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Explosionsschutz

Welcher Kunststoff für Ventilatoren in Zone 2?

Kompakt informieren

  • Kunststoffventilatoren sind für viele Anwendungen in explosionsgefährdeten Bereichen die erste Wahl. Bei der Konstruktion und der Werkstoffauswahl sind Anforderungen und Eigenschaften zu berücksichtigen, die im Regelwerk explizit nicht oder nur indirekt zu finden – für einen wirksamen Explosionsschutz aber erforderlich sind.
  • Explosionsgeschützte Kunststoffventilatoren mit ATEX-Zertifizierung sind für Anwendungen in der Zone 2 und der Zone 1 für das Absaugen von explosiven Gasen der Gruppe II G und bis zur Temperaturklasse T4 erhältlich.

Beim Strömen von Gasen oder Dämpfen in isolierenden Rohrleitungen oder Ventilatoren treten in Abwesenheit von Tröpfchen oder Partikeln keine elektrostatischen Aufladungen auf. Isolierende Rohrleitungen sind deshalb gemäß TRGS 727 (PDF-Download: www.bit.ly/trgs_727 ) für Abluftströme der Zone 1 und 2 zugelassen, sofern sie von Partikeln und Tropfen, z. B. mit Filtern oder Abscheidern im Luft- oder Gasstrom vor Eintritt in das Leitungssystem, freigehalten werden (TRGS 727 Abschnitt 5.6 und DIN EN 14 986). Grenzwerte für die Strömungsgeschwindigkeit in den Rohrleitungen sind nicht vorgegeben, typischerweise liegen die Geschwindigkeiten aus aerodynamischen und akustischen Gründen im Bereich von 10 m/s und unterhalb von 20 m/s.

In Ventilatoren können zwischen Schaufeln im Laufrad Strömungsgeschwindigkeiten über 100 m/s auftreten Abb. 1. Bei derart hohen Strömungsgeschwindigkeiten können schon in Gegenwart kleinster Mengen von Flüssigkeitströpfchen stark ladungserzeugende Prozesse an dem schnell rotierenden Schaufelrad und an der isolierenden Wand des Ventilators auftreten. Somit kann ein Auftreten von zündwirksamen Büschel- und / oder Gleitstielbüschelentladungen nicht ausgeschlossen werden.

Am Gehäuse sind aufgrund der größeren durchströmten Flächen zwar geringere Strömungsgeschwindigkeiten zu erwarten, die die Gefahr einer Büschel- oder Gleitstielbüschelentladung bei Zone 2 verringern, jedoch nicht ausschließen.

Erfahrungsgemäß können in der industriellen Praxis geringe Mengen von Flüssigkeitströpfchen in der Abluft nicht sicher ausgeschlossen werden. Folglich müssen für Abluft der Zone 2 und Zone 1 das Ventilatorgehäuse und immer das Schaufelrad aus leitfähigem oder ableitfähigem Material gefertigt und geerdet werden.

Die Colasit AG ist der einzige Hersteller von Kunststoffventilatoren, der diese Gefahr im Laufrad rechtzeitig erkannt hat und deshalb frühzeitig auf elektrisch ableitfähige Laufradmaterialien für Zone 1 und 2 umgestellt hat, bevor dies im Dezember 2017 durch die Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI) veröffent-licht wurde. Der Schweizer Premiumhersteller empfiehlt für den Transport von Abluft in Zone 2 stets ein ableitfähiges, schwerentflammbares Laufrad und Gehäuse aus Kunststoff zu verwenden, falls kleinste Mengen von Flüssigkeitströpfchen im Ventilator nicht mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen werden können.

ATEX-Richtlinie

Der Begriff ATEX bedeutet „Atmosphères Explosibles“ und in Deutsch „explosionsfähige Atmosphären“. Die gültige ATEX-Richtlinie ATEX 2014/34/EU mit dem Artikel 114 für Ventilatoren bezeichnet eine explosionsfähige Atmosphäre, falls alle drei Voraussetzung gemäß Abb. 2 vorhanden sind.

Diese Einteilung besagt nicht, dass ein explosionsfähiges Gemisch aus Luft und Brennstoff außerhalb des angegebenen Temperaturbereichs von – 20 bis + 60 °C bzw. des Druckbereichs von 0,8 bis 1,1 bar durch eine Zündquelle nicht explodieren würde, sondern es ist der Bereich für den die ATEX-Richtlinie angewendet werden darf. Das bedeutet: Wird ein Ventilator bei beispielsweise 65 °C betrieben, kann der Ventilator nicht nach dieser ATEX-Richtlinie behandelt werden und somit auch nicht als konform zu der ATEX-Richtlinie bezeichnet werden. Weitere Randbedingungen zur Anwendung der ATEX-Richtlinie sind maximal 21 % Volumenanteil Sauerstoff bei einer aerodynamischen Energie-Zunahme von weniger als 25 kJ/kg, was mit der Luftdichte in etwa 30 000 Pa Druckdifferenz des Ventilators entspricht.

Equipment Protection Level

Um das vereinheitlichte europäische System der Gegenüberstellung von Zone und Kategorie in international geltende IEC(International Electrotechnical Commission)-Normen zu übertragen, wurde der Begriff des Equipment Protection Levels EPL (deutsch: Geräteschutzniveau) geprägt. DIN EN ISO 80 079-36:2016 ergänzt und modifiziert die Anforderungen von IEC60 079, führt EPL anstelle von Kategorien ein und ersetzt EN 13 463-1:2009. Die Geräte für explosionsfähige Atmosphären sind in 3 Gruppen eingeteilt: I für Bergwerke, II für Luft-Gas-Gemische (IIA z. B. Propan, IIB z. B. Ethylen, IIC z. B. Wasserstoff) und III für Luft-Staub-Gemische.

Über das EPL wird eine grundsätzliche Eignung eines Betriebsmittels für eine entsprechende Zone dokumentiert. Für Gas Zone 0 ist es das EPL Ga; die Zone 1 hat das EPL Gb und die Zone 2 das EPL Gc. Die Gerätekategorien 1, 2 und 3 wurden in der Norm durch die Buchstaben a, b und c ersetzt, was logisch besser zu den Zonen passt als der Zahlensprung von Kategorie 2 für Zone 1 und Kategorie 3 für Zone 2. Durch die getroffenen Maßnahmen wird eine zuverlässige und sichere Inbetriebnahme von Geräten und Betriebsmitteln gewährleistet und Personen sowie Sachschäden auf ein mögliches Mindestmaß reduziert Abb. 3.

Das Geräteschutzniveau ist ein Maß für die Sicherheit eines Gerätes, d. h. sie beschreibt die Wahrscheinlichkeit mit der ein Gerät in einer bestimmten Zone zu einer Zündquelle werden kann. Danach sind Ventilatoren der EPL Gc so konstruiert, dass sie im Normalbetrieb nicht zu einer Zündquelle werden können, während EPL Gb Ventilatoren darüber hinaus auch bei vorhersehbaren Betriebsstörungen nicht zu einer Zündquelle werden dürfen.

Mit dieser Einschränkung spricht man in der für Kunststoffprodukte zutreffenden Gerätegruppe II von Gb- und Gc-Produkten als explosionsgeschützte Kunststoffventilatoren, da die für Ga geforderten Bedingungen (wie Flammendurchschlagsicherheit, explosionsdruckfestes und gasdichtes Gehäuse) mit Standardkunststoffen über eine erforderliche Stück-/ Bauartprüfung nicht eingehalten werden können.

Zonen und Temperaturklassen

Wichtig ist, dass der Betreiber diese Zoneneinteilung für seine Anlage vornimmt Abb. 4, um damit dem Ventilatorenhersteller die für seinen Herstellungsprozess notwendige Gerätekategorie zu benennen. Der Produzent des Ventilators ist i. d. R. nicht vor Ort und kann nicht darüber entscheiden, ob ein explosionsfähiges Gemisch auftreten kann. Das hängt nicht nur von den Gasgemischen, sondern auch von den Konzentrationen und den Temperaturen ab. Unterhalb der UEG (untere Explosionsgrenze) und oberhalb der OEG (oberen Explosionsgrenze) kann nichts explodieren Abb. 5.

Dabei ist auch die zu fördernde Medientemperatur zu beachten, einschließlich der durch die Verdichtung im Ventilator erzeugten Temperaturerhöhung, ebenso auch die unmittelbare Umgebung des Förderstroms, (z. B. Gehäuse mit Dichtung, Laufrad und Antriebsmotor/-welle). Die maximal zulässigen Oberflächentemperaturen für die jeweiligen Temperaturklassen T1 bis T6 nach Abb. 6 sind einzuhalten.

Die Temperaturklassen T6 bzw. T5 sind mit einem vertretbaren Aufwand für einfache Kunststoffventilatoren nicht darstellbar, da aufgrund der korrosiven oder aggressiven Medien im Innern des Ventilators ein radiales oder axiales Dichtungssystem berührungsbehaftet eine hohe Reibungsenergie erzeugt.

Anforderungen an Kunststoffe

Das Kunststoffmaterial selbst muss für ATEX-Ventilatoren schwer entflammbar sein. Das bedeutet konkret, dass die für das Laufrad und das Ventilatorgehäuse verwendeten Werkstoffe einer kurzzeitigen Flammeneinwirkung standhalten müssen. Diese Anforderung ist erfüllt, wenn die Bauteile 30 s in eine ungefähr 150 mm lange und ohne zusätzliche Luftzufuhr brennende Bunsenbrennerflamme (Propan) gehalten und dabei nur teilweise zerstört werden und nicht selbstständig weiter brennen.

Die Werkstoffe müssen zusätzlich elektrisch ableitfähig sein (Oberflächenwiderstand  109  bzw. Durchgangswiderstand  106 ) und bauseits durchgängig geerdet werden, falls die Anwesenheit von Flüssigkeitströpfchen nicht ausgeschlossen werden kann und unter der Voraussetzung, dass die maximal zulässigen Projektionsflächen gemäß DIN EN ISO 80 079-36:2016 nicht leitender Geräteteile überschritten werden. Im Wesentlichen sind das für die Gase IIA und IIB 100 cm2 und für Gase wie Wasserstoff aus IIC nur 20 cm2.

Die Ventilatoren müssen so konstruiert sein, dass Zündgefahren wegen elektrostatischer Entladungen nicht eintreten. Selbst die Schichtdicken z. B. auf mit nicht leitender Farbe beschichteten aber geerdeten Metallgestellen sind bei Gasen und Dämpfen der Gruppe IIA und IIB auf höchstens 2 mm und bei IIC sogar auf nur 0,2 mm begrenzt, vorausgesetzt, dass in beiden Fällen keine Gleitstielbüschelentladungen (bipolar aufgeladene Oberflächen wie dies beispielsweise bei Folien und Verpackungen dünner 10 mm oft in Verbindung mit geringer Luftfeuchtigkeit vorkommt) auftreten können.

Werden alle vorgenannten Bedingungen eingehalten, so kann der Ventilator gemäß Abb. 7 gekennzeichnet werden.

Werden Ventilatoren für die ATEX-Kategorien außerhalb des Umgebungstemperaturbereiches von – 20 °C bis + 40 °C betrieben, muss auf dem Typenschild zusätzlich dieser Bereich mit Tambient angegeben werden, bzw. durch ein symbolisiertes „X“ darauf aufmerksam gemacht werden. Zudem müssen alle Komponenten, beispielsweise der Antriebsmotor, für den neu angegebenen Bereich freigegeben sein. Die Kennzeichnung lautet dann beispielsweise „0 °C < Ta + 60 °C“.

Lösungen mit ATEX-Zertifizierung

Die Colasit AG ist aktuell der einzige Her-steller, der Kunststoff-Ventilatoren mit ATEX-Zertifizierung anbietet und gemäß der neuesten BG-RCI-Vorschrift im Standard ein elektrisch ableitfähiges Laufrad für EPL-Gc-Ventilatoren anbietet.

Ventilatoren stehen bezüglich des Gefahrenpotenzials an exponierter Stelle, sowohl wenn bei diesen Geräten im Aufstellungsraum Ex-Atmosphäre existiert als auch bei der Förderung von Ex-Atmosphäre. Unsere Lösungen mit ATEX-Zertifizierung zeigen, dass Betreiber, Anlagenbauer und Planer für die Zone 1 und Zone 2 mit unseren Produkten eine an die Anforderungen angepasste Konfiguration finden.

Dabei ist zu betonen, dass eine Kombination von konformen und nichtkonformen Bauteilen insgesamt nicht ATEX-konform ist. So entspricht zum Beispiel ein Standard-Ventilator, auch wenn er mit druckfest gekapseltem Motor ausgestattet ist, nicht der ATEX-Richtlinie. Darum bietet Colasit zertifizierte Ventilatoren und Komponenten für jede Konfiguration. Sie erfüllen bei richtigen Auslegungsdaten die gewünschten Anforderungen.

Um auf die eingangs zitierte Frage „Dürfen Ventilatoren aus schwer entflammbarem Standardkunststoff für Abluft in Zone 2 gemäß ATEX-Richtlinie verwendet werden?“ zurückzukommen: Davon ist dringend abzuraten.

Dr. Hermann Mauch

ist Business Development Manager der Colasit AG, 3700 Spiez, Schweiz, und Lehrbeauftragter der THM-ME Gießen, h.mauch@colasit.ch, www.colasit.ch

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