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NRW-Koalitionsvertrag

Paris? Nicht in Düsseldorf!

Nordrhein-Westfalen hat bei der letzten Landtagswahl eine neue Regierung gewählt. In den nächsten Jahren tragen CDU und FDP die politische Verantwortung im bevölkerungsreichsten deutschen Land und haben Mitte Juni ihr Programm in einem Koalitionsvertrag zusammengefasst. Schon im Vorfeld hatte es bezüglich der Energie- und Klimaschutzpolitik Kritik gehagelt.

„Christdemokraten und Freie Demokraten begrüßen das Klimaschutzabkommen von Paris und bekennen sich zu dem Ziel, dass die Welt in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts weitgehend treibhausgasneutral wirtschaften soll“ wird das Kapitel „Klimaschutz“ eingeleitet. Doch die angekündigten Maßnahmen sprechen kaum für einen „Ruck“.

Kleiner Lichtblick: „Wir setzen uns gegenüber Bund und Ländern für eine steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung ein.“ Damit sind die Koalitionäre auf einer Linie mit der Bundeskanzlerin, die in den letzten Wochen jede Gelegenheit ergriff, die steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung wieder auf die Tagesordnung zu setzen. Ohne konkrete schnelle Schritte wird die Diskussion darüber – wie schon in der Vergangenheit – dem Markt durch abwartende Modernisierer aber eher einen Rückschlag verpassen.

Weniger freuen dürfte die Branche der angekündigte „Innovationsschub“, die Fernwärmeschienen an Rhein und Ruhr verbinden, um darüber die Wärmeversorgung auszuweiten.

Im Kapitel „Energiewende“ wird ein energiepolitischer Neustart angekündigt. Nordrhein-Westfalen soll „seine Potentiale als innovativer Anbieter von Versorgungssicherheit besser nutzen können“. Dazu sollen die privilegierte Netzeinspeisung des Stroms aus erneuerbaren Energieträgern für Neuanlagen beendet werden und alle Stromanbieter sollen die dem Verbraucher zugesagte Leistung durch Versorgungsgarantien absichern [und die Absicherung möglichst in NRW einkaufen] müssen. Auch soll an einem breiten Energiemix festgehalten werden, weil fossile Strom- und Wärmeerzeugung auf Basis von Braunkohle, Steinkohle und Erdgas für eine kostengünstige Energiebereitstellung noch auf absehbare Zeit unverzichtbar sei. An der Braunkohleverstromung wollen NRW-CDU und -FDP festhalten, den Zubau von Windenergie sollen hingegen mehrere Maßnahmen deutlich erschweren.

Die aus Branchensicht bedeutendste Ankündigung ist allerdings, dass mit einer Bundesratsinitiative die Energieeinsparverordnung 2016 zunächst für drei Jahre ausgesetzt wird – um weitere Baukostensteigerungen zu verhindern und „den Weg für andere, effizientere Energieeinsparmaßnahmen“ freizumachen. Beispiele nennt der Koalitionsvertrag nicht. In der eigenen Hand hat die neue NRW-Regierung „die im Dezember 2016 novellierte Landesbauordnung durch ein Moratorium auszusetzen“.

Vieles liest sich in dem 125 Seiten umfassenden Koalitionsvertrag wie „NRW first“. Wenig davon wird allerdings dem Klimaschutzabkommen von Paris gerecht. Zwar dokumentiert er auch den Willen, zukunftsgerichtete Lösungen, wie Demand Side Management, virtuelle Kraftwerke oder „power to x“ voranzubringen, aber die Entkarbonisierung wird kaum eingeleitet bzw. ganz bewusst vertagt. Paris? Düsseldorf wird bis 2022 wohl kein Vorreiter sein.

Jochen Vorländer, Chefredakteur TGA Fachplaner vorlaender@tga-fachplaner.de · www.tga-fachplaner.de