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Energieeinsparverordnung

EnEV easy: Nachweis fast ohne Berechnung

Kompakt informieren

  • Mit der Bekanntmachung im Bundesanzeiger kann das Modellgebäudeverfahren für nicht gekühlte Wohngebäude unter definierten Anwendungsvoraussetzungen zum öffentlich-rechtlichen Nachweis der energetischen Anforderungen angewendet werden.
  • Die Ausstattungsvarianten für die Anlagentechnik und den Wärmeschutz beziehen sich ausschließlich auf das energetische Anforderungsniveau, das für zu errichtende Wohngebäude seit dem 1. Januar 2016 gilt.

Am 08. November 2016 ist die „EnEV easy“ im Bundesanzeiger bekannt gemacht worden. Die amtliche Bezeichnung ist „Modellgebäudeverfahren für nicht gekühlte Wohngebäude“. Zuvor hatte der TÜV Hessen im Auftrag des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) die notwendigen Modellrechnungen durchgeführt und einen Vorschlag für die Bekanntmachung unterbreitet, der die beiden zuständigen Bundesministerien für Wirtschaft und Energie (BMWi) sowie Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) in weitem Umfang, jedoch nicht in jeder Hinsicht, gefolgt sind.

Die Idee, den öffentlich-rechtlichen, energetischen Nachweis für den Wohnungsbau zu vereinfachen, geht auf das Land Baden-Württemberg zurück. 2010 schlug das dortige Wirtschaftsministerium vor, ein Verfahren zu entwickeln, das auf Basis von bestimmten Gebäudetypen den Nachweis erheblich abkürzen sollte. Eine Machbarkeitsstudie stellte das Fraunhofer-Institut für Bauphysik 2011 vor. Obwohl schon im Sommer 2013 die wesentlichen Eckdaten für das Modellgebäudeverfahren und die Vorgehensweise feststanden, hat der Abstimmungsprozess zwischen Bund und Ländern noch drei Jahre benötigt.

Modellgebäudeverfahren

Mit dem Modellgebäudeverfahren wurde nun für Wohngebäude, die nicht mit anlagentechnischen Einrichtungen (Klimaanlage) gekühlt werden, eine Option geschaffen, in bestimmten Fällen auf rechnerische Nachweise zu verzichten. Dafür müssen rund 17 Anwendungsvoraussetzungen beachtet respektive baulich erfüllt werden, was teilweise nicht unbedingt den Eindruck macht, dass der Verordnungsgeber einen breiten Einsatz des Modellgebäudeverfahrens wünscht. Ein Teil des im normalen Verfahren erforderlichen Aufwands wird somit in die Anwendbarkeitsprüfung verlagert. Für Wohngebäude, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, sind die in der EnEV geregelten Verfahrensweisen mit individueller Berechnung des Neubaus anzuwenden.

Insgesamt sind für die Anwendung des Modellgebäudeverfahrens folgenden Schritte erforderlich:

  1. Prüfung, ob das Gebäude den Anwendungsvoraussetzungen nach Nummer 4 der Bekanntmachung entspricht,
  2. Ermittlung der Gebäudegröße AGS (aufsummierte beheizte Bruttogeschossfläche),
  3. Auswahl einer anlagentechnischen Ausstattungsvariante nach Nummer 5.1 in Verbindung mit Anlage 1 der Bekanntmachung,
  4. Ablesen der möglichen Wärmeschutzvarianten nach Maßgabe der Gebäudegröße AGS und des Anbaugrads aus Zeile 1, 8 oder 15 der entsprechenden Tabelle der Anlage 1 in der Bekanntmachung,
  5. Auswahl und Überprüfung in Anlage 2 Tabelle 1 der Bekanntmachung, ob und welche der möglichen Wärmeschutzvarianten aufgrund der zulässigen Maximalanteile von Fensterflächen, Dachflächenfenstern, Lichtkuppeln und ähnlichen transparenten Bauteilen aus Zeile 5a, 6a, 7a oder 8a für das Gebäude in Betracht kommen,
  6. Festlegung der gewählten Ausstattungsvariante gemäß den Auswahlkriterien nach c) für die anlagentechnische Ausstattung und e) für den baulichen Wärmeschutz sowie
  7. Übertragung der für die gewählte Ausstattungsvariante in Anlage 1 der Bekanntmachung angegebenen Kennwerte in den Energieausweis (Nummer 7 sowie Beispiel in Anlage 4 der Bekanntmachung).

Mögliche Anlagentechnik

Insgesamt sind 13 Ausstattungsvarianten der Anlagentechnik definiert, die gleichzeitig die Vorgaben des EEWärmeG erfüllen.

  1. Zentralheizung mit Kessel für feste Biomasse, Pufferspeicher und zentraler Trinkwassererwärmung
  2. Zentralheizung mit Kessel für feste Biomasse, Pufferspeicher und zentraler Trinkwassererwärmung, mit Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung
  3. Zentralheizung mit Brennwertgerät zur Verfeuerung von Erdgas oder leichtem Heizöl, Solaranlage nach EEWärmeG, Pufferspeicher und zentraler Trinkwassererwärmung, Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung
  4. Zentralheizung über Nah-/Fernwärme versorgt oder lokale Kraft-Wärme-Kopplung, mit zentraler Trinkwassererwärmung
  5. Zentralheizung über Nah-/Fernwärme versorgt oder lokale Kraft-Wärme-Kopplung, mit zentraler Trinkwassererwärmung und Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung
  6. Zentralheizung mit Luft/Wasser-Wärmepumpe mit zentraler Trinkwassererwärmung
  7. Zentralheizung mit Luft/Wasser-Wärmepumpe mit zentraler Trinkwassererwärmung und Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung
  8. Zentralheizung mit Luft/Wasser-Wärmepumpe mit dezentraler Trinkwassererwärmung über direkt-elektrische Systeme
  9. Zentralheizung mit Luft/Wasser-Wärmepumpe mit dezentraler Trinkwassererwärmung über direkt-elektrische Systeme und Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung
  10. Zentralheizung mit Wasser/Wasser-Wärmepumpe mit zentraler Trinkwassererwärmung
  11. Zentralheizung mit Wasser/Wasser-Wärmepumpe mit zentraler Trinkwassererwärmung und Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung
  12. Zentralheizung mit Sole/Wasser-Wärmepumpe mit zentraler Trinkwassererwärmung
  13. Zentralheizung mit Sole/Wasser-Wärmepumpe mit zentraler Trinkwassererwärmung und Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung

Die Ausstattungsvarianten der Anlagentechnik, bei denen das Modellgebäudeverfahren angewandt werden kann, sind jeweils mit einer Beschreibung der Anlagenausführung und einer Tabelle, aus der sich auch die Zuordnung der Wärmeschutzvarianten und die Kennwerte für den Energieausweis ergeben, definiert.

Die anlagentechnische Ausstattung eines Gebäudes muss vollständig einer der Ausstattungsvarianten nach Anlage 1 der Bekanntmachung entsprechen. Es ist jedoch zulässig, für eine anlagentechnische Ausstattungsvariante einzelne anlagentechnische Komponenten zu verwenden, die energetisch günstiger als die beschriebenen sind. Als energetisch günstiger sind laut der Bekanntmachung „anlagentechnische Komponenten zu werten, für die sich im Kontext der jeweiligen Ausstattungsvariante für gleichartige Gebäude kleinere Anlagen-Aufwandszahlen ergeben und die in gleicher Weise ohne besonderen Nachweis zur Erfüllung des EEWärmeG geeignet sind“.

Anforderungsniveau ab 01.01.2016

Die Ausstattungsvarianten für die Anlagentechnik und den Wärmeschutz beziehen sich ausschließlich auf das energetische Anforderungsniveau, das für zu errichtende Wohngebäude seit dem 1. Januar 2016 gilt. Für Wohngebäude, die mit dem bis zum 31. Dezember 2015 geltenden Anforderungsniveau errichtet werden oder bereits errichtet wurden, kann das Modellgebäudeverfahren nicht angewandt werden.

Wichtig: Die Einhaltung der in § 3 Absatz 1, 2 und 4 EnEV festgelegten Anforderungen an zu errichtende Wohngebäude wird bei der öffentlich-rechtlichen Anwendung vermutet, wenn für ein nicht gekühltes Wohngebäude das Modellgebäudeverfahren anwendbar ist. Somit ist nicht automatisch für den Einzelfall sichergestellt, dass mit einer zusätzlichen (nachträglichen) individuellen Berechnung mit dem in der EnEV geregelten Verfahren eine Erfüllung der EnEV nachgewiesen werden kann. Es ist deshalb dringend zu empfehlen, das Modellgebäudeverfahren in vertragliche Regelungen explizit zu vereinbaren. Zu beachten ist auch, dass Förderprogramme unter Umständen noch nicht an das Modellgebäudeverfahren angepasst sind bzw. nicht angepasst werden.JV

Links

Bekanntmachung zur Anwendung von § 3 Absatz 5 der Energieeinsparverordnung (EnEV) (Modellgebäudeverfahren für nicht gekühlte Wohngebäude) vom 21. Oktober 2016 im Bundesanzeiger AT vom 8. November 2016 B1: www.bit.ly/tga1072

BBSR-Forschungsbericht, der der Bekanntmachung zugrunde liegt: www.bit.ly/tga1073