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Wie gut funktioniert die Umsetzung der Energieeinsparverordnung?

Weitreichend wirkungslos

Die Energieeinsparverordnung EnEV 2002 sollte energetisch und wirtschaftlich optimierte Neubauten und Modernisierungen durch die ganzheitliche Betrachtung und die engere Zusammenarbeit von Gebäude- und Anlagenplanern bewirken. Soweit zur Theorie. Denn gleichzeitig hat der Staat dereguliert und sich als Kontroll­instanz zurückgezogen und überlässt damit die Umsetzung der EnEV (mit leichten Unterschieden in den einzelnen Ländern) weitgehend der privaten Regelung.

Um zu evaluieren, ob die Klimaschutzziele erreicht werden, hat das ifeu-Institut, Heidelberg, gemeinsam mit Econsult, Rottenburg, die Umsetzung der EnEV in Baden-Württemberg untersucht. In der Studie wurden sowohl die Angebotsseite (Ministerien, Bauämter, Architekten, Ingenieure, Handwerker, Hersteller) als auch die Nachfrageseite über die Erfahrungen mit der EnEV im Wohnungsneubau und -bestand befragt.

Zunächst erfolgte eine Bestandsaufnahme der unterschiedlichen Vollzugsregelungen in den einzelnen Bundesländern: Die Deregulierungsbemühungen im Rahmen der EnEV haben dazu geführt, dass auf behördliche Prüfungen der Nachweise und der Energiebedarfsausweise sowie auf behördliche Kontrollen der Bauausführung weitgehend verzichtet wird. Die Befragung der Akteure am Bau ergab, dass die Verlagerung der Verantwortung auf die privatrechtliche Seite als nicht ausreichend für die Einhaltung der EnEV angesehen wird. So wurde häufig angemerkt, dass das jetzige System aufgrund der fehlenden Kontrolle Fehlentwicklungen begünstigt, denn Marktakteure, die die Regelungen nicht einhalten, müssen kaum mit Konsequenzen rechnen.

Zwar haben die Befragungen in Baden-Württemberg gezeigt, dass es mit Einführung der EnEV zu einer starken Anhebung der Dämmstärken im Gebäudebestand kam, allerdings werden auch heute noch viele Fassadensanierungen ohne Wärmedämmung ausgeführt. Damit wird das Minderungspotenzial auf Basis der EnEV-Bauteilanforderung im Baden-Württemberger Wohngebäudebestand nur zu etwa 43 % ausgeschöpft.

Besonders fatal: Selbst wenn das EnEV-Niveau beachtet wird, wird angesichts enorm langer Erneuerungszyklen (Außenwände beispielsweise 40 bis 50 Jahre) die wirtschaftlichste Lösung nicht erreicht. Bauherren gehen allerdings eher davon aus, dass der Gesetzgeber etwas mehr als das wirtschaftliche Optimum von ihnen fordert. Tatsächlich ist aufgrund der längst überholten Wirtschaftlichkeitsgutachten, auf denen die EnEV-Werte basieren, das Gegenteil der Fall.

Die Autoren der Studie machen deswegen deutlich: Um die Potenziale zur Minderung der CO2-Emissionen bei Wohngebäuden zu erschließen, müssen zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden. Dazu gehören:

Sofort: Anpassung der Auslegungsbedingungen der EnEV an die aktuelle Energiepreisentwicklung.

Kurzfristig: Anhebung der Dämmstandards der EnEV.

Mittelfristig: Einführung nachhaltiger Dämmstandards im Neubau, z. B. KfW-40 oder KfW-60 mit etwa 10 kgCO2/(m2 a).

Einführung von stichprobenartigen Kontrollen der Energieausweise und der Bauausführung (1 bis 2 %) seitens der Behörden zur Sicherung des Vollzugs.

Neben den ordnungsrechtlichen Maßnahmen empfiehlt die Studie weitere Instrumente (Anmerkung: Die Autoren sprechen die Empfehlungen für das Land Baden-Württemberg aus, sie sind aber weitgehend unabhängig von den Länderregelungen.):

Die Förderung eines integralen Coachings bei der Energieberatung.

Die Förderung eines Premium-Produkts Energiepass/Energieberatung.

Die Einführung eines verbändeübergreifenden Qualitätssiegels für die Energieberatung.

Die Entwicklung eines nachhaltigen Sanierungsstandards für Baden-Württemberg.

Der Ausbau standardisierter Qualifizierungs­angebote für die Anbieter- und die Nachfrageseite.

Die Befragung der Angebotsseite hat übrigens gezeigt, dass die EnEV die integrierte Planung bei Architekten und Ingenieuren nur minimal gefördert und bei Handwerkern sogar verringert hat. Trotzdem: Alle Marktteilnehmer sehen sich für die EnEV gut gewappnet. Qualifizierungsbedarf wird aber bei den anderen Marktakteuren gesehen. Einig sind sich aber alle über den Informationsgrad der Hausbesitzer: Sie sind zu wenig über die Themen am Bau aufgeklärt. Fazit: Auch nach fünf Jahren Gültigkeit bietet die EnEV beste Möglichkeiten für neue Geschäftsmodelle, selbst die plausibelsten werden offensichtlich bisher kaum genutzt. Jochen Vorländer

Quelle: Endbericht Evaluation und Begleitung der Umsetzung der Energieeinsparverordnung 2002 in Baden-Württemberg . https://www.ifeu.de/

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