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Vorschläge für das GEG 2019

Es würde auch viel einfacher gehen!

Kompakt informieren

  • Der zweite Anlauf für ein Gebäudeenergiegesetz (GEG) sollte dazu genutzt werden, dass Energieeinsparrecht drastisch zu vereinfachen und an den tatsächlichen Zielen auszurichten sowie für eine bessere Erfüllung der Anforderungen zu sorgen.
  • Als Hauptanforderung sollten die spezifischen CO<sub>2</sub>-Emissionen unter Berücksichtigung aller eingesetzten Endenergien (Wärme und Strom) begrenzt werden.
  • Weiterhin sollten die bisherigen rechnerischen Nachweise weitgehend durch einen Vergleich des tatsächlichen Verbrauchs bzw. der damit einhergehenden CO<sub>2</sub>-Emissionen mit neu festgelegten Zielwerten abgelöst werden.
  • Ein dazu geeignetes Verfahren steht mit der Energieanalyse aus dem Verbrauch (EAV) als Stand der Technik genormt zu Verfügung.
  • Der messtechnische Nachweis der Zielwerte hat das Potenzial, lange bekannte Qualitätsmängel, insbesondere bei der TGA, abzustellen.

Verbraucher fühlen sich betrogen. Versprochen werden sparsame und emissionsarme Automobile und Passiv-, Null- oder sogar Plusenergiehäuser – auch bei umfassender Modernisierung im Bestand. Hybridsysteme sollen die Energiewende einleiten – im Mobilitätsbereich, bei der Wärmeversorgung von Gebäuden und in der Energiewirtschaft: „Plug-in-Hybrid“, „bivalente Gas- und Wärmepumpenheizung“, „solar und mit Holzhackschnitzel-Heizkessel unterstützte Nah- und Fernwärmesysteme“, „neue Kohlekraftwerke mit verbesserten Wirkungsgraden“ …

Die Praxis liefert fast immer höhere Kosten, erhöhte Verbrauchswerte sowie Abweichungen von Prüfstands- oder errechneten Bedarfswerten. Es geht aber auch anders: Eine positive Ausnahme bilden „durch Qualitätssicherung begleitete Passivhäuser im ursprünglichen Sinn“, ohne komplexe Heizwasserverteilung, sondern nur mit einer Lüftungsnachheizung, eventuell mit einzelnen „Notheizkörpern“. Meist wird jedoch von heutigen Neubauten mehr Endenergie verbraucht und CO2 emittiert als versprochen respektive als es mit einfachen Systemen möglich wäre. Doch Letztere erfüllen die gesetzlichen Anforderungen nicht mehr: Entweder ist der erneuerbare Anteil am Wärmeenergiebedarf zu klein oder der Primärenergiefaktor zu hoch.

Dann werden komplexe Systeme mit mehreren Energieträgern und umfangreicher Anlagentechnik gewählt und leider auch noch mit dem vermeintlichen Qualitätsmerkmal „finanziell gefördert“ versehen. Auf Basis der momentan geltenden Vorschriften EnEV und EEWärmeG ist es kaum mehr möglich, die Spreu vom Weizen zu trennen. Erschwert wird dies zusätzlich durch teilweise sogar neu aufgelegte Förderprogramme für Maßnahmen, die von sich aus wirtschaftlich sind und keiner Förderung bedürfen. So wird das Ziel „CO2-Minderung um 40 % bis 2020“ selbst für einen terminlichen Nachschlag von mehreren Legislaturperioden immer unrealistischer.

Erfolgsnachweis statt Bedarfsnachweis

Um Fortschritte zu erzielen, muss sich also etwas grundlegend ändern. Der erste Versuch [6] für die zu begrüßende Zusammenführung von Energieeinsparungsgesetz (EnEG), Erneuerbare-Energie-Wärmegesetz (EEWärmeG), Energieeinsparverordnung (EnEV) und Teilen der Heizkostenverordnung (HeizkostenV) zu einem Gebäudeenergiegesetz (GEG 2017) ist zwar formal am Widerstand gegen nur wenige Passagen gescheitert, jedoch zeigt eine Ana-lyse der über hundert Stellungnahmen, dass auch die gewünschte Vereinfachung der Nachweisführung für Neubau und Bestand sowie eine Verschlankung der Gesetzgebung nicht festzustellen ist.

Der nächste Anlauf für ein GEG sollte darum für eine Neukonzeption genutzt werden. Dafür bietet sich an, die bisherigen rechnerischen Bedarfsnachweise durch Erfolgsnachweise mit realen Verbrauchsmessungen zu ersetzen, was nachstehend anhand der Wärmeversorgung von Gebäuden und Problemen bei der heutigen Nachweisführung nach EnEV und EEWärmeG für neue und bestehende Gebäude diskutiert wird.

Gegenüber den bisherigen rechnerischen Nachweis(verfahr)en könnten sich reale Verbesserungen analog zu den Energiewendezielen (Verringerung der CO2-Emissionen) ergeben, wenn für den Nachweis des Erfolgs durchgeführter Maßnahmen eine kontinuierliche Verbrauchserfassung und -analyse der Endenergien für Strom und Wärme von allen beteiligten Akteuren akzeptiert wird.

Die hierzu erforderlichen Werkzeuge der Energieanalyse aus dem Verbrauch EAV [1, 2] sind vorhanden und seit mehreren Jahren als Stand der Technik in DIN EN 12 831 Beiblatt 3 [3], DIN V 18 599 [4] und VDI 3807 [5] genormt.

Zähler in jedem neuen Wärmeerzeuger

Im BMWi/BMUB-Referentenentwurf vom 23. Januar 2017 für ein „Gesetz zur Einsparung von Energie und zur Nutzung Erneuerbarer Energien zur Wärme- und Kälteerzeugung in Gebäuden (Gebäudeenergiegesetz – GEG)“ [6] ist in  § 38 vorgesehen: „Sofern elektrisch angetriebene Wärmepumpen genutzt werden, muss […] bis zum 31. Dezember 2018 die Wärmepumpe […] über einen Wärmemengen- und Stromzähler, deren Messwerte die Berechnung der Jahresarbeitszahl der Wärmepumpe ermöglichen oder eine Anzeige, die neben der […] vorgeschriebenen Mindestjahresarbeitszahl direkt die von der Wärmepumpenanlage erreichte Jahresarbeitszahl als gemittelten Wert der letzten zwölf Monate ausweist, wobei […] die Strom- und Wärmemengen aller Systemkomponenten der gesamten Heizungsanlage durch Messungen zu erfassen sind […].“

Dieser in Pkw schon seit Jahren verfolgte Ansatz ist zu begrüßen und sollte für jeden neuen Wärmeerzeuger gelten. Es wäre so ohne großen Zusatzaufwand möglich, für alle Wärme- und Stromerzeuger die Strom-, Wärme- und Endenergien bzw. die Erzeugereffizienzkennwerte sowie die damit verbundenen CO2-Emissionen als realen Nachweis für die Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen auszuweisen.

Die bisher nach EnEV und EEWärmeG erforderlichen Bedarfsnachweise auf Basis der zugehörigen Normen (DIN V 18 599, DIN V 4701-10 und DIN 4108-6) könnten dann für öffentlich-rechtliche Belange entfallen und auf privatrechtlicher Basis als mehr oder weniger detaillierte Planungs- und Bilanzierungshilfe optional zu einem stark vereinfachten Nachweisverfahren eingesetzt werden.

Die Schweden geben uns ein Beispiel

Ähnlich einfach und mit dem vorgeschlagenen Erfolgsnachweis mit realen Verbrauchsmessungen vergleichbar wird in Schweden der Nachweis zur Erfüllung des Energiegesetzes bereits seit vielen Jahren realisiert. Die Schwedische Nationale Bauverordnung enthält Anforderungen für Neubauten und sanierte Bestandsgebäude und wurde 1994 eingeführt. Der Energieverbrauch ist schon in der Planungsphase eines Projekts zu prognostizieren und nach Fertigstellung des Gebäudes für ein Jahr zu messen und spätestens nach zwei Jahren Nutzung vorzulegen. Für Bestandsgebäude ist der Energieverbrauch zu messen.

EAV für den Erfolgsnachweis

Ein Verfahren mit Auswertung und Analyse monatlicher Verbrauchswerte (Energieanalyse aus dem Verbrauch, EAV) wurde von den Autoren bereits 2006 als Ersatz für die Bedarfsbilanz im Nachweis vorgeschlagen [7].

Die EAV in 2 zeigt für ein typisches modernisiertes Mehrfamilienhaus nur die Anteile der Nutzenergien (56 und 17 kWh/(m2  a)) und der Verteilverluste für Raumheizung (13 kWh/(m2  a)) und Trinkwarmwasser (21 kWh/(m2  a)). Hinzu kommen Verluste eines Gas-Brennwertheizkessels von etwa 27 kWh/(m2  a) bei einem heute typischen brennwertbezogenen Nutzungsgrad von 80 %. Grundsätzlich ist den Zirkulationsverlusten für Trinkwarmwasser und den realen Nutzungsgraden der Wärmeerzeuger durch ihren großen und weiter steigenden Einfluss auf den Energieverbrauch künftig viel mehr Aufmerksamkeit zu widmen.

Immer mehr Feldstudien zeigen, dass Wärmepumpen, Anlagen zur kontrollierten Wohnungslüftung, Solaranlagen oder Brennwertheizkessel im tatsächlichen Betrieb nicht so effizient sind, wie es Normnutzungsgrade in Herstellerprospekten und Zertifizierungsbescheinigungen verschiedener Prüfinstitute dem Verbraucher vortäuschen. Auch die neu eingeführten Energieeffizienzlabel für Wärmeerzeugungsanlagen geben keine Auskunft über die Effizienz der Anlage im Realbetrieb. In der Praxis wirken schlichtweg andere Mechanismen als auf dem Prüfstand und in den angenommenen Berechnungsalgorithmen der Bedarfsnormen.

EAV deckt Mängel auf

Bereitschafts- und Anfahrverluste im durchschnittlichen Teillastbereich heutiger Heizkessel von nur 9 bis 15 % bezogen auf die Kesselnennleistung und auch das Teillastverhalten von Wärmepumpen gewinnen bei verringertem Nutzwärmebedarf stark an Bedeutung. Realität ist auch, dass die Leistungsanpassung (Modulation) der Wärmeerzeuger meist nicht ausreichend ist, die Heizkurven der Regler nicht eingestellt werden und ein Hydraulischer Abgleich unterlassen wird. Und auf eine Unterversorgung einzelner Heizkörper wird mit den falschen Maßnahmen reagiert: Die Heizkurve und / oder Pumpenleistung werden höher eingestellt. Konsequenzen sind ein erhöhtes Takten der Wärmeerzeuger, eine verminderte Brennwertnutzung oder bei Wärmepumpen niedrige Arbeitszahlen, analog zu den erhöhten Endenergie- und Stromverbrauchswerten kommt es zu unnötig hohen CO2-Emissionen.

All diese relativ einfach abzustellenden Qualitätsmängel werden mit den heutigen EnEV- und EEWärmeG-Nachweisverfahren nicht aufgedeckt. Wegen fehlender Qualitätssicherung und -kontrolle führen sie jedoch in vielen Fällen zu erheblichen Abweichungen zwischen Plan- und Realwerten der eingesetzten Endenergie. Mit einer EAV lassen sich solche Mängel nicht nur insgesamt aufzeigen, sondern auch zuordnen und sofern es sich nicht um Fehlplanungen handelt, die Mängel auch relativ einfach beheben. Schon kurzfristig dürfte die Verwendung der EAV dazu führen, dass heute häufig anzutreffende Qualitätsmängel aufgrund der gesammelten Erfahrungen viel seltener auftreten.

Wird diese Thematik im Diskussionsprozess zu einer technischen Regel oder Norm für eine neue Gesetzgebung (EnEV, GEG) öffentlich angesprochen, häufen sich Schein- und Gegenargumente, um den zukünftig sinnvollen und notwendigen politischen Verordnungsprozess möglichst lange hinauszuzögern. Verlorenes Terrain in Technikeffizienz aufzuholen und eine Mängelbeseitigung in der handwerklichen Ausführung und Ausbildung, sprich eine notwendige Qualifizierung, werden zwar als notwendige Forderungen anerkannt, ein Qualitäts- bzw. Erfolgsnachweis durchgeführter Maßnahmen wird jedoch von fast allen Seiten abgelehnt [8].

Qualitätsüberwachung

Als neutrale Instanz zur Qualitätsüberwachung und Messauswertung wären zukünftig von der dena zertifizierte Energieberater und / oder bevollmächtigte Schornsteinfeger mit Energieberaterausbildung geeignet.

Das Eingeständnis, in der Vergangenheit durch träge und unkoordinierte Aktivitäten aller beteiligten Gruppen den Anschluss an den möglichen Stand der Technik verpasst zu haben, wird wohl kein Branchenvertreter gerne offen aussprechen. Aber ein weiteres Hinauszögern und Warten verschlechtert nur die Position; insbesondere, wenn immer mehr Ergebnisse aus wissenschaftlich begleiteten Felduntersuchungen mit teilweise ernüchternden Werten für reale Nutzungsgrade und Verluste der Gebäude- und Anlagentechnik nach Erklärungen verlangen.

So zeigen Messungen an Niedrigenergiehäusern und an umfassend modernisierten Bestandsgebäuden, dass der Endenergieverbrauch der Gebäude um typisch 10 bis 30 kWh/(m2  a) über dem vorher errechneten Bedarfswert liegt [9] und dass Gesamtnutzungsgrade aus Wärmeerzeugung, Wärmeverteilung und Wärmeabgabe nicht wie propagiert bei 90 % und höher, sondern teilweise nur bei 50 bis 70 % liegen. Die Ursachen sind meist bekannt: Unzureichende Planung, Ausführung und Abstimmung der einzelnen Komponenten eines Gebäudes (Wärmebrücken, Luftundichtheiten) und der haustechnischen Anlage mit überdimensionierten Komponenten.

Hinzu kommt der große Nutzereinfluss auf den möglichen Mehrverbrauch, der sich umso stärker auswirkt, je höher das „Verschwendungspotenzial“ durch nicht angepasste Wärmeerzeuger, nicht eingestellte Regler, schlecht gedämmte Rohrleitungen, nicht einregulierte Volumenströme (Hydraulischer Abgleich) sowie durch nicht angepasste Heizflächen, Regelventile, Pumpen und Lüftungsanlagen mit hoher elektrischer Zusatzenergieaufnahme ist. Die Chancen, bekannte Fehler möglichst einfach auszumerzen und technische einfache und effiziente Lösungen anzubieten, sollten kurzfristig genutzt werden, anstatt weiter zu lamentieren.

Vom EnEG zum GEG

Wie könnte das künftige GEG 2019 weiterentwickelt werden? Dazu lohnt der Blick zu-rück. Wenn ein so großes Vorhaben, wie das Gebäudeenergiegesetz in Angriff genommen wird, sollte Bewährtes nicht voreilig unter den Tisch fallen.

Von 1976 bis heute ist das Energieeinsparungsgesetz (EnEG) mit nur elf Paragraphen ausgekommen, zwischenzeitlich sind sogar zwei Paragraphen gegenstandslos geworden. Das EnEG ermächtigt die Bundesregierung in mehreren Punkten, Rechtsverordnungen mit Zustimmung des Bundesrats zu erlassen, die das EnEG konkretisieren.

Grundlage des EnEG ist bis heute das in § 5 hinterlegte Wirtschaftlichkeitsgebot: „Anforderungen gelten als wirtschaftlich vertretbar, wenn generell die erforderlichen Aufwendungen innerhalb der üblichen Nutzungsdauer durch die eintretenden Einsparungen erwirtschaftet werden können. […] In den [auf Grundlage des EnEG erlassenen] Rechtsverordnungen ist vorzusehen, dass auf Antrag von den Anforderungen befreit werden kann, soweit diese im Einzelfall wegen besonderer Umstände durch einen unangemessenen Aufwand oder in sonstiger Weise zu einer unbilligen Härte führen.“

Null-Grenzkosten-Gesellschaft

Aber was passiert mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot, wenn sich zukünftig Energiekosten fast nur noch aus Kapitalkosten ergeben, weil der Energieträger Strom aus Photovoltaik- und Windkraftanlagen keine Brennstoffkosten mehr verursacht? Bei Grenzkosten nahe Null für Endenergien aus regenerativen Erzeugungsanlagen gilt immer noch das Wirtschaftlichkeitsgebot: es sind die Endenergien am wirtschaftlichsten, deren Gestehungskosten je erzeugter Endenergie sich am Markt am niedrigsten darstellen. Und es sind die Maßnahmen zur Energieeinsparung im Bestand am wirtschaftlichsten, welche die geringsten Kosten für die eingesparten kWh und CO2-Emissionen ergeben.

Leider wird dieses sinnvolle Grundprinzip durch zunehmend fehllaufende Förderprogramme ad absurdum geführt. Von sich aus wirtschaftliche Maßnahmen, wie die Heizungsoptimierung mit Hydraulischem Abgleich, werden aus milliardenschweren Töpfen gefördert – jedoch ohne Erfolgsnachweis. Einfacher und gerechtfertigt wäre es, diese hochwirtschaftliche Maßnahme gesetzlich mit Befreiung im Einzelfall vorzuschreiben. Auch langfristig fragwürdige Konzepte, wie solarthermisch unterstützte Nah- und Fernwärmesysteme, werden mit hohen Investitionskostenzuschüssen gefördert, wobei gleichzeitig das Wirtschaftlichkeitsgebot des EnEG außer Kraft gesetzt wird.

GEG: um 95 Paragraphen verkürzen

Der GEG-Referentenentwurf benötigt für die Zusammenführung von EnEG, EnEV und EEWärmeG insgesamt 114 Paragraphen. Doch ist ein derartig umfangreiches und komplexes Konstrukt wirklich notwendig, um die Ziele eines „möglichst sparsamen Einsatzes von Energie in Gebäuden einschließlich einer steigenden Nutzung erneuerbarer Energien zur Erzeugung von Wärme und Kälte“ zu erreichen? Oder laufen wir damit nicht Gefahr, dass die nur geringe Reduktion der CO2-Emissionen in den letzten beiden Jahrzehnten weiter fortgeschrieben wird?

Müsste nicht besser die erste Zielsetzung in der Einsparung von Endenergien und den damit verbundenen CO2-Emissionen liegen? Sollte nicht eine möglichst einfache Regulierung und Vorschriftensammlung gefunden werden? Und sollte nicht der Erfolg der Energieeinsparmaßnahmen durch einfache und standardmäßig vorgeschriebene Verbrauchsauswertungen konsequent nachgewiesen, also direkt gemessen werden? Und wäre nicht der so sichergestellte Erfolg eine zusätzliche Motivation für noch zögernde Sanierer?

Der Gesetzgeber hat bisher den Primärenergiebedarf als zentrale Zielgröße in der öffentlichen Nachweisführung gefordert. Daran will er festhalten, obwohl dieser Bewertungsmaßstab bei manchen Endenergien keinen direkten Bezug zu der tatsächlich wichtigen Zielgröße CO2-Emissionen aufweist. Weder der Primärenergie-, noch der Endenergieverbrauch und die CO2-Emissionen haben seit der Jahrtausendwende wesentlich abgenommen [11].

Kompensieren verbietet sich

Der Gesetzgeber hat mit der EnEV und dem EEWärmeG eine Kompensation zwischen der Qualität des Gebäudewärmeschutzes, dem Anteil erneuerbarer Energien und der Anlagentechnik gefördert. Diese Philosophie ist für eine beschleunigte Dekarbonisierung weder zeitgemäß noch tauglich und hat den Einsatz bereits heute verfügbarer wirtschaftlicher Passivhauskomponenten bei vielen Gebäuden verhindert.

Fakt ist: Bei gleichem Endenergiebedarf zweier Gebäude mit unterschiedlichen Endenergieträgern kann nach aktueller EnEV ein deutlich variierender Primärenergiebedarf errechnet werden, ohne dass eine Aussage zu den dabei auftretenden CO2-Emissionen getroffen werden kann.

Ein besonders negatives Beispiel ist dabei die Fernwärme aus kohlebefeuerten Heizkraftwerken mit hohem Stromerzeugungsanteil. Sie weist durch eine umstrittene Stromgutschriftmethode sehr niedrige Primärenergiekennwerte bei gleichzeitig hohen CO2-Emissionen des Gesamtsystems auf [12]. Können wir uns das zukünftig noch leisten?

Zu viele Ziele vernebeln den Blick

Die Möglichkeit zur verpflichtenden Angabe der CO2-Emissionen einer Liegenschaft wurde im GEG-Referentenentwurf bereits berücksichtigt. Das ist gut so. Allerdings sind damit nun fünf potenzielle Zielgrößen im GEG vorhanden:

  • der Endenergiebedarf, welcher für den Gebäudeeigentümer respektive -nutzer hinsichtlich der zu erwartenden Betriebs-kosten interessant, weil einfach und verständlich nachvollziehbar, ist – ehemals EnEV, in Wohngebäuden für die Effizienzklasse des Energieausweises relevant
  • die Deckungsanteile der erneuerbaren Energien am Wärmeenergiebedarf – ehemals EEWärmeG
  • die CO<sub>2</sub>-Emissionen, welche den direkten und wichtigsten Maßstab für die Klimawirkung darstellen – neu im GEG-Referentenentwurf
  • der bauliche Wärmeschutz – ehemals Nebenanforderung der EnEV und als Ersatzmaßnahme im EEWärmeG
  • der Primärenergiebedarf – ehemals Hauptanforderung der EnEV und Ersatzmaßnahme im EEWärmeG

Fünf parallele Zielgrößen sind in ihren komplexen Zusammenhängen nur schwer vermittelbar. Noch komplizierter sind Vorschläge zur Modifizierung der Bewertung von Primärenergiefaktoren unter Berücksichtigung der Treibhausgase [13].

Inwieweit ein derartiger „Zielgrößenkatalog“ sinnvoll handhabbar ist, muss grundsätzlich infrage gestellt werden: Wissen wir einfach nicht, was wir wollen? Eigentlich schon, denn bei den Klimaschutzzielen geht es primär um die Minderung von CO2-Emissionen – und das so schnell wie irgend möglich.

Werden zu viele Zielgrößen definiert, leidet das Verständnis von Nichtfachleuten, der eigentlichen Hauptnutzungsgruppe von Gebäuden. Der Hinweis auf Verbraucherinformationen (§ 107, GEG-Entwurf) zeigt die hohe Bedeutung, Nutzer mitzunehmen und einzubinden.

Haupt- und Nebenanforderungen

Die Autoren schlagen für ein GEG 2019 vor, als Hauptanforderung die spezifischen CO2-Emissionen der Gebäude (Neubau und zukünftig auch Bestand) mit Ausweisung und Berücksichtigung aller eingesetzten Endenergien (Wärme und Strom) zu begrenzen. Als zwingende Nebenanforderung sollten wie bisher in etwas abgewandelter Form Anforderungen an den baulichen Wärmeschutz gestellt werden (Transmissionswärmeverlustkoeffizient HT bezogen auf die beheizte Fläche AEB), siehe 3.

Einzelanforderungen

Die zusätzlichen Forderungen an die Qualität des Baukörpers hinsichtlich Dichtheit und Wärmebrücken, an die Qualität aller Komponenten der Anlagentechnik sowie an die dazu notwendige Qualitätssicherung sollten zukünftig in getrennten Verordnungen formuliert werden, die vom GEG in Bezug genommen werden. Ein Erfolgsnachweis durchgeführter Maßnahmen durch Analysen real verbrauchter Endenergien und der damit verbundenen CO2-Emissionen sollte zukünftig den bisher rechnerischen Bedarfsnachweis vollständig ersetzen.

Nur die Nebenanforderung an einen ambitionierten Wärmeschutz sollte wie in den ersten Wärmeschutzverordnungen bis heute von Anfang an möglichst einfach auch rechnerisch nachgewiesen und durch Qualitätssicherungsmaßnahmen (Dichtheitstest, Wärmebrückennachweis) begleitet werden.

Adäquate Qualitätssicherungsmaßnahmen für die Anlagentechnik sind heute nur für die Heizungsoptimierung mit angepassten Auslegungswerten für Raumheizlasten, Heizflächen, Vorlauftemperaturen, Volumenströmen und Pumpeneinstellungen denkbar [14]. Allerdings konnte sich die Branche hierfür in den letzten 20 Jahren nicht auf eine entsprechende technische Regel / Norm einigen. Solange es diese nicht gibt, kann keine Nebenanforderung an die Qualität der TGA gestellt werden.

Der Vorschlag zusammengefasst: Primäre Zielgröße sind zukünftig nur noch die CO2-Emissionen nach einer politisch festzulegenden Minderungsstrategie. Im Energieausweis (Neubau und Bestand) ist der spezifische Endenergieverbrauch zusammen mit den CO2-Emissionen anzugeben.

Erfolg messen oder berechnen?

Gebäude und deren Anlagentechnik werden immer komplexer – Stichwort „Hybridsysteme mit regenerativen Energien“ und mit der Fragestellung: „Sind diese wirklich immer sinnvoll?“ [15] – entsprechend anspruchsvoll gestaltete sich in der Vergangenheit und auch heute noch eine auf Berechnungen fußende Ermittlung des zu erwartenden Energiebedarfs. Randbedingungen werden durch zusätzliche und nicht immer transparente Faktoren in den begleitenden EnEV-Normen berücksichtigt.

Zusätzlich muss das geplante Gebäude noch in den engen Berechnungsrahmen „Referenzgebäude“ gepresst werden. Inwiefern im Gebäudebetrieb Energieverbrauch und errechneter Energiebedarf korrelieren, ist bis heute nur statistisch belegbar, aber für das konkrete Einzelobjekt kaum abschätzbar.

Das Hauptproblem dabei ist: Interessiert das den Gesetzgeber und den Endnutzer überhaupt? Ein brauchbarer Vergleich beider Werte mehrere Betriebsjahre nach dem Bau bzw. einer Modernisierungsmaßnahme im Rahmen einer Optimierung und Qualitätssicherung wird in der Regel nicht durchgeführt. Es ist deshalb grundsätzlich zu fragen: Ist eine Nachweisführung allein aufgrund einer Berechnung und ohne Erfolgsnachweis durch mindestens ein- bis zweijährige Verbrauchserfassung überhaupt noch zielführend? Ist die Nachweisführung über Messungen nicht stets realistischer und besser nachvollziehbar?

Best Practice als zukünftiger Maßstab

Durch den Verzicht auf eine umfangreiche Bedarfsberechnung für die öffentliche Nachweisführung wird auch ohne das bisherige Referenzgebäudeverfahren in der EnEV bei Vorgabe eines Best-Practice- und wirtschaftlichen Wärmeschutzes eine hohe Effizienz und Qualität der Gebäudehülle sichergestellt.

So durfte bisher ein Gebäude mit hohem Fensterflächenanteil einen höheren Energiebedarf als ein Gebäude mit niedrigem Fensterflächenanteil aufweisen. Wird hingegen der auf die Wohnfläche bezogene Transmissionswärmeverlustkoeffizient auf einen festen Zielwert begrenzt, muss ein Gebäude mit hohem Fensterflächenanteil einen besseren Wärmeschutz der nicht transparenten Flächen aufweisen, um den für alle Gebäude gleichen Zielwert mindestens einzuhalten.

Anpassung der CO2-Grenzwerte

Die maximal erlaubten CO2-Emissionen als Hauptanforderung des neuen GEG orientieren sich an den Zielsetzungen von Politik und Gesellschaft. Dabei sind sowohl die CO2-Grenzwerte für die Hauptanforderung als auch die zugehörigen Emissionsfaktoren der eingesetzten Energieträger, z. B. nach GEMIS [16], kontinuierlich anzupassen.

Der beschleunigte Ausbau regenerativer Stromerzeugung bei gleichzeitig beschleunigtem Rückbau der Stromerzeugung aus Kohlekraftwerken und der dann sinnvolle beschleunigte Ersatz von mit fossilen Energieträgern befeuerten Brennwertheizkesseln durch elektrische Wärmepumpen spielen so im CO2-Minderungsprozess die entscheidenden Rollen.

Erste Modellrechnungen ergeben für den gesamten Endenergieverbrauch (Strom und Wärme) von Wohngebäuden für 2019 einen Zielkennwert für die Hauptanforderung von etwa 30 kgCO2/(m2  a) bezogen auf die Wohnfläche. Die Reduktion sollte rechtzeitig progressiv politisch vorgegeben werden, beispielsweise mit 10 … 4 … 0 kgCO2/(m2  a) ab 2030 … 2040 … 2050.

Nebenanforderung HT / AEB

Als Kennwert für die Wärmeschutz-Nebenanforderung wird der auf die beheizte Fläche bezogene spezifische Transmissionswärmeverlust HT/AEB1) mit einem typischen Wert von aktuell 0,4 W/(m2   K) vorgeschlagen. Weitere Reduzierungen dieses Kennwertes sind abhängig vom Wirtschaftlichkeitsgebot.

Alle weiteren Anforderungen an die Qualität von Gebäudehülle, Anlagentechnik und an die Qualitätssicherung sind zukünftig als Einzelanforderungen in einer gesonderten Verordnung zu formulieren, die vom GEG in Bezug genommen wird. Hierdurch könnte das GEG mit etwa 20 Paragraphen auskommen. Ein Textvorschlag wird voraussichtlich im Herbst 2017 auf www.delta-q.de veröffentlicht. Für den Nichtwohnbau sind die Anforderungen je nach Nutzungsart anzupassen.

Literatur

 [1] Wolff, D.; Jagnow, K.: E-A-V – Energieanalyse aus dem Verbrauch. Stuttgart: Gentner Verlag, TGA 09-2004

 [2] Wolff, D.; Teuber, P.; Jagnow, K.; Effizienz von Wärmeerzeugern. Stuttgart: Gentner Verlag, TGA 10-2004

 [3] DIN EN 12 831 Heizungsanlagen in Gebäuden – Verfahren zur Berechnung der Norm-Heizlast – Beiblatt 2: Vereinfachtes Verfahren zur Ermittlung der Gebäude-Heizlast und der Wärmeerzeugerleistung. Berlin: Beuth Verlag, Mai 2012

 [4] DIN V 18 599; Energetische Bewertung von Gebäuden – Berechnung des Nutz-, End- und Primärenergiebedarfs für Heizung, Kühlung, Lüftung, Trinkwarmwasser und Beleuchtung – Beiblatt 1: Bedarfs-/Verbrauchsabgleich. Berlin: Beuth Verlag, Januar 2010

 [5] VDI 3807 Verbrauchskennwerte für Gebäude, Blatt 1 bis 5. Berlin: Beuth Verlag, 2008 bis 2015

 [6] Referentenentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie und des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit; Gesetz zur Einsparung von Energie und zur Nutzung Erneuerbarer Energien zur Wärme- und Kälteerzeugung in Gebäuden (Gebäudeenergiegesetz – GEG). Berlin: 23.01.2017, Download über Webcode 749150

 [7] Jagnow, K.; Wolff, D.; Schluss mit Verschleierung. Stuttgart: Gentner Verlag, TGA 08-2016

 [8] Hengstenberg, J.; Wolff, D.; Energiepolitik: Bitte mit Erfolgsnachweis. Stuttgart: Gentner Verlag, TGA 03-2013

 [9] Wolff, D. et al: Sanierungswirkung – Sanierungstest; BMUB-Studie. Wolfenbüttel: 2015

[10] Kapmeyer, E.: Gas und EnEG. Stuttgart: Krämer, 1979

[11] Deneff (Hrsg.): Branchenmonitor Energieeffizienz 2017. Berlin: 2017

[12] Schünemann, A. et al: CO2-Bewertung statt Primärenergiebezug!. Stuttgart: Gentner Verlag, TGA 12-2014

[13] ITG, ifeu, Wuppertal Institut: Weiterentwicklung der Primärenergiefaktoren im neuen Energiesparrecht für Gebäude; Endbericht. 2016.

[14] Wolff, D.; Jagnow, K.: Optimus, Abschlussbericht zum DBU Projekt – Technischer Teil. Wolfenbüttel: Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel, 2005

[15] Jagnow, K. et al: Zurück zum gesunden Menschenverstand. Stuttgart: Gentner Verlag, TGA 07-2016

[16] GEMIS; Globales Emissions-Modell integrierter Systeme; online unter: iinas.org/gemis-de.html

Fußnoten

1) mit HT = HT‘ (bisherige Nebenanforderung nach EnEV) × A (wärmeübertragende Umfassungsfläche) und AEB als beheizte Wohnfläche

Adrian Schünemann M. Eng.

ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Institut für energieoptimierte Systeme – EOS, Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften in Wolfenbüttel

Prof. Dr.-Ing. Kati Jagnow

Hochschule Magdeburg-Stendal – Fachbereich Wasser, Umwelt, Bau und Sicherheit

Prof. Dr.-Ing. Dieter Wolff

Institut für energieoptimierte Systeme – EOS, Fakultät Versorgungstechnik, Ostfalia-Hochschule für angewandte Wissenschaften in Wolfenbüttel, d.wolff@ostfalia.de, www.ostfalia.de

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