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Vorausschauender Einsatz von TGA-Anlagen

Mit Wetterprognosedaten die Gebäudeautomation optimieren

Kompakt informieren

  • Mit Wetterprognosedaten kann die Energieeffizienz von TGA-Anlagen und der Nutzungskomfort, beispielsweise durch eine bessere Klimakonstanz, erhöht werden, insbesondere bei trägen Wärmeübergabesystemen wie der Betonkernaktivierung.
  • Neben Daten aus dem Internet liefern Wetterprognosestationen qualitativ vergleichbare Daten, oft ist ihre Anschaffung langfristig günstiger.
  • Um die Daten verwertbar zu machen, existieren erprobte Tools bzw. Softwarebausteine. Die grö-ßere Herausforderung für Planer und Systemintegratoren ist es, die Daten gewinnbringend in die Gebäudeautomation (GA) einzubringen.
  • Momentan erfolgt die Einbindung für jedes Gebäude individuell, weil die GA-Software noch nicht über den erforderlichen Vorfertigungsgrad verfügt. Die Vorfertigung von Wetterprognose-Software-Bausteinen könnte durch gemeinsame Forschungsarbeit der TGA-Branche angeschoben werden.

Anhaltende Hitzewellen, unwetterartige Niederschläge mit Hagel, plötzliche Kälteeinbrüche oder ungewöhnlich milde Winter – das Wetter schlägt immer wieder Kapriolen. Auch hierzulande kann man sich nicht immer auf die jahreszeitlich typischen Temperaturen verlassen. In den Übergangszeiten kann es ohnehin an einem Tag kalt und am nächsten angenehm warm sein. Für den Betrieb eines Gebäudes macht es aber einen großen Unterschied, schon im Vorfeld zu wissen, welche Temperaturen im Laufe des Tages erwartet werden.

Ein einfaches Beispiel: Im Frühling ist es an einem Tag noch recht kühl, die Heizung ist an. Am nächsten Tag wird es jedoch so warm, dass das Bürogebäude eher gekühlt werden muss. Wer das vorher weiß, lässt schon über Nacht möglichst viel kühle Luft ein, um tagsüber den aktiven Kühlaufwand zu reduzieren, und fährt die Beschattung frühzeitig herunter, damit sich die Räume gar nicht erst so stark aufheizen. Solche Szenarien lassen sich mit einer Gebäudeautomatisierung auf Basis von Wetterprognosedaten realisieren – ganz ohne manuelle Eingriffe durch die Nutzer oder das Facility Management.

Mehr Effizienz und Komfort bei alternativen Heiz- und Kühlsystemen

Noch deutlicher wird der Effizienzeffekt von Wetterprognosedaten bei alternativen Heiz- und Kühlsystemen, etwa der Betonkernaktivierung mit Wasser führenden Rohrleitungen in Betondecken oder -böden. Über die Variation der Wassertemperatur werden die großen Betonflächen zum Heizen oder Kühlen genutzt. Da für angenehme Temperaturen meist nur eine geringe Temperierung des Kreislaufwassers notwendig ist, ist die Betonkernaktivierung ein sehr energiesparendes System.

Allerdings reagiert sie aufgrund der großen aktivierten Masse sehr träge auf Temperaturänderungen des Wassers. So passt sich die Heiz- oder Kühlleistung erst mit deutlich spürbarer Verzögerung an. Die richtige und vorausschauende Einstellung ist eine planerische und regelungstechnische Herausforderung.

Wetterprognosedaten können hier einen entscheidenden Beitrag leisten. Denn aus ihnen lässt sich berechnen, ob und wann in den Räumen mehr oder weniger Wärme / Kälte benötigt wird, sodass die Anlage frühzeitig umgeschaltet und eine für die Nutzer angenehme, gleich bleibende Raumtemperatur gewährleistet werden kann. Damit werden solche Systeme deutlich attraktiver für den breiteren Einsatz.

Doch wie funktioniert das konkret – woher kommen die prädiktiven Wetterdaten, was gilt es bereits in der Planung zu beachten und wie werden sie mit der Steuerungslösung verbunden?

Datenquelle: Internet vs. eigene Wetterprognosestation

Die Idee, Wetterprognosedaten in die Gebäudeautomation einzubeziehen, ist nicht neu, doch erst mit der rasanten Entwicklung der Computertechnik ist sie heute realisierbar. So sind beispielsweise im Internet für jede kleinere Stadt Vorhersagedaten verfügbar. Dadurch können die Wetteraussichten für den genauen Standort eines Gebäudes sehr präzise bestimmt werden. Früher hingegen wurden in den Prognosen große Gebiete zusammengefasst – für die Einbindung in die Gebäudeautomation waren solche Angaben zu ungenau.

Der Nachteil an den Daten aus dem Internet: Je nach Genauigkeitsgrad können diese sehr kostspielig werden. Von der Qualität vergleichbare Daten liefern auch Wetterprognosestationen. Bei diesen fallen nach den einmaligen Anschaffungskosten keine weiteren Gebühren an, da die Lizenz zum Empfang mit dem Kauf der Station abgedeckt ist.

Im Datendschungel: Relevantes und Überflüssiges unterscheiden

Ob aus dem Internet oder der eigenen Prognosestation – angeboten wird grundsätzlich eine Vielzahl an Daten, bei denen in der Planungsphase eines Gebäudes die Unterscheidung zwischen relevant und überflüssig schwerfallen kann.

Je nach Anwendungsfall werden unterschiedliche Werte benötigt: Während für die Automatisierung der Beschattung vorrangig die Sonneneinstrahlung und der Wind eine Rolle spielen, steht für Heiz- und Kühlsysteme die zu erwartende Außentemperatur im Fokus – für Lüftungsanlagen hingegen Luftfeuchtigkeit und -druck. Grundsätzlich ist es deshalb sinnvoll, auf einen Mix von Basisinformationen zu setzen. Empfehlenswert sind

  • Temperatur: Mindest-, Maximal und Mittelwert für einzelne Tageszeiten (morgens, mittags, abends, nachts) oder noch kleinere Zeitabstände
  •  Sonneneinstrahlung und deren Dauer
  •  Luftfeuchtigkeit
  •  signifikantes Wetter (z. B. Bodenfrost, Hitze, Böen)
  •  Niederschlagswahrscheinlichkeit
  •  Luftdruck
  •  Windstärke und -richtung

Wer über diese Daten verfügt, hält sich für die Regelung aller relevanten Hausfunktionen Möglichkeiten offen. Gleichzeitig wird ein „Zuviel“ an Daten vermieden, welches das Handling erschweren würde und für die Anwendungsfälle schlichtweg überflüssig wäre. Bei der Auswahl der Daten gilt zudem: Zu langfristige Prognosen gehen auf Kosten der Genauigkeit. Es kommt also auf das richtige Verhältnis an. Daten für zwei bis drei Tage im Voraus reichen für Gebäudeautomationslösungen völlig aus und sind meist recht genau.

Von der reinen Wettervorhersage zur effizienten Gebäudeautomation

Liegen die entscheidenden Prognosedaten vor, müssen diese für die Steuerung der Gewerke verwertbar gemacht werden. Das funktioniert in der Regel über die Automatisierungssoftware, in der die Wetterdaten dann auch mit den weiteren relevanten Parametern, beispielsweise der Raumnutzung, verbunden werden. Dafür bietet sich die Programmiermethode Fupla (Funktionsplan) an, welche die Steuerungsprogramme anhand von Funktionsbausteinen umsetzt. Einer dieser Bausteine ist dann das Auslesen und Bereitstellen von Wetterprognosedaten.

Um das Engineering zu erleichtern bietet SBC vorgefertigte Software-Bestandteile, sogenannte FBoxen, welche die Daten einer speziellen, vom Internet unabhängigen Wetterprognosestation der Firma HKW Elektronik Abb. 3 zur weiteren Nutzung aufbereitet. Zusätzlich gibt es FBoxen, die die gewon-nenen Daten bereits gezielter einordnen und dem Systemintegrator zusätzliche Anlagenfunktionen bereitstellen Abb. 4.

Weiterdenken – so könnte Gebäudeautomation in Zukunft aussehen

In dieser Form eingebundene Wetterprognosedaten ermöglichen schon heute vielfältige Optimierungen der Gebäudeautomation – egal, ob im Bereich HLK oder Elektrogewerk Abb. 5. Aber das volle Potenzial zeigt sich erst, wenn man es wagt, das kreativ weiterzudenken, was heute schon machbar ist. Das könnte zum Beispiel so aussehen:

Mit dem heutigen Stand der Technik lassen sich auf Basis der Prognosen für die Sonnenscheindauer bereits die voraussichtliche Energieerzeugung einer PV-Anlage sowie die Nutzung dieser Energie zur Beladung von Speichern gut berechnen und planen. Zukünftig wäre es denkbar, diesen Ansatz bis in die Planung der Kraftwerkskapazitäten auszuweiten: Über Prognosedaten für einzelne Zonen könnte das Einspeisepotenzial geschätzt werden und damit die Menge des zusätzlich aus Kraftwerken benötigten Stroms besser und vorausschauend abgeschätzt werden. Das ist bislang aber noch Zukunftsmusik.

Trotz des großen Potenzials: Bislang müssen Systemintegratoren oder Planer die Einbindung von Wetterprognosedaten für jedes Gebäude individuell berechnen und erstellen. Richtig zum Zug kommen wird das Thema deshalb erst mit einem höheren Vorfertigungsgrad der Software. Als Vorbereitung für diesen Fortschritt ist aus unserer Sicht eine gemeinsame Forschungsarbeit zwischen Wissenschaft, Planern und Systemintegratoren sowie Industrie notwendig – das Ziel: Modelle zu erarbeiten, mit deren Hilfe Gebäude in Typen eingeordnet und vergleichbar gemacht werden. Das wäre ein wichtiger Schritt für die Vorfertigung von Wetterprognose-Software-Bausteinen.

Dipl.-Ing.(FH) Tim Mertens

Product Support, SBC Deutschland, 63263 Neu-Isenburg, www.saia-pcd.de

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