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Heiz-Kühl-Option begünstigt Erdwärmepumpen

Neubewertung durch den Sommer 2018

Kompakt informieren

  • Ein umfassendes Regelwerk aus Normen, VDI-Richtlinien, DVGW-Arbeitsblättern und landesspezifischen Leitfäden bildet die Basis für den Einbau qualitativ hochwertiger und energieeffizienter Erdwärmesonden(EWS)-Wärmepumpen.
  • Mit weiter steigendem Dämmstandard für Gebäude wird die EWS jedoch für Einfamilienhäuser unwirtschaftlich, es sei denn, es besteht gleichzeitig ein Bedarf an Kühlung.
  • Für neue Siedlungen und Liegenschaften bietet die Kombination aus Erdsondenfeld und kalter Nahwärme meist eine langfristig wirtschaftlichere und energieeffizientere Lösung.

Nicht Erdwärmepumpen, sondern Luft/Wasser-Wärmepumpen führen aktuell die Verkaufsstatistik der Wärmepumpenbranche an Abb. 1. Die Gründe sind plausibel: Der verschärfte Dämmstandard bei Gebäuden sowie immer engere Bebauungen begünstigen die preisattraktiven, aber nicht unbedingt energieeffizienten Luft/Wasser-Wärmepumpen. Allerdings nehmen damit auch Klagen von Anwohnern über Lärmbelästigung zu, ausgelöst durch die nicht immer optimal platzierte Anordnung der Außeneinheit.

Durch die stetige Erhöhung der Innenraumtemperaturen im zurückliegenden Sommer könnten die erdgekoppelten Wärmepumpensystemen wieder mehr in den Fokus des Verbrauchers rücken, zumal diese geräuscharm arbeitenden Anlagen in der Regel auch kostenlose Naturalkühlung gleich mit zur Verfügung stellen. Das im Kreislauf geführte Wasser in den Erdwärmesonden bzw. Brunnenwasser reicht meist völlig aus, ein Gebäude über eine längere Hitzeperiode auf Komforttemperatur zu halten. Kühlung mittels EWS hat außerdem den Vorteil, dass sich das Erdreich im Umkreis der Erdwärmesonden zuverlässig regeneriert und damit ein nachhaltiger Heiz/Kühlbetrieb gewährleistet ist.

Für eine Erdwärmepumpe sprechen außerdem die aktuell noch hohe Förderung durch das vom BAFA administrierte Marktanreizprogramm (für Anlagen ab 100 kW über die KfW-Programme 271 und 281) der Bundesregierung sowie die landesspezifischen Förderprogramme, beispielsweise „progress.nrw.de“ in Nordrhein-Westfalen. Auch bei der Energieeffizienz punktet die erdgekoppelte Wärmepumpe mit einem besseren COP von 25 % und mehr vor der Luft/Wasser-Wärmepumpe.

Handwerker installiert was er gut kann

Obwohl sich, rein technisch gesehen, die Rahmenbedingungen für erdgekoppelte Wärmepumpenanlagen – auch dank eines umfassenden Regelwerks – enorm verbessert haben, sieht Dr. Claus H. Heske, internationaler Koordinator beim Bundesverband Geothermie (BVG), Berlin, bei Wärmepumpen noch zahlreiche Hemmnisse. Da ist in erster Linie der im Vergleich zu Heizöl und Erdgas hohe Strompreis und die darin enthaltene EEG-Umlage von aktuell 6,792 Ct/kWh (Stand 2018; 2019: 6,405 Ct/kWh).

Auch die staatliche Förderung von Brennwert-Erdgasheizungen sei nicht mehr zeitgemäß und gehe zu Lasten der Wärmepumpe. Leider sei es in Zeiten von Facharbeitermangel und guter Auftragslage für den Handwerker meist einfacher, das einzubauen, was er gut kann und das seien nun mal Erdgasheizungen und nicht die komplexeren Erdwärmepumpen, sagte Heske auf einer Veranstaltung des BVG in München.

An die Adresse der Bohrfirmen richtete Heske die Botschaft, die heute obligatorische Zertifizierung nach DVGW W 120-2 ernst zu nehmen und vor Ort auch umzusetzen. Ob sich die Bohrfirmen an diese Vorgabe halten, wird von manchen der Marktteilnehmer jedoch bezweifelt. Heske: „Auch die zuständigen Behörden stehen hier in der Pflicht.“ Da praktisch jedes Bundesland einen eigenen Leitfaden für die Qualitätssicherung von Erdwärmesonden herausgibt, liegt es in der Natur der Sache, dass es zu länderspezifischen Lösungen bei der Qualitätssicherung von EWS kommen muss. Marktteilnehmer gehen davon aus, dass sich künftig alle Länder am LQS-EWS-Leitfaden von Baden-Württemberg orientieren.

Kalte Nahwärme als Quelle und Senke

Ob sich einzelne Erdwärmesonden künftig bei einer erhöhten Siedlungsdichte und weiter verschärftem Dämmstandard noch lohnen bzw. sinnvoll sind, ist aus der Sicht des Autors eher zweifelhaft. Energetisch weitaus attraktiver und langfristig wirtschaftlicher sind Erdsondenfelder, die über ein kaltes Nahwärmenetz ganze Liegenschaften oder Siedlungen mit Niedertemperaturwärme versorgen. Der Vorteil dieser Systeme liegt darin, dass solche ungedämmten Leitungssysteme so gut wie keine Energieverluste aufweisen, ja sogar vom örtlich vorhandenen Grundwasserfluss profitieren können. Die Wärmeerzeugung mittels Wärmepumpe erfolgt im Idealfall dezentral im jeweiligen Gebäude.

Kalte Nahwärmenetze Abb. 2 lassen sich auch zur Rückkühlung von Kälteanlagen, beispielsweise von Büroklimaanlagen, Lebensmittelmärkten oder anderen gewerblichen Kälteanlagen nutzen. Im Hinblick auf immer höhere sommerliche Temperaturen tragen Kälte-/Nahwärmenetze im urbanen Raum auch zur Entlastung des Mikroklimas bei; gleichzeitig verbessert sich die Leistungszahl des Kälteprozesses. Denn durch die konstant niedrigen Temperaturen im Nahwärmenetz steht den Kälteanlagen für die Rückkühlung eine von der Außentemperatur unabhängige Wärmesenke zur Abgabe der Kondensatorwärme zur Verfügung, die sich positiv auf die Leistungszahl des Kälteprozesses auswirkt.

Wolfgang Schmid

ist freier Fachjournalist für Technische Gebäudeausrüstung, München, wsm@tele2.de

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