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VDI 4707

Aufzüge: Bewertung der Energieeffizienz

Kompakt informieren

  • Beim Bau und Betrieb von Aufzügen kann durch den Einsatz energieeffizienter Lösungen in relevantem Umfang Energie eingespart werden.
  • Je nach Nutzungsmuster und Ausstattung entfallen zwischen 11 und 95 % des gesamten Energieaufwands auf den Stillstandmodus.
  • Neben energieeffizienter Technik bietet sich die Abschaltung einzelner Komponenten während des Stillstands über die Steuerung an.
  • Im Fahrbetrieb liegen die Einsparpotenziale in den Bereichen Antrieb, Energierückgewinnung, Seilführung und Steuerung.
  • Die Zertifizierung nach VDI 4707 ist eine wichtige Basis zur (kontinuierlichen) Verbesserung der Energieeffizienz von Aufzugsanlagen.

Bei der Technischen Gebäudeausrüstung rücken auch Aufzüge zunehmend in den Fokus von Energieeinsparzielen. Der Energiebedarf von Aufzugsanlagen variiert je nach Gebäudestruktur und -nutzung, aber auch nach Art der Aufzugsanlage. Wie viel Energie durch Aufzüge benötigt wird, zeigt eine Studie des E4-Projekts (Energy Efficient Elevators and Escalators), eine Initiative für mehr Energieeffizienz, unter anderem mit Partnern aus Deutschland, Italien, Polen und Portugal.

Im EU-geförderten E4-Projekt wurde 2010 der Energiebedarf ermittelt, der auf die knapp 5 Mio. Aufzüge entfällt, die in den 27 EUStaaten installiert sind. Zusammengenommen entspricht ihr Strombedarf etwa der Energiebereitstellung zweier Großkraftwerke. Weil viele Anlagen bereits in die Jahre gekommen sind, existiert ein hohes Energieeinsparpotenzial. Würden alle europaweit installierten Aufzüge mit der besten verfügbaren Technik nachgerüstet, ließe sich eines dieser Kraftwerke einsparen.

Stillstandmodus vs. Fahrbetrieb

Grundsätzlich unterscheidet man zwei verschiedene Ebenen, auf denen sich beim Bau bzw. Betrieb von Aufzügen Energie einsparen lässt: den Stillstandmodus und den Fahrbetrieb des Aufzugs. Wesentliche Stromverbraucher im Stillstandmodus sind die Beleuchtung des Fahrkorbs, Anzeige- und Bedienelemente, ­Frequenzumrichter, Türantrieb und Aufzugssteuerung.

Die E4-Studie kam zu dem Ergebnis, dass der Verbrauch im Stillstandmodus je nach Nutzungsmuster und Ausstattung zwischen 11 und 95 % des gesamten Energieaufwands variiert. Hier ist ein deutliches Einsparpotenzial gegeben, beispielsweise durch die Verwendung von Energiesparlampen oder Leuchtdioden im Fahrkorb. Bedenkt man, dass diese Systeme das gesamte Jahr über angeschaltet sind, so fällt bereits ein ansonsten geringer Verbrauch von 15 W (entspricht 130 kWh/a) ins Gewicht.

Eine andere Möglichkeit der Energieeinsparung ist die Abschaltung einzelner Komponenten der Aufzugsanlage während des Stillstands über die Steuerung. Dies gilt für bestimmte Steuerfunktionen, Frequenzumrichter, Kabinenbeleuchtung, Belüftung, Türantriebe, Lichtschranken, Displays und Taster. Mittels Installation moderner Steuerungen mit intelligenten Softwarefunktionen ist die Umsetzung dieser funktionalen Energiesparmethoden für den Stillstand möglich, ohne dass der Komfort beeinträchtigt wird.

Beim dynamischen Betrieb der Aufzüge lassen sich Einsparungen hinsichtlich der Energie durch die Wahl des Motors und seiner Anordnung, der Nutzung energieeffizienter Antriebssysteme sowie Möglichkeiten der Energierückgewinnung erreichen. Außerdem spielt der Aufzugsschacht bezogen auf die Seilführung eine Rolle bei der Effizienz. Für die funktionale Energieeinsparung sind ferner Softwarefunktionen und Algorithmen für die Aufzugsgruppen von Bedeutung.

Verschiedene Antriebssysteme möglich

Heute werden vermehrt Aufzüge mit Frequenzregelung verwendet. Hauptbestandteil ist ein frequenzgeregelter Umrichter mit Programmierung auf maximale Effizienz. Bei Verwendung moderner Steuerungen mit der passenden Rückspeiseeinheit lässt sich Energie zurückgewinnen, was die Energieklasse verbessert. Vergleicht man den Energiebedarf von Aufzügen mit verschiedene Antrieben, wie einen direkt wirkenden Hydraulikaufzug, einen Treibscheibenaufzug mit zwei Geschwindigkeiten und Getriebe, einen getriebelosen Treibscheibenaufzug mit frequenzgeregeltem Antrieb und einen indirekt wirkenden Hydraulikaufzug mit Ausgleichsgewicht ergeben sich teils unterschiedliche Werte.

Auch durch den Einsatz neuer energiesparender Komponenten lässt sich die Energieeffizienz optimieren. Wichtig ist, die Art des Antriebssystems auf die späteren Betriebsbedingungen und mögliche Nutzungsänderungen abzustimmen.

VDI 4707 – Effizienzklassen A bis G

Im Hinblick auf das Ziel des ressourceneffizienten Wirtschaftens wurde 2009 die VDI-Richtlinie VDI 4707 Blatt 11) erstellt, welche die Energieeffizienz von Aufzügen behandelt. Ziel dieser Richtlinie ist es, die Beurteilung und Kennzeichnung des Energiebedarfs von Aufzugsanlagen nach einheitlichen Kriterien festzulegen und transparent darzustellen – um den Vergleich von Aufzugssystemen verschiedener Hersteller und Typen zu ermöglichen. Dazu wurden sieben Energieeffizienzklassen von A bis G definiert Abb. 2 . Diese Klassifizierung entspricht der Klassifizierung der Energieeffizienz von Gebäuden gemäß der EU-Gebäuderichtlinie (2002/91/EG bzw. 2010/31/EU).

Zur Klassifizierung bestimmt der Experte zunächst den spezifischen Energiebedarf, indem er diesen beim Auf- und Abwärtsfahren anhand einer Referenzfahrt mit leerem Fahrkorb misst. Ferner wird der Stillstandverbrauch ermittelt (siehe Info-Kasten). Dazu sollte die Messung fünf Minuten nach Ende der letzten Fahrt erfolgen, damit Energiesparmaßnahmen, beispielsweise das Abschalten der Beleuchtung des Fahrkorbs im Stillstand, wirksam werden können. Außerdem erfolgt eine Einstufung der Aufzugsanlage gemäß ihrer Nutzung in die Kategorien 1 bis 5, je nach Nutzungsintensität/-frequenz sowie durchschnittlicher Fahr- bzw. Stillstandzeit pro Tag.

Mithilfe des spezifischen Gesamtenergie­bedarfs und der Nutzungskategorie lässt sich abschließend die Einstufung der Aufzugsanlage in die jeweilige Energieeffizienzklasse vornehmen. Studien konnten jedoch zeigen, dass die Energieeffizienzklasse A ohne Einsatz der neuesten Technik, wie den Einsatz von rückspeisenden Frequenzumrichtern, kaum möglich ist. Das verdeutlicht, dass eine exakte Berechnung der Energieeffizienz häufig schwierig ist, da sich die Einstufung in eine Energieeffizienzklasse mit dem Alter der Aufzugsanlage verändert.

Zentraler Punkt dabei sind die Komponenten. Für diese wurde die VDI-Richtlinie 4707 um Blatt 22) ergänzt. Seit diesem Jahr ist der Weg frei, mit der VDI4707-2 exakte Berechnungen durchzuführen und den Energieverbrauch der Komponenten einheitlich zu bestimmen. TÜV SÜD unterstützt bei der Zertifizierung nach VDI 4707 Blatt 1 und 2 der Richtlinie.

Modernisierung von Bestandsanlagen

Bei Betrachtungen zur Energieeinsparung darf jedoch nicht vergessen werden, dass der Großteil der Aufzüge in Europa bereits installiert ist und jährlich nur begrenzt neue Anlagen hinzukommen. Die Modernisierung von Aufzügen gehört neben der Wartung von Aufzugsanlagen zum Kernaspekt für Effizienzsteigerungen. Aus wirtschaftlichen Gründen ist es oft nicht sinnvoll, den gesamten Aufzug zu erneuern. TÜV-SÜD-Experten empfehlen stattdessen häufig, Aufzugskomponenten auszutauschen bzw. zu erneuern. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass diese Komponenten nach VDI 4707 Blatt 2 ausgewiesen sind.

Möglich sind beispielsweise ein Austausch kompletter Schacht- und Fahrkorbtüren oder deren Verschließteile, ein Austausch des Beleuchtungssystems oder Nachbesserungen hinsichtlich der Steuerung. Mit einer maßgeschneiderten Modernisierung können Aufzugsbetreiber die Betriebskosten ihrer Anlagen nachhaltig senken. Überlegungen zur Planung und Auslegung oder Nachrüstung bestehender Anlagen sollten in jedem Fall den gesamten Lebenszyklus der Anlage berücksichtigen.

Moderne Technik machen Energieeinsparungen im Aufzugsbau und -betrieb möglich. Nachrüstungen bestehender Aufzugsanlagen könnten bis zu 30 % der vorherigen Stromaufwendungen einsparen. Die Umsetzung wird allerdings erschwert, wenn kein ausreichendes Wissen um die Möglichkeiten bei allen Projektbeteiligten vorhanden ist und die nötigen Investitionen nicht spezifiziert sind. Energieeffizienz und Wirtschaftlichkeit sind zwar häufig zwei unterschiedliche Gesichtspunkte bei der Planung und dem Betrieb von Aufzügen. Doch kann unabhängige Expertise helfen, diese Punkte zu verbinden. Die TÜV-SÜD-Zertifizierung „Energieeffiziente Aufzugsanlage“ nach VDI-Richtlinie 4707 Blatt 1 und 2 garantiert – auch unabhängig von weiteren Modernisierungsmaßnahmen – eine belastbare energetische Gesamtbeurteilung.

Zuverlässige Messungen liefern Fakten

Der Gesetzgeber möchte die kontinuierliche Verbesserung der Energieeffizienz fördern, um Ressourcen zu schonen. Dafür kann es sinnvoll sein, Mindestanforderungen zu stellen. Wenn allerdings Innovationen gefördert werden sollen, ist es wichtig, keine konkreten technischen Lösungen vorzuschreiben. Aber Unternehmen, die Aufzüge entwickeln, planen und vertreiben, möchten den Energiebedarf ihrer Produkte kennen. Das ermöglicht ihnen, Verbesserungspotenziale zu identifizieren und wettbewerbsfähig zu bleiben.

Für die Eigentümer, Betreiber und Nutzer der Anlagen steht auch der Komfort im Vordergrund. Ein geringer Energiebedarf darf keine langen „Wake-up-Phasen“ und daraus resultierende Stillstände bedeuten.

Prüfungen und Zertifizierungen durch unabhängige Stellen helfen, unterschiedliche Interessenlagen auf Basis gesicherter Ergebnisse zusammenzuführen. Reproduzierbare und zuverlässige Messungen liefern Fakten, die Transparenz schaffen und fairen Wettbewerb fördern. Denn die Akzeptanz von Fakten, die auf Messresultaten basieren, ist groß, wenn die Messmethodik anerkannt ist. Und die Messmethodik der VDI-Richtlinie 4707 Blatt 1 genießt weltweit hohes Ansehen. •

1) VDI 4707 Blatt 1 Aufzüge – Energieeffizienz. Berlin: Beuth Verlag, März 2009

2) VDI 4707 Blatt 2 (Entwurf) Aufzüge – Energieeffizienz – ­Komponenten. Berlin: Beuth Verlag, Juni 2012

Hätten Sie das gewusst?

Trotz Wartung treten an Aufzügen Sicherheitsmängel auf, die erst bei einer Prüfung durch Zugelassene Überwachungsstellen (ZÜS) erkannt werden. Laut dem Anlagensicherheits-Reports 2013 des VdTÜV war nur bei einem Drittel der geprüften Aufzugsanlagen im Jahr 2012 bei der technischen Prüfung nichts zu beanstanden. Gut 9 % hatten „sicherheitserhebliche Mängel“, mehr als 58 % wiesen geringfügige Mängel auf, etwa 31 % waren mängelfrei. Bei 0,67 % der Aufzüge (4600 Anlagen) bestand sogar eine akute Gefahr für die Benutzer. Insgesamt wird die Zahl der Aufzüge in Deutschland auf über 700000 geschätzt, aber nur etwa 450000 Anlagen werden trotz gesetzlicher Verpflichtung regelmäßig durch eine ZÜS geprüft. https://www.vdtuev.de/

Ablauf einer Aufzugsmessung nach VDI 4707

TÜV SÜD Industrie Service ermittelt die Energieklasse und zertifiziert energieeffiziente Aufzugs­anlagen nach VDI 4707. Die Messung nimmt ein unabhängiger TÜV-SÜD-Experte vor, der vom Aufzugspersonal begleitet wird. Dafür sind folgende Schritte notwendig:

  • außer-Betrieb-Setzen der Aufzugsanlage
  • ermitteln der Anklemmpunkte für das Messgerät (diese sollten kenntlich gemacht werden)
  • Anschließen des Messgeräts bzw. der Stromzangen für den Kraftstromkreis hinter dem Hauptschalter und Einstellen des Messgeräts
  • drei aufeinander folgende Referenzfahrten (VDI 4707-1 fordert mindestens eine Referenzfahrt. Die Praxis zeigt aber, dass drei besonders aussagekräftig sind – wenn dies der Gebäudebetrieb zulässt. In Krankenhäusern oder Einkaufszentren ist mitunter nicht mehr als eine möglich.)
  • nach den drei Referenzfahrten sind 5 min Wartezeit anzusetzen, dann kann der Prüfer den Wert vom Messgerät ablesen.
  • dasselbe Verfahren kommt beim Beleuchtungsstromkreis zum Einsatz mit den dafür spezifischen Stromzangen

Am Ende erhält der Prüfer einen Befund mit vier ­verschieden Werten, die in den Messbericht eingetragen werden. Je nach Aufzugsanlage, Zugänglichkeit und Messbericht ist die Aufzugsanlage rund 1,5 Stunden außer Betrieb. Vereinfachte Mess­variante: Bei einigen Aufzugsanlagen besteht die Möglichkeit, Kraft- und Beleuchtungsstromkreis gleichzeitig zu messen. Dies bedeutet zunächst drei Referenzfahrten mit den Stromzangen für den Kraftstromkreis. In den fünf Minuten Wartezeit wechselt der Prüfer auf „Stand-by-Stromzangen“ mit dem dafür geeigneten Bereich und liest den Stand-by-Wert vom Messgerät ab.

Dieter Roas

ist Leiter des Geschäftsfelds Fördertechnik bei TÜV SÜD Industrie Service, München, foerdertechnik@tuev-sued.de, http://www.tuev-sued.de/is/eeb

Kai Kügler ist Experte für Fördertechnik und energieeffiziente Aufzugsanlagen bei TÜV SÜD Industrie Service, München, foerdertechnik@tuev-sued.de, http://www.tuev-sued.de/is/eeb

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