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Oliver Fiedel über Komfort-Lüftung:

“Richtig geplant immer ein Gewinn“

TGA: Ist der Stromverbrauch beim Einsatz eines Lüftungssystems tatsächlich vernachlässigbar und fällt damit als Kostenpunkt im Prinzip nicht ins Gewicht?

Fiedel: Natürlich benötigt ein Komfort-Lüftungssystem für den Betrieb Strom, doch dieser Energieaufwand ist im Vergleich zu den Energieeinsparungen durch die Wärmerückgewinnung im Lüftungsgerät eher zu vernachlässigen. Der Wirkungsgrad eines Komfort-Lüftungssystems beträgt hier bis zu Faktor 10 und mehr. Pro kWh Strom werden also etwa 10 kWh Wärmeenergie eingespart, was die gesamte Energiebilanz eines Hauses deutlich verbessert. Die in dem GWG-Projekt eingesetzten ComfoAir-180-Geräte haben bei 97 m3/h und 44 Pa externer Pressung eine Leistungsaufnahme von nur 18 W. Zu bewerten ist natürlich auch das gesündere und angenehmere Innenraumklima, was jedem Kunden auch etwas wert sein sollte.

TGA: Im Geschosswohnungsbau ist der Mieter an der Entscheidung, wie gelüftet wird, in der Regel nicht beteiligt. Was sollte man bei einer Einweisung der Mieter beachten, wenn eine maschinelle Lüftung vorhanden ist?

Fiedel: Diese Frage stellt sich auch bei Neubauten und energetisch sanierten Gebäuden, denn ohne ein angepasstes Lüftungsverhalten sind Probleme vorprogrammiert. Eine maschinelle Lüftung verhindert die typischen Probleme, bei gleichzeitig großem Komfortgewinn. Deshalb benutzen wir auch lieber die Bezeichnung komfortable Wohnungslüftung bzw. Komfort-Lüftung.

Jeder Nutzer eines Komfort-Lüftungssystems muss natürlich grundsätzlich in den Betrieb seiner Anlage eingewiesen werden. Das geschieht in der Regel im Rahmen der Inbetriebnahme bzw. Übergabe durch den Fachhandwerker oder durch den werkseigenen Kundendienst. Hierbei bekommt der Nutzer alle wichtigen Aspekte für den effizienten und hygienischen Betrieb seines Lüftungssystems erklärt. Diese Einweisung reicht von der richtigen Wahl der Lüftungsstufe, über die Vorteile der Zeitschaltuhr, der Bypassfunktion bis hin zum einfachen Filterwechsel. Wichtig ist dabei auch ein Handout / eine Bedienungsanleitung, damit die Informationen nicht verloren gehen.

Moderne Lüftungsanlagen sind allgemein sehr bedienerfreundlich und wartungsarm. In der Regel sollten die Gerätefilter zweimal jährlich ausgetauscht werden. Bei allen Komfort-Lüftungsgeräten wird dies durch eine automatische Filteranzeige angezeigt. In der Regel können die Bewohner den Filterwechsel selbst durchführen. Oft wird das auch über die Wohnungsgesellschaften durchgeführt bzw. organisiert.

Alle zwei Jahre sollte das Lüftungsgerät überprüft und gegebenenfalls gereinigt werden. Diese Inspektion stellt die energetische und hygienische Betriebsweise des Komfort-Lüftungssystems sicher. Der Fachhandwerker tauscht dabei die Filter aus, nimmt das Innenleben des Lüftungsgeräts unter die Lupe und reinigt bei Bedarf einzelne Komponenten. Dazu gehören beispielsweise der Wärme- oder Enthalpietauscher, die Ventilatoren, das Vorheizregister und der Kondensat-Anschluss.

TGA: Was ist akustisch bei einem Lüftungsgerät zu beachten?

Fiedel: Die zentralen Komfort-Lüftungssysteme von Zehnder erfüllen grundsätzlich alle Anforderungen der am Bau geltenden Schallschutzregelungen. Fachmännisch geplant und installiert arbeiten sie nahezu lautlos und sorgen so für maximalen Wohnkomfort. Das funktioniert insbesondere dank genau aufeinander abgestimmter Komponenten aus Komfort-Lüftungsgerät und Luftverteilung. Stellt der Nutzer höhere Anforderungen als die geltenden Schallschutzregelungen, kann man zusätzliche Maßnahmen ergreifen, beispielsweise der auch nachträgliche Einbau von Schalldämpfern im Luftverteilsystem. Ungeachtet dessen sollte man aber immer bedenken, dass die akustisch schlechteste Lösung auf jeden Fall das offene Fenster ist, welches den Umgebungslärm weitgehend ungedämpft in die Wohnung lässt. Zu beachten ist jedoch, dass es in gut wärmegedämmte Gebäuden mit hochwertigen Fenstern tendenziell leiser ist, sodass auch leise Geräusche eher hörbar werden.

TGA: Ist die Kombination der Wohnungslüftung mit der Küchenablufthaube sinnvoll?

Fiedel: Die Dunstabzugshaube in der Küche steht für sich alleine und hat nichts mit der komfortablen Wohnraumlüftung zu tun, eine Kombination ist nicht vorgesehen. Ein Komfort-Lüftungssystem hat die Aufgabe, für die gesamte Betriebszeit ein angenehmes, frisches und gesundes Innenraumklima sicherzustellen. Mit einer durchschnittlichen Abluftleistung von 40 bis 45 m3/h in der Küche kann eine Komfortlüftung den Bedarf an Dunstabzug beim Braten und Kochen nicht gewährleisten, da sie nicht für die Maximalbelastungen direkt über dem Küchenherd ausgelegt ist. Zum Vergleich: In einer normalen Küche (10 m2) sollte die Leistung einer Dunstabzugshaube mindestens 250 m3/h betragen, was nur funktioniert, wenn für eine ausreichende Nachströmung gesorgt wird.

Eine Komfortlüftung beseitigt jedoch effektiv die typischen Küchengerüche und verhindert insbesondere eine Verteilung dieser Gerüche in andere Räumlichkeiten. Als Empfehlung raten wir dem Kunden daher immer zu einer separaten Dunstabzugshaube über dem Herd. Im Idealfall ist dies eine Umlufthaube, da dann in Betriebszeiten keinerlei Wärmeenergie nach außen geleitet wird.

TGA: Was ergibt sich aus der neuen Filter-Klassifizierung?

Fiedel: Die neue Filterprüfnorm DIN EN 16 890 bietet allen Herstellern einen aktuellen Anlass, um mit dem Kunden über Innenraumluftqualität zu sprechen. Und in diesem Kontext können wir dann für den Kunden auch „seinen“ passenden Filter finden, sodass sein Innenluft-Qualitätsziel optimal erreicht werden kann.

Das Thema steckt jedoch noch in den Kinderschuhen, denn auf der einen Seite gibt es jetzt diese neue Filternorm, die aber auf der anderen Seite eine vollkommen neue Nomenklatur hat. Beispielsweise nennt sich der bisherige S7-Filter nun PM1 50 % usw. Der Kunde wird also nun erstmal mit einer ihm noch gänzlich unbekannten Begriffswelt im Filterbereich konfrontiert. In diesem Zusammenhang müssen nun primär die Hersteller zusammen mit den Marktbegleitern / Verbänden eine vernünftige Sprachregelung sowie eine Kampagne zur Überleitung von der alten auf die neue Filternorm entwickeln. Dabei müssen ganz klar die Vorteile der neuen Norm für die Qualität der Filtermedien sowie die damit verbundenen Innenraumluft-Qualitätsziele herausgearbeitet werden. Bei diesem Thema ist also das Engagement des gesamten Marktes gefragt.

TGA: Wie löst man Brandschutzvorgaben an der Fassade?

Fiedel: Der Gesetzgeber stellt klare Brandschutzvorgaben für den Einsatz von Kom-fort-Lüftungssystemen. Lüftungsanlagen müssen betriebs- und brandsicher sein. Dies ist in fast allen Fällen gewährleistet, da die Lüftungssysteme in der Regel auf einzelne Wohneinheiten begrenzt sind und sich damit in eigenen Brandabschnitten befinden. An der Fassade unterstützt die kompakte Bauform des Zehnder-Kombi-Außenwandgitters ebenfalls die Bestimmungen zum Brandschutz. Generell sollte das Brandschutzkonzept aber immer mit dem für den Bau verantwort-lichen Brandschutzsachverständigen abgestimmt werden.

TGA: Muss man nun eigentlich „Fenster und Türen geschlossen halten“, wenn man eine Lüftungsanlage im Haus installiert hat?

Fiedel: Das angebliche „No-Go“ der Fenster- und Türen-Öffnung ist eines der größten Vorurteile gegenüber der Wohnraumlüftung, das sich leider hartnäckig hält. Denn natürlich darf man gerne und jederzeit Fenster und Tür öffnen, das beeinflusst nur geringfügig den Betrieb des Lüftungssystems. Sinnvoller ist es aber, die Fenster geschlossen zu halten, damit die über die Dämmung eingeschlossene Wärmeenergie nicht abgelüftet wird. Außerdem profitiert der Bewohner bei geschlossenem Fenster von allen weiteren Vorteilen eines Komfort-Lüftungssystems wie Lärmschutz oder pollen- und zugluftfreier Frischluftzufuhr. Nach unserer Erfahrung existiert bei einem richtig geplanten Komfort-Lüftungssystem aber gar nicht das Bedürfnis, zusätzlich regelmäßig die Fenster zu öffnen.

TGA: Wie kann man das Ansaugen geruchsbelasteter Luft vermeiden?

Fiedel: Generell wird bereits in der Planungsphase für ein Komfort-Lüftungssystem darauf geachtet, das Ansaugen geruchsbelasteter Luft zu vermeiden. Gemäß DIN 1946-6 ist die Außenluft immer mit der bestmöglichen Qualität anzusaugen. Dafür wird der Außenluftdurchlass so platziert, dass belastete Luft gar nicht erst angesaugt wird. Steht bei-spielsweise auf der einen Seite des Hauses ein geruchsintensiver Industriebetrieb, so wird die Außenluft von einer anderen Hausseite angesaugt. Zusätzlich kann der Hausbesitzer bei einer permanenten Geruchsquelle im Umfeld der Immobilie – beispielsweise einem Klärwerk – einen Aktivkohlefilter im Lüftungsgerät einsetzen, wodurch Geruchsstoffe eliminiert werden. Ein Komfort-Lüftungssystem ist also in der Regel eine bessere Lösung als die Fensterlüftung. Bei temporären Geruchsbelastungen kann auch die Lüfterstufe zeitweise reduziert werden.

TGA: Vielen Dank für das Gespräch.

Literatur

[1] DIN 1946-6 Raumlufttechnik – Teil 6: Lüftung von Wohnungen – Allgemeine Anforderungen, Anforderungen zur Bemessung, Ausführung und Kennzeichnung, Übergabe/Übernahme (Abnahme) und Instandhaltung. Berlin: Beuth Verlag, Mai 2009

[2] DIN 1946-6 (Entwurf) Raumlufttechnik – Teil 6: Lüftung von Wohnungen – Allgemeine Anforderungen, Anforderungen an die Auslegung, Ausführung, Inbetriebnahme und Übergabe sowie Instandhaltung. Berlin: Beuth Verlag, Januar 2018

[3] DIN 1946-6 Beiblatt 1 Raumlufttechnik – Teil 6: Lüftung von Wohnungen – Allgemeine Anforderungen, Anforderungen zur Bemessung, Ausführung und Kennzeichnung, Übergabe/Übernahme (Abnahme) und Instandhaltung – Beiblatt 1: Beispielberechnungen für ausgewählte Lüftungssysteme. Berlin: Beuth Verlag, September 2012

[4] DIN 1946-6 Beiblatt 2 Raumlufttechnik – Teil 6: Lüftung von Wohnungen – Allgemeine Anforderungen, Anforderungen zur Bemessung, Ausführung und Kennzeichnung, Übergabe/Übernahme (Abnahme) und Instandhaltung; Beiblatt 2: Lüftungskonzept. Berlin: Beuth Verlag, März 2013

[5] DIN 1946-6 Beiblatt 3: Raumlufttechnik – Teil 6: Lüftung von Wohnungen – Allgemeine Anforderungen, Anforderungen zur Bemessung, Ausführung und Kennzeichnung, Übergabe/Übernahme (Abnahme) und Instandhaltung; Beiblatt 3: Gemeinsamer und nicht gemeinsamer Betrieb von Lüftungsgeräten und Einzelraumfeuerstätten für feste Brennstoffe – Installationsregel. Berlin: Beuth Verlag, Juni 2017

[6] DIN 1946-6 Beiblatt 4: Raumlufttechnik – Teil 6: Lüftung von Wohnungen – Allgemeine Anforderungen, Anforderungen zur Bemessung, Ausführung und Kennzeichnung, Übergabe/Übernahme (Abnahme) und Instandhaltung; Beiblatt 4: Gemeinsamer Betrieb von Lüftungsgeräten und Einzelraumfeuerstätten für feste Brennstoffe – Installationsbeispiele. Berlin: Beuth Verlag, Juni 2016

[7] DIN 1946-6 Beiblatt 5 (Entwurf) Raumlufttechnik – Teil 6: Lüftung von Wohnungen – Allgemeine Anforderungen, Anforderungen zur Bemessung, Ausführung und Kennzeichnung, Übergabe/Übernahme (Abnahme) und Instandhaltung; Beiblatt 5: Kellerlüftung. Berlin: Beuth Verlag, Dezember 2015

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