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VDI 2078

Keine Angst vor der neuen Kühllast

Kompakt informieren

  • Die Kühllastberechnung nach VDI 2078 wurde mit der Neuherausgabe auf eine neue Berechnungsbasis gestellt, die Beschränkungen des bisherigen Verfahrens aufhebt. Dafür müssen die relevanten Bauteile genau abgebildet werden.
  • Mit der neuen VDI 2078 werden unter anderem die Kühllast, die Raumlufttemperatur und auch die operative (gefühlte) Temperatur berechnet. Dabei werden Wechselwirkungen mit bestimmten Anlagenteilen, der Lüftung und der Regelung berücksichtigt.
  • Um die Qualität der Ergebnisse eines VDI-2078-Programmes sicherzustellen, verlangt die VDI-Richtlinie 2078 zwingend die Validierung der Software durch vorgegebene Beispiele.

Neuerungen sind zunächst einmal lästig: altbekannte Pfade müssen verlassen, Neues gelernt und umgesetzt werden. Nicht anders verhält es sich mit der neuen VDI-Richtlinie 2078. Der Anwender einer Kühllastberechnungs-Software ist in erster Linie an den Vorteilen und Änderungen in der Anwendung der Software interessiert.

Ob die Kühllast nach dem Faltungs- und Superpositionsprinzip mithilfe denormierter Gewichtsfaktoren (VDI 2078:1996) oder nach einem „Thermisch-dynamischen Modell“ mithilfe der Matrizenrechnung ohne Fourier- oder Laplace-Transformation (VDI 2078:2015) berechnet wird, interessiert einen Anwender für die tägliche Praxis zunächst einmal wenig. Für ihn ist wichtig, wie hoch der Aufwand bei der Datenerfassung ist, welchen Nutzen die Ergebnisse bieten und welche Besonderheiten zu beachten sind.

Die alte Fassung der VDI 2078 besaß einige Beschränkungen, die in der neuen VDI 2078 aufgehoben wurden. Das alte Berechnungsverfahren basierte auf Typräumen, Bauschwereklassen und vorberechneten Gewichtsfunktionen mit fest vorgegebenen Schichtaufbauten der Wände. Die zu berechnenden Räume wurden mit einer Denormierung angepasst. Diese Vorgehensweise und weitere vereinfachende Annahmen führten zu Ungenauigkeiten, die mit der neuen VDI 2078 durch ein völlig neues Rechenverfahren beseitigt werden.

Die neue VDI 2078 nutzt als Rechenkern ein von Rouvel und Zimmermann entwickeltes Zwei-Kapazitäten-Modell, das in VDI 6007 Blatt 1 beschrieben wird. Als Fenstermodell wird VDI 6007 Blatt 2 und als Modell für die solare Einstrahlung VDI 6007 Blatt 3 verwendet. Mit der neuen VDI 2078 werden unter anderem

  • die Kühllast <span class="GVAbbildungszahl">2</span>,
  • die Raumlufttemperatur <span class="GVAbbildungszahl">3</span> und
  • die operative (gefühlte) Temperatur

berechnet, wobei Faktoren, die das thermische Verhalten des Raumes beeinflussen, berücksichtigt werden, beispielsweise

  • Kühldecken (Flächenkühlung),
  • maschinelle und natürliche (Fenster-)Lüftung und
  • Regelstrategien (Ein-/Zweipunkt und Proportional-Regelung)

Die Kühllast wird folglich vom Gebäude, seiner Nutzung und maßgeblich auch von der Regelstrategie der installierten haustechnischen Anlagen bestimmt. Die regelungstechnischen Auswirkungen auf die Kühllast, beispielsweise eine 2-Punktregelung oder eine Proportionalregelung und Schwankungsbereich der Raumlufttemperatur sind somit überprüfbar.

Für das Behaglichkeitsempfinden ist neben der Raumlufttemperatur auch der Einfluss der Strahlung sämtlicher raumumschließender Flächen von Bedeutung. Mit der operativen Temperatur steht ein Rechenwert zur Verfügung, der zunehmend an Bedeutung gewinnt.

Rückkopplung der Anlagen

Die Lastabfuhr über eine Zuluft-Anlage oder Flächenkühlung (z. B. Kühldecke) führt zu einer Rückkopplung der Anlage auf das Berechnungsergebnis, sobald sich die Raumlufttemperatur ändert. Die Temperaturdifferenz zwischen Zulufttemperatur und Raumlufttemperatur bzw. Kühlflächentemperatur und Raumlufttemperatur wirkt sich unmittelbar auf die Kühlleistung der Anlage aus. Eine steigende Raumlufttemperatur erhöht die Temperaturdifferenz und führt zu einer höheren Leistung, eine sinkende Raumlufttemperatur senkt die Temperaturdifferenz und führt zu einer geringeren Leistung der Anlage. Diese Rückkopplung wird in der neuen VDI 2078 berücksichtigt.

Sofern eine Anlagen-Kombination aus Zuluft und Flächenkühlung berechnet werden soll, müssen die Anlagen-Leistungsanteile (stundenweise) prozentual vorgegeben werden. Die Lasten werden dann rechnerisch entsprechend der Vorgaben anteilig abgeführt.

Folgende Aufgabenstellung kann jedoch nicht direkt berechnet werden: Die Anlage soll die Last zur Einhaltung einer vorgegebenen Solltemperatur mit einer Flächenkühlung abführen. Erst wenn die Flächenkühlung nicht ausreichend ist, soll Zuluft zur Lastabfuhr eingesetzt werden. In diesem Fall müssten sich die Anlagen-Leistungsanteile in Abhängigkeit von der anfallenden Last verändern. Dies ist jedoch nicht möglich, da die Anlagen-Leistungsanteile durch das Berechnungsverfahren der VDI 2078 als konstante Eigenschaft des Raum-Anlagen-Modells angesehen werden.

Bauteile

In der alten VDI 2078 war die Angabe eines Schichtaufbaus durch die Verwendung von Typräumen und Denormierungen nicht erforderlich, was jedoch zu Ungenauigkeiten führte.

Bessere Ergebnisse erfordern oft auch einen höheren Eingabeaufwand beziehungsweise zusätzliche Daten. Das Speicherverhalten eines Raumes kann nur dann genauer berücksichtigt werden, wenn alle Bauteile der Raumumschließungsfläche mit exakten Wandaufbauten (Wandschichten) bekannt sind. Es ist daher (im Gegensatz zur Heizlastberechnung nach DIN EN 12 831) zwingend erforderlich, alle Bauteile mit ihren Wandschichten von innen nach außen zu erfassen, wobei für jede Schicht die bauphysikalischen Eigenschaften (Wärmeleitfähigkeit, spezifische Dichte und spezifische Speicherkapazität) anzugeben sind.

Abgehängte Decken sind besonders zu beachten. Das Speicherverhalten einer abgehängten Decke wird durch die darüberliegende Luftschicht deutlich verändert und muss im Gegensatz zur Heizlastberechnung unbedingt berücksichtigt werden.

Kühlfläche verändert Bauteileigenschaft

Kühlflächen sind als fester Bestandteil des Raumes anzusehen und besitzen gesondert zu definierende bauphysikalische Eigenschaften. So ist beispielsweise die in eine Decke integrierte Kühlfläche in zwei separate Bauteile zu unterteilen: In eine Bauteilfläche ohne Kühlfläche und eine Bauteilfläche mit Kühlfläche. Um die Speicherfähigkeit eines Bauteils mit Kühlfläche exakt abzubilden, müssten die Kühlelemente mit den Materialeigenschaften als eigene Bauteilschicht in der Bauteilberechnung berücksichtigt werden.

Da die Kühlfläche normalerweise nur aus einer dünnen Metallschicht besteht, wird sich das Speicherverhalten des Bauteils in der Regel nur unwesentlich verändern und nur eine geringe Auswirkung auf die Kühllastberechnung haben. Gegebenenfalls sollte jedoch die Auswirkung anhand einer Beispielrechnung überprüft werden.

Bei der Definition des Bauteils mit Kühlfläche ist jedoch wichtig: Das Bauteil besitzt auf der Innenseite einen Wärmeübergangswiderstand, der in der Regel 0,1 (m2  K)/W beträgt und somit vom „normalen“ Bauteil abweicht. Dies ist bei der Eingabe der Kühlflächen (Bauteile) unbedingt zu beachten!

Arbeitstage und Nicht-Arbeitstage

Im Vergleich zur alten VDI 2078 fällt in der neuen VDI 2078 die Unterscheidung zwischen Arbeitstagen (AT) und Nicht-Arbeitstagen (NAT) auf. Über diese Unterscheidung können, je nach wochentagesbezogener Raumnutzung, AT und NAT verschiedene Lastprofile zugewiesen werden. Die separate Angabe von Lastprofilen für innere Lasten oder Anlagennutzungen ist für die Berechnung des Einschwingvorganges erforderlich.

Die Ermittlung der Kühllast erfolgt für den Cooling Design Day (CDD) bzw. Auslegungstag, dem eine mehrtägige Anlaufperiode vorgeschaltet ist. In der alten VDI 2078 wurde empfohlen, eine Anlaufberechnung mit einem „bedeckten“ Tag des zu berechnenden Monats durchzuführen, bis ein eingeschwungener (periodischer) Zustand erreicht wurde. Daran anschließend erfolgte die Berechnung für den extremen („klaren“) Tag. Auch der klare Tag, also die extreme Wettersituation, sollte bis zum eingeschwungenen Zustand berechnet werden. Diese Vorgehensweise führte insbesondere bei thermisch schweren Räumen zu Verzerrungen im Vergleich zu thermisch leichten Räumen, da die anzunehmende Dauer extremer Wettersituationen nicht für einen eingeschwungenen Zustand thermisch schwerer Räume ausreicht.

Die neue VDI 2078 verfolgt daher den Ansatz des „aperiodischen Einschwingens“. Die Berechnung wird für eine Cooling Design Period (CDP) durchgeführt. An eine 14-tägige Vorberechnung eines mittleren bedeckten oder bewölkten Tages schließt sich eine 4-tägige Anlaufberechnung an, in der die Strahlungswerte des CDD und ein kontinuierlicher Anstieg der Außenlufttemperatur angesetzt werden. Anschließend erfolgt die Berechnung des CDD mit den maximalen Temperaturen. Für die gesamte CDP wird eine definierte Abfolge von Arbeitstagen (AT) und Nicht-Arbeitstagen (NAT) verwendet.

Die Berechnung mit „periodischem Einschwingen“ ist auch mit der neuen VDI 2078 möglich. Diese Berechnungsmethode sollte jedoch nur dann durchgeführt werden, wenn die Einhaltung von Temperatur-Sollwerten, beispielsweise aus technologischen Gründen, garantiert werden muss.

Beleuchtung

Die Wärmebelastung durch Beleuchtung kann einen erheblichen Einfluss auf die Kühllast bzw. die Raumlufttemperatur haben. Deshalb wird in Abhängigkeit der nutzungsbedingten Helligkeitsanforderungen bei Bedarf eine Beleuchtungs-Steuerung berücksichtigt. Über den Tageslichtquotienten, der das Verhältnis der Beleuchtungsstärke im Raum (durch Sonnenlicht) zur Beleuchtungsstärke im Freien beschreibt, wird für den Raum die Beleuchtungsstärke definiert. Ab einem Wert von 4 % kann man von einer optimalen Tageslichtversorgung ausgehen. Für Wohnräume sind jedoch auch geringere Werte möglich.

Eine Beleuchtungssteuerung für künstliches Licht wird beim Unterschreiten der Beleuchtungsstärke (durch Sonnenlicht) die Raumbeleuchtung einschalten. Auch eine Betätigung der Jalousien kann einen Raum so weit abdunkeln, dass das Einschalten der Raumbeleuchtung erforderlich wird. Die zur Helligkeitsberechnung benötigten Licht-Transmissionsgrade werden in den Daten für Fenster berücksichtigt. Mit dem Auftraggeber sollte die Berücksichtigung der Beleuchtungs-Steuerung und des anzusetzenden Tageslichtquotienten abgeklärt werden.

Klimadaten

Die für einen Cooling Design Day bzw. Auslegungstag berechnete Kühllast dient zur Ermittlung der erforderlichen Anlagenleistungen. Hierzu wird Deutschland in vier Klimazonen und drei Großstadtzentren unterteilt. Die Temperaturverläufe eines klaren und eines bedeckten Tages werden für jede Zone für die Monate April bis September vorgegeben. Anhand weniger Kennwerte (minimalen und maximale Temperatur, Zeitpunkt) wird ein sinusförmiger Temperaturverlauf 5 vorgegeben, sodass auch Temperaturverläufe anderer Orte auf der Nordhalbkugel schnell nachgebildet werden können.

Für energetische Berechnungen nach VDI 2067 Blatt 10 stehen Test-Referenzjahr-Daten (TRY) des Deutschen Wetterdienstes für 15 Regionen Deutschlands zur Verfügung.

Die stundenweise Berechnung eines kompletten Jahres mit den TRY-Wetterdaten wird zur Ermittlung der erforderlichen ab- und zuzuführenden Energien durchgeführt. Wichtig: Die Spitzenwerte dieser Lasten dürfen jedoch nicht zur Auslegung der Anlagen herangezogen werden, da die TRY-Wetterdaten ein durchschnittliches Jahr repräsentieren, in dem extreme Wettersituationen, wie längere Hitzeperioden, nicht enthalten sind. Daher sollte zur Ermittlung der erforderlichen Anlagenleistung in jedem Fall eine Berechnung für den CDD durchgeführt werden.

Berechnungen des Energiebedarfs für Standorte außerhalb Deutschlands können mit entsprechenden TRY-Datensätzen des gewünschten Standortes durchgeführt werden. Diese Datensätze sind jedoch nicht Bestandteil der Richtlinie und müssen bei Bedarf extern, beispielsweise von Meteonorm, bezogen werden.

Strahlungswerte für Wände und Fenster

In der alten VDI 2078 wurden die kurzwelligen Strahlungswerte für Fenster und Außenflächen separat angegeben. Für Fenster sollte der vom Einstrahlwinkel abhängige Energieeintrag berücksichtigt werden, wofür die Strahlungswerte hinter Doppel-Verglasung verwendet wurden. Näherungsweise wurden andere Verglasungsarten und Sonnenschutzvorrichtungen mit einem „b-Wert“ korrigiert, für den in der Richtlinie einige Richtwerte angegeben waren. Durch die Kopplung der Werte an die Doppel-Verglasung war es problematisch oder gar unmöglich, andere Fenster-/Glasarten korrekt abzubilden. Zudem waren die Strahlungswerte auf den Breitengrad Deutschlands bezogen, wodurch Anwender bei Berechnungen für andere Breitengrade vor einer weiteren Hürde standen. Woher sollten sie die passenden Werte bekommen?

In der neuen VDI 2078 wird ein allgemeiner und daher vielseitig anwendbarer Ansatz gewählt. Das in VDI 6007 Blatt 3 enthaltene Modell der solaren Einstrahlung liefert die Werte für kurzwellige Einstrahlungen auf horizontale und beliebig geneigte Flächen beliebiger Breitengrade, nicht nur für opake Außenflächen, sondern auch für Fenster einschließlich eines eventuell vorhandenen Sonnenschutzes. Zur Berechnung der Gesamtenergiedurchlassgrade beschreibt VDI 6007 Blatt 2 ein Fenstermodell zur Berechnung einfacher und auch komplexerer Fensteraufbauten. Zur einfacheren Handhabung sind für die üblichen Verglasungsarten sowie Sonnenschutzsysteme in der VDI 2078 direkt verwendbare Standardwerte angegeben:

  • Einfachverglasung
  • 2-fach-Isolierverglasung
  • 2-fach-Wärmeschutzverglasung
  • 2-fach-Sonnenschutzverglasung
  • 2-fach-Sonnenschutzverglasung, verspiegelt
  • 3-fach-Wärmeschutzverglasung

Darüber hinaus sind auch Werte für zweischalige Fassaden

  • ESG außen, 2-fach-Sonnenschutzverglasung innen
  • ESG außen, 2- und 3-fach-Wärmeschutzverglasung innen

aufgeführt, wobei zwischen durchlüfteten und nicht durchlüfteten Fassaden unterschieden wird. Für alle Verglasungsarten und Sonnenschutzkombinationen sind die für die Kühllastberechnung erforderlichen Werte in der VDI 2078 aufgeführt:

  • Gesamtenergiedurchlassgrad
  • Gesamtenergiedurchlassgrad, direkte Strahlung
  • Gesamtenergiedurchlassgrad, diffuse Strahlung
  • konvektiver Anteil
  • Licht-Transmission, direkte Strahlung
  • Licht-Transmission, diffuse Strahlung

VDI 2078 verlangt validierte Software

Die Kühllastberechnung nach der neuen VDI 2078 erfordert zwar einen etwas höheren Eingabeaufwand, „belohnt“ jedoch den Anwender mit einer wesentlich höheren Genauigkeit der Berechnungsergebnisse.

Um die Qualität der Ergebnisse eines Programmes sicherzustellen, verlangt die VDI 2078 zwingend die Validierung der Software. Der Software-Hersteller muss bestä-tigen, dass alle Validierungsbeispiele der VDI 6007 und auch die zusätzlichen Validierungsbeispiele der VDI 2078 korrekt berechnet werden.

Marc Holzschuh

mh-software, 76229 Karlsruhe, Telefon (07 21) 6 25 20 18, marc.holzschuh@mh-software.de, www.mh-software.de