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DVGW-Zertifizierungszeichen

Wankende Errungenschaft

Eigentlich benötigt niemand ein DVGW-Zertifizierungszeichen – wenn jeder Hersteller den selbstverständlichen Erwartungen der Verwender und dem Regelwerk uneingeschränkt nachkommt. Dass die Hersteller viel Geld für die Zertifizierung ausgeben, zeigt, dass es ohne diese Instanz am Markt anders zugehen würde. Es spielt auch Angst mit: Für ein Unternehmen wäre bereits der „Skandal“ mit einem Wettbewerberprodukt eine Katastrophe – die Technologie würde insgesamt Marktanteile verlieren. Und für TGA-Planer und SHK-Handwerker ist das DVGW-Zertifizierungszeichen ein Segen: Ein Blick ersetzt einen umfangreichen Prüfungs- und Dokumentationsaufwand. Die jüngere Rechtsprechung bringt diese Errungenschaft nun ins Wanken.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat am 14. August 2013 der Berufung der Firma Frabo gegen ein Urteil des Landgerichts Köln vom 5. März 2008 stattgegeben. Der italienische Hersteller von Pressfittings aus Kupfer und Rotguss möchte seine Pressfittings mit dem DVGW-Zertifizierungszeichen kennzeichnen, obwohl die aktuell dafür geltenden Anforderungen im DVGW-Regelwerk nicht vollumfänglich erfüllt sind. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Urteils erwägt der DVGW, gegen das Urteil Revision beim Bundesgerichtshof einzulegen.

Die Frabo-Sichtweise: „Frabo entwickelt 1999 eine Dichtung für ihre Pressfittings, die die europäischen Tests für Wasser- und Gasleitungen besteht. Die Dichtung ist mit der CE-Kennzeichnung für Anlagen für die Wasserbeförderung sowie für Gasanlagen versehen. Nach dem Erhalt der Zertifizierungen des […] DVGW […] wird 2005 nach einer Überprüfung […] die DVGW-Zertifizierung für Wasseranlagen […] aufgrund eines neuen Zusatztests zu den europäischen zurückgezogen, […] den die Mischung [Anm.: der Elastomer-Dichtung], die erforderlich ist, um die Tests für Wasser und Gas zu bestehen, technisch nicht bestehen kann.“

Dass sich die Grundlage für eine Zertifizierung ändert, ist normal, sonst wäre jeder Fortschritt ausgeschlossen. Das schließt ein, dass man den europäischen Normen bei wichtigen Erkenntnissen vorauseilt. Im Europäischen Komitee für Normung (CEN) wird laut DVGW derzeit sogar über einen Belastungstest für derartige Dichtungsringe von 10000 Stunden beraten, der DVGW schreibt 3000 Stunden vor.

Sie ahnen es, die Logik eines Ingenieurs hat die Auseinandersetzung längst hinter sich gelassen. Das OLG Düsseldorf ist der Argumentation des DVGW nicht gefolgt, wonach der strittige Belastungstest aus Gründen des Gesundheitsschutzes im Trinkwasserbereich notwendig und angemessen sei und dass der Gesundheitsschutz Vorrang vor der von Frabo geforderten Warenverkehrsfreiheit haben müsse. Eine Konsequenz aus dem Urteilsspruch ist, dass DVGW CERT verpflichtet ist, Frabo zu gestatten, seine Pressfittings mit dem DVGW-Zertifizierungszeichen zu versehen.

Es könnte also künftig parallel zu Produkten, die die DVGW-Zertifizierungskriterien in vollem Umfang erfüllen, Produkte im Markt geben, bei denen nicht alle Kriterien erfolgreich testiert worden sind. Trotzdem tragen die Produkte das gleiche DVGW-Zertifizierungszeichen. Eine Besonderheit kann sich die Branche vielleicht merken – werden es aber mehr, wäre dies das Ende des DVGW-Zertifizierungszeichens. •

Jochen Vorländer, Chefredakteur TGA Fachplaner vorlaender@tga-fachplaner.de · https://www.tga-fachplaner.de/

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