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Planen mit BIM

Prozessoptimierung an den Schnittstellen

Kompakt informieren

  • Planung, Konstruktion und Bewirtschaftung effektiv miteinander zu verbinden, ist der Schlüssel zu einer erfolgreichen Immobilie. Die dazu erforderliche Datentransparenz kann über Building Infor-mation Modeling bzw. einen digitalen Zwilling erreicht werden.
  • Die Herausforderung dabei ist, eine digitale Planungskette sicherzustellen. Schwachpunkte sind das nahtlose Zurverfügungstellen berechnungsrelevanter Daten und die Übernahme der Planungen in die technischen Baupläne und die Nutzung im Bauprozess.
  • Neben der erforderlichen Bereitschaft und Weiterbildung der Akteure fehlt dazu ein leistungsfähiges Austauschformat. Die Methode Closed BIM hat sich bereits bewährt.

„Nichts ist so beständig wie der Wandel.“ Was vor rund 2500 Jahren bereits Heraklit wusste, gilt heute mehr denn je. Denn zur Erkenntnis des antiken Philosophen gesellt sich das Mooresche Gesetz. Formuliert in den 1960er-Jahren von Gordon Moore, besagt es, dass sich die Komplexität integrierter Schaltkreise mit minimalen Komponentenkosten regelmäßig verdoppelt. Diese technische Entwicklung bildete die Grundlage für die digitale Revolution und hat dazu geführt, dass Smartphones heute um ein Vielfaches kleiner, preiswerter und leistungsstärker sind als beispielsweise Computer, die von der NASA in den 1960er-Jahren genutzt wurden.

Das „I“ entscheidet

Veränderung findet also nicht nur permanent statt, sie beschleunigt sich auch. Das wiederum führt zu einer erhöhten Informationsdichte in allen Lebensbereichen – auch in der Bau- und Immobilienwirtschaft. Der Lebenszyklus einer Immobilie besteht im Wesentlichen aus drei Stufen: Planung, Konstruktion und Bewirtschaftung. Diese drei effektiv miteinander zu verbinden, ist der Schlüssel zum Erfolg und zugleich die große Herausforderung: Absolute Datentransparenz zu erzeugen und Informationen zwischen den Akteuren und über sämtliche Projektphasen hinweg zu managen. Mit BIM bekommen alle Beteiligten ein Werkzeug in die Hand, mit dem sie diesen Herausforderungen begegnen können Abb. 1.

Erste Schritte auf dem Weg zu BIM

2004 hatte Deerns einen Auftrag am Frankfurter Flughafen über die technische Planung eines großen Flugsteigs angenommen. Alle Projektbeteiligten arbeiteten in 3D mit MicroStation Tricad, um Kollisionen und Fragmentierung zu reduzieren. Kurz: das erste BIM-Projekt in Deutschland, aber ohne es so zu nennen.

Damals investierte unser Ingenieurunternehmen gezielt Zeit und Geld, um die neuen Prozesse und Tools im Team zu erarbeiten. Der Aufwand hat sich gelohnt: Die Abläufe waren wesentlich schlanker. Gerade die Bauüberwachung lief dank kollisionsfreier Planung, 3D-Planungsqualität Abb. 2 und effizienter Informationsübergabe besser und war kalkulierbarer. Alle Beteiligten arbeiteten mit derselben Software; heute nennt sich diese Methode Closed BIM.

Politische Einordnung: Erst planen. Dann bauen.

Die deutsche Politik sah durch viele, nicht optimal laufende, Projekte die Notwendigkeit, sich des Themas BIM anzunehmen. 2015 legte die Reformkommission „Bau von Großprojekten“ konkrete Handlungsempfehlungen vor, wie Zeit- und Kostenpläne großer Infrastrukturprojekte zukünftig besser einzuhalten seien:

Kooperation, Planen kommt vor Bauen, Risikomanagement, Vergabe an den Wirtschaftlichsten statt den Billigsten, partnerschaftliches Arbeiten, außergerichtliche Streitbeilegungen, verbindliche Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen, klare Prozesse und Zuständigkeiten, stärkere Transparenz und Kontrolle, Nutzung von BIM. Damit war die Basis gegeben und BIM schaffte es 2018 erstmals als fester Bestandteil der Planungs- und Bauwelt in den Koalitionsvertrag:

„Wir wollen die Digitalisierung des Planens und Bauens in der gesamten Wertschöpfungskette Bau vorantreiben und dabei die Interessen des Mittelstands und kleinerer Planungsbüros berücksichtigen. Dazu gehört die Weiterentwicklung des Building Information Modeling (BIM) für alle Planungs- und Baudisziplinen. Bei Baumaßnahmen des Bundes wollen wir BIM verstärkt zum Einsatz bringen.“

Dringendes vor Wichtigem. BIM kommt später.

BIM ist also zweifelsohne auf dem Vormarsch. Allerdings erfolgt dieser in Deutschland, gerade im Vergleich zu unseren europäischen Nachbarn, recht langsam. Zwar kommt es in Projekten zum Einsatz, allerdings gibt es noch zu viele Ausnahmen, die auf die traditionelle Planungsmethodik setzen. Die Einführung und Weiterentwicklung wird aufgeschoben; Dringendes kommt vor Wichtigem.

Hier sieht sich Deerns als wegweisender Akteur am Markt: Allein dieses Jahr führen wir rund 30 % unserer Projekte mit BIM durch, Tendenz steigend dank stetiger Weiterentwicklung im Unternehmen. Ziel ist, auch unsere Projektpartner – von Statikern über Baufirmen bis hin zu Generalplanern – zu überzeugen. Momentan kommt es immer wieder vor, dass beispielsweise Schal- oder Montagepläne in 2D erstellt werden, was den Informationsfluss hemmt und die Prüfung unnötig erschwert.

Die unternehmerische Entwicklung bei Deerns ist auf 100 % BIM ausgerichtet. In den kommenden zwei Jahren wollen wir weitestgehend Projekte bearbeiten, in denen die wichtigsten Planungspartner voll und ganz zu BIM stehen und die Methodik professionell anwenden. Denn der digitale Zwilling – und nichts anderes ist BIM – verschlankt die Prozesse, schafft Planungssicherheit und minimiert Projektrisiken. Die Marktchancen stehen gut; der Trend ist unaufhaltbar.

Prozessoptimierung an Schnittstellen

Die Herausforderung dabei war und ist, die digitale Planungskette von Anfang bis Ende fortzuführen und sie zwischendurch nicht abreißen zu lassen. Besondere Aufmerksamkeit verlangen aus der Erfahrung heraus folgende zwei Schnittstellen innerhalb von Projekten.

Berechnungsgrundlagen sichern

Für Deerns als Ingenieurunternehmen ist eine nahtlose Übernahme berechnungsrelevanter Daten von entscheidender Bedeutung. Unsere Experten benötigen die exakten Werte von Flächen, Kubaturen, Wandaufbauten, Fassaden und allen bauphysikalischen Eigenschaften etc. Noch vor wenigen Jahren speisten sich diese Informationen aus ganz unterschiedlichen Quellen: E-Mails mit Berichten, 2D-Pläne, Datenräume und viele mehr. Eine eindeutige Zuordnung war nicht immer möglich und der Arbeitsstand unterschiedlich weit fortgeschritten. Das resultierte in mehrfachen Nacharbeiten, Terminverschiebungen und Qualitätseinbußen.

Heute ist die Branche einen Schritt weiter. Modellbasiertes Arbeiten führt zu einer engen Verzahnung und einer guten Kooperation dank klarer Grundlagen durch den Austausch offener Formate wie IFC (Industry Foundation Classes). Doch Vorsicht! IFC-basierte Daten können die Berechnungstools momentan noch nicht direkt mit den notwendigen Grundlagen versorgen, sondern müssen vom TGA-Ingenieur manuell in das Berechnungsmodell eingepflegt werden.

Das birgt Fehlerpotenzial, etwa bei Zahlendrehern, und kostet Zeit. Als denkbare Lösung könnten in den kommenden drei bis fünf Jahren beispielsweise Austauschformate wie gbXML (Green Building XML-Schema) oder intelligente IFC-Formate eine größere Rolle spielen. Am Ende des langen Weges, davon bin ich überzeugt, wird eine nahtlose Kollaborationsplattform mit sämtlichen digitalen Projektdaten stehen, die schätzungsweise 20 % Arbeitsaufwand einspart.

Vom Planungs- zum Bauprozess

Ebenso nahtlos muss die Übergabe der Planungsdaten an die Baufirmen erfolgen. Es hat sich gezeigt, dass es an dieser Stelle leicht zu einer Fragmentierung der Planungsmodelle kommen kann. Im Ergebnis haben technische Baupläne oft nicht den hohen Detailgrad wie die Ausführungspläne der TGA. Standard auf Baustellen sind immer noch 2D-Pläne für die Monteure. Hier müssen technische Lösungen implementiert werden, um den Sprung zu 3D und damit auch in den BIM-Prozess zu schaffen.

Hallo Zukunft: Was erwartet uns?

Ein Blick auf die europäischen Landesgesellschaften von Deerns, allen voran Frankreich und Spanien, lässt erahnen, wohin die Reise geht. BIM verändert bereits die Beauftragung von Planungsleistungen, die klarer und präziser ausfällt. Durch Anpassung der traditionellen Beauftragung gemäß HOAI könnten zwei neue Modelle zu einer Optimierung des gesamten Bauprozesses und damit der Übergabe vom Planen zum Bauen führen:

  • „Vorplanung plus“ stärkt den konzeptionellen Ansatz in Projekten. Ideen werden entwickelt, abgebildet und mit entwurflichen Details und Systemlösungen angereichert.
  • „Ausführungsplanung plus“ nutzt die umfangreichen Daten aus der Planungsphase und ergänzt diese um Montagedetails, was zu einer teilweisen Über-nahme der Montageplanung führt.

Dabei geht es nicht um eine Verschiebung der Zuständigkeiten, sondern darum, bisherige Abgrenzungen transparenter zu gestalten und Prozesse neu zu denken, um den gesamten Workflow zu optimieren. So wächst zusammen, was zusammengehört – dank absoluter Datentransparenz und optimiertem Informationsmanagement.

Lars Schumacher

ist Vorsitz der Geschäftsführung der Deerns Deutschland GmbH, 50829 Köln, www.deerns.de

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