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Brandschutztechnische Rohr- und Kabelabschottungen

Die Verwendbarkeit richtig nachweisen

Kompakt informieren

  • Brandschutztechnische Rohr- und Kabelabschottungen sind Bauarten, die – weil sie ungeregelt sind – über einen bauaufsichtlichen Verwendbarkeitsnachweis (aBG oder abZ) verfügen müssen, um in Deutschland verbaut werden zu können. Mit einer ETA kann die Verwendbarkeit nicht nachgewiesen werden.
  • Ein Sonderfall sind ZiE und vBG, diese Verwendbarkeitsnachweise können, bezogen auf die spezifischen Eigenschaften einer Bauart für eine spezielle Einbausituation im Rahmen eines konkreten Bauvorhabens auf Antrag von der obersten Bauaufsichtsbehörde des jeweiligen Bundeslandes beschieden werden.
  • Besondere Ausführungsarten nach der Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie („Erleichterungen“) für Leitungsdurchführungen durch bestimmte Wände und Decken, sind im weitesten Sinne „geregelte Bauarten“ und benötigen keine gesonderte Bauartgenehmigung. Die LAR der Bundesländer sind dabei maßgebend.

Bei brandschutztechnischen Abschottungen handelt es sich um Bauarten im Sinne des § 2 Abs. 11 Musterbauordnung (MBO)1), also das Zusammenfügen von Bauprodukten zu einer funktionalen Einheit, die dauerhaft in einem Bauwerk verbleibt. Die funktionale Einheit ist beispielsweise die brandschutztechnische Abschottung, die sich (u. a.) aus durchdrungenem Bauteil, Leitung, Abschottungssystem und Befestigungsmitteln zusammensetzt.

Die in einer solchen Bauart verwendeten (Brandschutz-)Komponenten werden regelmäßig dauerhaft in Bauwerke eingebaut und sind damit Bauprodukte (§ 2 Abs. 10 MBO)2). Da sie bei Leitungsabschottungen keiner produktbezogenen Normierung unterliegen, die als technische Baubestimmung eingeführt ist, handelt es sich um sogenannte ungeregelte Bauprodukte.

Ungeregelt sind auch die Bauarten der Leitungsabschottungen. Deshalb müssen beispielsweise Brandschutzmanschetten über eine Produktzulassung verfügen und die mit ihnen errichtete Bauart, also die Anwendung des Bauprodukts, muss über eine Bauartzulassung verfügen.

Die Abgrenzung von Bauart und Bauprodukt ist wesentlich, da die bauordnungsrechtliche Behandlung jeweils unterschiedlich ist. Für den Anwender von Brandschutzprodukten (Brandschutzmanschette etc.) sind praktisch immer die Bauart und der hierfür notwendige Verwendbarkeitsnachweis maßgeblich.

Bauordnungsrechtliche Notwendigkeit von Verwendbarkeitsnachweisen

In § 16a Abs. 2 MBO ist festgelegt, dass nicht geregelte Bauarten einer allgemeinen Bauartgenehmigung (aBG) des Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) oder einer vorhabenbezogenen Bauartgenehmigung der obersten Bauaufsichtsbehörde bedürfen.

In Anhang 4 der Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB, August 2017, Fehlerkorrektur Dezember 2017)3) findet sich sowohl für die nach nationalen Normen (DIN 4102-9 und DIN 4102-11) als auch nach „harmonisierten“ europäischen Normen geprüften Kabel- und Rohrabschottungen (DIN EN 13 501-2) unter Punkt 6.2 und 6.3 die Anforderung, dass diese Produkte über eine Bauartgenehmigung gemäß § 16a MBO verfügen müssen.

Konkret bedeutet dies, dass sowohl national geprüfte Produkte nach DIN 4102 als auch Produkte, die über eine ETA4) verfügen, in Deutschland nur dann verbaut werden dürfen, wenn für die mit ihnen errichteten Bauarten ein bauaufsichtlicher Verwendbarkeitsnachweis (aBG oder abZ) vorliegt. Eine ETA – auch wenn sie vom DIBt ausgestellt wurde – ersetzt den in der MBO bzw. den Landesbauordnungen geforderten nationalen Bescheid nicht. .

Verwendbarkeitsnachweis

Als Verwendbarkeitsnachweise können neben einer allgemeinen Bauartgenehmigung (aBG) noch einige Zeit auch eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (abZ), also die Vorgängerin der aBG und das allgemeine bauaufsichtliche Prüfzeugnis (abP) dienen. Denn die vom DIBt erteilten Verwendbarkeitsdokumente haben im Normalfall eine Gültigkeit von 5 Jahren und bis Dezember 2017 wurden vom DIBt Bescheide als abZ erteilt, die dann im Normalfall bis Ende 2022 gültig sind.

In einer Mitteilung vom 7. Juli 2017 hat das DIBt klargestellt, dass aktuell rechtskräftige abZ bis zum Ablauf ihrer Gültigkeit nicht geändert werden müssen. Weiterhin gelten gemäß dieser Mitteilung auch aBG als abZ in denjenigen Bundesländern, die noch nicht auf das Konzept der MBO 2016 inklusive MVV TB umgestellt haben und in denen theoretisch aBG noch nicht anwendbar sind.

Somit finden sich derzeit beide Formen der Zulassung (abZ und aBG) am Markt und beide können gültig sein. In der Zukunft wird es abZ nur noch für Bauprodukte geben, d. h. diese Dokumente oder eine ETA werden die Grundlage der darauf aufbauenden aBG bilden. Diese der aBG zugrunde liegenden Doku-mente – also die abZ oder ETA für die in der aBG benannten Bauprodukte – sind für den Anwender der Bauart aber in der Praxis unwichtig und dienen im Wesentlichen den Bauprodukte-Herstellern und den Überwachungsstellen als Handlungsgrundlage.

Für Produkte, die nach einem allgemein anerkannten Prüfverfahren beurteilt werden können, beispielsweise Rohrabschottungen für nicht brennbare Rohrleitungen, sind allgemeine bauaufsichtliche Prüfzeugnisse (abP), ausgestellt durch eine von der obersten Bauaufsichtsbehörde anerkannte Prüfstelle (in der Regel Materialprüfanstalt, MPA), notwendig (§ 19 MBO).

Verwendbarkeitsnachweise für einzelne Bauvorhaben („im Einzelfall“)

Ein Sonderfall sind die bisher als Zustimmungen im Einzelfall (ZiE) und jetzt als vorhabenbezogene Bauartgenehmigungen (vBG) bezeichneten Verwendbarkeitsnachweise. Bei ihnen handelt es sich um eine spezielle Form eines Verwendbarkeitsnachweises, der sich auf die spezifischen Eigenschaften einer Bauart für eine spezielle Einbausituation im Rahmen eines konkreten (einzelnen) Bauvorhabens bezieht. Welche Anforderungen (beispielsweise an die Abschottung) zu stellen sind, ergibt sich aus der Baugenehmigung und ist damit Aufgabe der zuständigen Bauaufsicht. Dass eine Bauart diese Anforderungen erfüllt, wird von der obersten Bauaufsichtsbehörde des jeweiligen Bundeslandes mit einer vBG beschieden.

Eine Schwierigkeit in diesem Verfahrensweg ist, dass er zum einen erheblich Zeit benötigt und bereits die Verwaltungsgebühren zwischen einigen Hundert bis zu mehreren Tausend Euro liegen. Sollten umfangreiche Begutachtungen oder sogar (Brand-)Versuche notwendig werden, können die Kosten schnell mehrere Zehntausend Euro betragen. Zudem fordern die für die ZiE/vBG zuständigen obersten Bauaufsichtsbehörden zur Beurteilung der Verwendbarkeit häufig vom Antragsteller eine gutachterliche Stellungnahme einer mit dem Antragsgegenstand vertrauten und sachkundigen Stelle oder Person (in der Regel eine bauaufsichtlich anerkannte Prüfstelle).

Inhaltlich kommt noch hinzu, dass von Seiten der Behörden teilweise dahingehend argumentiert wird, dass Bauarten, die durch Anwendung anderer Bauprodukte oder konstruktive Änderungen zulassungskonform ausgeführt werden können, nicht über eine vBG genehmigt werden können. Diese Argumentation ist nachvollziehbar, da allgemeine Verwendbarkeitsnachweise regelmäßig einen höheren Stellenwert haben, da sie auf normierten und umfassenden Versuchsreihen beruhen.

Privilegierung nach der Leitungsanlagenrichtlinie

Häufig wird angenommen, dass die Leitungsanlagen-Richtlinie (LAR) der Bundesländer nur Sonderfälle behandelt. Dies ist mitnichten so. Im Kapitel 4.1 der Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie (MLAR) findet sich die Abschottung von Leitungsanlagen durch raumabschließende Bauteile (für die eine Feuerwiderstandsfähigkeit vorgeschrieben ist) mittels zugelassener Systeme. In diesem Kapitel sind keine Regelungen enthalten, die von den Verwendbarkeitsnachweisen abweichen, somit sind auch hier aBG bzw. abZ notwendig.

In den MLAR-Kapiteln 4.2 und 4.3 sind hingegen besondere Ausführungsarten in Form von Erleichterungen geregelt. Da es sich hierbei um im weitesten Sinne „geregelte Bauarten“ handelt, benötigen diese keine gesonderte Bauartgenehmigung und grundsätzlich braucht der Errichter dieser Bauarten auch keine Übereinstimmungserklärung abzugeben und Kennzeichnungsschilder anzubringen. Für die Abnahme, Dokumentation und späteres Nachvollziehen der Lösungen ist es aber sinnvoll, eine Erklärung abzugeben und auch ein Kennzeichnungsschild, jeweils mit Hinweis auf die gewählte Vereinfachung, anzubringen.

Dies gilt auch, wenn beispielsweise mit „im Brandfall aufschäumendem Material“ ein zugelassenes Bauprodukt verwendet wird. An solchen Bauarten haben die bei diesem Produkt mitgelieferten Kennzeichnungsschilder nichts zu suchen, da die Bauart als privilegierte Lösung nach LAR und gerade nicht nach einer Zulassung errichtet wurde.

Nicht wesentliche Abweichungen

Gemäß § 16a MBO6) stellen nicht wesentliche Abweichungen eine Übereinstimmung dar, sodass diese Fälle vollständig durch die zugrunde liegenden Verwendbarkeitsnachweise abgedeckt sind.

In diesem Kontext kommt es häufiger dahingehend zu Fragen oder Streitigkeiten, ob eine Abweichung wesentlich oder eben nicht wesentlich ist. Bei der Entscheidung können die Hersteller (Produzenten) der eingesetzten Brandschutz-Systeme meist helfen. Aufgrund ihrer Erfahrung und des auf Prüfungen basierenden Hintergrundwissens ist es ihnen in vielen Fällen möglich zu beurteilen, ob der Bereich, in dem abgewichen wird, für die Funktion des Gesamtsystems kritisch ist oder nicht. Aber …

Gutachten – allgemein oder vorhabenbezogen – richtig eingeordnet

Mit seiner Mitteilung vom 24. August 2018 hat das DIBt7) noch einmal klargestellt, dass Gutachten, die bestimmte Einbausituationen als funktionsfähig beschreiben, keinen Verwendbarkeitsnachweis darstellen. Dies ist richtig, da sich eine Rechtsgrundlage hierfür weder in den Landesbauordnungen noch in nachgeordneten bauordnungsrechtlichen Vorschriften (VV TB etc.) findet.

Hierbei ist es irrelevant, ob sich das Gutachten auf ein konkretes Bauvorhaben bezieht oder generalisierend für eine nicht näher bestimmte Zahl von Vorhaben gelten soll. Handelt es sich bei der darin „freigegebenen“ Abweichung um eine nicht wesentliche Abweichung, so kann das Gutachten als Grundlage der Übereinstimmungsbestätigung des Errichters der Bauart dienen, diese aber nicht ersetzen. Handelt es sich um eine wesentliche Abweichung und dies ist in diesen Fällen in der Vergangenheit regelmäßig der Fall gewesen, kann ein solches Gutachten im Verfahren zur Erwirkung einer vorhabenbezogenen Bauartgenehmigung eingebracht werden, aber die vBG ist ein Verwaltungsakt der obersten Bauaufsicht und kann nicht durch freie Gutachter ersetzt werden.

Das Schreiben des DIBt führt jedoch nicht dazu, dass Hersteller von Brandschutzprodukten den Verwendern mit Stellungnahmen, die sie aufgrund ihrer umfangreichen Prüferfahrung und besonderen Sachkunde erstellen, nicht mehr helfen können. Alle renommierten Hersteller sind sicherlich auch weiterhin gewillt und in der Lage, zu nicht wesentlichen Abweichungen etc. Stellungnahmen abzugeben.

Fußnoten

1) § 2 Abs. 11 MBO: „Bauart ist das Zusammenfügen von Bauprodukten zu baulichen Anlagen oder Teilen von baulichen Anlagen.“

2) § 2 Abs. 10 MBO: „Bauprodukte sind 1. Produkte, Baustoffe, Bauteile und Anlagen sowie Bausätze gemäß Art. 2 Nr. 2 der Verordnung (EU) Nr. 305/2011, die hergestellt werden, um dauerhaft in bauliche Anlagen eingebaut zu werden, 2. […] und deren Verwendung sich auf die Anforderungen nach § 3 Satz 1 auswirken kann.“ § 3 Satz 1 MBO: „Anlagen sind so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere Leben, Gesundheit und die natürlichen Lebensgrundlagen, nicht gefährdet werden; dabei sind die Grundanforderungen an Bauwerke gemäß Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 305/2011 zu berücksichtigen.“ Art. 2 Nr. 2 der Verordnung (EU) Nr. 305/2011: ein Bausatz ist „ein Bauprodukt, das von einem einzigen Hersteller als Satz von mindestens zwei getrennten Komponenten, die zusammengefügt werden müssen, um ins Bauwerk eingefügt zu werden, in Verkehr gebracht wird“.

3) Zum Stand der Umsetzung der Muster-Liste der Technischen Baubestimmungen (MLTB) und der Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) in den Ländern aktualisiert das DIBt regelmäßig eine Liste. Download: www.bit.ly/tga1130

4) ETA: European Technical Assessment (Europäische Technische Bewertung) nach Europäischer Bauproduktenverordnung; nach der früher gültigen Bauproduktenrichtlinie: European Technical Approval (Europäische Technische Zulassung).

5) Mitteilung des DIBt „Information zu neuen Bescheidtypen“ Stand 7. Juli 2017: Download: www.bit.ly/tga1131

6) § 16a Abs. 5 MBO: Bauarten bedürfen einer Bestätigung ihrer Übereinstimmung mit den Technischen Baubestimmungen nach § 85a Abs. 2, den allgemeinen Bauartgenehmigungen, den allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnissen für Bauarten oder den vorhabenbezogenen Bauartgenehmigungen; als Übereinstimmung gilt auch eine Abweichung, die nicht wesentlich ist. § 21 Abs. 2 gilt für den Anwender der Bauart entsprechend. § 21 Abs. 2 MBO: „Die Bestätigung der Übereinstimmung erfolgt durch Übereinstimmungserklärung des Herstellers (§ 22).“ Anm.: Der Begriff Hersteller wird in der MBO doppelt verwendet. Einmal als „Produzent von Bauprodukten“ (vgl. § 21) und einmal als „Anwender der Bauart“ (Installateur).

7) Mitteilung des DIBt, Abteilung III Bauphysik, Technische Gebäudeausrüstung „Ergänzende Gutachten zu allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen, allgemeinen Bauartgenehmigungen oder allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnissen unzulässig!“, Stand: 24. August 2018, Download: www.bit.ly/tga1120; Erläuterungen:  Webcode  847913

Carsten Janiec, M.Sc.,

ist Leiter Vertriebsmanagement Brandschutz-Systeme bei Doyma, 28876 Oyten, www.doyma.de

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