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Thermische Bauteilaktivierung

Zukunftssicher kühlen und heizen

Kompakt informieren

  • Thermisch aktivierte Bauteile sind bei neu gebauten Bürogebäuden das favorisierte System zum Kühlen oder für die Grundlastkühlung beziehungsweise -heizung. Der Flächenanteil liegt bei rund 50 %.
  • Aufgrund der Entwicklung der Rahmenbedingungen und der inzwischen bewährten thermischen Aktivierung der weit verbreiteten Spannbeton-Fertigdecken und dem steigenden Bedarf aus dem Wohnungsbau wird die Nachfrage weiter steigen.
  • Oberflächennahe Alternativsysteme und Thermische Steckdosen erweitern das Einsatzspektrum auf Räume mit hohem Kühlleistungsbedarf.

Über die Energieeinsparverordnung (EnEV) will der Gesetzgeber unter anderem die energiepolitischen Ziele der Bundesregierung erreichen – insbesondere einen nahezu klimaneutralen Gebäudebestand bis zum Jahr 2050. Daraus ergibt sich auch die Konsequenz, dass aktuelle Bauvorhaben bereits in diesem Kontext geplant werden müssen.

Resultat der hohen Mindestanforderung an den Wärmeschutz ist eine deutliche Senkung des Jahresheizenergiebedarfs der Gebäude. Die hohe Dämmwirkung und Dichtigkeit der Gebäudehülle bewirkt allerdings auch, dass – selbst bei winterlichen Temperaturen – nur ein geringer Teil der inneren Wärmelasten über die Gebäudehülle abgeführt wird.

Hinzu kommt, dass bei modernen Bürogebäuden mit offener Architektur und großen Fensterflächen trotz Beschattungsmaßnahmen, eine relativ hohe äußere Wärmelast zu berücksichtigen ist. Weiterhin ist die Ausstattung mit einer Vielzahl elektrisch betriebener Geräte zu beachten. Bei gut gedämmten Bürogebäuden besteht so fast ganzjährig ein Bedarf an Kühlung, um ein behagliches Raumklima am Arbeitsplatz zu gewährleisten.

Thermische Bauteilaktivierung

Thermisch aktivierte Bauteile bieten die Möglichkeit, Büro- und Verwaltungsgebäude mit ihrer langen Kühlperiode nachhaltig und energiesparend zu kühlen; zudem können sie im Heizbetrieb die Grundlast decken Abb. 1.

Die thermische Bauteilaktivierung nutzt im Gebäude vorhandene Massivbauteile (aus Beton), insbesondere im Deckenbereich, und ihre thermische Speicherfähigkeit. Über wasserführende Rohrsysteme werden sie in Abhängigkeit des Lastfalls mit einer geringen Temperaturdifferenz zur Solltemperatur im Raum durchströmt. Das Prinzip beruht auf einem stetigen Wechsel von Be- und Entladung, beispielsweise: Wärmezufuhr aus dem Raum heizt an warmen Sommertagen den Beton tagsüber auf. Diese Wärme wird über die integrierten Rohrregister tagsüber und in der Nacht abgeführt Abb. 2.

Die Nutzung von Bauteilen und Speichermasse zum Heizen und Kühlen mit niedriger Oberflächentemperatur ist keine Erfindung der Neuzeit. Besonders bekannt ist die nach einem ähnlichen Prinzip funktionierende Hypokaustenheizung aus der römischen Antike. Die erste in Deutschland gebaute Deckenheizung wurde erst 1930 realisiert.

Paneel-Heizungen mit Stahlrohr wurden bereits 1907 in England patentiert. Das nach der Liverpooler Firma Crittal benannte System, bei dem vorgefertigte Rohrmäander aus Stahl in die Stahlbetondecken einbetoniert werden, fand in den 1950er-Jahren auch in Deutschland Verbreitung – allerdings mit überschaubarem Erfolg. Schon zu Beginn der 1930er-Jahre wurde über den möglichen Einsatz des Systems zum Kühlen publiziert – diese Idee verwarf man nach Versuchen jedoch, da Taupunktunterschreitung und Kondensatbildung nicht kontrollierbar erschienen.

Die Probleme der Kondensatbildung bei Stahlrohr, die unpräzise Vorlauftemperaturregelung und die mangelnde Überwachung von Raumluftfeuchte und -temperatur konnten im Laufe der 1990er-Jahre durch den Einsatz von Vollkunststoffrohren und entsprechender Technik behoben werden [1]. Es folgte eine rasante Marktverbreitung der Kühlung mit thermisch aktiven Bauteilen, die sich bis heute fortsetzt. Annähernd 50 % der heutigen Neubauten im Gewerbebau (Büroflächen) werden mit der Technologie ausgestattet.

Im Hinblick auf energetische Anforderung und die Nutzungspflicht erneuerbarer Energien über das EEWärmeG sind heute Konzepte gefragt, die bauteilintegrierte Rohrregister mit raumnahen Temperaturen, beispielsweise im Kühlfall mit 16 / 20 °C direkt aus dem Erdreich, Grundwasser oder einer anderen regenerativen Energiequelle versorgen. Dabei wird lediglich Energie für die Durchströmung der Rohrregister, Verteilstränge und Wärmeübertrager aufgewendet, der sonst übliche Energieeinsatz für den Betrieb von Kompressions-Kältemaschinen entfällt.

Im Heizfall wird die Bauteilaktivierung, häufig zur Deckung der Grundlast, in Kombination mit Wärmepumpen eingesetzt. Analog zur hydraulischen Flächenheizung ermöglicht hierbei die niedrige Vorlauftemperatur einen Betrieb mit geringem Primärenergieeinsatz und niedrigen Energiekosten.

Ortbetonausführung

Zur thermischen Bauteilaktivierung werden in der Ortbetonausführung werkseitig vorgefertigte Rohrregister an die bauseitige obere Bewehrung der Betondecke gehängt Abb. 3. Dies ermöglicht einen gleichmäßigen Verlegeabstand und einen zügigen Baufortschritt. Das System Contec verwendet das seit mehr als 40 Jahren bewährte Uponor Polyethylen-Rohr (PE-Xa).

In seiner neuen Generation als Comfort Pipe Plus (zwei blaue Streifen auf der weißen Außenschicht) wird das Rohr mit einem speziellen Extrusions- und Vernetzungsverfahren hergestellt, das optimale Verarbeitungsbedingungen auf der Baustelle gewährleistet. Zugleich ist der verwendete Kunststoff sehr formbeständig und weist eine hohe Resistenz gegen Spannungsrisse auf. Diese Eigenschaften sind bei rauem Baustellenbetrieb für eine langlebige Installation der Bauteilaktivierung notwendig.

Spannbeton-Fertigdecken

Neben der Verlegung im Ortbeton hat sich in der Baupraxis mittlerweile auch die thermische Aktivierung von Spannbeton-Fertigdecken bewährt [4]. Bei dieser Variante der Bauteilaktivierung werden die Contec-Module im Spannbetonwerk in den unteren Plattenspiegel der Fertigdecke integriert. Die Spannbetonelemente werden dann anschlussfertig „just-in-time“ auf die Baustelle geliefert und von einem Fachbetrieb montiert Abb. 4. Aufgrund der sehr speziellen Kenntnisse erfolgen die Beratung zu den Bauvorhaben und die Schnittstellenkoordination zwischen thermischer Aktivierung und konstruktiven Merkmalen der Decke durch Uponor und seine Partner, wie dem Spannbetonwerk Elbe.

Wie groß das Potenzial für die Lösung ist, zeigt die Marktverteilung: Mehr als zwei Drittel der Decken in gewerblich genutzten Immobilien werden aktuell als Fertigbauelemente oder Halbfertigteile hergestellt. Diese Bauweise verkürzt die Bauzeit und vermeidet lohnintensive Arbeiten beim Gießen der Decke. Neben der Vorfertigung bieten die Spannbetondecken zusätzliche Vorteile: Die Hohlkammer-Elemente sind 40 % leichter als herkömmliche Betondecken und reduzieren damit die statische Belastung des Tragwerks und der Fundamente. Und schon bei vergleichsweise geringen Deckenstärken sind Spannweiten bis zu 18 m möglich.

Bauteilintegrierte Akustiklösung

Auch hohe Anforderungen an die Raumakustik können in Verbindung mit der thermischen Bauteilaktivierung realisiert werden. So können schalldämpfende Maßnahmen inzwischen integrativer Bestandteil der Betondecke sein. Mithilfe des von Max Frank zusammen mit dem Fraunhofer Institut für Bauphysik (IBP) entwickelten Absorberstreifens Sorp10 ist es sogar möglich, den Raumklang schon bei der Konzeption des Gebäudes zu gestalten.

Der von einem Beton-U-Profil umschlossene Schallabsorber wird dabei auf die Schalung der Ortbetondecke gelegt und dient zusätzlich als Abstandhalter für die Armierung der Betonkernaktivierung Abb. 5. Das Absorbermaterial aus versintertem Blähglasgranulat („Reapor“) besitzt aufgrund seiner offenporigen Struktur hervorragende Akustikeigenschaften und erzielt bei einer Deckenbelegung von 20 % bis zu 70 % Schallabsorption. Im Frequenzbereich der menschlichen Sprache ergeben sich somit deutlich reduzierte Nachhallzeiten gegenüber konventionellen Betondecken Abb. 6.

Auf die Leistung der Bauteilkühlung hat der 5 cm breite Absorberstreifen dagegen nur sehr geringen Einfluss. Die Gestaltung der Deckenansicht bleibt ebenfalls flexibel. Ob als Sichtbeton in der ursprünglichen Oberfläche oder als fugenlose weiße Oberfläche durch Auftragen eines Akustikspachtels. Die Materialkombination aus Faserbeton und Reapor erfüllt außerdem die Brandschutzanforderungen vergleichbarer, konventioneller Betondecken.

Oberflächennahes Alternativsystemen

Neben dem konventionellen Bauteilaktivierungssystem Contec bietet Uponor mit Contec ON Abb. 7 eine oberflächennahe Variante für den Einsatz in Gebäuden mit hohen Kühl- und Heizlasten an. Durch den oberflächennahen Einbau der Register – lediglich einige Zentimeter unter dem Deckenabschluss – bietet diese Systemlösung im Vergleich zur klassischen Betonkernaktivierung eine erhöhte direkte Kühl- und Heizleistung sowie eine schnellere und damit verbesserte Regelfähigkeit. Für die Praxis heißt das, dass der Heizfall monovalent von Contec ON abgedeckt werden kann.

Die werkseitig vorgefertigten Contec-ON-Module werden als Auflage für die untere Bewehrung verwendet. Alternativ bietet sich auch bei der oberflächennahen Bauteilaktivierung die Anwendung in Elementdecken an. Angepasst auf die Raumgeometrie des Bauvorhabens werden die Kunststoffträgermatten samt Rohr in den unteren Deckenspiegel im Werk eingepasst und nach Einbringen der unteren Bewehrungslage vergossen.

Neben dem klassischen Gewerbebau findet dieses System zunehmend im Wohnungsbau Anwendung, weil auch hier durch die Fortschreibung der Neubauforderungen, höhere Komfort- und Sicherheitsbedürfnisse der Nutzer sowie längere Phasen mit hohen Außentemperaturen, die Kühlung zunehmend eine Rolle spielt. Der Anschluss der Module an die Verteil- und Sammelleitungen erfolgt mit Presstechnik, die genau auf die Systeme abgestimmt ist Abb. 8.

Mehr Kühlleistung aus der Steckdose

Ist in Räumen mit besonders hoher Wärme-last, beispielsweise Serverräume oder verglaste Eckräume, die Deckung von Spitzenlasten notwendig, bietet Uponor eine sogenannte Thermische Steckdose Abb. 9 an. Die Thermische Steckdose dient dabei als Anschluss von Spitzenlastenelementen, beispielsweise Deckensegel. Damit wird auch dem Wunsch Rechnung getragen, die gesamte Heiz- und Kühlleistung über die Decke erbringen zu können und gleichzeitig Flexibilität und akustische Eigenschaften zu verwirklichen.

Passend zum Achsraster des Gebäudes werden die frei von der Decke hängenden Segel meist quer zur Fassade gehängt und ermöglichen ein individuelles Regeln der Temperatur. Dies wird über einen eigenen Verteilerkreis ermöglicht, der über die individuellen Steuerimpulse der Nutzer (wärmer / kälter) gesteuert wird. Sollten im Laufe der Gebäudenutzung Wände versetzt werden, können die Segel mit geringem Aufwand über die Regelung in das neue Raumkonzept integriert werden.

Der Anschluss zur Montage der frei von den Decken hängenden Spitzenlastenelemente erfolgt einfach mithilfe eines Adapters. Die Thermische Steckdose selbst wird mit ihrem korrosionsfreien Gehäuse direkt auf der Deckenschalung montiert oder im Halbfertigteil eingepasst und zusammen mit den Registern der Bauteilaktivierung einbetoniert. Damit ist die Thermische Steckdose bündig in der Decke integriert und kann bedarfsgerecht zum Einsatz kommen.

Einen weiteren Vorteil bietet ein integrierter Ventileinsatz mit selbstständigen Verschlüssen. In der Kombination mit dem Anschlussadapter muss bei einem nachträglichen Einsatz von Spitzenlastelementen der Anlagenabschnitt nicht aufwendig entleert und mit neu aufbereitetem Wasser befüllt werden. Die Thermische Steckdose kann mit Rohrweiten der Dimension 14 ×2,0 mm bis 20 × 2,3 mm im 2-, 3- oder 4-Leitersystem angeschlossen werden, sodass das installierte Spitzenlastenelement im Vergleich zu Contec und Contec ON mit unterschiedlichen, meistens höheren Vorlauftemperaturen optimal ausgenutzt werden kann.

Best-Practice im Kölner Rheinauhafen

Die thermische Bauteilaktivierung gilt als besonders zukunftssicher und kommt deshalb in modernen Nichtwohngebäuden immer häufiger zum Einsatz. So auch am Kölner Rheinauhafen, der in den letzten Jahren mit Beginn seiner Umgestaltung durch architektonische Sehenswürdigkeiten, wie die Kranhäuser, bekannt wurde. Die direkte Rheinlage ermöglicht besonders ökologische und zugleich ökonomische Energiekonzepten zum Kühlen und Heizen mit bauteilintegrierten Systemen in Kombination mit Geothermie.

Bei der Planung des Kranhaus Plus G war die Bedingung zur Nutzung des Wassers direkt aus dem Rhein ein hydrogeologisches Gutachten. Zusätzlich wurde die Genehmigung der Stadt Köln für den Bau von zwei Kiesschüttbrunnen eingeholt. Im Rahmen der TGA-Planung wurde mithilfe der dynamischen Gebäudesimulation ein Kühlleistungsbedarf von rund 35 W/m2 berechnet, den die stille Kühlung der Bauteilaktivierung abdeckt. Büroräume mit höheren Anforderungen, wie die Eckräume des Gebäudes, wurden zusätzlich mit Thermischen Steckdosen und Deckensegeln ausgestattet.

Im Kranhaus Plus wird die thermische Bauteilaktivierung auch als Grundlastsystem für den Heizfall eingesetzt. Dazu wurde das Vor- und Rücklauf-Temperaturniveau der Contec-Bauteilaktivierung mit 28/26 °C geplant. Damit wird im Heizfall eine Last von bis zu 18 W/m2 gedeckt.

Literatur

[1] Glück, B.: Thermische Bauteilaktivierung (Bauteilheizung und Bauteilkühlung). Hamburg: Forschungsbericht der Rud. Otto Meyer Umweltstiftung (Hrsg.), 1999

[2] Babiak, J.; Olesen, B. W.; Dusan, P.: Low temperature heating and high temperature cooling. Brüssel: Rehva Guidebook No. 7, Federation of European Heating and Air-Conditioning Associations, 2007

[3] Deecke, H.; Günther, M.; Olesen, B. W.: Die Betonkernaktivierung. Norderstedt: Velta, 2003

[4] Günther, M; Müntjes, M.: Thermisch aktive Betonfertigteil- und Stahl Flachdecken als Applikation der Betonkernaktivierung. Berlin: Beuth Verlag (Hrsg.), Praxishandbuch der technischen Gebäudeausrüstung (TGA) Band 2, S. 416 ff., 2013

[5] Lösing, A.; Stette, J.: Thermische Bauteilaktivierung. Berlin: Beuth Verlag (Hrsg.) Praxishandbuch der technischen Gebäudeausrüstung (TGA), S. 505 ff., 2009

[6] Meierhans, R.; Olesen, B.W.: Betonkernaktivierung. Norderstedt: Velta, 1999

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