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Erdwärmesonden

Fehlstellen mit hoher Wahrscheinlichkeit

Kompakt informieren

  • Normen, Vorschriften und Richtlinien bilden augenscheinlich den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Erdwärmesonden nur unzureichend ab bzw. sind durch jüngst vorgelegte Forschungsergebnisse überholt.
  • Die bisher eingesetzten Verfahren und Materialien zur Verfüllung des Ringraums zwischen den Sondenrohren und dem Erdreich sind oftmals ungeeignet und können deshalb keine dauerhafte Dichtigkeit garantieren.
  • Der Betrieb von Erdwärmesonden mit Wasser als Wärmeträger hat zahlreiche Vorteile, erfordert aber eine untere Grenztemperatur von rund + 2,5 °C, abgestimmte Ein- und Ausschaltfunktionen von Umwälzpumpen, richtig platzierte und ins Medium eingetauchte Fühler. Problematisch ist die Bereitstellung von Spitzenlasten.
  • Brunnenanlagen für Wasser/Wasser-Wärmepumpen sind grundsätzlich pflegebedürftig. Der Pflegeaufwand lässt sich aber gezielt minimieren.

Der Markt für Sole/Wasser-Wärmepumpen, insbesondere mit vertikalen Erdwärmesonden, ist durch die Hebungsschäden in Baden-Württemberg nachhaltig gestört. Die jetzt vorliegenden Erkenntnisse aus den vom Land Baden-Württemberg und neuerdings auch von der Internationalen Energieagentur (IEA) initiierten Forschungsprojekten (siehe Info-Kasten) zeigen, dass die bisher eingesetzten Verfahren und Materialien zur Verfüllung des Ringraums zwischen den Sondenrohren und dem Erdreich (Gebirge) oftmals ungeeignet sind und deshalb keine dauerhafte Dichtigkeit garantiert werden kann. Auch hat es den Anschein, dass Normen, Vorschriften und Richtlinien den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse nur unzureichend abbilden bzw. durch die jetzt vorliegenden Forschungsergebnisse überholt sind.

Wissenschaftler bestätigen Risiken

Die aktuellen Ergebnisse des vom Land Baden-Württemberg finanzierten Verbund-Forschungsprojektes EWS-tech der Projektpartner Solites, dem European Institute for Energy Research (EIFER), dem Institut für Angewandte Geowissenschaften (AGW), der Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (MPA Karlsruhe) sowie des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) lassen vermuten, dass die bisher niedergebrachten Erdwärmesonden (EWS) mit hoher Wahrscheinlichkeit Fehlstellen aufweisen.

Auch scheinen die heutigen Erkenntnisse rund um die Verfüllung von EWS bei Weitem nicht für eine qualitativ hochwertige und langzeitstabile Ringraumverfüllung auszureichen. Grundlage für die jetzt vorgestellten, sehr ernüchternden Ergebnisse sind Laborversuche mit 16 verschiedenen EWS-Verfüllbaustoffen, 36 Verfüllversuche an transparenten, 6 m hohen, nicht-besandeten PMMA-Rohren (Polymethylmethacrylat) unter realitätsnahen Randbedingungen Abb. 1 sowie acht Versuche an realen 30 m tiefen EWS. Das Versuchsprogramm umfasste unter anderem:

  • Tests von sieben unterschiedlichen Verfüllbaustoffen und drei Modifikationen des Originalprodukts
  • Variationen bei der Misch- und Verfülltechnik (Kolloidalmischer, Durchlaufmischer Abb. 3)
  • Variationen verschiedener EWS-Bauarten (PE 100, PE-Xa, Koaxial-EWS glatt, Koaxial-EWS gewellt)
  • unterschiedliche Anmischzeiten der Suspension
  • unterschiedliche Verfüllgeschwindigkeiten (60 / 40 / 20 l/min)
  • Variationen des Sondenverlaufs im Plexiglasrohr (mit Zentrierung bzw. Beabstandung)

Exemplarisch zeigte Mathieu Riegger von Solites Fotos von

  • wassergefüllten Fehlstellen, vielfach aus dem oberen Bereich der EWS
  • Entmischungen und Kanalstrukturen in der Verfüllung (sehr häufig!), zum Teil mehrere Meter lang; typisch waren auch Einschlüsse mit entmischten Baustoffbestandteilen wie Quarzsand, Graphit oder Magnetit
  • zerrüttete Verpressstrukturen mit Hohlräumen
  • Marmorierungen, die auf präferierte Fließbereiche schließen lassen und oft in Fehlstellen enden

Solites zieht aus den Versuchen folgende Rückschlüsse:

  • bei den Verfüllbaustoffen gibt es deutliche produktabhängige Qualitätsunterschiede
  • thermisch verbesserte Verfüllbaustoffe auf Quarzsandbasis tendieren eher zum Entmischen und zur Bildung von Kanalstrukturen
  • eine hohe Anmischintensität der Suspension führt zu geringeren Absetzmaßen
  • mit Kolloidal- bzw. Chargenmischern können homogene Suspensionseigenschaften über den gesamten Verpressvorgang einfacher sichergestellt werden
  • eine einfachere Sondengeometrie (Koaxialsonden statt Doppel-U-EWS Abb. 2) reduziert die Wahrscheinlichkeit der Bildung von Kanalstrukturen
  • die Bildung von Fehlstellen wird eindeutig durch den Sondenrohrverlauf beeinflusst, da in vielen Bohrlöchern die Sonde eine zufällige Lage einnimmt

Laut Riegger wurden die Erkenntnisse der Technikumsversuche (6 m Sonden in transparenten PMMA-Rohren) durch die Realmaßstabsversuche (30 m tiefe EWS) bestätigt. An Zusatzerkenntnissen liegen vor:

  • mit Durchlaufmischern sind kontinuierliche Verfüllvorgänge einfacher realisierbar; bei Chargenmischern müssen zahlreiche Randbedingungen berücksichtigt werden, beispielsweise Mischer-typisch lange Nachmischzeiten
  • Durchlaufmischer und Verfüllbaustoff müssen gut zueinander passen; dann kann eine sehr gute Verfüllqualität erreicht werden

Aus Sicht der Wissenschaftler sind jetzt die Hersteller der Verfüllbaustoffe in der Pflicht, genauere Angaben zur Labor- und Baustellen-Anmischtechnik ihrer Produkte zu machen. Wichtig sei auch eine Erstprüfung für jeden einzelnen Baustoff im Labor oder im Technikum, sowie eine Annahme- und Identitätsprüfung auf der Baustelle. Ziel der Projektaktivitäten von „EWS-tech II“ ist die Entwicklung eines Pflichtenhefts für EWS-Verfüllbaustoffe und deren Einbauverfahren Abb. 4.

Praktiker und Bauherren hätten sich an dieser Stelle gewünscht, wie nach dem Vorliegen dieser wissenschaftlich fundierten Erkenntnisse die bestehenden Erdwärmesonden einzuschätzen sind. Hier stellt sich die Frage, ob die bis dato abgeteuften EWS dem aktuellen Stand der Technik entsprechen und inwieweit mit „Zeitbomben“ gerechnet werden muss.

Branche kannte Zementbazillus nicht

Gefügezerstörungen durch Sulfatangriff auf Beton sind im Hoch- und Tiefbau längst bekannte Risiken. In einer Dissertation von Dipl.-Ing. Davies Mwila Mulenga aus Nchelenge, Zambia, an der Fakultät Bauingenieurwesen der Bauhaus-Universität Weimar mit dem Thema „Sulfatangriff auf Beton und Mörtel einschließlich der Thaumasitbildung“ heißt es, dass die Zerstörung von Betonbaustoffen durch einen Sulfatangriff (Wasser, Boden), bereits seit 1877 bekannt ist. (Anmerkung der Redaktion: Thaumasit hat im März 2016 auch die Sanierung einer Erdwärmesonde in Böblingen vorerst gestoppt, wegen der Probleme wird es dort bereits als „Traumasit“ bezeichnet.)

Mulenga beschreibt das Problem so: „Die Schädigung beruht im Wesentlichen auf Reaktionen von in den Beton eindringenden Sulfat-Ionen mit aluminiumhaltigen Zementbestandteilen bzw. Hydrationsprodukten, die zur Bildung expansiver Phasen führen. Dabei können Treiberscheinungen auftreten, die bis zur völligen Gefügezerstörung führen können.“

Dieser sogenannte „Zementbazillus“ (Fachbegriff „Ettringit“, siehe auch wiki.beton-informationen.de) scheint bis vor Kurzem weder bei den Anbietern von Hinterfüllmaterial noch bei den Bohrfirmen und Geologen bekannt gewesen zu sein. Erst die Häufung von Schäden in Baden-Württemberg und die daraus entstandene Forschungsinitiative EWS-tech sensibilisierte die Branche auf Themen wie Verfüllqualität, Dauerhaftigkeit der Verfüllbaustoffe durch Sulfatangriffe sowie Anmach- und Verfüllprozess.

Die ersten Ergebnisse aus den Projekten EIFER und KIT zeigen, dass dem eigentlichen Verpressvorgang eine eher anspruchsvolle Prüfung von Baustoff bzw. Suspension vorgeschaltet werden muss. Nach Dr. Roman Zorn, EIFER, sollte die sogenannte Annahmeprüfung nach heutigem Kenntnisstand mindestens folgende Untersuchungen enthalten:

  • Frischsuspensionsrohdichte (nach DIN EN 1015-6 bzw. DIN EN ISO 10 414-1)
  • Marsh-Trichter-Auslaufzeit (DIN 4127)
  • Fließgrenze mittels Kugelharfe (DIN 4127)
  • Sedimentationsneigung mittels Absetzversuch (nach LQS EWS)

Bei der letztgenannten Untersuchung bestehe noch erheblicher Forschungsbedarf, zum einen wegen der für eine Baustelle unzumutbar langen Versuchsdauer von zwei bis drei Stunden, zum anderen wegen der starken Beeinflussung der Sedimentationsneigung der Suspension in Abhängigkeit von Temperatur und der Dosiergenauigkeit von Wasser.

Zum Thema Sulfatangriffe durch Wässer und Erdalkalinen empfehlen die Wissenschaftler, die in entsprechenden Wässern bereits eingebauten EWS zu überwachen bzw. periodisch zu überprüfen. Offen ist die Frage, welche Kosten dadurch für den Bauherrn zusätzlich entstehen, wie gegebenenfalls auf Langzeitschäden an der Verpressung durch sulfathaltiges Wasser reagiert werden muss und wer im konkreten Fall für die Sanierungskosten aufkommt.

Hohe Kosten für EWS-Rückbau

Die Lebensdauer von Erdwärmesonden wird von den Sondenherstellern mit rund einhundert Jahren veranschlagt. Die meisten EWS sind erst seit wenigen Jahren in Betrieb, da wird bereits über deren Rückbau nachgedacht, insbesondere im geologisch schwierigen Baden-Württemberg. Insofern ist es wichtig zu wissen, wie bei Hebungsschäden, wie in Staufen im Breisgau, in Böblingen oder in Leonberg vorzugehen ist: zum einen unter dem Aspekt der Beweissicherung, aber auch um mögliche Spätschäden zu begrenzen.

Auch langfristig gesehen sind Erfahrungen mit dem Rückbau von EWS wichtig, um am Ende des Lebenszyklus einer EWS keine Altlasten zu hinterlassen. Hier stellt sich nach den jetzt vorliegenden Erfahrungen die Frage, ob bei der wirtschaftlichen Bewertung von Erdwärmesonden künftig die Kosten für den Rückbau bereits einkalkuliert werden müssen – und wie sich der Wert eines Grundstücks durch eine vorhandene EWS verändert.

Bei dem in Offenburg vorgestellten Sanierungsprojekt der Heinz Burkhardt GmbH & Co. KG, Neuweiler, ging es in erster Linie darum, den Ursachen von Hebeschäden in Böblingen durch mangelhafte Erdwärmesonden in Form einer Beweissicherung nachzugehen. Aufgabe von Burkhardt war es, die genaue Lage von Grundwasserleitern und Grundwasserstauern sowie deren Potenziale zu erkunden und zu dokumentieren. Gleichzeitig sollte festgestellt werden, ob quellfähiges Gestein im Untergrund vorhanden ist und ob nicht fachgerecht abgedichtete Erdwärmesonden zu den Hebungsschäden geführt haben. Eine besondere Herausforderung bei der Sanierung der EWS-Anlage war die Nähe der Erkundungsbohrung zur Bodenseewasserleitung und deren Hebung von immerhin 50 cm Abb. 5.

Frank Burkhardt beschreibt den Bohrvorgang so: „Die ersten Meter bis in den standfesten Fels wurden mit einem Einfachkernrohr abgeteuft. Nach Antreffen des Felshorizontes wurde auf das Seilkernbohrverfahren umgestellt und bis zum Erreichen des Gipsspiegels gekernt. Ab dieser Teufe wurde dann mit dem Seilkernrohr und einer speziell auf die Anforderungen abgestimmten, inhibierten Bohr-spülung und Bohrkrone gebohrt. Diese hatten die Aufgabe, ein Quellen des Anhydrits durch das in der Spülung vorhandene Wasser zu unterbinden.

Da eine Unterscheidung zwischen Anhydrit und Gips auf der Baustelle nahezu unmöglich ist, wurden Probenstücke aus den Bohrkernen entnommen und im Labor des Landesamtes für Geologie, Rohstoffe und Bergbau im Regierungspräsidium Freiburg (LGRB) analysiert. Nachdem der Anhydritspiegel in 56 m zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte, wurde die Bohrung bis zu diesem auf 610 mm Durchmesser aufgeweitet und eine temporäre Sperrrohrtour eingetont. Im nächsten Schritt wurde dann komplett durch den Anhydrit bis auf 116,4 m durchgekernt und die Bohrung auf 444 mm Durchmesser erweitert.

Nach dem Einbau einer zweiten Rohrtour mit 324 mm Durchmesser, welche mit einem speziell hergestellten, pneumatischen Schlauchpacker, einer Tonplombe und der inhibierten Spülung abgedichtet wurde, konnte die Bohrung bis auf eine Endteufe von 144,8 m gekernt und aufgebohrt werden. Nach dem Aufweiten der Bohrung erfolgte dann der Ausbau zu einer 5“-Grundwassermessstelle. Parallel zu den Bohrarbeiten wurden diverse hydraulische Tests und geophysikalische Untersuchungen durchgeführt. Als sämtliche notwendigen Ergebnisse gewonnen waren, wurde die Bohrung zurückgebaut und mit Quellton abgedichtet. So konnte eine Gefährdung durch die Messstelle ausgeschlossen werden.“

Über die Kosten dieser Erkundungsbohrung schwieg sich Burkhardt aus. In einem anderen Fall, zwei Erdwärmesonden-Sanierungen in der Siemensstraße 11, Böblingen, wurden vom Umweltministerium über das Regierungspräsidium Stuttgart dem Landratsamt Böblingen Mittel in Höhe von 1,4 Mio. Euro zur Verfügung gestellt. Hintergrund dieser vom Land Baden-Württemberg vorfinanzierten EWS-Sanierung ist das noch nicht abgeschlossene Insolvenzverfahren des verantwortlichen Bohrunternehmens Gungl, das im September 2015 beim Amtsgericht Stuttgart Insolvenz angemeldet hat.

Gungl wird nach einem Bericht in der Leonberger Kreiszeitung für 17 in den Jahren 2006 bis 2008 unsachgemäß durchgeführte EWS-Bohrungen verantwortlich gemacht. Die Schadensumme soll bei 50 bis 60 Mio. Euro liegen. Die Online-Redaktion der Sindelfinger Zeitung / Böblinger Zeitung hat die inzwischen von der Konrad-Adenauer-Stiftung mit dem 1. Platz des Deutschen Lokaljournalistenpreises ausgezeichnete Zeitleiste „Zerreißprobe“ eingerichtet, auf der die Geothermie-Schäden sehr umfassend dokumentiert sind ( www.szbz.de Stichwort „Zerreißprobe“), auch mit Links zu Gutachten.

Wasser ist oft wirtschaftlicher

Dann nehmen wir eben Wasser als Wärmeträger, heißt es oft, wenn Behörden in Wasserschutzgebieten keine EWS mit Sole als Wärmeträger zulassen Abb. 6. Was dabei oft verkannt wird: die Planung einer solchen Anlage ist viel anspruchsvoller als die einer Sole-Anlage. Stephan Pohl, Geo Consult Pohl, Berndorf, ist jedoch überzeugt, dass die Vorteile von Wasser überwiegen und „Wasser-Anlagen“ langfristig sogar wirtschaftlicher sind. Seine Argumente für den Wärmeträger Wasser:

  • fast immer genehmigungsfähig
  • höhere Jahresarbeitszahlen und damit geringere Betriebskosten über die Lebenszeit der Anlage
  • geringere Viskosität und somit geringere Druckverluste, entsprechend niedriger sind die Kosten für den Pumpenstrom
  • bessere Wärmeübertragung, auch bei niedrigeren Strömungsgeschwindigkeiten
  • effizienterer Kühlbetrieb, da der Kreislauf ohne zusätzlichen Wärmeübertrager auskommt

Die Tücken einer EWS-Anlage mit Wasser als Wärmeträger liegen nach den Erfahrungen von Pohl in der Bereitstellung von Spitzenlast, da Wasser auch bei Temperaturen über 0 °C im Wasser/Kältemittel-Plattenwärmeübertrager wegen sogenannter „Coldspots“ einfrie-ren kann. Pohl empfiehlt deshalb + 2,5 °C als unterste Grenztemperatur.

Voraussetzung für einen sicheren Betrieb der Wärmepumpe mit Wasser sei eine exakte Abstimmung der Heizungs- bzw. Kühlanlage mit der EWS-Anlage, die Einhaltung vorgegebener Durchflussmengen nach den Vorgaben der Wärmepumpenhersteller sowie auf das Medium Wasser abgestimmte Ein- und Ausschaltfunktionen von Umwälzpumpen und dem Wärmepumpengerät. Pohl: „Diese Wärmepumpenanlagen brauchen eine Vor- und Nachlaufzeit für die EWS-Umwälzpumpe von mindestens einer Minute, sonst kann es durch die Nachverdampfung von Kältemittel im Plattenwärmeübertrager zur Eisbildung kommen.“

Wichtig sei es, sich beim Gerätehersteller die Freigabe für Wasser als Wärmeträger bestätigen zu lassen. Doch das schütze nicht in jedem Fall vor Schäden. „Prüfen Sie die Platzierung der Fühler, akzeptieren sie keine Anlegefühler. Wichtig ist, dass die Temperaturmessung hinter dem Wärmeübertrager erfolgt.“ Pohl empfiehlt, die durch den Verzicht auf Frostschutzmittel eingesparten Geldmittel, ca. 1000 Euro bei einer 10-kW-Anlage, in zusätzliche Bohrmeter zu investieren. Für 1000 Euro könne man bei angenommenen Bohrkosten von 35 Euro/m inklusive Sonde und Verfüllmaterial rund 28 zusätzliche Bohrmeter ohne Mehrkosten abteufen. Das schaffe Reserven für höhere thermische Belastungen.

Bei Großanlagen, beispielsweise einer 500-kW-Anlage, empfiehlt Pohl die Abdeckung der Wärmespitzenlast mittels BHKW oder Gas-Heizkessel. Von Vorteil sei, solche Anlagen auch zur passiven Kühlung einzusetzen, da dadurch der Untergrund besser regenerieren könne.

Im Zweifel lieber Speichersonden

Grundwasser-Wärmepumpen überzeugen mit Leistungszahlen von 5.0, in urbanen Wärmeinseln mit ihren typisch höheren Grundwassertemperaturen auch darüber. Die Sicherheit einer Wärmequelle mit vergleichsweise hoher Grundwassertemperatur verleitet manchen Brunnenbauer zu einem eher pauschalen Planungsansatz, der langfristig jedoch keinen störungsfreien Betrieb garantiert.

Für den Sachverständigen Michael Tholen, Oldenburg, ist die vor Ort vorgefundene Wasserqualität das wichtigste Kriterium, ob sich eine vordergründig hochwirtschaftliche Grundwasser-Wärmepumpe auf Dauer lohnt. Tholen: „Bei den geringsten Zweifeln an der Wasserqualität und der angetroffenen Geologie entscheiden Sie sich am besten für eine andere Wärmequelle.“

Ausschlaggebend sei der Eisen- und Mangangehalt, der auf keinen Fall 0,3 mg/l überschreiten sollte. Viele Brunnenfachleute nennen sogar 0,2 mg/l oder 0,1 mg/l als Grenzwert, so Tholen. Auf keinen Fall dürfe man sich an DIN EN 15 450 (Heizungsanlagen in Gebäuden) orientieren. Der dort genannte Grenzwert für Eisen und Mangan von 1 mg/l sei ein viel zu hoher Wert und in der Brunnenbaupraxis unüblich.

Wichtig für die Wasseranalyse sei ein kleiner Probebrunnen, dessen Tiefe der geplanten Endtiefe entsprechen sollte. Pohl dazu: „Wasserentnahmen aus geringeren Tiefen liefern günstigere Werte, da oberflächennahes Grundwasser bereits mit Luft in Kontakt gekommen ist und Teile der Wasserbestandteile schon oxidiert sind.“ Auf Wasseranalysen von Grundwasser-Wärmepumpenanlagen in der Nachbarschaft könne man sich nicht verlassen, da dort womöglich eine ganz andere geologische Formation vorliege.

Eine Enteisenung des Wassers ist bei einer Wärmepumpe in jedem Fall unwirtschaftlich. Tholen: „Wählen Sie im Zweifelsfall lieber eine Speichersonde Abb. 7 oder ein anderes geschlossenes System. Lassen Sie bei mehr als 0,3 mg/l Eisen im Grundwasser die Finger davon.“ Auch wenn die Wasserqualität stimmt, muss der Bauherr einkalkulieren, dass eine Brunnenanlage immer pflegebedürftig ist. Tholen: „Leider befassen sich viele Ingenieurbüros nicht ausreichend mit dem Brunnenbau und planen Anlagen, die von vornherein störanfällig sind.“

Voraussetzung für eine kostengünstige Wasser/Wasser-Wärmepumpenanlage ist ein durchlässiger Grundwasserleiter in gut erreichbarer Tiefe, jedoch ausreichend tief unter der Geländeunterkante, um für den Infiltrationsbrunnen einen ausreichenden Versickerungskegel zu schaffen.

Grundwasserpumpen meist zu groß

Ein typisches Problem bei älteren Brunnenwasser-Wärmepumpenanlagen ist die zu große Fördermenge und der zu hohe Förderdruck der Grundwasserpumpe – weil der Handel lange Zeit keine geeigneten (kleinen) Unterwasserpumpen anbot. Eine Wasser/Wasser-Wärmepumpe mit einer Heizleistung von 7 kW kommt mit einer Fördermenge von rund 2 m3/h, eine 10-kW-Wärmepumpe mit rund 3 m3/h aus, so Tholen. Erst seit Kurzem werden für diesen Leistungsbereich „passende“ Grundwasserpumpen angeboten.

Neben der ausreichend tiefen Anordnung der Förderpumpe (Faustregel: mindestens doppelte Absenktiefe) und der Beobachtung der möglichen Aufstauhöhe im Schluckbrunnen (Überlaufgefahr bei zu geringer Dimensionierung) empfiehlt Tholen, Entnahme- und Schluckbrunnen möglichst luftdicht auszuführen und die Versickerungsleitung tief in den Schluckbrunnen einzuführen. Dadurch könne die Alterung des Brunnens hinausgezögert und so die Wartungskosten vermindert werden.

Wichtig sei auch, die Brunnencharakteristik der Entnahmestelle in Form einer Q-s-Linie zu messen, um die Leistung des Brunnens, sein Absenkverhalten und mögliche Reserven für die Brunnenalterung zu dokumentieren. Auch der Schluckbrunnen müsse wegen der zwangsweisen Alterung ausreichende Leistungsreserven aufweisen. Besonderen Wert müsse auf eine ausführliche Dokumentation gelegt werden, da Brunnenanlagen in der Regel über Jahrzehnte in Betrieb sind. Die Erfahrungen hätten leider gezeigt, dass wichtige Daten für spätere Regeneriermaßnahmen nicht zur Verfügung stehen und damit eine planvolle Herangehensweise kaum möglich ist. Tholen: „Eine Brunnenanlage für eine Wasser/Wasser-Wärmepumpe wird immer pflegebedürftig sein.“

Fazit

Nach der Häufung von Schäden mit Erdwärmesonden-Anlagen in Baden-Württemberg zeigt sich, dass für eine qualitativ hochwertige Erdwärmesondenanlage die heute geltenden „anerkannten Regeln der Technik“ nicht ausreichend sind bzw. bei Anlagen kleiner Leistung oft nicht umgesetzt werden.

Irritierend ist, dass jahrelang mit Verfüllbaustoffen gearbeitet wurde, die sich im Nachhinein als ungeeignet erweisen und von denen eine potenzielle Gefahr bei den Bestandsanlagen ausgeht.

Die Lektion des Geothermie-Kongresses ist aber auch, dass der Planungsprozess für erdreichgekoppelte Wärmepumpenanlagen und das Abteufen von Erdwärmesonden generell viel anspruchsvoller sind als allgemein angenommen wird. Vor diesem Hintergrund ist es nur verständlich, dass Bauherren, Fachbetriebe und TGA-Planer bei kleinerer Heizleistung die immer effizienter werdenden Luft/Wasser-Wärmepumpen favorisieren.

Wichtig für TGA-Planer, Anlagenbauer und Bauherren

TGA-Planer: Erdwärmesonden ermöglichen Heiz- und Kühlkonzepte mit geringem Energieaufwand. Die Planung und Bewertung sowie die Wirtschaftlichkeitsberechnungen erfordern ein hohes Detailwissen, die Regeln der Technik für den Einbau von Erdwärmesonden sind noch im Fluss.

Anlagenbauer: Die Ausführung einer Sole/Wasser-Wärmepumpenanlage als Komplettleistung mit einem Nachunternehmer für die Erdwärmesonde sollte gut überlegt werden, da bereits für die Abnahme der Leistung besonderes Expertenwissen erforderlich ist und bei einem Schadensfall große Haftungsrisiken existieren.

Bauherren: Die Errichtung einer Sole/Wasser-Wärmepumpenanlage mit vertikalen Erdwärmesonden ist mit zahlreichen Schadens- und Haftungsrisiken verbunden, die eine besonders sorgfältige Planung, Bauausführung und Qualitätssicherung erfordern. Bei der Wirtschaftlichkeitsbewertung sollte der Rückbau der Sonde berücksichtigt werden.

IEA startet EWS-Arbeitsgruppe

Die Qualitätssicherung von Erdwärmesonden (EWS) am Bohrloch scheint längst nicht mehr nur ein Problem in Baden-Württemberg zu sein. Anfang 2016 formierte sich innerhalb der Internationalen Energieagentur (IEA), Paris, die Arbeitsgruppe IEA ECES Annex 27 mit dem Ziel, auf internationa-ler Ebene Maßnahmen zur Qualitätssicherung von Erdwärmesonden in die Wege zu leiten und weiterzuentwickeln. Aktuell beteiligen sich daran weltweit zwölf Länder, darunter China, Kanada, Dänemark, Schweden und die Türkei; Operating Agent für das auf drei Jahre angelegte Projekt ist Manfred Reuß vom ZAE Bayern.

Reuß räumt ein, dass sich auf dem zeitweise rasch wachsenden Markt auch unerfahrene Akteure tummeln, deren Anlagen zu erheblichen Problemen führen. Durch die Schadensfälle in Baden-Württemberg seien die Auflagen für EWS-Bohrungen verschärft worden und damit die Kosten gestiegen. Das halte potenzielle Bauherren von Investitionen in solche Anlagen ab. Weitere Ursachen für den Rückgang an Neuanlagen sei der weiter steigende Dämmstandard bei Gebäuden und der damit verbundene Trend, Zitat, „statt teure energieeffiziente erdgekoppelte Wärmepumpen lieber schlechte, aber billigere Luft / Wasser-Wärmepumpengeräte einzusetzen.“ Letztendlich beeinflusse auch der Ölpreisverfall den Wärmepumpenmarkt negativ.

Auswahl spezifischer Ziele der aus nationalen Expertengremien zusammengesetzten Gruppe:

  • Zusammenstellung und Analyse von nationalen Normen und Richtlinien für EWS-Anlagen
  • Ermittlung von Problemfeldern und F&E-Bedarf
  • Ausarbeitung eines Handbuchs und von Richtlinien zur korrekten Planung und zum Bau von EWS-Anlagen
  • Untersuchung und Analyse von typischen Betriebsproblemen
  • Erarbeitung von Richtlinien für die Betriebsmessung, für die vorbeugende Instandhaltung und für die Sanierung von Bestands-EWS
  • Ausarbeitung von Informationen für Genehmigungsbehörden sowie von Richtlinien und Normen

Interessant für TGA-Planer und ausführende HLK-Unternehmen ist, dass auch der gesamte Planungsprozess inklusive Anlagenauslegung, Hydraulik, Genehmigungsverfahren und Ausschreibung abgebildet werden soll.

Wolfgang Schmid

ist freier Fachjournalist für Technische Gebäudeausrüstung, München, wsm@tele2.de

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