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Viega

Installationstechnik für Antarktisstation

Forschungsstation Bharati in der Antarktis. - Kaefer - © Kaefer
Forschungsstation Bharati in der Antarktis. - Kaefer
Die Antarktis – genauer gesagt das felsige Plateau der „Larsemann Hills“ an der Ostküste des kältesten und unberührtesten Kontinents – war bis vor kurzem Schauplatz einer Extrembaustelle. Die Mission am 76. Breitengrad: Aufbau einer neuen Forschungsstation „Bharati“ (bedeutet „indisch“) im Auftrag des indischen National Centre of Antarctic and Ocean Research (NCAOR) zur wissenschaftlichen Untersuchung des Klimawandels, der Meeresbiologie und anderer Fachbereiche. Seit März 2012 sind die 134 Wohn- und Arbeitscontainer funktionsbereit.

Panoramafenster gegen Containerkoller


Genau so sah es auch die Entwurfsplanung der IMS Ingenieurgesellschaft , Hamburg, vor. Mit der Detailplanung und Ausführung der neuen Forschungsstation wurde Kaefer Construction , Bremen, von der indischen Regierung betraut. Auf Stelzen errichtet und eingepackt mit dicken Isolierplatten, die vor eisigen Winden schützen, erweckt das Gebilde den Eindruck einer Mondbasis. Die aerodynamische Form erhielt die „Insel des Überlebens“ von den Architekten des Hamburger Büros bof . Gestalterische Gründe waren dabei nicht allein ausschlaggebend: Bei Windgeschwindigkeiten bis 230 km/h ist eine solche Hülle einfach ein Muss. Selbst die großzügigen Panoramafenster haben daher auch einen funktionalen Hintergrund: Der freie Blick auf die faszinierende Außenwelt und auf die Nachbarschaft, die Pinguine, soll einem Containerkoller vorbeugen.

Lebenserhaltung in der Eiswüste


Jede Selbstverständlichkeit des Alltagslebens setzt unter antarktischen Bedingungen technisch aufwendige und absolut sichere Prozesse voraus. Elementar ist die Versorgung mit Wärme und Trinkwasser. Kaefer Construction beauftragte mit der Heizungs- und Sanitärinstallation die International Division von YIT Germany . „Was die Komponenten betrifft, können wir uns keine Experimente leisten. Deswegen greifen wir generell auf namhafte Hersteller zurück, die Zuverlässigkeit unter extremen Bedingungen bereits bewiesen haben“, so YIT zur Grundbedingung für die Prozesssicherheit der lebensnotwendigen Systeme.

Trinkwasserinstallation mit Sanpress Inox aus Edelstahl 1.4521. - Viega - © Viega
Trinkwasserinstallation mit Sanpress Inox aus Edelstahl 1.4521. - Viega
Zur Installation der Heizkreise, der Trinkwasserversorgung und auch der Entlüftung der Kraftstofftanks fiel die Wahl darum auf Rohrleitungssysteme von Viega . Den Nachweis der Funktionssicherheit seiner Produkte weist das Unternehmen nicht nur Tag für Tag auf tausenden von „typischen“ Baustellen nach: Viega stattete in der Vergangenheit schon mehrfach ähnlich sensible Objekte aus.

Wärme bei –40 °C Außentemperatur


Für Wärme und elektrische Energie sorgen drei Blockheizkraftwerke, zwei davon in Kaskade geschaltet, eines als Standby-Sicherheitsreserve. Betrieben mit Kerosin – ein Treibstoff, der bis –54 °C flüssig bleibt – heizen sie die 2000 m 2 große Station auf Zimmertemperatur. Ausgenommen sind die Außengänge, die zwischen den Raumcontainern und der Gebäudehülle liegen. Auf diesen Fluren herrschen zwar keine frostigen Temperaturen, aber frische 5 °C.

Auch die Garage ist unbeheizt. Hier wird jedoch überschüssige Abwärme hingeleitet, wenn die Generatoren einen so hohen Strombedarf decken müssen, dass mehr Wärme produziert als benötigt wird. Reicht hingegen die Heizleistung der BHKW beim aktuellen Strombedarf nicht aus, sind in den Zuleitungen zur Heizkreisverteilung elektrisch betriebene Lanzen zum Nachheizen des Wassers platziert.

Pressverbinder als erste Wahl


Unter dem Aspekt der einfachen aber sicheren Fertigmontage in der Antarktis wurde dort, wo es von den Dimensionen möglich war, bei Verrohrung der Heizanlage auf Pressverbinder gesetzt. Die Entlüftung des 13-m 3 -Kerosintanks erfolgt über das Viega-Rohrleitungssystem Sanpress Inox G . Es wird üblicherweise in der Gasinstallation oder für Heizöl- und Dieselleitungen eingesetzt. Der Grund: die dauerhafte Resistenz gegenüber den transportierten Medien, denn Rohr und Pressverbinder sind aus Edelstahl 1.4401, die Dichtungen aus HNBR. Rund 80 m wurden davon in DN 50 benötigt.

Heizungsinstallation mit Prestabo aus galvanisch verzinktem Stahl. - Viega - © Viega
Heizungsinstallation mit Prestabo aus galvanisch verzinktem Stahl. - Viega
Die Heizungsanlage installierten die Experten von YIT mit dem galvanisch verzinkten Stahlrohr des Leitungssystems Prestabo ; hier rund 2500 m in den Nennweiten DN 18 bis 54. Die Wärmeversorgung gliedert sich in fünf Heizkreise. Benötigt werden 50 kW für die statische Raumbeheizung und rund 200 kW für die Erwärmung der Raumluft (mit Vor- und Nachheizung).

Auf die Trinkwasserversorgung entfallen drei Heizkreise: Vor der Entsalzung wird das Seewasser in der Zuleitung vorgewärmt, die benötigte Leistung beträgt ca. 15 kW. Die Warmwasserversorgung erfolgt durch zwei getrennte Systeme. Ein Heizkreis mit 50 kW ist für den Bedarf im antarktischen Sommer ausgelegt. In dieser Jahreszeit arbeiten in der Station bis zu 40 Personen. Im Winter hält den Betrieb eine nur 15-köpfige Besatzung aufrecht. Dafür reicht der fünfte Heizkreis mit 25 kW Heizleistung aus.

Um das Einfrieren des Heizwassers im System auszuschließen, ist Glykol-L in einer Konzentration von 57 % beigemischt. Das stellt spezielle Anforderungen an die Pressverbinder des Prestabo-Rohrsystems. Viega untersuchte dafür in seinen Laboren eigens für diese Anwendung die Reaktion des EPDM in den Dichtringen auf den hohen Glykolgehalt. Das Ergebnis bescheinigte die volle Einsatzfähigkeit für dieses Heizwassergemisch und zudem die Eignung für den Betriebstemperaturbereich von –40 bis +80 °C bis einem maximalen Druck von 6 bar.

Trinkwasserversorgung


Meerwasser wird über eine 300 m lange Pipeline der Entsalzungsanlage in der Forschungsstation zugeführt. - Kaefer - © Kaefer
Meerwasser wird über eine 300 m lange Pipeline der Entsalzungsanlage in der Forschungsstation zugeführt. - Kaefer
Seit 1959, als der multinationale Antarktisvertrag geschlossen wurde, schützen zahlreiche ergänzende Abkommen die Einzigartigkeit dieser Region. Für die Trinkwassergewinnung der „Bharati“-Station bedeutet das in der Startphase: Der reichlich vorhandene Schnee wird über einen Kerosinbrenner geschmolzen. Künftig soll jedoch durch die Entsalzung von Meerwasser die Versorgung mit Trinkwasser sichergestellt werden. Dabei wird über eine 300 m lange Leitung Salzwasser der „Prydz“-Bucht entnommen und mittels Filtrierung, Umkehrosmose, Aufhärtung und Mineralisierung zu genießbarem Süßwasser aufbereitet. Die Vorwärmung des Meerwassers von –3 auf +12...15 °C erhöht den Wirkungsgrad des Osmose-Prozesses drastisch. Zwei redundante Anlagen produzieren dann wechselnd jeweils 12 h/d das kostbare Nass.

Aus 850 l Rohwasser werden so stündlich 300 l Reinwasser gewonnen und in drei 4000-l-Vorratsbehältern gespeichert. Von dort verzweigt sich ein 1000 m langes Netz zur Wasserversorgung sowie zur Raumbefeuchtung der 134 Container. Gerade der Trinkwasserhygiene kommt in dem Domizil am sprichwörtlichen „Ende der Welt“ eine äußerst hohe Bedeutung zu, denn ein Befall mit Legionellen oder anderen Keimen wäre eine Katastrophe – sowohl für die Menschen an Bord als auch für die Zukunft der gesamten Mission. Die Systeme müssen darum äußerst zuverlässig funktionieren.

In der Trinkwasserinstallation setzten die Verantwortlichen von YIT auf Sanpress Inox mit Rohren aus Edelstahl 1.4521. Drei Stränge mit verbauten Nennweiten von DN 12 bis 40 führen Warmwasser, Kaltwasser und Grauwasser. Eine konstante Temperatur des Warmwassers von 60 °C gewährleisten Easytop-Zirkulations-Regulierungsventile mit thermischer Desinfektionseinrichtung als wirksamer Schutz vor Legionellen. Easytop-Probenahmeventile ermöglichen den Wissenschaftlern zudem die regelmäßige Überprüfung der Trinkwasserqualität in den eigenen Laboreinrichtungen.

Planungsgrundlage der Trinkwasseranlage ein Pro-Kopf-Verbrauch von 60 l/d. Durch das Auffangen des Grauwassers von Waschbecken und Duschen und die Aufbereitung zum Betrieb der WC-Spülungen werden ungefähr 20 % des Wasserverbrauchs substituiert.

Montage bei „sommerlichen“ –5 °C


Auf 12.000 m² im Duisburger Hafengebiet wurden die 134 Stationscontainer vorinstalliert und vollständig ausgestattet. - Viega - © Viega
Auf 12.000 m² im Duisburger Hafengebiet wurden die 134 Stationscontainer vorinstalliert und vollständig ausgestattet. - Viega
Die eigentliche Herausforderung der TGA – da sind sich die YIT-Fachleute einig – bestand nicht in der Konzeption, sondern in der Gewährleistung der Funktionssicherheit. Denn in über 5000 km Entfernung von jeglicher Zivilisation ist selbst ein kleines Problem nicht „mal eben“ erledigt. Und auf engstem Raum die komplette Installationstechnik unterzubringen und so vorzubereiten, dass in kürzester Zeit die Endmontage vor Ort erledigt werden kann, war für die Ingenieure und Techniker eine spannende, nicht alltägliche Aufgabenstellung.

Für den Aufbau der zwei Geschosse hohen und 1000 t schweren indischen Forschungsstation standen den erfahrenen Fachleuten von Kaefer und YIT nur vier Monate zur Verfügung. So lange dauert der antarktische Sommer in der Zeit von Dezember bis März mit Temperaturen an der „warmen“ Ostküste von etwa 5 °C unter dem Gefrierpunkt – oder auch mal darüber.

Um diesen engen Zeitplan halten zu können, wurden alle Einrichtungen der 134 Stationscontainer auf einem großen Platz im Duisburger Hafengebiet vormontiert – von der Installationstechnik bis zum Mobiliar. Damit beim Zusammenbau jedes Rohr sein Pendant im angrenzenden Container fand, mussten tausende von Durchbrüchen exakt definiert werden. Spätere Veränderungen waren nahezu ausgeschlossen, da jeder Container einzeln isoliert und diffusionsdicht abgeschlossen ist. Besonders in den Zonen, die für die Rohrtrassen reserviert sind, ging es dabei extrem eng zu. Die Presstechnik von Viega bot hier allerdings die probate Lösung.

Das optimale Werkzeug auch für die Antarktis: Verpressen bei Umgebungstemperaturen um den Gefrierpunkt und auf engstem Raum — hier mithilfe von Pressringen. - Viega - © Viega
Das optimale Werkzeug auch für die Antarktis: Verpressen bei Umgebungstemperaturen um den Gefrierpunkt und auf engstem Raum — hier mithilfe von Pressringen. - Viega
Die Bauleiter der Gewerke Heizung und Sanitär von YIT, die zum rund 50-köpfigen Aufbauteam gehörten, kennen die Vorteile der Viega-Rohrleitungssysteme und -Pressverbinder von anderen Extrembaustellen. Sie schätzen aus Erfahrung die schnelle Montage, sicheren Verbindungen und große Bandbreite an Übergangsstücken. Bei der Vorinstallation der Forschungsstation auf der Baustelle am Duisburger Hafen war von den Fachhandwerkern bereits zu hören: „Speziell an den engen Stellen, wo sich Trinkwasser- und Heizungsinstallation ballt, sind die Pressringe von Viega ein echter Segen.“

Mindestens 20 Jahre, so die aktuelle Planung, forschen und arbeiten rund 25 Personen ganzjährig in der Bharati-Station, mitten in unberührter und eigentlich auch unbewohnbarer Natur – am Leben gehalten durch Installationstechnik „Made in Germany“. ■