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Elektronische Vergabe

Aufträge im Netz

Kompakt informieren

  • Seit 18. Oktober 2018 ist für EU-weit ausgeschriebene Aufträge im Oberschwellenbereich die E-Vergabe Pflicht. Ab 1. Januar 2020 müssen alle öffentlichen Auftraggeber und Auftragnehmer bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen im Unter-schwellenbereich vollständig auf eine elektronische Kommunikation und Übermittlung von Angeboten umgestellt haben.
  • Die E-Vergabe der öffentlichen Hand bietet für alle Beteiligten zahlreiche Vorteile. Allerdings gibt es noch keinen allgemeingültigen Standard, sodass auf jeder E-Vergabeplattform individuelle Kriterien zu berücksichtigen sind. Künftig könnte der Standard „XML in der öffentlichen Verwaltung“ (XÖV) Vereinfachungen bringen.
  • Neben E-Vergabeportalen für öffentliche und private Aufträge gibt es Online-Auftragsbörsen sowie Bekanntmachungs-Portale und Infodienste.

Rund 16 % des deutschen Bruttoinlandsprodukts machen Aufträge durch die öffentliche Hand aus – das entspricht jährlich einem Wert von etwa 360 Mrd. Euro. Damit sind Bund, Länder und Kommunen zusammengenommen der mit Abstand größte Auftraggeber.

Doch wer sich einen Anteil am riesigen Auftragskuchen sichern will, muss einige Hürden nehmen. So werden gemäß EU-Vergaberichtlinie 2014/24/EU zur Elektronischen Vergabe (E-Vergabe oder eVergabe) öffentliche Aufträge des Bundes, der Länder und Kommunen aus Kosten- und Transparenzgründen zunehmend auf elektronischem Wege über E-Vergabeportale vergeben.

Das ist hierzulande seit 18. Oktober 2018 für EU-weit ausgeschriebene Aufträge im sogenannten Oberschwellenbereich Pflicht. Ab 1. Januar 2020 müssen alle öffentlichen Auftraggeber und Auftragnehmer bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen im Unterschwellenbereich vollständig auf eine elektronische Kommunikation und Übermittlung von Angeboten umgestellt haben (siehe auch Info-Kasten).

Vorteile der Online-Auftragsvergabe

Die Rationalisierung von Prozessen, mehr Transparenz und ein fairer Wettbewerb waren einige der Beweggründe, die bei der Reform des EU-Vergaberechts eine Rolle gespielt haben. Tatsächlich entfällt bei der E-Vergabe das zeit- und kostenaufwendige Ausdrucken und Versenden von Ausschreibungsunterlagen, das Ausfüllen und der Post-Rückversand von Angeboten.

Auch die Veröffentlichung von Aufträgen und die Recherche nach Aufträgen werden vereinfacht, Verfahrens- und Übertragungsfehler werden vermieden, die Transparenz im Vergabeverfahren wird verbessert, was der Korruption entgegenwirken soll. Bieter können passende Aufträge mit weniger Aufwand und schneller finden, als über herkömmliche Wege. Durch die EU- und bundesweite Veröffentlichung von Ausschreibungen im Internet haben Bieter ferner eine weitaus größere Auswahl.

Für Auftraggeber minimiert sich der Aufwand für die Prüfung, Auswertung und Auswahl der Angebote. Ferner kann eine erhebliche Zahl an potenziellen Bietern angesprochen werden. Dadurch erhalten Auftraggeber eine größere Anzahl an attraktiven Angeboten, was den Wettbewerb stärkt.

Möglich machen das E-Vergabeplattformen der EU, des Bundes, der Länder oder kommerzieller Anbieter (siehe Anbieterliste). Sie schaffen bei förmlichen Vergabeverfahren ein Forum für die digitale Veröffentlichung von Bekanntmachungen, stellen Vergabeunterlagen bereit und ermöglichen die Kommunikation zwischen Auftraggeber und Bieter sowie die elektronische Angebotsabgabe inklusive elektronischer Signatur, wodurch Angebote ihre Rechtsgültigkeit erhalten.

Unterschieden werden webbasierte Lösungen sowie Anwendungen, bei denen Software lokal auf dem Rechner des Bieters installiert wird. Letzteres bietet Vorteile in Bezug auf die Datensicherheit, weshalb die meisten E-Vergabeplattformen eine lokale Softwareinstallation voraussetzen. Das ermöglicht die elektronische Signatur und die Verschlüsselung von Angeboten vor der Online-Übertragung der Daten an die jeweilige Vergabeplattform.

Da es noch keinen allgemeingültigen Standard gibt, müssen interessierte Bieter für jede E-Vergabeplattform allerdings eine andere, separate Software installieren. Auch die Benutzerführung, Funktionen oder Nutzungsgebühren unterscheiden sich, was sowohl Auftraggebern als auch Bietern die Auswahl der passenden Vergabeplattform erschwert.

Mit XÖV (XML in der öffentlichen Verwaltung), respektive XVergabe soll ein Standard für den elektronischen Datenaustausch in der öffentlichen Verwaltung auf der Basis des XML-Datenformats etabliert werden. Das soll Bieter in die Lage versetzen, mit einer Software über die unterschiedlichen öffentlichen und kommerziellen Vergabeplattformen an Online-Ausschreibungen teilnehmen zu können. Bisher befinden sich diese Standardisierungsbestrebungen allerdings noch in der Konzeptionsphase (siehe: www.xvergabe.org).

Was setzt die E-Vergabe voraus?

Prinzipiell orientieren sich elektronische Vergabeverfahren am herkömmlichen „analogen“ Verfahren. Von der Erstellung der Vergabeunterlagen über die Veröffentlichung der Bekanntmachung, die Angebotsabgabe und -bewertung, bis hin zur Auftragserteilung und Veröffentlichung der Ergebnisse laufen alle Prozesse allerdings in digitaler Form über eine E-Vergabeplattform ab.

Außerdem unterliegen wesentliche Phasen einer öffentlichen Ausschreibung – also die Zusammenstellung, Bekanntmachung und Bereitstellung der Vergabeunterlagen zur Angebotslegung, die Abgabe von Angeboten, deren Prüfung und Wertung etc. – den durch das Vergaberecht vorgegebenen gesetzlichen und verwaltungsrechtlichen Pflichten und Abläufen.

Voraussetzungen für die Nutzung von E-Vergabeplattformen sind ein internetfähiger PC, ein ausreichend schneller Internetzugang, ein Web-Browser, ein PDF-Anzeigeprogramm sowie zusätzlich für den Bieter eine qualifizierte elektronische Signaturkarte mit Chipkartenleser oder – sofern diese nicht in der jeweiligen E-Vergabeplattform integriert ist – eine separate Signatursoftware für die elektronische Signatur von Angeboten.

Die elektronische Signatur dient bei Aufträgen mit besonderen Sicherheitsanforderungen dazu, die Echtheit elektronisch übermittelter Daten und Erklärungen sicherzustellen. Verwendet werden nach Ermessen der Vergabestellen fortgeschrittene oder qualifizierte elektronische Signaturen. Erstere bestehen aus einem mit Kryptografie-Programmen erzeugten Softwareschlüssel und sind damit sicherer als einfache, aus einer gescannten Unterschrift bestehende Signaturen.

Qualifizierte elektronische Signaturen bestehen aus einer nicht übertragbaren Signaturkarte, die eine persönliche Identifizierung voraussetzt und über einen Chipkartenleser und eine Signatursoftware gelesen wird, was sie rechtssicher macht.

Wie funktioniert die E-Vergabe?

Nachdem sich der Auftraggeber bei der E-Vergabeplattform registriert und angemeldet hat, legt er eine Vergabeakte an und wählt das Vergabeverfahren. Anhand einer Verfahrensvorlage und eines Formularsatzes kann anschließend die Leistungsbeschreibung, inklusive aller Formularblätter oder zusätzlicher Pläne und Dokumente erstellt werden. Danach wird die Ausschreibung an das jeweilige Vergabeportal übermittelt und veröffentlicht.

Bieter erhalten eine kostenfreie Vorschau auf die Vergabeunterlagen. Passt die Ausschreibung zum eigenen Leistungsprofil, kann er die Vergabeunterlagen kostenpflichtig herunterladen. Mit der integrierten Bietersoftware wird das Angebot kalkuliert, zusammengestellt und auf Vollständigkeit geprüft. Danach wird es elektronisch signiert und verschlüsselt an das Vergabeportal übermittelt, worauf der Bieter eine automatische Eingangsbestätigung inklusive Zeitstempel erhält.

Bis zum Submissionstermin können Bewerber ihr Angebot kostenfrei zurückziehen, ändern und erneut einstellen. Die Angebote werden in einem elektronischen Postfach aufbewahrt. Mit einem digitalen Zeitschloss gesichert, sind sie erst zum Submissionstermin vom Auftraggeber aufrufbar. Danach werden sie formal geprüft und ein Preisspiegel wird automatisch generiert, auf dessen Grundlage der Auftraggeber einen geeigneten Bieter auswählen kann.

Zuschlags- und Absageschreiben werden automatisch erzeugt, digital versandt und alle Inhalte und Aktivitäten in einer elektronischen Akte archiviert. Ergänzend zu E-Vergabeplattformen kommen manchmal Vergabemanagementsysteme zum Einsatz. Sie unterstützen die internen Abläufe der Vergabestelle und sorgen für eine revisionssichere Dokumentation der Vergabe im Rahmen einer elektronischen Vergabeakte (E-Vergabeakte).

Online-Auftragsbörsen

Während Bund, Länder und Kommunen dem Vergaberecht unterliegen und für die Auftragsvergabe die streng reglementierte E-Vergabe nutzen müssen, können Unternehmen oder private Auftraggeber auch über Online-Auftragsbörsen nach geeigneten Aufträgen beziehungsweise Bietern suchen. Einige Online-Auftragsbörsen funktionieren allerdings nach dem Prinzip einer Rückwärtsversteigerung, sodass oft der Mindestbietende den Zuschlag erhält.

Die zu erbringenden Handwerks- oder Planungsleistungen werden vom Auftraggeber individuell mit Texten, Fotos und Plänen beschrieben. Dafür gibt er einen Höchstpreis an, den er zu zahlen bereit ist. Interessierte Bewerber geben anschließend ihre Angebote ab. Nach Ablauf der Auktionsfrist muss sich der Auftraggeber innerhalb einer Prüffrist entscheiden, ob er dem günstigsten oder dem etwas teureren, dafür aber qualitativ besseren Leistungsanbieter den Zuschlag gibt. Oder er storniert den Auftrag, etwa weil ihm kein Angebot oder kein Bieter zusagt.

Aufträge kommen auf diese Weise bis zu 50 % unter der marktüblichen Auftragssumme unter den virtuellen Hammer. Da dies in der Vergangenheit zu einem erheblichen Preis- und Qualitätsverfall geführt hat, wird inzwischen verstärkt auf fachliche Qualifikationen, Referenzen und Bewertungen geachtet. Letztere geben Auftraggeber nach Auftragsabschluss ab und erleichtern damit anderen Auftraggebern die Bieterauswahl.

Einige Auftragsbörsen-Betreiber haben sich gänzlich vom Prinzip der Rückwärtsversteigerung verabschiedet (z. B. MyHammer), schreiben Bietern stattdessen die Vorlage von Berechtigungs- und Qualifikationsnachweisen vor und kennzeichnen deren Status. Das soll zu weniger Preisdumping und mehr Ausführungsqualität führen.

Wie unterscheiden sich die Portale?

Sowohl E-Vergabeportale als auch Online-Auftragsbörsen unterscheiden sich untereinander in vielen Details. E-Vergabeportale des Bundes und der Länder, respektive privatwirtschaftliche E-Vergabeportale basieren auf einer unterschiedlichen Technik des Portalsystems (Web-/Desktopanwendung) oder sprechen unterschiedliche Zielgruppen an. So können teilweise sowohl Aufträge von öffentlichen als auch gewerblichen Auftraggebern die keine vergaberechtlichen Vorgaben beachten müssen, eingestellt werden.

Auch die Benutzerfreundlichkeit ist sehr unterschiedlich. Achten sollte man auf folgende Punkte: Sind wichtige Funktionen, wie Aufträge einstellen und veröffentlichen, suchen, anzeigen und herunterladen, Angebote kalkulieren, signieren und verschlüsselt übermitteln einfach bedienbar und schnell abrufbar? Wie gut werden Auftraggeber und Bieter bei typischen Einsteigerfragen betreut?

Eine wichtige Rolle spielt die Quantität und Qualität der Suchergebnisse: Wie viele passende Treffer erhält man bei Suchanfragen und wie gut passen sie zur Anfrage? Lassen sich mehrere individuelle Suchprofile anlegen und speichern? Unterschiedlich sind auch die Antwortzeiten bei der Recherche. So kann es in Stoßzeiten vorkommen, dass Suchzeiten länger werden, weil jede neue Anfrage erst mit der Datenbank abgeglichen werden muss.

Bevor sich Bieter für ein kostenpflichtiges Leistungspaket verpflichten, sollten sie über einen zeitbegrenzten kostenlosen oder kostenpflichtigen Testzugang wichtige Funktionen des E-Vergabeportals zunächst ausprobieren können.

Die Unterschiede bei den Gebühren können erheblich sein. Für Auftraggeber ist die Registrierung, Auftragseinstellung und -vergabe in der Regel kostenfrei – wobei für Zusatzleistungen, etwa eine besondere Gestaltung oder Hervorhebung von Aufträgen, auch Gebühren erhoben werden.

Für Bieter und Vergabestellen sind E-Vergabeportale kostenpflichtig. Meist wird – je nach gewähltem Leistungspaket – ein monatlicher Mitgliedsbeitrag (zwischen 0 und 50 bzw. 50 und 150 Euro/Monat) erhoben. Achten sollte man insbesondere auf Vertragslaufzeiten, eventuelle Mindestabnahmen oder versteckte Zusatzgebühren etc.

Bekanntmachungs-Portale wie www.bund.de und Infodienste wie www.infodienst-ausschreibungen.de bieten im Unterschied zu E-Vergabeportalen lediglich Informationen über Bekanntmachungen, respektive unterstützen gegen eine Gebühr die individuelle Suche nach öffentlichen Ausschreibungen und Aufträgen. Sie verfügen aber über keine E-Vergabefunktionen, also etwa die Möglichkeit, Angebote auf elektronischem Weg an die Vergabestelle zu übermitteln.

Fazit: Fehlende Standards erschweren Online-Vergabe

Auch für kleine und mittlere Büros und Unternehmen kann sich die Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen lohnen. Die Hard- und Softwarevoraussetzungen, die Vielzahl an Portalen mit unterschiedlicher Bedienung, Technik und nicht immer transparenten Abrechnungsmodellen sowie das Fehlen von Standards erschweren allerdings die Teilnahme an der elektronischen Vergabe – entsprechend gering ist bisher die Akzeptanz insbeson-dere bei kleinen und mittleren Unternehmen. Das wird sich erst ändern, wenn sie der Gesetzgeber ab 2020 auch im Unterschwellenbereich vorgibt und XVergabe zum Standard wird.

Marian Behaneck

Literatur

[1] eBUSINESS-Lotse Ostbrandenburg (Hrsg.): E-Vergabe – Elektronische Auftragsvergabe. Frankfurt (Oder): Eigenverlag, 2014, Download auf www.hwk-reutlingen.de: www.bit.ly/tga1136

[2] Czycholl, H/ Wörrle, JT: EU-Vergaberecht bei öffentlichen Aufträgen – Für wen die E-Vergabe ab Oktober 2018 Pflicht wird, Deutsche Handwerks Zeitung 9/18, Link: www.deutsche-handwerks-zeitung.de/e-vergabe-elektronische-vergabe-wird-ab-oktober-pflicht/150/3099/368201

[3] www.bmwi.de Suche: Elektronische Vergabe

[4] www.bundesanzeiger-verlag.de Rubrik: Vergabe

[5] www.reguvis.de Themenbereich: Vergabe

[6] www.xvergabe.org Infos zur XVergabe

[7] www.wikipedia.org Suche: Elektronische Vergabe

EU-Vergaberichtlinie

Die EU-Richtlinie 2014/24/EU zur E-Vergabe vom 26. Februar 2014 sieht vor, dass öffentliche Aufträge aus Kosten- und Transparenzgründen nur noch auf elektronischem Wege über E-Vergabeportale vergeben werden. Das ist für zentrale Beschaffungsstellen des Bundes, der Länder und Kommunen seit 18. April 2017 Pflicht. Seit 18. Oktober 2018 müssen Aufträge im Oberschwellenbereich (Bauaufträge über 5 548 000 Euro, Liefer- und Dienstleistungsaufträge über 144 000 bzw. 221 000 Euro) EU-weit öffentlich ausgeschrieben werden. Dabei müssen Angebote vollständig elektronisch eingereicht, respektive entgegengenommen werden und die gesamte Bewerber- und Bieterkommunikation ist auf elektronischem Wege durchzuführen. Nicht elektronische Dokumente dürfen nicht mehr angenommen werden. Spätestens ab dem 1. Januar 2020 müssen für Liefer- und Dienstleistungsaufträge des Bundes im Unterschwellenbereich ab einem Wert von 25 000 Euro (ohne Umsatzsteuer) Angebote und Teilnahmeanträge auf elektronischem Wege eingereicht werden. Für Bauverträge unterhalb der EU-Schwellenwerte ist die E-Vergabe noch nicht verpflichtend. Dennoch ist abzusehen, dass das elektronische Verfahren auch in diesem Bereich sukzessive zum Standard wird.

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