Könnte es auch sein, dass Hersteller aus Fernost künftig die Preise mitbestimmen?

Ballhausen: Die japanischen Hersteller mit rund 40000 installierten Brennstoffzellen-Heizgeräten verfügen natürlich über viel mehr Erfahrungen als die Europäer. Die Produktionsprozesse für so hohe Stückzahlen führen zu einer Kostendegression; dadurch werden japanische Geräte preislich interessanter. Die nach japanischen Normen gebauten Geräte müssen jedoch an die europäischen Normen und Vorschriften angepasst werden.

Deshalb bieten sich Kooperationen mit europäischen Herstellern an. Bei der Markterschließung durch fernöstliche Unternehmen in Europa muss man auch berücksichtigen, dass es zwischen den Heizungsfachbetrieben und den klassischen europäischen Herstellern von Heizgeräten traditionell eine sehr enge Kundenbindung gibt, die durch Importfirmen nicht so einfach aufgebrochen werden kann. CFC hat deshalb seine Produktion und damit die Wertschöpfung von Australien nach Deutschland verlegt, denn Deutschland ist in Bezug auf die Klimaschutzziele der wichtigste Markt in Europa.

Schmid: Photovoltaikanlagen werden immer billiger. Muss das Brennstoffzellen-Heizgerät den Wettbewerb durch Solarstrom fürchten?

Ballhausen: Das Brennstoffzellen-Heizgerät sehe ich eher im Grundlastbereich angesiedelt, PV-Module liefern Strom nur bei entsprechender Sonneneinstrahlung. Ich könnte mir Anlagen mit der Brennstoffzelle zur Deckung der Grundlast und der PV-Anlage zur Deckung der Mittel- und Spitzenlast eines Gebäudes, beispielsweise eines mit Klimaanlage, vorstellen.

Schmid: Gibt es schon Richtwerte für die ­Wartung und Instandhaltung von Brennstoffzellen-Heizgeräten?

Ballhausen: Ich gehe davon aus, dass die Hersteller – ähnlich wie bei BHKWs – Vollwartungsverträge anbieten, in denen die Wartung, Instandhaltung und der Austausch von Brennstoffzellen-Stacks enthalten sind. Das ist insbesondere in der Anfangsphase sinnvoll, denn nur so ist das Risiko für den Kunden kalkulierbar.

Schmid: Neue Gebäude haben heute einen sehr hohen Dämmstandard und eine hohe Gebäudeenergieeffizienz. Lohnt es sich unter diesen Umständen, ein Mikro-KWK-Gerät mit Brennstoffzelle einzubauen?

Ballhausen: Gerade dann lohnt sich ein Brennstoffzellen-Heizgerät, denn Stromerzeugung mittels Brennstoffzellen ist eine Technologie mit der höchsten Stromkennzahl. Und je besser ein Gebäude gedämmt ist, desto eher lohnt sich ein Gerät mit hoher Stromkennzahl. Die Abwärme dieser Geräte kann man beispielsweise ganzjährig für die Trinkwassererwärmung nutzen. Das führt zu hohen Jahresbetriebsstunden und damit zu einer hohen Wirtschaftlichkeit. Durch die Vielfalt der künftig angebotenen Brennstoffzellen-Heizgeräte findet jeder Kunde das für sein Haus günstigste Gerät. Überschüssiger Strom kann ja ins Netz eingespeist werden.

Schmid: Der Beliebigkeit von Stromeinspeisungen ins öffentliche Netz werden in Zukunft womöglich Grenzen gesetzt. Das könnte der Wirtschaftlichkeit solcher Geräte schaden. Wie ist Ihre Einschätzung?

Ballhausen: Das Thema Stromeinspeisung und Kapazitätsmärkte wird im Rahmen der Callux-Partner intensiv diskutiert. Geplant ist eine standardisierte Datenschnittstelle – die sogenannte Callux-Box – die es erlaubt, Brennstoffzellen-Heizgeräte in ein virtuelles Kraftwerk oder in das Geschäftsmodell eines Dienstleisters einzubinden. Der Kunde muss natürlich durch eine besondere Vergütung davon profitieren, dass sein Gerät zur Lastgangsteuerung genutzt wird. Ich kann mir vorstellen, dass in Regionen mit hoher PV-Strom-Einspeisung extern gesteuerte Brennstoffzellen-Heizgeräte zur Stabilisierung der Netze vor Ort beitragen können. Für Netzbetreiber sind solche Geräte durchaus interessant. Ich halte es durchaus für realistisch, dass entsprechende Dienstleister in Zukunft Brennstoffzellen-Heizgeräte mit einem Contracting-Modell zur Netzstabilisierung anbieten.

Schmid: Sind Brennstoffzellen-Heizgeräte auch in der Lage, momentane Lastkurven ­eines Haushaltes oder eines Gebäudes abzufahren, sodass sich eine Einspeisung überschüssigen Stroms erübrigt?

Ballhausen: Die meisten Geräte sind in der Lage, zu modulieren. Das lässt vermuten, dass man die Last nachführen kann. Aus wirtschaftlichen Gründen plädiere ich jedoch für eine Einspeisung überschüssigen Stroms ins Netz, zumindest solange das möglich ist. Durch die Stromeinspeisung erhält der Betreiber einen Deckungsbeitrag von derzeit 5 bis 6 Ct/kWhel. Warum sollte er auf diesen Beitrag verzichten? Jeder Betreiber wird versuchen, aus seiner Anlage das wirtschaftliche Optimum herauszuholen. Wir rechnen bei Brennstoffzellen-Heizgeräten mit einem breiten Angebot, das viele Kundenbedürfnisse abdeckt. Das ist der Vorteil gegenüber solchen Photovoltaik-Anlagen, die nur zur Stromerzeugung eingesetzt werden und ihren Strom volatil einspeisen.

Schmid: Mit Mühe hat sich in den letzten Jahren ein kleiner Markt für motorbetriebene Mikro-KWK-Anlagen etabliert. Wird dieser Markt durch die Brennstoffzelle-Heizgeräte zurückgedrängt?

Ballhausen: Das wird der Kunde entscheiden. Im Rahmen des Callux-Projekts äußerten sich die Nutzer sehr wohlwollend über den Stand und die Perspektive der Brennstoffzellen-Heizgeräte, auch was die Energieeffizienz und CO2-Einsparung anbelangt. Die Startposition des Brennstoffzellen-Heizgerätes sehe ich deshalb unter Marketinggesichtspunkten bedeutend günstiger als die von Mikro-KWK-Geräten mit Verbrennungs- oder Stirlingmotor.

Vielen Dank für das Gespräch. •

Weitere Fachberichte zum Thema enthält das TGAdossier Mini-KWK: Webcode 716

Vita

Andreas Ballhausen (Jahrgang 1969), ist Sprecher der Initiative Brennstoffzelle (IBZ) und seit Oktober 2012 für den europäischen Vertrieb und den Service bei Ceramic Fuel Cells B.V. Heerlen, Niederlande, verantwortlich. Ballhausen kommt von EWE Energie, wo er seit 1996 tätig war und verschiedene Führungspositionen innehatte. Zuletzt leitete er den Vertrieb von Energiedienstleistungen. Ein Schwerpunkt von Ballhausens Arbeit bildeten Contracting-Lösungen für Privathaushalte, Industrie und Kommunen sowie das Brennstoffzellen-Projekt von EWE. Ballhausen ist Mitglied in verschiedenen Gremien im Energiesektor. Ceramic Fuel Cells produziert kleinformatige Mikro-KWK-Anlagen auf Brennstoffzellenbasis für Haushalte und andere Gebäude. Der elektrische Wirkungsgrad beträgt bis zu 60 %. Hauptprodukt ist das Mikro-KWK Blue Gen.