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Zugelassener Nullabstand als Problemlöser

Schachtbelegung ohne Platzangst

Kompakt informieren

  • TGA-Planer stehen vor einem ständigen Zielkonflikt: Bei der Belegung von Schächten müssen sie immer mehr Installationen mit umfangreichen Vorgaben zum Brandschutz berücksichtigen – ohne dafür mehr Platz beanspruchen zu können.
  • Eine praxisgerechte Lösung sind auf Nullabstand geprüfte Systeme, die nahezu beliebig miteinander kombiniert werden können.
  • Diese Systeme bieten ein Maximum an Planungsflexibilität bei gleichzeitiger Planungssicherheit und erfüllen die Anforderungen an offene Ausschreibungen.

Der wirtschaftliche Druck auf die Investoren auf der einen Seite, die gewachsenen Ansprüche der Nutzer auf der anderen, und über allem die immens gestiegene Breite an normativ definierten Schutzzielen: Für Architekten und TGA-Planer ist die Planung und Errichtung von Geschosswohnungsbauten und Gebäuden mit durchmischter Nutzung wie eine Jonglage mit Bällen, die unterschiedliche Flugeigenschaften haben: der Erhalt der Trinkwassergüte, die Anforderungen an den Schallschutz, das Korsett für Energieeffizienz und, nicht zuletzt, der bauliche Brandschutz.

Von allen geforderten Rahmenbedingungen gehört der Brandschutz zweifelsfrei zu denen, die auf jeder Baustelle so kompromisslos wie möglich umgesetzt werden müssen. Zu wach sind noch die Erinnerungen an den verheerenden Flughafenbrand 1996 in Düsseldorf, als 17 Menschen aufgrund von Brandschutzmängeln ihr Leben verloren und in dessen Folge die für den Brandschutz entscheidenden Regelwerke in der heute bekannten Tiefe ausgearbeitet wurden.

Die korrekte brandsichere Schachtbelegung wird in der Praxis immer mehr zu einer Herausforderung. Denn nach wie vor gibt es in vielen Objekten die fast schon historisch gewachsene Trennung zwischen der in Sachen Installations-schächte unrealistischen Entwurfsplanung des Architekten, der Feinplanung der TGA-Spezialisten – und der baulichen Realisierung vor Ort, bei der eher in Dezimetern als im Millimeter-Karo des technischen Zeichners gearbeitet wird.

Das Ergebnis kennt jeder Fachhandwerker aus der täglichen Praxis: In den Brandschutzabschnitte trennenden Decken- und Wanddurchbrüchen steht viel zu wenig Platz für viel zu viele Leitungen zur Verfügung.

Gestiegene Ansprüche

Dass sich diese Situation gerade in den vergangenen Jahren verschärft hat, hat viele Ursachen. Ganz vorn ist hier sicherlich der gewachsene Komfortanspruch der Nutzer zu nennen, zu dem es mittlerweile auch genügend Gerichtsurteile gibt. Die Verfügbarkeit von Trinkwarmwasser an der Zapfstelle binnen Sekunden macht beispielsweise die zusätzliche Zirkulationsleitung notwendig. Der nach DIN 1946-6 geforderte nutzerunabhängige hygienische Mindestluftwechsel wiederum lässt sich in abgedichteten Gebäuden kaum ohne mechanische Lüftungseinrichtungen, also entsprechende Luftkanäle, zumindest für das innen liegende Bad, realisieren.

Zudem sind Trinkwasserleitungen Kalt zum Erhalt der Trinkwasserhygiene vor unzulässiger Erwärmung zu schützen – und werden nun entsprechend dicker gedämmt. Kaum anders sieht es beim ebenso notwendigen Schallschutz aus. Denn übertragener Lärm aus Nachbarwohnungen oder Installationen würde besonders im gehobenen Geschosswohnungsbau den Wert einer Immobilie deutlich negativ beeinflussen. Bei „Hauptärgernis-Umfragen“ stehen beide immer ganz weit oben.

Komplettiert wird das Gedränge im Versorgungstrakt durch die wachsende Zahl an strom- und / oder signalleitenden Elektro-Installationen und Leerrohren – spätestens im Installationsschacht treffen sich Elektroinstallateure mit den Sanitär-, Heizungs- und Lüftungsbauern …

Beschränkte Verwendbarkeitsnachweise

Für die einzelnen Rohr-, Kanal- und Leitungsdurchführungen durch Brandschutzabschnitte gibt es Herstellervorgaben, aus denen sich der spätere Platzbedarf für den Praxisfall ablesen lässt. Aufaddiert ist der aber entweder

  • schon auf dem Papier erschreckend zu groß (für den Investor bzw. Vermarkter der Immobilie zählt Wohnraum, aber kein Schachtraum),
  • oder der Durchbruch wird nachträglich noch ergänzend belegt (beispielsweise durch Lüftungsleitungen),
  • oder es wird schlichtweg „vergessen“, dass für die Montage jeder Rohrleitung, jedes Abzweigs oder jedes Kanals auch immer noch ein gewisser Bewegungsspielraum vonnöten ist.

Letztendlich maßgebend sind aber nur die Prüfzeugnisse und Zulassungen, mit denen jede einzelne Leitung den Wettbewerb um Platz in der Schachtdurchführung antritt. Denn Brandschutzabschottungen benötigen entweder ein allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis (abP) oder eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (abZ). Die baurechtlich ebenfalls mögliche Lösung der Zustimmung im Einzelfall (ZiE) sei an dieser Stelle außen vor gelassen.

In den abP und abZ ist genau geregelt, welche Bauprodukte wie und unter welchen Randbedingungen verwendet werden dürfen und wie aus Bauprodukten eine Bauart hergestellt wird. Zulassungen und Prüfzeugnisse bestimmen in der Regel auch den Abstand untereinander und gegebenenfalls zu anderen „fremden“ Systemen.

Danach kann ein System A – je nach Verwendbarkeitsnachweis (abP, abZ) oder Leitungsanlagen-Richtlinie (LAR) – auf 50, 100 oder 200 mm Abstand zu System B und C installiert werden, jedoch nicht zum Lüftungskanalsystem der Hersteller D oder E. Oder das Abwassersystem XYZ erlaubt mit der Brandschutzmanschette F zu benachbarten Rohrleitungssystemen einen Nullabstand – aber eben definitiv nur mit dieser einen Manschette, nicht mit der vermeintlich baugleichen des Herstellers G. Dann gelten wieder andere Abstände.

Ein weiteres Problem tritt dann in der Umsetzung auf dem Bau auf: Denn welche Systeme nach Ausschreibung und Submission tatsächlich verbaut werden, das steht häufig genug auf einem anderen Blatt. Architekten und TGA-Planer haben zu diesem Zeitpunkt kaum noch Zugriff auf die beauftragten Systeme. Aus ihrer Zuständigkeit und Verantwortung sind sie aber dennoch nicht entlassen, da sie aus Sicht des Auftraggebers ja nach wie vor für die spätere Funktion der Gewerke (Versorgungsleitungen, Abwasserleitungen, WC-Abluft u. a.) einschließlich der Einhaltung des bestimmenden Schutzzieles „Brandschutz“ verantwortlich zeichnen. Zudem erhalten sie dafür ein Honorar: Grundleistung in Leistungsphase 8 gemäß Anlage 15 zu § 55 und § 56 HOAI: „Überwachen der Ausführung des Objekts auf Übereinstimmung mit der öffentlich-rechtlichen Genehmigung oder Zustimmung, den Verträgen mit den ausführenden Unternehmen, den Ausführungsunterlagen, den Montage- und Werkstattplänen, den einschlägigen Vorschriften und den allgemein anerkannten Regeln der Technik.“

Sicher – und trotzdem flexibel

Baurechtlich können „aus dem Ruder gelaufene Mischinstallationen“ möglicherweise im Nachhinein noch über eine ZiE legalisiert werden. Das ist aber in aller Regel immer aufwendig und der Ausgang des Verfahrens ist nicht unbedingt vorhersehbar. Gefragt sind stattdessen praxisgerechte Lösungsansätze, wie Architekten und insbesondere TGA-Fachplaner vor dem Hintergrund der Systemvielfalt und ihrer spezifischen Merkmale, Schachtbelegungen unter der alles bestimmenden Prämisse des vorbeugenden baulichen Brandschutzes ohne Platzangst qualifiziert planen können.

Eine eng an ein System gebundene Ausschreibung dürfte dabei nicht erfolgversprechend sein. Die öffentliche Hand beispielsweise verlangt produktneutrale Ausschreibungen (oder gleichwertig) – und damit ändert sich für den Fachplaner an der Problematik nichts. Hinzu kommt die Frage der Verfügbarkeit (und Akzeptanz) einzelner Systeme vor Ort. Und spätestens bei der ergänzenden Belegung eines Schachtes durch einen Brandschutzabschnitt beginnt die platzsparende Feinabstimmung ohnehin wieder von vorn.

Der erfolgversprechendste Lösungsansatz über die gesamte Wertschöpfungs- und Nutzungskette aus Architekt, Fachplaner, Fachhandwerker und Betreiber der Immobilie hinweg sind aktuell daher auf Nullabstand geprüften Systeme, die möglichst viele individuell kombinierbare Variationsmöglichkeiten aus Rohrleitungssystemen und Brandschutzabschottungen auch gegenüber Fremdsystemen bieten. Hier hat der Inhaber des Brandschutzverwendbarkeitsnachweises ein sehr breites Spektrum an Bausystemen gängiger Anbieter durchlaufen.

Der Hersteller der Bauart Rohrabschottung bestätigt mit seiner Übereinstimmungserklärung die Verwendbarkeit und den Einsatz dieser Bauprodukte im beschriebenen Sinne, hier also: im Nullabstand.

Die Dokumentation zur normgerechten Ausführung der Brandschutzdurchführungen wird dadurch ebenfalls erleichtert. Zusätzliche Aufwendungen, wie Gutachten als Basis für eine ZiE, sind nicht mehr notwendig. Insgesamt wird so deutlich mehr Prozesssicherheit in der Umsetzung der Planungen gewährleistet.

Juristische Einordnung

Die qualifizierte Schachtbelegung oder Wanddurchführung unter Brandschutzvorgaben lässt wenig Spielraum für „freie Interpretationen“. Während in der Praxis unter beengten Platzverhältnissen beim Wärmeschutz durchaus Kompromisse möglich sind (und gegebenenfalls durch höhere Wärmeverluste erkauft werden), steht der Brandschutz außerhalb jeder Diskussion. Hier gibt es nur die 100%ige Erfüllung, da Zuwiderhandlungen im Schadensfall nach § 319 Strafgesetzbuch („Baugefährdung“) strafbewehrt sind:

„(1) Wer bei der Planung, Leitung oder Ausführung eines Baues oder des Abbruchs eines Bauwerks gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik verstößt und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“

Die Planerhaftung dazu beträgt im Übrigen bis zu 30 Jahre; das latente Risiko im Schadensfalle also auch. Kaum anders sieht es für die Eigentümer und Betreiber der Immobilien aus. Sie haben die Verkehrssicherheitspflicht nach Muster-Bauordnung (MBO 2002; § 3 Abs. 1): „Anlagen sind so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere Leben, Gesundheit und die natürlichen Lebensgrundlagen, nicht gefährdet werden.“

In der Summe stellt sich also nicht die Frage, ob die genannten Schutzziele bei Rohrdurchführungen vereinbar sind – sondern nur noch die Frage nach dem „wie“.

Markus Berger

ist als Sachverständiger für baulichen und gebäudetechnischen Brandschutz (EIPOS) Leiter des Kompetenzbereichs Brandschutz bei Viega, 57439 Attendorn, www.viega.de

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