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Belebungsbecken als Wärmequelle

Es muss nicht immer Grundwasser sein

Kompakt informieren

  • Für die Beheizung des Betriebsgebäudes der Kläranlage Hengersberg wurden die Belebungsbecken mit einem sehr einfach aufgebauten Kollektor aus PE-Rohr als Wärmequelle für eine Sole/Wasser-Wärmepumpe erschlossen.
  • Die Temperatur im Belebungsbecken sinkt auch im Winter nicht unter 5 °C, sodass die Voraussetzungen für eine hohe Jahresarbeitszahl gegeben sind. Die Auskühlung der Wärmequelle ist kaum messbar.

Für ein Wärmepumpenprojekt, das sicher nicht als alltäglich zu bezeichnen ist, entschied sich die Gemeinde Hengersberg bei der Vergrößerung ihrer Kläranlage und des zugehörigen Betriebsgebäudes. Hengersberg liegt etwa 50 km nordwestlich von Passau in Donaunähe und gehört zum Landkreis Deggendorf. Die Gemeinde selbst, die im Jahr 997 gegründet wurde, ist der älteste Markt Altbayerns mit über 1000 Jahren Marktrecht und hat knapp 8000 Einwohner. Nach der Bildung eines Zweckverbands von Hengersberg mit der Nachbargemeinde Niederalteich musste die Kapazität des Klärwerks erweitert werden. Heute sind etwa 10000 Einwohner und 500 Gewerbebetriebe angeschlossen, was einem Äquivalent von 28000 Einwohnern entspricht.

Der Ausbau erforderte mehrere neue Klärbecken und die Vergrößerung des Betriebsgebäudes durch Aufstockung. Neben der jetzt großzügig gestalteten Zentrale im Betriebsgebäude mit mehreren Bildschirmarbeitsplätzen und zahlreichen Monitoren zur Überwachung und Steuerung der Anlage wurden ein modern eingerichteter Besprechungsraum, ansprechende Sozialbereiche mitsamt Küche sowie eine Werkstatt und ein Labor eingerichtet. Denn zu den wichtigsten Aufgaben des Betriebspersonals gehören die regelmäßige umfangreiche Beprobung und Analyse. Unter anderem ermittelt das Labor zum Qualitätsnachweis täglich den Gehalt an Trockensubstanz im geklärten Abwasser und stellt Proben zur Lagerung zurück. Falls es in der Donau zu einem Fischsterben kommen sollte, kann das Wasserwirtschaftsamt über diese Proben die Herkunft einer Vergiftung schneller eingrenzen, um Maßnahmen zu treffen.

Nach der Erweiterung hat das Klärwerk ein Einzugsgebiet von rund 8 km. Zum Abwassernetz gehören mehrere Sammelbecken und 33 Pumpwerke. Bei trockenem Wetter liegt der Abwasserzulauf bei 2800 bis 3200 m3/d, berichtet der stellvertretende Klärmeister Michael Wollinger. Bei normalem Regenwetter sind es 12000 bis 13000 m3/d.

Betriebsgebäude vorbildlich beheizen

Für das Betriebsgebäude im Klärwerk wollte die Gemeinde auf jeden Fall regenerative Energien nutzen – allein schon wegen des guten Vorbilds. Denn in Hengersberg steht moderne und umweltschonende Haustechnik ganz oben auf der Agenda, wie Bürgermeister Christian Mayer ausführt. In der Gemeinde steht eine von zwei Passivhausschulen in Bayern. Dort konnten nach der Sanierung 90 % der Heizkosten eingespart werden. Vorher lag der Heizölverbrauch bei 140000 l/a.

Für das Betriebsgebäude des Klärwerks wurden in der Planungsphase verschiedene Varianten berechnet. Die erste Idee war die Nutzung der EDV-Abwärme, berichtet Manfred Knapp, Vertriebsbeauftragter von Stiebel Eltron für die Region. Dieser Plan wurde aber verworfen, denn die Entsorgung der Abwärme außerhalb der Heizperiode hätte zusätzlichen apparativen Aufwand erfordert. Als zweite Möglichkeit kam eine Wärmepumpe mit Erdkollektoren in Betracht, weil für die Erweiterung sowieso zusätzliche Becken und umfangreiche Erdarbeiten erforderlich waren.

Schließlich fiel die Entscheidung jedoch auf die Nutzung der zwei neu erbauten Belebungsbecken als Reservoire für Umweltwärme, in die ein Kollektor aus PE-Rohr eingebaut wurde. Diese Variante ließ sich mit sehr geringem baulichen Aufwand umsetzen. Da die Planung frühzeitig feststand, konnten die Klärbecken gleich mit den erforderlichen Rohrdurchführungen betoniert werden. Das Verlegen des Kollektors sowie die Installation der Wärmepumpe erfolgte durch den Fachbetrieb Markus Wasmeier Heizung und Sanitär, Aidenbach. Da Abwasser sehr korrosiv ist, wurde der Kollektor mit Spezialhalterungen aus Edelstahl installiert. Dabei war ein Wandabstand von 15 cm einzuhalten, damit sich keine Schwebteile festsetzen und eine gute Umströmung gewährleistet ist. Insgesamt wurden etwa 500 m PE-Rohr der Dimension 25 × 2,3 mm installiert.

Minimale Abkühlung des Abwassers

Zu prüfen ist bei jeder Wärmepumpenauslegung, ob die Gefahr einer unzulässigen Auskühlung der Wärmequelle besteht. Die eingebaute Wärmepumpe WPF 10 E von Stiebel Eltron hat eine Heizleistung von 9,9 kW bei einer Quellentemperatur von 0 °C und einer Vorlauftemperatur von 35 °C. Die Abkühlung des Abwassers lässt sich mit einer einfachen Rechnung abschätzen: Hierzu wird die Mindestabwassermenge von 2800 m3/d betrachtet. Bei ganztägigem Wärmeentzug mit 10 kW würde es zu einer Auskühlung des Abwassers von 0,07 K kommen, was zu vernachlässigen ist.

Da die Wassertemperatur im Becken auch im Winter nicht unter 5 °C fällt, fallen die Leistungsdaten in der Praxis günstig aus. So erreicht die Wärmepumpe eine Heizleistung von bis zu 13 kW. Zwar liegt noch keine abschließende Ermittlung der Jahresarbeitszahlen über eine komplette Heizsaison vor, die Messwerte des integrierten Wärmepumpenreglers deuten aber auf einen Wert von ungefähr 5,0 hin.

Die im Technikraum des Betriebsgebäudes installierte Sole/Wasser-Wärmepumpe WPF 10 E war nicht nur mit einem Regler, sondern mit weiteren Einrichtungen zur einfachen Installation ausgestattet. Zu nennen sind hier Schwingungsdämpfer, eine Umwälzpumpe für den Pufferspeicher, eine Solepumpe mitsamt Solebausatz und ein Umschaltventil für die Trinkwassererwärmung. Der 200-l-Pufferbehälter SBP 200 E und der 300-l-Trinkwarmwasserspeicher SBB 302 WP sind ebenfalls von Stiebel Eltron. Die großzügige Auslegung des Trinkwasserspeichers war nicht nur der Anforderung geschuldet, dass sich mehrere Mitarbeiter und ggf. auch Fremdkräfte nach ihrem Einsatz duschen können: es gibt derzeit keine kleineren Trinkwarmwasserspeicher mit einer erforderlichen Wärmeübertragerfläche von 5 m2. Die Wassertemperatur ist auf 47 °C eingestellt. Über eine elektrische Zusatzheizung (Heizstab) lässt sich die Temperatur zur Legionellenprophylaxe auf 60 °C erhöhen.

Die Wärmeverteilung im Betriebsgebäude mit 150 m2 zu beheizender Fläche erfolgt über eine Fußbodenheizung. Nur einen Heizkörper gibt es im Gebäude, der wurde auf die gleiche Vorlauftemperatur wie die Flächenheizung ausgelegt.

Natürliche Gewässer als Wärmequelle

Sicher gibt es in Deutschland viele Kläranlagen, die sich mit einer entsprechenden Heizung ausstatten ließen. Doch es gibt auch Anwendungen, wo ähnliche Möglichkeiten existieren, wie Knapp aus seiner Vertriebserfahrung berichtet. So hat er auch schon einmal ein Projekt für eine Mühle betreut, die an einem gemauerten Bachlauf stand. Dort war das Vorgehen im Prinzip identisch. Bei der Nutzung von Bächen oder Seen sind allerdings Wasserrechte zu berücksichtigen. Denn auch wenn ein Bach durch das eigene Grundstück verläuft, ist die Nutzung als Wärmequelle nicht ohne Weiteres erlaubt. Für die Genehmigung einer solchen Nutzung ist das Wasserwirtschaftsamt bzw. das Landratsamt zuständig. Uwe Bolz

Weitere Fachberichte zum Thema enthält das

TGAdossier Wärmepumpe: Webcode 718

Hochwasser 2013

Vom Hochwasser Anfang Juni 2013 mit dem Deichbruch im Landkreis Deggendorf war in der Gemeinde Hengersberg auch die Kläranlage betroffen. Die Wärmepumpe für das Betriebsgebäude stand rund 30 cm im Hochwasser. Ihrer Funktion hat das allerdings nicht geschadet. An anderer Stelle sind die Folgen dramatisch: Bei der Flutkatastrophe standen im Landkreis Deggendorf etwa 950 Häuser und Wohnungen teilweise bis unters Dach unter Wasser. Fassaden und Decken saugten sich dabei mit einem Wasser-Öl-Gemisch voll. Anfang September stand fest, dass mindestens 150 Häuser auch aus gesundheitlichen Gründen abgerissen werden müssen, weil die Schadstoffe noch lange heraustreten können.

Welche Wärmequellen sind noch möglich?

Luft, Erdreich und Grundwasser sind der Standard. Doch es sind viele weitere ­Wärmequellen, die sich für die Heizung mit Wärmepumpen anzapfen lassen. Wir haben Frank Röder, Leiter der Planungsabteilung von Stiebel Eltron, nach Beispielen gefragt.

Frank Röder ist Leiter der Planungsabteilung von Stiebel Eltron, 37603 Holzminden, Telefon (0 55 31) 70 29 00 91, frank.roeder@stiebel-eltron.de, www.stiebel-eltron.de - Stiebel Eltron - © Stiebel Eltron
Frank Röder ist Leiter der Planungsabteilung von Stiebel Eltron, 37603 Holzminden, Telefon (0 55 31) 70 29 00 91, frank.roeder@stiebel-eltron.de, www.stiebel-eltron.de - Stiebel Eltron

TGA: Herr Röder, Hengersberg ist ein interessantes Projekt, aber nicht jeder hat eine Kläranlage vor der Haustüre. Welche weniger bekannten Wärmequellen bieten sich noch an?

Röder: Vor fast 40 Jahren hat Stiebel Eltron begonnen, Geräte zur Nutzung erneuerbarer Energien zu entwickeln. Heute ist das Unternehmen mit Lösungen zwischen 5 und 500 kW Heizleistung einer der führenden Anbieter von Wärmepumpen für Heizung, Kühlung und Trinkwassererwärmung. Oberste Priorität hatte immer, Wärmepumpen als ganz normales Heizsystem für den Neubau und den Bestand zu etablieren. Das ist gelungen.

Es gibt aber auch immer wieder Gebäude und Einsatzzwecke, vor allem in Nichtwohngebäuden, die eher ungewöhnlich, aber gleichzeitig auch sehr interessant sind. In jüngster Vergangenheit wurde zum Beispiel ein echter Altbau, und zwar eine Kirche, mit einer 160-kW-Grundwasser-Wärmepumpenanlage saniert. In Industriebetrieben ist die Nutzung von Prozessabwärme als Wärmequelle sehr interessant und wird häufig realisiert. Daneben sind Objekte entstanden, die einen Eisspeicher für die Heizung und Kühlung des Gebäudes nutzen. In der Schweiz haben wir sogar eine Wärmepumpenanlage gebaut, die Wärme aus Weintanks für die Gebäudeheizung nutzt.

TGA: Häufig wird der Gebäudehülle eine Energiegewinnungsfunktion zugeschrieben…

Röder: Die Wärmequellen Luft und die oberflächennahe Geothermie mit Grundwasser und Erdreich werden auch in Zukunft die meistgenutzten Wärmequellen sein. Aber wir sind stets an neuen Entwicklungen interessiert. Zurzeit ist ein mit Kooperationspartnern entwickeltes System im Feldtest, das vor allem für Industriehallen interessant ist. Die Gebäudehülle dient hier als großflächiger Absorber und Wärmequelle. Das erste Betriebsjahr ist abgeschlossen, und die Jahresarbeitszahl ist besser als die einer Luft/Wasser-Wärmepumpe. Sie erreicht nahezu die Werte einer Erdsondenanlage. Daneben kann das Gebäude passiv und aktiv gekühlt werden. Zum Einsatz kommen Sole/Wasser-Wärmepumpen aus der Serienfertigung.

TGA: In letzter Zeit sind häufig Wärmenetze mit niedrigen Temperaturen für Wärmepumpen und Kälteanlagen im Gespräch. Solche Netze haben kaum Wärmeverluste und man kann sich den Dämmaufwand sparen…

Röder: Die Idee, ein „kaltes Nahwärmenetz“ zum Beispiel für eine Wohnsiedlung zu bauen, ist aus den von Ihnen genannten Gründen sehr interessant. Als zentrale Wärmequellen könnten zum Beispiel die Wärme aus Abwässern, aber auch Standard-Erdsondenfelder dienen. Letztere hat Stiebel Eltron bereits für viele Großanlagen realisiert. Echte kalte Netze gibt es meines Wissens nur wenige. Im ehemaligen Ruhrgebiet nutzen einige Betreiber unsere Wärmepumpen, um Energie aus dem Grubenwasser ausgedienter Bergwerke für die Heizung zu gewinnen.

Für Wohnsiedlungen war unsere Planungsabteilung an mehreren Vorplanungen beteiligt, die leider nicht realisiert werden konnten. Obwohl eine zentrale Wärmequelle im Vergleich zu vielen kleinen Erdsonden kleiner ausfallen kann und die Wirtschaftlichkeit für den Betreiber interessant sein dürfte, konnten letztendlich keine Kosten- und Nutzungsmodelle mit allen Nutzern und Eigentümern vereinbart werden. Meines Erachtens funktioniert solch ein Modell nur, wenn auch der Betreiber der Wärmequelle gleichzeitig die Wärmeerzeuger, also die Wärmepumpe stellt und Wärme an den Nutzer verkauft. Ist dies nicht der Fall, bleibt offen, was eine kWh regenerative Energie aus einer zentralen Quelle kostet und wie wirtschaftlich diese im Vergleich zu einer individuellen einzelnen Lösung ist.

TGA: Mit welchen Leistungen unterstützt Stiebel Eltron Planer und Handwerker bei Projekten?

Röder: Insbesondere bei der Planung bieten wir eine qualifizierte Unterstützung, weil diese entscheidend für den effizienten Betrieb einer Anlage ist. Erste Anfragen bearbeiten die geschulten Mitarbeiter in den Vertriebszentren vor Ort. Unterstützung erhalten die Fachberater durch die Planungsabteilung in Holzminden. Mit 15 Ingenieuren erstellen wir hier die verschiedensten Planungs- und Auslegungsgrundlagen, wie Heiz- oder Kühllastberechnungen oder Nachweise nach Energieeinsparverordnung und EEWärmeG. Entwurfs- und Ausführungsplanungen bieten wir für die Bereiche Heizungswärmepumpen, kontrollierte Wohnungslüftung, thermische Solaranlagen, Photovoltaik und Klimasysteme an.

Wir legen großen Wert auf die integrale Planung verschiedener Systeme. So werden zum Beispiel PV-Anlagen im Hinblick auf die kombinierte Nutzung mit Wärmepumpen dimensioniert. Basis für die Entscheidungsfindung sind Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen mit Energiekostenprognosen, die individuell erstellt werden können. Pro Jahr erstellt unsere Planungsabteilung mehr als 2500 Planungen. Geboten wird eine komplette Rundum-Betreuung, optimale Auslegung und Auswahl des Systems sowie der dazugehörigen Komponenten. Denn eine sorgfältige Planung unter Berücksichtigung jahrelanger Erfahrung ist der Garant für Betriebssicherheit und Effizienz bei haustechnischen Anlagen.

TGA: Vielen Dank für das Gespräch. •

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