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Entscheidung bei PNE-Hauptversammlung

Aktionäre vertagen Konfliktende

Wie berichtet hatte die Tagesordnung die Entscheidung über einen schon seit mehr als ein halbes Jahr währenden Streit vorgesehen. Die Aktionäre sollten entweder der Abwahl der einen, nämlich dem geschäftsführenden Vorstand nahe stehenden Hälfte des Aufsichtsrats zustimmen oder der Abwahl der oppositionellen anderen Hälfte. Der Riss des Konflikts verläuft am deutlichsten mitten durch den Aufsichtsrat. Drei von dessen sechs Mitgliedern unterstützten in der jüngeren Vergangenheit die von manchen Aktionären kritisch gesehenen strategischen Entscheidungen der PNE-Geschäftsführung. Die andere Hälfte opponiert dagegen. Allerdings gehört zur Pro-Geschäftsführungs-Fraktion im Aufsichtsrat auch Aufsichtsratsvorsitzender Dieter Kuprian, der das Patt in dem Gremium mit seiner dann doppelt zählenden Stimme entscheiden kann. Führende Figur der Opposition ist der Ex-CEO des 2013 von PNE gekauften Husumer Windenergieprojektierers WKN, Volker Friedrichsen.  Auch Friedrichsen sitzt im Aufsichtsrat. Er spielt alleine deswegen eine sehr wichtige Rolle, weil er mit 15 Prozent Anteil an den PNE-Papieren Hauptaktionär der Cuxhavener ist. Dritte Hauptfigur ist PNE-Vorstandschef Martin Billhardt. Der sieht sich in seiner Geschäftsführung von Friedrichsen immer wieder scharf und grundsätzlich kritisiert – ob es um die Hinwendung zum Offshore-Geschäft geht oder um die Gründung von Yieldcos: risikosenkenden Projektbeteiligungsgesellschaften. Andererseits wirft Billhardt seinem Gegner vor, mit falschen Angaben zum Unternehmenswert seiner Firma WKN beim Verkauf an PNE das Cuxhavener Mutterunternehmen de facto um Millionen Euro geprellt zu haben.

Vorwürfe wegen angeblich zu hoher Vergütungen in Vorstand und Aufsichtsrat einerseits und wegen unehrlicher Geschäftsbilanzierungen andererseits gehören ebenfalls zu den Konfliktpunkten. Laut Online-Meldung der Wirtschaftszeitung Handelsblatt von heute gab es aber dennoch ein Ergebnis von gestern: Aufsichtsratsvorsitzender Kuprian habe den Aktionären angekündigt, auf eine Teilvergütung für die Mitbeaufsichtigung der PNE-Tochter WKN in dreistelliger Millionen-Euro-Höhe zu verzichten.

Doch der Streit um die Neubesetzung des Aufsichtsrats schien sich am heutigen Nachmittag sogar noch zu verschärfen. Die Volker-Friedrichsen-Beteiligungs-GmbH will nun sogar juristische Schritte gegen die Versammlungsleitung des gestrigen Aktionärstreffens prüfen. Außerdem drohte Friedrichsen  eine sogenannte positive Beschlussfeststellungsklage an: Anders als von PNE nach außen signalisiert, sei es sehr wohl noch zur geplanten Abstimmung darüber gekommen, welche Mitglieder nun den Aufsichtsrat verlassen müssen.  Das Ergebnis sei aber von PNE nicht bekannt gegeben worden, nachdem der PNE-Geschäftsführung nahe stehende Aktionäre mit zahlreichen Anträgen die Versammlung zeitlich bis Mitternacht verschleppt hatten. Friedrichsen kritisiert dieses Verhalten als Strategie, damit die Abstimmungsbeschlüsse nicht mehr bekannt gegeben  werden mussten.

UK-Pipeline verkauft, Küstenwindprojekt mit neuer Technologie

Unmittelbar vor der Hauptversammlung hatte PNE noch mit dem Verkauf der Projektpipeline in Großbritannien sowie der schlüsselfertigen Übergabe des neu ans Netz angeschlossenen Zehn-Megawatt-Windpark Looft II als Erfolgs-Nachrichten verbreitet. Der Verkauf von Projekten mit einem Volumen von 1,2 Gigawatt für 140 Millionen Euro im Vereinigten Königreich ist laut Billhardt „ein wichtiger Grundpfeiler für unseren zukünftigen Erfolg. In Großbritannien“. Die Suche nach dem finanzstarken Investor hatte im Februar begonnen. Bei den nicht näher benannten Käufern soll es sich um „internationale Investoren“ handeln.

Einen rund 30 Kilometer von der windstarken schleswig-holsteinischen Westküste entfernten Windpark aus vier Vestas-Windturbinen übergab PNE-Tochterunternehmen WKN jetzt zudem an das Betreiberunternehmen CEE des Bielefelder Privatbankhauses Lampe. CEE kaufte den dennoch dank Küstenwindeinfluss gut angeblasenen Turbinenpark Looft II. Dazu gehören je zwei Anlagen vom Typ V90 mit zwei Megawatt (MW) und vom Typ V112 mit drei MW. Mit 94 und 105 Meter Nabenhöhe erreichen beide Anlagentypen jeweils genau 150 Meter Gesamthöhe. In Schleswig-Holstein und insbesondere an der Westküste gelten nämlich Höhenbegrenzungen für Windparks. Bei der V112-3,075-MW-Anlage handelt es sich um die neue Starkwindturbine des Herstellers Vestas. Sie soll mit einem vergrößerten Rotor im Vergleich zur V90 für eine trotz erhöhter Leistung gleichmäßige Windernte in Küstennähe sorgen.

(Tilman Weber)

Lesen Sie hier auch die kurz vor der Hauptversammlung mit den Konfliktparteien geführten Interviews:

Martin Billhardt

Volker Friedrichsen