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Gasmotor-Wärmepumpe

Klimatisieren und Heizen mit Erdgas

Kompakt informieren

  • Über Gasmotor-Wärmepumpen, bei denen ein Industriemotor die Kältemittelverdichter antreibt, lassen sich vollwertige VRF-Systeme monovalent mit dem Energieträger Erdgas realisieren.
  • Vorteile der Gasmotor-Wärmepumpe sind ihre geringe elektrische Leistungsaufnahme, das Abtauen des Verdampfers mit der Motorabwärme und die Nutzung der Motorabwärme zum Heizen.
  • In der Fressnapf-Akademie erfolgt die Beheizung und Klimatisierung der Räume über einzeln regelbare Kanalklimageräte (Split-Inneneinheiten) und thermostatische Drallauslässe.

Fressnapf, Europas größte Fachmarktkette für Heimtierbedarf, hat Mitte 2012 nach einer Bauzeit von nur fünf Monaten eine firmeneigene Akademie mit Schulungs- und Tagungsräumen am Standort der Unternehmenszentrale in Krefeld eröffnet Abb. 1 Abb. 2. Auf insgesamt 1200 m2 Nutzfläche nehmen hier pro Jahr über 2500 Franchisepartner und Mitarbeiter der europaweit über 1240 Fressnapf-Märkte (davon über 800 in Deutschland) an speziellen Trainings und Workshops teil. Um dabei ein optimales Schulungsergebnis sicherzustellen, hat die Behaglichkeit in den Seminarräumen und damit auch ihre Klimatisierung höchste Priorität.

Das Planungskonzept von STF E-Energy, TGA-Planungsbüro für nachhaltige Gebäudetechnik aus Düsseldorf, sah dazu vor, dass die Schulungsräume präsenzgesteuert teilklimatisiert und mit Frischluft versorgt werden. Der Akademie-Neubau war in eine bestehende Bebauung zu integrieren – die Erweiterung der Firmenzentrale war gerade erst erfolgreich abgeschlossen worden. Die erforderliche elektrische Anschlussleistung für den Akademie-Neubau inklusive einer elektrisch betriebenen Kälteerzeugung stieß jedoch ohne zusätzliche Maßnahmen an die Verfügbarkeitsgrenze. Als alternative Energiequelle wurde der örtliche Gasanschluss mit den erforderlichen Leistungsreserven identifiziert.

Das Gebäude wird nun komplett mit zwei Gasmotor-Wärmepumpen Abb. 3 geheizt und auch vollwertig gekühlt. Erdgas ist ein technisch sehr gut wandelbarerer und CO2-armer Energieträger. Das Konzept wird nicht nur den Anforderungen des Bauherrn gerecht, sondern erfüllt auch die energiesparrechtlichen Vorgaben des Gesetzgebers in vollem Umfang. Fressnapf war schnell von der Lösung überzeugt. Zumal das VRF-System der Gasmotor-Wärmepumpen die Funktionen Heizen und Kühlen kombiniert und sich dadurch in der Gesamtbetrachtung adäquate Investitionskosten im Vergleich zu einer konventionellen Lösung mit zusätzlichem Heizkessel und dafür erforderlichem Technikraum im Gebäude ergaben.

Klimatisierungsbedarf nimmt zu

Der Klimatisierungsbedarf wird in den nächsten Jahren steigen und aufgrund der Klima­veränderungen muss zukünftig mit heißeren Sommertagen und längeren Hitzeperioden gerechnet werden – schon seit einigen Jahren weisen Experten darauf hin, dass bereits heute vielerorts die normativen Auslegungswerte nicht mehr die zu erwartenden Bedingungen widerspiegeln.

Die größten Treiber sind aber die Gebäude selbst. Zum einen führen die im Zuge der Energieeinsparverordnung (EnEV) eingeführten, höheren Anforderungen an den Wärmeschutz im Sommer vermehrt zu Wärmestaus, da die Wärme kaum noch entweichen kann. Zum anderen erhöht der Trend zur Glasarchitektur den Wärmeeintrag in die Gebäude. Ebenso werden die Gebäude quasi bis unter das Dach genutzt, wodurch in der obersten Etage auch bei großzügig dimensionierter Dämmung die Kühllast steigt. Bei den inneren Lasten verringert zwar der technische Fortschritt den Leistungsbedarf der einzelnen Geräte, dafür erhöhen aber die technische Entwicklung und die steigenden Komfortansprüche die Anzahl der Geräte. Gleichzeitig wird versucht, die Belegungsdichte zu erhöhen.

Ein weiterer, nicht zu vernachlässigender Aspekt, ist der in den Sommermonaten seit Jahren steigende Stromverbrauch. Es hat zwar parallel dazu einen kräftigen Zubau an Photovoltaik-Anlagen gegeben und ihre Stromproduktion hat eine recht gute Übereinstimmung mit dem Kältebedarf für die Klimatisierung. Doch die Engpässe haben gar keinen direkten Zusammenhang mit der Energiewende und treten lokal oder regional aufgrund der vor Ort aus­gereizten Kapazitäten der Infrastruktur auf. Hier können gasbetriebene Klimageräte erhebliche Entlastungen bringen und die Belastung des Stromnetzes verringern. Zumal zu erwarten ist, dass es künftig zeitvariable Strompreistarife mit lokalen Ausprägungen ­geben wird – Strom also zu Zeiten mit hohem ­Klimatisierungsbedarf tendenziell teurer wird.

Gasmotor-Wärmepumpen

Erdgas ist unter den fossilen Energieträgern der mit Abstand umweltfreundlichste. Der große Vorteil von Erdgas liegt in den chemisch bedingt geringen CO2-Emissionen, mit seinem Hauptbestandteil Methan (CH4) hat es den geringsten Kohlenstoffanteil. Zudem werden bei der Verbrennung von Erdgas nahezu keine weiteren Treibhausgase bzw. umweltschädliche Emissionen, wie Schwefeldioxid, Ruß oder andere Partikelemissionen freigesetzt. Erdgas wird noch viele Jahrzehnte als Energieträger zur Verfügung stehen. Besonders zukunftsfähig macht den Energieträger auch das große Speichervermögen der Erdgasinfrastruktur und seine einfache Substituierbarkeit: Erdgas ist zu 100 % kompatibel mit Bio-Erdgas und mit synthetisch hergestelltem Methangas.

Ein weiterer Aspekt, der aus Sicht der Betreiber für gasbetriebene Klimageräte spricht, ist die mögliche Erstattung der Energiesteuer (früher: Mineralölsteuer). Sie wird nach Auskunft der Arbeitsgemeinschaft für sparsamen und umweltfreundlichen Energieverbrauch (ASUE) bei gasmotorischen Wärmepumpen zum Heizen und Kühlen mit einem jährlichen Nutzungsgrad von mehr als 70 % auf Antrag zurückerstattet. Damit werden Gasklimageräte steuerlich wie KWK-Anlagen behandelt (EnergieStG § 53a). Vor der Inbetriebnahme der Gasklimageräte ist eine Erlaubnis durch das zuständige Hauptzollamt erforderlich, um dort später die Rückerstattung der Mineralölsteuer beantragen zu können. Vorteile von Gasmotor-Wärmepumpen sind:

  • Das Stromnetz wird nicht zusätzlich durch die Anschlussleistung einer konventionellen Kältemaschine belastet. Gasmotor-Wärmepumpen haben eine elektrische Anschlussleistung von beispielsweise maximal 1,3 kW, während eine elektrisch angetriebene Kältemaschine mit gleicher Kälteleistung eine elektrische Anschlussleistung von ca. 27,5 kW aufweist.
  • Gasmotor-Wärmepumpen (zur Außenaufstellung) benötigen keinen Technikraum im Gebäude und durch den Direktexpansionsbetrieb mit Kältemittel sind keine Pufferspeicher, Pumpen und Verteiler notwendig.
  • Durch die Verwendung von Gasmotor-Wärmepumpen werden die Anforderungen des Erneuerbare-Energien-Wärmegesetzes (EEWärmeG) erfüllt. Investitionskosten, die bei einer konven­tionellen Kühlung und Heizung für Ersatzmaßnahmen erforderlich sind, können entfallen.
  • Die Heizung und Kühlung erfolgt ausschließlich über die Gasmotor-Wärmepumpe (monovalente Betriebsweise). Zur Abtauung wird die Motorabwärme verwendet.
  • Gasmotor Wärmepumpen überzeugen auch durch ihre Wartungsfreundlichkeit: Es gibt Gasmotor-Wärmepumpen am Markt (ab 20 kW Heiz-/Kühlleistung), die mit Service-Intervallen von 10000 Betriebsstunden und alle 30000 Betriebsstunden für den Ölwechsel auskommen (Pkw-Vergleich bei 50 km/h: alle 1,5 Mio. km ein Ölwechsel). Die Lebensdauer einer Gasmotor-Wärmepumpe liegt bei mehr als 80000 Betriebsstunden.

Bei Gasmotor-Wärmepumpen werden die Kältemittelkompressoren über einen Gasverbrennungsmotor angetrieben. Bei dem in der Fressnapf-Akademie eingesetzten Aggregat handelt es sich um einen Industriemotor, der in einem Drehzahlbereich bis zu 2000 U/min arbeitet. Er treibt über vier Magnetkupplungen vier Kompressoren des VRF-Systems an und kann durch Veränderung der Drehzahl und durch Zu- und Wegschalten von Kompressoren bis auf 4 % der Nennleistung herunterregeln (VRF: Variable Refrigerant Volume, variables Kältemittelvolumen). Bei niedrigen Außentemperaturen erfolgt die Abtauung durch Motorabwärme, es wird keine zusätzliche elektrische Leistung benötigt; ein Heizkessel ist nicht notwendig.

Im Kältemittelkreislauf wird bei dem Luft/Luft-System die Heiz- bzw. Kühl- und Entfeuchtungsleistung mit einem variablen Kältemittelvolumenstrom als Trägermedium über Splitgeräte eingebracht (Direktverdampfung/-kondensation). Bei dem eingesetzten System können bis zu 41 Innengeräte unterschiedlicher Bauart und Leistung bedient und unabhängig voneinander geregelt werden. In der Kältemittelverteilung befinden sich keine Armaturen etc. sämtliche Regel- und Sicherheitsorgane befinden sich in den Innengeräten. Die für die Fressnapf-Akademie benötigte Kühlleistung beträgt rund 90 kW und die benötigte Heizleistung liegt bei ca. 85 kW.

Zentrale Klimatechnik

Über das außen aufgestellte Zentrallüftungsgerät erfolgt die zentrale Außenluftaufbereitung. Die gefilterte und gekühlte oder erwärmte Primärluft wird den Räumen über ein Kanalsystem zugeführt. Die energetische Luftbehandlung innerhalb der Nutzungseinheiten erfolgt über die Inneneinheiten des VRF-Systems.

Den Räumen wird die Außenluftmenge nutzungsabhängig zugeführt: Erfolgt durch den Präsenzmelder die Mitteilung, dass der Raum belegt ist, wird durch die Öffnung der Volumenstromregler die für diesen Raum definierte Zu- und Abluftmenge freigegeben. Die Außenluftmenge wurde gemäß DIN EN 137791) mit 8 m2/Pers auf 36 m3/(h Pers) für eine mittlere Raumluftqualität festgelegt. Wird über die Präsenzmelder keine Belegung mehr registriert, beginnt eine variable programmierbare Nachlaufzeit. Anschließend werden die Volumenstromregler geschlossen, wenn keine neuerliche Präsenz gemeldet wird.

Das Umschalten zwischen Heizen und Kühlen erfolgt auf Basis der Außentemperatur zentral. Um zu verhindern, dass die Inneneinheiten Kühlen und das Zentrallüftungsgerät im Heizmodus aktiv ist, ist eine Verriegelung vorgesehen. Das Zentrallüftungsgerät verfügt über drehzahlgeregelte Ventilatoren mit freilaufenden Rädern, einem Rotations-Wärmeübertrager mit einer Rückwärmezahl von 81,4 % (20 °C / 50 % / 1013 mbar) und einem Direktverdampferteil zum Heizen und Kühlen.

Dezentrale Klimatechnik

In jedem zu versorgenden Raum sind zur dezentralen Luftaufbereitung Kanalklimageräte in der Zwischendecke verbaut Abb. 4 Abb. 5. Sie versorgen den Raum mit einem Frischluftanteil vom Zentralgerät und einem Umluftanteil mit gekühlter oder erwärmter Luft. Die Temperatur und Luftmenge ist in jedem Raum über eine Fernbedienung vom Nutzer einstellbar.

Die Zuluft wird über thermostatische Deckendrallauslässe eingebracht, die eine zugfreie Luftführung im Heiz-und Kühlfall gewährleisten. Das thermostatisch wirkende Dehnstoffelement steht über dem sternförmigen Leitkörper im Wärmeaustausch mit der Zuluft Abb. 6. Durch die temperaturabhängige Volumenänderung des in einer Druckkapsel eingeschlossenen Elastomereinsatzes wird der Kolben bewegt, der die Stellfunktion einleitet.

Bei hoher Zulufttemperatur dehnt sich das Elastomer aus und drückt den Kolben heraus. Bei niedriger Zulufttemperatur zieht sich das Elastomer im Kolben wieder zusammen. Ein Federrückstellmechanismus bewirkt in diesem Fall die Rückstellung des Kolbens. Die Hubbewegung des Kolbens wird dabei über eine Kombination von Stellhebeln in eine Drehbewegung der Drallschaufeln umgesetzt. Entsprechend dem Arbeitsbereich des Dehnstoffelementes werden Zulufttemperaturen zwischen 15 und 40 °C über die Drallschaufelverstellung ausgesteuert. Die Verstellzeiten sind von der Anströmgeschwindigkeit und von der absoluten Änderung der Zulufttemperatur abhängig. Die Abluft wird über die Zwischendecke abgesaugt.

Jeder Raum ist somit individuell regelbar und der Lastsituation anzupassen. Übertragungsverluste durch zusätzliche Wärmeübertrager (Kältemittel/Wasser) wie bei einem Warm-/Kaltwassersystem treten nicht auf, die Anlage kann darum auch sehr schnell auf veränderte Anforderungen reagieren. Pufferspeicher, Umwälzpumpen etc. werden nicht benötigt. Ein Technikraum im Gebäude wurde für die gesamte Heiz- und Klimatechnik nicht benötigt, lediglich ein Stellplatz für den Schaltschrank. •

1) DIN EN 13779 Lüftung von Nichtwohngebäuden – Allgemeine Grundlagen und Anforderungen für Lüftungs- und Klimaanlagen und Raumkühlsysteme; Deutsche Fassung EN 13779:2007. Berlin: Beuth Verlag, September 2007 und DIN SPEC 13779:2009-12 Lüftung von Nichtwohngebäuden – Allgemeine Grundlagen und Anforderungen für Lüftungs- und Klimaanlagen und Raumkühlsysteme – Nationaler Anhang zu DIN EN 13779:2007-09. Berlin: Beuth Verlag, Dezember 2009

Weitere Fachberichte zum Thema enthält das TGAdossier VRF-Systemtechnik:

Webcode 1144

Dipl.-Ing. Nils Kreuznacht

ist Bereichsleiter Energiemanagement bei der STF E-Energy GmbH, 40489 Düsseldorf und Fachplaner TGA beim Akademie-Neubau, Telefon (02 03) 41 93 06 60, nils.kreuznacht@stf-e-energy.de, https://www.stf-gruppe.de/

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