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Festkolloquium für Fritz Nüßle

Intelligent temperieren anstatt klimatisieren

Kompakt informieren

  • Im Hinblick auf die politische Forderung nach Sektorkopplung, also der systemischen Verbindung von Elektrizität, Wärmeversorgung und Verkehr, rückt die Energiespeicherung stärker in den Fokus der Gebäudetechnik.
  • Am einfachsten und wirtschaftlichsten lassen sich netzdienliche Betriebsweisen durch Tarifanreize heute schon in Gebäuden mit thermisch aktivierbaren Bauteilsystemen, umschaltbaren Wärmepumpen, Erdwärmesonden oder Eisspeichern umsetzen.
  • Allerdings kämpft die Branche immer noch mit Effizienzverlusten an den Schnittstellen Planung, Installation und Betrieb. Eine digitale Funktionsbeschreibung als Bindeglied zum Energiemonitoring kann dazu beitragen, die Anlageneffizienz beständig zu verbessern und neue Regelungs- und Steuerungskonzepte dauerhaft umzusetzen.

Rückblickend gesehen war die Evolution der aus den 1970er-Jahren stammenden Nur-Luft-Klimaanlagen zu Flächen-Heiz- und Kühlsystemen die logische Konsequenz aus höheren Anforderungen an die Gebäudeenergieeffizienz, dem zunehmenden Hygienebewusstsein und den steigenden Anforderungen an Raumkomfort und Behaglichkeit. Prof. Dr.-Ing. Roland Koenigsdorff, Hochschule Biberach, leitet aus den mit diesen Entwicklungen einhergehenden Irrungen und Wirrungen – beispielsweise Doppelfassaden – die Notwendigkeit einer zukünftig ganzheitlichen und gewerkeübergreifenden Planungs-, Qualitätssicherungs- und Haftungskonstellation gegenüber dem Auftraggeber ab.

Koenigsdorff arbeitete in den 1990er-Jahren als Teamleiter Energiemanagement und Simulation bei Drees & Sommer AG/DS-Plan und war damit unmittelbar mit dem damals für die Klimaindustrie beinahe schon disruptiven Wandel der Raumlufttechnik konfrontiert. Dabei zeigte sich, dass sich die mit den gewerkeübergreifenden Klimatisierungskonzepten einhergehende Komplexität eher kontraproduktiv auf Installationskosten, Betriebskosten, Unterhalt und Energieeffizienz auswirkt.

Weniger komplexe Technik durch Systemmodule

Aus diesen Erkenntnissen heraus entstand, so Koenigsdorff, das erste große Passivhaus-Bürogebäude „Energon“ in Ulm, eine Stahlskelettkonstruktion mit einer Fassade aus Holzelementen Abb. 2. Das Energiekonzept, bestehend aus 40 jeweils 100 m tiefen Erdwärmesonden, thermoaktivierten Decken und zusätzliche, in die Betondecke einbetonierte Luftleitungen zur Frischluftversorgung der einzelnen Büros über einen vorgeschalteten Erdkanal, stellte aus seiner Sicht ganz neue Anforderungen an die Zusammenarbeit zwischen Architekt, Tragwerksplaner, Haustechniker und Bauphysiker.

Zur selben Zeit entstand an der Hochschule Biberach das Gebäude „Technikum Gebäudeklimatik“ als DBU-Forschungsprojekt zum Thema Thermoaktive Bauteiltemperierung unter Einbeziehung von Erdwärmesonden und einer nur auf den notwendigen Temperaturhub optimierten Wärmepumpe mit umschaltbarem Kältekreislauf. Der dafür von Fritz Nüßle Abb. 3, Zent-Frenger, Heppenheim, erstmals konzipierte Prototyp der geothermischen Energiezentrale „Geozent“ gilt heute als Meilenstein in der Umsetzung des Systemtechnik-Gedankens zur Reduzierung der Komplexität von Wärmepumpen.

Den schon damals einsetzenden Trend zur Systemtechnik und zu Systemmodulen sieht Koenigsdorff auch künftig als Schlüssel zu praxisnahen, hocheffizienten Lösungen, denn: „Der Heizungsinstallateur darf mit der heutigen und kommenden komplexen Technik nicht alleingelassen werden. Die Lösung liegt in Systemmodulen und in der Systemtechnik, insbesondere im Hinblick auf die politisch gewollte Netzdienlichkeit von Gebäuden, Anlagen und Liegenschaften.“

Bessere Raumluftqualität durch elektrisch leitfähige Luft

Es gibt Produkte und Systeme in der Klimatechnik, an denen die etablierte Branche in der Vergangenheit nicht unbedingt Gefallen fand. Die Entwickler von Heiz- und Kühldecken, Thermisch aktivierten Bauteilsystemen (TABS), Quelllüftung, der Bauer-Optimierung und aller Arten von Luftverbesserungssystemen bis hin zur Ozonisierung oder Vitalisierung der Raumluft können ein Lied davon singen.

In der Schweiz wurde vor einiger Zeit ein Verfahren zur Luftionisation entwickelt, bei dem – eigenen Angaben zufolge – kein Ozon und keine Schadgase entstehen und die Luft mithilfe von langlebigen Kleinionen schwach elektrisch leitfähig gemacht wird Abb. 4. Die empfundene Luftqualität werde dadurch verbessert, auch bei reduzierten Außenluftraten, so die S-Leit Swissengineering AG, Beckenried, Schweiz.

Prof. Dr.-Ing. Rüdiger Külpmann, Hochschule Luzern, Schweiz, der die Auseinandersetzung der Klimabranche mit dem Sick Building Syndrome als Doktorand am Hermann-Rietschel-Institut bei Professor Esdorn hautnah erlebte, war gegenüber den „Luftverbesserern“ zunächst eher zurückhaltend. Anhand einer von Külpmann betreuten Diplomarbeit an der Hochschule Luzern – Technik & Architektur, konnte die Funktionsweise des Systems „S-Leit“ studiert, nachvollziehbar verdeutlicht und in Grundversuchen überprüft werden, mit positivem Ergebnis. Laut Herstellerangaben ist das System sogar in der Lage, den in ein Gebäude eingetragenen Geruch einer Gülledüngung abzubauen, ebenso die Gerüche durch eine Raucherlounge in einem Hotel oder den typischen Schweißgeruch in einem Fitness-Center.

Auch das im Rahmen der Diplomarbeit untersuchte Bürogebäude „Foyer Zug“ (25 000 m2, ca. 1000 Mitarbeiter, Fenster nicht öffenbar, Außenluftstrom nur 25 anstatt 36 m3/(h  Pers) bestätigte die „Werbeaussagen“ und Wirkungsweise des Luftverbesserungssystems:

  • der gemessene Jahresenergieverbrauch konnte durch die Installation des „Leitfähige Luft Systems“ um mehr als 30 % gesenkt werden
  • bei eingebauten F7-Zuluftfiltern entspricht der gemessene Feinstaubgehalt der Zuluft der Filterklasse 9
  • die Luftqualität wird von den Beschäftigten als gut empfunden
  • Messungen der Luftzusammensetzung ergaben keine auffälligen Werte für VOC, Ozon und Feinstaub

Weitere Versuche an OP-Tischen, in Intensivpflegezimmern (Geruchsquellen: Fäkalien, Erbrochenes, Wundsekrete) bestätigten das hohe Geruchsabbaupotenzial des Leitfähige-Luft-Systems (LL-Systems). Külpmann resümiert:

  • Luftionisationsverfahren für raumlufttechnische Anlagen sollten dringend standardmäßig geprüft werden
  • das Leitfähige-Luft-Verfahren ist in der Lage, den Luftionengehalt in der Raumluft naturnah anzuheben
  • elektrisch leitfähige Luft eignet sich zum Geruchsabbau, zur Feinstaub-Clusterung und zur Bildung von Reinraumzonen
  • die Raumluftqualität kann ohne Steigerung der Lüftungsraten verbessert werden.

Betonkerntemperierung und Eisspeicher gewinnen an Bedeutung

Eigenstromerzeugung und Energiespeicherung Abb. 5 müssen in künftigen Energiekonzepten fest verankert sein, will man den ab 2020 EU-weit vorgeschriebenen Niedrigstenergiegebäude-Standard erreichen. Johannes Hopf, Teamleiter Energiedesign, Drees & Sommer Advanced Building Technologies, Stuttgart, fordert von Bauherren und Architekten ein grundsätzliches Umdenken, denn mit konventioneller Technik seien die neuen Standards nicht zu erreichen.

Um die Ziele des Klimaschutzplans 2050 (52 kWh/(m2  a) bei Nichtwohngebäuden, 40 kWh/(m2  a) bei Wohngebäuden) zu erreichen, müssten neben der Bedarfsreduzierung und der Erzeugeroptimierung die Eigenstromerzeugung und die Speicherung in Form von Wärme, Kälte oder Strom fest in den künftigen Energiekonzepten verankert werden. Nur so könnten die Netze entlastet und die EEG-Umlage auf eigenverbrauchten Strom vermieden werden. Vorgabe müsse sein, den selbst erzeugten PV-Strom auch selbst zu verbrauchen bzw. in Form von Wärme, Kälte oder Strom zu speichern.

Die wirtschaftlichste Art, Energie im Gebäude zu speichern, sei die Betonkerntemperierung (BKT), da dieses System einfach zu realisieren und leicht beherrschbar sei, so Hopf. Ideal sei eine Kombination von Wärmepumpe, BKT und Erdwärmesonden (EWS). Wo dies aus geologischen Gründen nicht möglich ist, könnten die EWS durch einen dualen Eisspeicher ersetzt werden, wobei für die Beladung des zweiten Eisspeichers ausschließlich überschüssiger PV-Strom genutzt werden sollte.

Bei richtiger Dimensionierung der Komponenten könnte sich der Mehrpreis solcher Konzepte innerhalb von fünf Jahren amortisieren. Bevorzugt sollte dafür PV-Strom vom eigenen Dach eingesetzt werden; dadurch könnten rund 45 % des Kühlbedarfs durch überschüssigen PV-Strom gedeckt werden. Um Kosten einzusparen sei es wichtig, getrennte Stromnetze für das Gebäude und die Mieter vorzusehen. Nur so könne die EEG-Umlagenbefreiung realisiert werden. Hopf geht davon aus, dass mit fallenden Preisen für Stromspeicher und PV-Anlagen mittelfristig auch die Stromspeicher an Bedeutung gewinnen werden.

Bessere Gebäudeperformance durch digitale Funktionsbeschreibung

„Die Musik spielt auf dem Bau.“ Mit dieser Metapher forderte Prof. Dr.-Ing. Norbert Fisch, TU Braunschweig, die Anwesenden auf, sich bei der Qualitätssicherung von Energiespar- und Energieeffizienzmaßnahmen künftig mehr auf die Ausführung, die Umsetzung und den Betrieb der Anlagen zu konzentrieren. Wer ein „grünes Gebäude“ bestellt, bekomme häufig nur ein graues, da niemand bereit sei, für Inbetriebnahme und Optimierung Geld auszugeben, kritisiert Fisch. „Nach den Erfahrungen im Rahmen der EnOB- und EVA-Projekte zeigt es sich, dass gute Konzepte noch keine guten Gebäude machen.“

Insbesondere komplexe Gebäudeautomationssysteme wirkten sich kontraproduktiv auf die Gebäudeperformance aus, da diese für den Betreiber oft nicht mehr durchschaubar seien. Doch auch Wärmepumpenanlagen erreichen oft nicht die Performance, die geplant wurde, moniert Fisch. Feldtests im Rahmen des Forschungsprojekts WKSP (Wärme- und Kältespeicherung) in zwölf Bürogebäuden hätten gezeigt, dass die Jahres-Systemarbeitszahl bei fast allen Anlagen unter 3 liegt, obwohl ein Potenzial von 5 vorhanden wäre.

Fisch fordert deshalb ein obligatorisches Qualitätsmanagement-Monitoring, zumal die Daten dafür bereits heute verfügbar seien, aber nicht genutzt werden. Ein erster Schritt zu mehr Datentransparenz sei die Abkehr von analogen Funktionsbeschreibungen Abb. 6 hin zum digitalen Prüfstand für Gebäudeperformance, wie ihn beispielsweise Synavision, Bielefeld, anbietet. Mit der künftig digital erstellten Funktionsbeschreibung und einer Cloud-basierten Software sei es erstmals möglich, die Gebäude- und Anlagenperformance schnell, transparent und präzise zu spezifizieren und zu prüfen. Der gesamte Prozess funktioniere weitgehend automatisiert, sodass entsprechende Dienstleistungen, wie ein technisches Monitoring, mit geringen Kosten umgesetzt werden können. Fisch prognostiziert: „Die digitale Funktionsbeschreibung wird die Gebäudetechnik revolutionieren.“

Betonkerntemperierung und Betriebsführungsstrategie gemeinsam planen

Die Nutzung der thermischen Speicherfähigkeit von Gebäuden gilt als ein Meilenstein für die Umsetzung der Sektorkopplung, also der Verzahnung der Sektoren Elektrizität, Wärmeversorgung und Verkehr. Beste Voraussetzungen dafür haben Gebäude, die mittels thermisch aktivierten Bauteilsystemen (TABS) temperiert werden, wobei die Betonkerntemperierung (BKT) von Decken / Fußböden heute dominiert, so Prof. Dr.-Ing. Jens Pfafferott, Hochschule Offenburg.

Pfafferott ist überzeugt, dass sich die aus den 1980er-Jahren stammende BKT vor dem Hintergrund einer künftigen „all electric society“ weiterhin rasant entwickeln wird. Die theoretisch mögliche Energieeffizienz von TABS bzw. BKT sei jedoch nur im System mit den entsprechenden Betriebsführungsstrategien erreichbar. Ein Schwachpunkt von BKT-Systemen sei die hohe thermische Trägheit mit Raumkonstanten zwischen 24 und 72 h. Konventionelle Regelungsstrategien seien hier nicht zielführend, ja eher kontraproduktiv.

Auch fehle es an anerkannten Regeln für die Betriebsführung von BKT-Systemen. Die wichtigste Option, das thermische Verhalten von TABS zu beeinflussen, sei die Lage der Rohre im Fußboden bzw. in der Decke. Umfangreiche Messungen in den Klimakammern der Hochschule Offenburg von TABS-Prüflingen mit Verrohrung in Mittellage bzw. oberflächennah zur Deckenseite bei unterschiedlichen Vorlauftemperaturen (Heizfall / Kühlfall) hätten zu neuen Erkenntnissen der Systemtechnik und der Betriebsführungsstrategie geführt.

Anstatt einer außentemperaturgeführten Vorlauftemperaturregelung nach VDI 3814 (Nachteil: Exergieverluste, lange Pumpenbetriebszeit, kein Lastmanagement möglich) empfiehlt Pfafferott die Steuerung der Vorlauftemperatur nach dem UBB-Verfahren (Unknown-but-bounded-Verfahren) bei dem in der Regel der Außentemperaturverlauf vom Vortag als Leittemperatur herangezogen wird.

Präziser lassen sich BKT-Systeme mithilfe einer Kombination aus thermisch trägerem und agilem System steuern, beispielsweise durch „flinke Randstreifen“ oder in Kombination mit Kühl- und Heizdecken Abb. 8. Von MPC-Regelungen (Modellprädiktive Regelung) mit Wettervorhersagedaten rät Pfafferott eher ab, da solche Regelungskreise, Zitat, „nicht einfach zu verstehen sind“. Als Erfolgsfaktoren für eine Effizienzsteigerung von BKT bei gleichzeitiger Verbesserung der Behaglichkeit nennt Pfafferott:

  • flinke Zusatzsysteme, die separat, aber abgestimmt mit der BKT geregelt werden
  • projektspezifisch festgelegte Vorlauftemperaturen in Abhängigkeit der Außentemperatur von einem der vorigen Tage, je nach Raumkonstante
  • Pumpenbetrieb nach Differenztemperatur gesteuert

Die anschließende Diskussion verdeutlichte, dass die Raumtemperaturen in mit BKT temperierten Gebäuden hauptsächlich in der Übergangszeit über- bzw. unterschwingen und hierfür eine Lösung gefunden werden muss. Einig war man sich in der Erkenntnis, dass die standardisierten Regelungsverfahren der MSR-Industrie bei BKT-Systemen zu, Zitat, „verheerenden Regelungsergebnissen“ führen.

Betonkerntemperierung gewährleistet netzoptimierten Betrieb

Über die Qualität ausgeführter Wärmepumpenanlagen gibt es in der Branche ganz unterschiedliche Auffassungen. Einig ist man sich allerdings darin, dass zwischen der theoretisch erreichbaren Performance und den realen, gemessenen Werten oft große Unterschiede bestehen.

Umso wichtiger sind die Ergebnisse von Forschungsvorhaben wie EnOB, EnSan, ModQS oder Low-Ex-Monitor. Letzteres stellte Prof. Dr.-Ing. Doreen Kalz, Beuth Hochschule für Technik, Berlin, auf dem Kolloquium vor. Dabei wurden 25 Nichtwohngebäude (1600 bis 17 700 m2) über mehrere Betriebsjahre detailliert vermessen, untersucht und modellbasiert ausgewertet. Das Ergebnis ist eine umfassende Queranalyse zum Betriebsverhalten einzelner Komponenten und Systeme, des thermischen Raumkomforts und des Gesamtsystems.

Die gute Nachricht zuerst: Es gibt sie, die direkt über Erdreich oder Grundwasser gekühlten Gebäude, deren Kälteerzeugung auf eine Jahresarbeitszahl zwischen 10 und 20 kommt. Auch zeigt sich, dass sich Gebäude mit TABS und reversiblen Wärmepumpen bestens für einen netzdienlichen Betrieb eignen Abb. 9. Das Speicher- und Lastverschiebepotenzial der Gebäudemasse reiche in der Regel aus, auch längere, durch Netzsignale ausgelöste Betriebsunterbrechungen (Hochtarifzeit) bzw. vorgezogene Betriebszeiten durch Tarifanreizmodelle über die Speichermasse auszugleichen.

Die schlechte Nachrichte: Die gemessene Effizienz der untersuchten Wärmepumpen lässt auf ein hohes Optimierungspotenzial schließen. Typische Schwachpunkte der untersuchten Anlagen sind:

  • hohe Wasserumlaufmengen durch kleine Temperaturdifferenzen, oft kleiner als 2 K
  • hohe Leistungsaufnahme der Umwälzpumpen
    • Grundwasser: 30 bis 100 W<sub>el</sub>/kW<sub>therm</sub>
    • Erdreich: 25 bis 90 W<sub>el</sub>/kW<sub>therm</sub>
  • der Hilfsenergieaufwand variiert zwischen 0,1 und 5,8 kWh<sub>el</sub>/(m<sup>2</sup>  a)
  • hohe Druckverluste in den Erdwärmesonden zwischen 110 und 550 Pa/m
  • ungünstige hydraulische Verschaltung mit Dreiwegeventil
  • Vorlauftemperaturregelung führt zu JAZ von 3,6, möglich wäre eine JAZ von 4,9
  • vorhandene technische Speicherung (Behälter) für einen netzdienlichen Betrieb ist meist zu klein dimensioniert

Kalz ist überzeugt, dass Gebäude mit thermisch aktivierbaren Speichermassen durch einen netzdienlichen Betrieb zur Glättung der Verfügbarkeit von Strom in einem von Wind- und PV-Strom dominierten Energiesystem beitragen können. Allerdings seien für eine flächendeckende Umsetzung von Demand-Side-Management neue Tarifanreizmodelle seitens der Energieversorger notwendig.

Wasser / Eis-Phasenwechsel für die Kurz- und Langzeitspeicherung

Ohne Energiespeicher keine Energiewende, aber welche Art von Energiespeicherung ist heute bereits wirtschaftlich und auch praktikabel? Yannick Friess, Zent-Frenger, Heppenheim, favorisiert die Kombination Wasser / Eis als die aktuell interessanteste Speicherart, da sie universell für die Kurz- und Langzeitspeicherung im Wohnbau wie auch im Nichtwohnbau sowie sektorübergreifend einsetzbar ist.

Im Gegensatz zu Eisspeichern (flüssig / fest) stuft Friess den generellen Entwicklungsstand von Fest/Fest-Latentwärmespeichern, beispielsweise mikroverkapseltes Phasenwechselmaterial in Trockenbauplatten und Putzsystemen, noch als „niedrig“ ein. Bei den elektrischen, elektrochemischen und mechanischen Speichertechnologien liege der Technologie-Reifegrad (TRL) auf der kleinteiligen, von der NASA entwickelten Skala zur Bewertung des Entwicklungsstands (TRL 1 = Basic Technology Research, acht bis 15 Jahre bis zur Marktreife; TRL 9 = Qualifiziertes System mit Nachweis des erfolgreichen Einsatzes) je nach Technologie zwischen TRL 6 (Prototyp in Einsatzumgebung) und TRL 9.

Wasser als Latent-Energiespeicher sei dagegen problemlos auch als sektorübergreifender Energiespeicher für Heizung und Kühlung als Kurz-, Mittel- oder Langzeitspeicher sowie zur Kopplung von Strom- und Wärmesektor einsetzbar. Optimierungspotenzial bestehe noch bei der Wahl der Rohrdurchmesser, der Rohrabstände, der Rohranordnung im Speicher, bei der hydraulischen Einbindung der Rohrwärmeübertrager sowie bei den Be- und Entladestrategien Abb. 10. Friess geht davon aus, dass künftig vermehrt Fertig-Eisspeicher als Wärmequelle für Haus-Wärmepumpen angeboten werden, bevorzugt als Alternative zu Erdwärmesonden.

Obligatorische Fernüberwachung bei Groß-Wärmepumpen

Es gibt kaum eine Tagung zum Thema Wärmepumpen ohne diese nüchterne Erkenntnis: Viele Wärmepumpen-Anlagen erreichen im praktischen Betrieb nicht die prognostizierten Arbeitszahlen. Oft wird dieses Manko erst nach Jahren entdeckt, da die Effizienzanzeige bei Haus-Wärmepumpen immer noch nicht Standard ist.

Anders dagegen bei den Groß-Wärmepumpen: dort gehört die Überwachung der Energieeffizienz des Aggregats ganz selbstverständlich dazu, zumal eine ineffiziente Betriebsweise die Gesamtwirtschaftlichkeit infrage stellt. Zent-Frenger hat die Problematik individuell gebauter, großer Wärmepumpenanlagen frühzeitig erkannt und deshalb die standardisierte, modular aufgebaute Geozent-Energiezentrale mit integrierter Hydraulik und MSR-Technik entwickelt Abb. 11.

Frank Kaiser, Manager Geozent-Energiezentralen, Zent-Frenger, Heppenheim, führt die oft gravierenden Abweichungen bei der Effizienz von Wärmepumpen auf wesentliche Diskrepanzen bei Leistungsbedarf, den geänderten Temperaturverhältnissen von Wärmequellen bzw. Wärmeübertragersystemen sowie den von der Planung abweichenden Betriebsweisen zurück.

Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal der Geozent-Wärmepumpe zu konventionellen Wärmepumpen-Lösungen sei, dass das Regelungs- und Monitoringsystem Teil der Konzeptentwicklung der Geozent-Energiezentrale ist und nicht nachträglich über die Gebäudeleittechnik erfolgt. „Die Intelligenz steckt im Produkt, entkoppelt von der externen GLT. Nur so ist ein optimales Zusammenspiel aller Systeme des Geozent-Modells gewährleistet“, ergänzt Fritz Nüßle, der maßgeblich an der Entwicklung von Geozent beteiligt war.

Kaiser erklärt, wie stark der Einfluss von Teillast (Kälteverdichter) und Pumpenleistung auf die Leistungszahl der Wärmepumpe ist: „Allein durch die Erhöhung der Spreizung von 2 auf 4 K lassen sich hohe Einsparungen bzw. deutlich bessere Leistungszahlen erzielen. Dies gilt insbesondere für Grundwasser-Wärmepumpen bzw. Brunnenanlagen.“

Besonders anspruchsvoll sei die Positionierung der Temperaturfühler in einem Pufferspeicher, der als hydraulische Weiche arbeite. Dabei spielt auch die Visualisierung des Anlagenschemas mit den dazu gehörenden Leistungsangaben bzw. Soll- und Istwerten eine wichtige Rolle. Verstärkt setze man künftig auf die Ergänzung des Energiemonitorings durch Fernwartung, da hiermit weiteres Optimierungspotenzial erschlossen werden könne.

Trinkwassererwärmung senkt Wärmepumpen-Effizienz

Selbst eine optimale Planung und der Einbau systemtechnisch abgestimmter Komponenten garantiert nicht automatisch eine hohe Arbeitszahl. Prof. Dipl.-Ing. Werner Schenk Abb. 12, Hochschule München, Energie- und Gebäudetechnik, versteht es, die offenbar vielfachen Schwächen heutiger Wärmepumpenanlagen mithilfe eines von ihm entwickelten 10-Punkte-Checks in den grünen Bereich zu hieven.

Nach seinen Erfahrungen weichen viele Wärmepumpenanlagen von der Auslegung nach VDI 4650 „Berechnung von Wärmepumpen“ ab, und damit auch die Jahresarbeitszahl. Wich-tige Punkte zum Erreichen einer optimal ausgelegten Wärmepumpenanlage sind aus Sicht von Schenk:

  • die Auswahl und Dimensionierung der Wärmequelle
  • eine gezielte Unterdimensionierung der Wärmepumpe
  • einheitlich dimensionierte Niedertemperatur-Wärmeverbraucher
  • eine einfache Hydraulik, möglichst ohne Kombi- und Parallelspeicher
  • die Vermeidung auch kleiner hydraulischer Fehlströmungen
  • niedrige Temperaturen bei der Trinkwassererwärmung durch den Einsatz dezentraler Frischwassersysteme
  • Auswahl von Hilfsaggregaten mit geringer elektrischer Leistung
  • eine kontinuierliche Überwachung der Anlageneffizienz

Die wirtschaftlichste Maßnahme zur Verbesserung der Leistungszahl sei jedoch die Optimierung der Heizkurve (nach unten) und die Vermeidung von Sicherheitszuschlägen. In einem konkreten Fall (Mehrfamilienhaus, 30 WE, 96 kW Heizlast) konnte allein durch die Nachjustierung der Heizkurve der Stromverbrauch um 29 % gesenkt werden. Bei einem Betriebsgebäude (1440 m2 beheizte Fläche, EWS, Wärmepumpe) konnte durch die Optimierung des Volumenstroms der Sole-Umwälzpumpe (T 6 K) der COP (Wärmepumpe und Solepumpe) von 5,1 auf 5,3 erhöht werden. Wichtig sei eine monatliche Erfassung der Leistungszahl im ersten Betriebsjahr, danach im jährlichen Intervall.

Typische Fehlerquellen seien auch defekte oder undichte Rückschlagventile oder Dreiwegeventile mit bauartbedingter Leckage sowie Grundwasserförderpumpen, die auch dann in Betrieb sind, wenn keine Wärmeanforderung durch die Wärmepumpe besteht. Im Übrigen könne in vielen Fällen anstatt einer im Brunnen installierten leistungsstarken Grundwasserpumpe eine energiesparende Umwälzpumpe eingesetzt werden.

Ausdrücklich warnte Schenk vor vermeintlich preisgünstigen Luft/Wasser-Wärmepumpen in Splitbauweise, deren Lebensdauer deutlich kürzer sei. An die Adresse der Planer richtete Schenk den Appell, dem Kunden kein Erstlingswerk zuzumuten.

Der Nüßle-Einfluss auf die TGA

Wenn es nach der Klimaindustrie, den großen TGA-Planern und den damals vielfach noch industriell ausgerichteten Klimaanlagenbauern gegangen wäre, hätte es Ende der 1970er- / Anfang der 1980er-Jahre noch Jahrzehnte wie gewohnt weitergehen können: Klimaanlagen zu bauen, frei nach dem Motto „viel hilft viel“. Gemeint sind voluminöse Nur-Luft-Klimaanlagen nach US-Vorbildern. End-Energieverbräuche von 300 kWh/(m2  a) und höher waren damals eher die Regel als die Ausnahme. Versuche von Architekten und Bauphysikern, bei Bürogebäuden ganz auf Klimaanlagen zu verzichten und stattdessen mittels Glasfassaden aus Wärmeschutz-Isolierglas und Lüftungsanlagen ohne Kühlfunktion natürlich zu klimatisieren, endeten meist in einer umfangreichen Nachrüstungsaktion mit Kälteregistern und Kaltwassersätzen. Raumtemperaturen von teilweise 40 °C und mehr waren in solchen Glaspalästen keine Seltenheit. Auch Gebäude mit Doppelfassaden in Kombination mit passiver Kühlung über Kühldecken – beispielsweise das ARAG-Hochhaus in Düsseldorf – erwiesen sich als miserabel, was das Raumklima und den End-Energieverbrauch anbelangt. Primärenergetisch betrachtet verschlang das ARAG-Hochhaus laut einer Veröffentlichung von Werner Eicke-Hennig, Institut Wohnen und Umwelt, Darmstadt, etwa 700 kWh/(m2  a) an Primärenergie.

Vor diesem Hintergrund entstanden in den 1980er- und 1990er-Jahren neue Klimatisierungskonzepte auf der Basis von Heiz- und Kühldecken, oft in Kombination mit Hygienelüftung bzw. Quelllüftung. Ergänzend dazu kamen später die thermoaktiven Bauteilsysteme (TABS) mit Schwerpunkt auf der Betonkerntemperierung (BKT). Fritz Nüßle, damals bei der schwedischen Fläkt bzw. ABB Fläkt tätig, erkannte frühzeitig die Sackgasse, in der die konventionelle, aus den USA kommende Klimatechnik steckte und suchte nach Alternativen zu den Nur-Luft-Klimasystemen. Entgegen der vorherrschenden Einstellung der Klimaindustrie, den lukrativen Markt für Nur-Luft-Klimaanlagen und Induktions-Klimaanlagen vor konkurrierenden Alternativen schützen zu müssen, sah Nüßle die Zukunft in den aus Skandinavien kommenden Kühlbalken, Kühl- und Heizdecken sowie der Quelllüftung. Gemeinsam mit den Aktivitäten des Kühldecken-Pioniers Donald Herbst, Berlin, und der wissenschaftlichen Unterstützung durch Prof. Dr. Horst Esdorn vom Hermann-Rietschel-Institut, später durch Prof. Dr.-Ing. habil. Bernd Glück, gelang es Nüßle, Investoren, Bauherren, Architekten und Projektentwickler – beispielsweise Drees & Sommer – von den Vorzügen strahlungsorientierter Heiz- und / oder Kühlsysteme und der Entkopplung der Funktionen Lüften, Heizen und Kühlen zu überzeugen. Begünstigt wurde die Entwicklung durch die öffentliche Diskussion um das Sick Building Syndrome und das allgemein steigende Hygienebewusstsein im Umgang mit raumlufttechnischen Anlagen, das letztendlich zur „Hygienerichtlinie“ VDI 6022 führte.

Die Geschichte des TWK Karlsruhe

Als Dr.-Ing. Johannes Reichelt 1980 seine Professorenstelle an der damaligen Fachhochschule Karlsruhe (FH KA), Fachbereich Maschinenbau im Studienschwerpunkt „Kälte-, Klima- und Umwelttechnik“, antrat, war der erste Hype bei den Wärmepumpen bereits in vollem Gange. Reichelt entschied sich deshalb, eine DIN-Prüfstelle für Wärmepumpen und Kältetechnik an der FH einzurichten. Die von seinem Vorgänger Prof. Dr.-Ing. Valerius Füner 1952 gegründeten kältetechnischen Fortbildungskurse, die bis 1979 nur einmal pro Jahr über neun Wochen stattfanden, wurden ab 1980 auf Ein-Wochen-Kurse umgestellt. Sie finden seitdem während des ganzen Jahres statt, zurzeit mit rund 40 verschiedenen Themen in zwei oder mehr Lehrgängen pro Woche.

Parallel dazu wurde auch die von Füner 1952 gegründete Prüfstelle von seinem Nachfolger wesentlich ausgebaut. Zwischen 1980 und 1987 ging es hauptsächlich um Messungen an Wärmepumpen, danach verschob sich der Schwerpunkt auf experimentelle Untersuchungen an kältetechnischen Komponenten und stationären Kälteanlagen sowie an Bauteilen des Kältemittelkreislaufs von Klimaanlagen in Straßen- und Schienenfahrzeugen. Ab 1997 befand sich die Prüfstelle in einem gemieteten Gebäude mit etwa 20 Mitarbeitern ca. 1 km entfernt von der FH KA. Zur gleichen Zeit wurde die bisherige Einrichtung in eine GmbH umgewandelt unter der Firmenbezeichnung „TWK – Test- und Weiterbildungszentrum Wärmepumpen und Kältetechnik GmbH“. Wegen der zunehmenden Nachfrage im Prüfstellenbereich wurde kurz danach auf diesem Gelände eine Testhalle mit 360 m2 Nutzfläche erstellt.

Um den Fortbestand der TWK GmbH nach seinem Ausscheiden zu sichern, gründete Reichelt – mithilfe von Spenden aus der kältetechnischen Industrie – 2001 eine Stiftung, die er mit dem Namen seines Vorgängers an der FH KA verband: „Valerius-Füner-Stiftung“. Sie dient der Förderung des Studienschwerpunkts „Kälte-, Klima- und Umwelttechnik“ an der FH KA. 2004 erfolgte durch Reichelt die kostenlose Übereignung der TWK GmbH an diese Stiftung.

Um den Fortbestand der TWK GmbH nach seinem Ausscheiden zu sichern, gründete Reichelt – mithilfe von Spenden aus der kältetechnischen Industrie – 2001 eine Stiftung, die er mit dem Namen seines Vorgängers an der FH KA verband: „Valerius-Füner-Stiftung“. Sie dient der Förderung des Studienschwerpunkts „Kälte-, Klima- und Umwelttechnik“ an der FH KA. 2004 erfolgte durch Reichelt die kostenlose Übereignung der TWK GmbH an diese Stiftung.

Als das ehemals amerikanische Militärgelände, auf dem sich die TWK GmbH befand, neu erschlossen wurde, gelang es 2012 – nach jahrelanger Suche – ein 4400 m2 großes Gelände von der Stadt Stutensee zu erwerben, ca. 14 km entfernt vom bisherigen Standort. Nach intensiven Planungen begannen Anfang 2015 die Bauarbeiten und wurden Ende 2015 abgeschlossen. Ein Schwerpunkt dieser Planungen lag auf einem modernen, wegweisenden TGA-Konzept.

Die entscheidenden Impulse für die jetzt realisierte Lösung aus Latent-Speicher, Wärmepumpen, Kältemaschine, Bauteiltemperierung und Kühldecken setzte Fritz Nüßle. Nach seinem Ausscheiden aus der operativen Geschäftsleitung der Zent-Frenger GmbH, Heppenheim (seit 2012 Uponor-Gruppe), trug Nüßle als freier Berater und TGA-Planer entscheidend zur praktischen Umsetzung dieses innovativen Energiekonzepts bei. Prof. Reichelt: „Ohne seinen engagierten Einsatz hätte dieses außergewöhnliche TGA-Konzept nicht realisiert werden können.“

Als äußeres Zeichen des Dankes und der Anerkennung seiner herausragenden Leistungen wurde Fritz Nüßle bei der Gebäudeeinweihung am 22. April 2016 zum Ehrenmitglied der TWK GmbH ernannt. Am 6. April 2017 fand ihm zu Ehren ein eintägiges Kolloquium (Festveranstaltung) mit neun Referenten in Karlsruhe statt. Aufgrund seiner innovativen Gebäudetechnik wurde der TWK-Neubau im Herbst 2016 mit dem „Chillventa Award“ der Nürnberg Messe ausgezeichnet. Ein ausführlicher Bericht über das neue TWK-Schulungs- und Laborgebäude erfolgte in der Fachzeitschrift tab 11-2016. WS

Wolfgang Schmid

ist freier Fachjournalist für Technische Gebäudeausrüstung, München, wsm@tele2.de